Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Sechs Balken – zwei Tore
Von meiner Grundschulzeit habe ich schon ein paar Mal geschrieben. In der zweiten Klasse wurde in mir mein Interesse für Fußball geweckt. Unser Grundschullehrer, Dieter Weth, war ein begnadeter Sportler und Pädagoge. Das Fußballfeld des Dorfes lag etwa 500 m von der Schule entfernt. Wenn das Wetter schön war sind wir alle vom Schulgebäude zum Sportplatz gerannt. Ein zusätzliches Aufwärmtraining war so nicht nötig.
Es gab aber ein kleines Problem. Die Fußballtore waren 1966 in einem erbärmlichen Zustand. Ein Tor war ganz zerstört. Für die vielen Kinder im Dorf war das eine echte Lebenskrise, dass die Fußballtore nicht benutzt werden konnten. Genauer müsste ich sagen: Für die Jungs war es eine Lebenskrise. Denn die Mädchen haben fast alle eher Völkerball gespielt. Wir haben uns teilweise damit beholfen, dass wird Kleidungsstücke als Tore benutzt haben. Aber die Frage, ob ein Schuss für einen Torwart nicht zu hoch war, musste ohne einen Querbalken oft genug nach längerer Diskussion geklärt werden.
Schließlich ergriff Dieter Weth die Initiative. „Fragt doch mal bei euch zu Hause nach. Vielleicht gibt es irgendwo sechs Balken, die wir bekommen um die Tore zu zimmern“. Die Worte des Lehrers fielen bei mir gleich auf fruchtbaren Boden. Ich wusste, dass mein Vater seit 1960 praktisch jedes Jahr irgendetwas gebaut hat. Deshalb wurden etliche Festmeter Holz im Wald umgesägt und viele Balken waren noch gelagert. Tatsächlich. Mein Vater meinte: „Die können wir gerne weggeben“. So wurden sechs Balken von unserem Hof geholt und die Jungs fertigten mit dem Lehrer zwei Tore, die viele Jahre lang standen und ihren Dienst taten. Wenn ich an die jetzige Coronakrise denken, fällt mir dazu ein: Wie schön wäre es, wenn diese gegenwärtige Krise auch so unkompliziert zu lösen wäre.