Wenn Corona will, steht (vieles) wieder still, Update 231 vom 01.11.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ordination am Allerheiligentag

Heute feiern viele evangelische Christen das Reformationsfest. Eigentlich ist es das falsche Datum. Denn Reformationstag war ja gestern am 31.10. Aber weil dieses Datum nur in neun Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag ist, tun wir uns in Bayern immer ein wenig schwer damit. Zum einen ist der nachfolgende Tag (Allerheiligen) ein gesetzlicher Feiertag und das Reformationsfest steht in diesem Schatten. Zum anderen ist der 31.10. oft ein Werktag und es finden kaum Gottesdienste und Feierlichkeiten an diesem Tag statt. Also wird das Fest am darauffolgenden Sonntag gefeiert. Und in diesem Jahr wird es noch interessanter. Es fallen das Reformationsfest und Allerheiligen zusammen. Ehrlich gesagt: Oft liegt der Reformationstag innerhalb der sog. Herbstferien und viele Pfarrer sind dann nicht da, weil sie in Schulzeiten keinen Urlaub nehmen können.

Für mich hat dieser 01.11. noch eine weitere besondere Bedeutung. Am 01.11.1984 wurde ich von Oberkirchenrat Meiser in meiner Heimatkirche in Habelsee ordiniert. Es war ein bedeutendes Fest. Nicht vorher und bis jetzt auch nicht danach gab es das in dieser kleinen Kirchengemeinde von noch nicht einmal 200 Gemeindemitglieder. Natürlich war die Michaeliskirche „bis zum letzten Platz“ besetzt. Landrat, Bürgermeister, Dekan, Kollegen aus dem Dekanat Rothenburg o/T – alle waren sie da. Natürlich auch meine Familie und mein früherer Ortspfarrer. Nach Predigt von OKR Meiser und meinem Ordinationsgelübde gab es diese bedeutende Handlung: Ich habe die Liturgie des hl. Abendmahls gehalten und die Kommunion ausgeteilt. Weil es in Habelsee (bis heute) keine Abendmahlshelfer/-innen gibt, kamen alle zu mir nach vorne. Der Oberkirchenrat hat die Hostien verteilt und ich den Wein gegeben.

Ich erinnere mich vor allem an die Gesichter der Dorfmenschen. Noch vor wenigen Jahren war ich ein ganz „normaler“ Ortsjugendlicher, der neben der Schule vor allem viel auf dem elterlichen Hof gearbeitet hat. Jetzt kamen sie nach vorne und ich schaute ihnen genau in das Gesicht. Es war für mich ein komisches Gefühl. Darunter waren Gleichaltrige, mit denen ich mich vor ein paar Jahren heiße Fußballkämpfe lieferte. Darunter waren Erwachsene, die mich vor allem als Kind kannten. Darunter waren ältere Kollegen, die mich als Orgelspieler im ganzen Dekanat gehört hatten. Darunter war auch eine Abordnung aus meiner kommenden Pfarrei Weißenbach-Detter-Heiligkreuz im Dekanat Lohr am Main. Ich hatte diese Menschen vorher nicht gesehen, weil ich vom Landeskirchenamt dorthin gesendet wurde. Diese Pfarrei war über ein Jahr vakant und keiner hatte sich dorthin beworben. An diesem Allerheiligentag vor 36 Jahren war ein furchtbarer Nebel und ich habe es sehr wertgeschätzt, dass diese Abordnung aus der Rhön die 200 km hin und her gefahren sind, um die Ordination ihres künftigen Pfarrers zu erleben.

Wie jung ich da noch war!!!! Der Oberkirchenrat schaut sehr ernst!!

Alles in allem. Ich habe an diesem Tag noch einmal besonders erfahren, was das Ordinationsgelübde bedeutet. Der Text lautet: „Die Ordinierten sind durch die Ordination verpflichtet, das anvertraute Amt im Gehorsam gegen den dreieinigen Gott in Treue zu führen, das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und im Bekenntnis ihrer Kirche bezeugt ist, rein zu lehren, die Sakramente ihrer Einsetzung gemäß zu verwalten, ihre Dienst nach den Ordnungen ihrer Kirche auszuüben, das Beichtgeheimnis und die seelsorgerliche Schweigepflicht zu wahren und sich in ihrer Amts- und Lebensführung so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt wird“.

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