Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
We beneiden you
Ich habe schon mehrmals davon geschrieben, dass ich fast jeden Morgen zu einer nahegelegenen Bäckerei gehe. Das hat mit einer Umstellung der Ernährung von vor acht Jahren zu tun. Seitdem esse ich nach einem bestimmten Plan. Es hat mir geholfen, ganz neu meinen Körper „zu formen“. In diesem Geschäft sehe ich dann täglich die große deutsche Tageszeitung mit den vier großen Buchstaben und ich erfahre, was fast 5 Millionen Menschen in unserem Land zuerst lesen.
Gestern gab es wieder einmal eine Schlagzeile, die mir sofort ins Auge fiel: „England, we beneiden you“. Was war geschehen, dass diese Mischung aus Englisch und Deutsch keiner übersehen kann? Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, dass in Großbritannien ab dem 21.06.2021 wieder ein normales Leben sein wird. Hintergrund ist die Tatsache, dass dort schneller geimpft werden kann als in den EU-Staaten, zu denen bekanntlich Deutschland auch gehört. Natürlich höre ich sofort den süffisanten Unterton heraus, dass es eben ohne der EU einfacher und leichter zu leben ist als mit der EU.
Die EU schlingert ja mittlerweile wie ein schwerer Ozeandampfer durch die Weltpolitik. Einstimmige Beschlüsse bei 27 Mitgliedern hindern oftmals schnelle Entscheidungen. Nach meiner Meinung hätten diese einstimmigen Entscheidungen spätestens bei der Aufnahme von zehn Ländern zum 1. Mai 2004 abgeschafft werden müssen. Das ist – warum auch immer – nicht erfolgt und jetzt „haben wir den Salat“ wie es so schön sprichwörtlich heißt. Boris Johnson hat augenscheinlich mit seiner Politik der Trennung und Loslösung Erfolg. Ob das langfristig auch gilt – das weiß keiner!! Es wäre nicht der erste Politiker, der eher kurzfristig Erfolge sucht um gut dazustehen und langfristige Lösungen scheut.
Jedenfalls ist das in dieser Coronapandemie überhaupt die Frage: Wo schaue ich auf mich und wo sehe ich den Menschen, das Land um mich herum? Das Miteinander planen und handeln spielt auch in der Bibel eine sehr große Rolle. Und ob Boris Johnson am Ende wirklich Recht behält, wird erst die Geschichte zeigen. Und ob in Großbritannien tatsächlich zum Sommeranfang alles auf „normal“ gestellt ist, das ist auch noch nicht ausgemacht.
Da fällt mir ein biblisches Wort aus dem ersten Brief an die Thessalonicher ein, der vielleicht nicht nur für Christen gilt, sondern den sich auch „weltliche“ Führungskräfte zu Herzen nehmen können. „Wir bitten euch aber, Brüder und Schwestern: Achtet, die sich unter euch mühen und euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen; ehrt sie in Liebe umso höher um ihre Werkes willen. Haltet Frieden untereinander…tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. Seht zu, dass keiner dem anderen Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann“ (1. Thessalonicherbrief 5, 12 – 15).