Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Heute endet mit dem Karsamstag die Passionszeit. Sie war ganz anders als ich das sonst gewöhnt war. Am Beginn standen noch die Reden zum politischen Aschermittwoch. Aber gleich danach zog der Coronavirus wie ein unsichtbarer Sturm herauf. Der Starkbockanstich wurde schon verschoben. Mir fällt auf, wie diese Zeit auch in meiner Gedankenwelt von politischen und kabarettistischen Veranstaltungen durchzogen ist. Wo bleibt der Gedanke an das Leiden und Sterben von Jesus? Ich gehe noch einmal in die Thomaskirche, bleibe am Altar stehen und schaue nach vorne. Ich sehe das violette Parament (Altartuch).
Violett ist die Farbe der Buße und Erneuerung. Nur noch am Buß- und Bettag (Wer sieht dieses Altartuch noch, nachdem dieser Tag seit 1994 kein gesetzlicher Feiertag mehr ist?) und in der Adventszeit leuchtet diese liturgische Farbe. Mir fällt auf, dass mir der biblische Text auf dem Tuch ins Auge springt. Ist mir noch nie aufgefallen, was ich jetzt lese. Ein Wort von Jesus: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ Dieses biblische Wort geht dann weiter mit den Worten: „Ich will euch erquicken„.(Matthäus 11, 28). Ich ärgere mich zuerst, dass ich in all den Jahren hier nie richtig auf dieses Parament geachtet habe. Diesmal ist das anders. Ich denke: Der Text trifft ins Schwarze. Genau so ist es. Das gilt es jetzt zu tun neben all den weltlichen Überlegungen wie es wirtschaftlich und persönlich weitergehen kann. Zu Jesus kommen! Einzugestehen, dass mein Leben nicht immer auf der Sonnenseite sein kann. Ich bin oft genug ein „Mühseliger“ und „Beladener“. Mir fällt ein, wie ich am Karsamstag 1978 in der Grabeskirche in Jerusalem war. Nach dem Eingangstor geht es rechts hoch zur Schädelstätte (Golgata). Dort also wurden die schlimmsten Verbrecher hingerichtet. Und darunter war auch Jesus. Aber was hatte er getan, dass er mit dem grausamsten Tod sterben musste? Am Kreuz! Erstickt sind die so Gehängten am Ende ihres Lebens, weil sie sich nicht mehr hochziehen konnten. Und dann gehen meine Gedanken jetzt wieder zurück an Zeitungsmeldungen, wie Coronakranke nach Luft ringen und beatmet werden müssen. Und wenn das nicht mehr hilft, dann gibt es hoffentlich Schmerzmittel, welche die Sterbenden in die Bewusstlosigkeit bringen und sie in Frieden gehen können. Diese Hilfen hatten die Gekreuzigten damals nicht. Sie haben nach Atem gerungen bis zum bitteren Ende. Kein schöner Text am heutigen Karsamstag für Sie als Leser/-in. Aber ich schreibe, was mir gerade kommt. Und dazu gehört auch, dass dieser Jesus diesen sog. Heilandsruf auch noch heute hinausschreit, vielleicht mehr denn je: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken„.