Tägliche Gedanken in einer schwierigen Situation, heute von Erich Söhnlein zum Sonntag Rogate („Betet“)
Es war 2013, als ich für einige Wochen zu einem Beraterjob nach Melbourne in Australien durfte. Die Stadt, von der es heißt, die beste Lebensqualität der Welt zu haben. Und es ist wirklich eine ganz tolle Stadt!
An einem freien Samstag machte ich mich auf, mit dem Mietwagen diese wunderbare Stadt und dann später auch den Strand zu erkunden. Ein bisschen am Strand flanieren und Fotos machen, dachte ich.
Nun ist der Strand dort praktisch Teil der Stadt, das Wetter war sonnig, und alle strandnahen Parkplätze waren gut gefüllt. Zum Glück fand ich eine doch recht gute Lücke. Zum perfekten Strandbummel fehlte mir nun nur noch so ein Park-Ticket, das ich gut sichtbar hinter die Scheibe legen wollte.
Recht nah beim dem Auto war auch schon einer dieser Automaten. Geld rein – Ticket raus … das dachte ich. Aber welches Geld? Scheine nahm das Ding nicht und mein Münzgeld reicht gerade mal für vielleicht zwanzig Minuten.
Gut, dann wird es wohl eher ein Strandspurt, statt Spaziergang. Aber ein paar Fotos könnte ich ja machen.
Meine einzige Münze verschwand im Automaten und es kam … Nichts! Meine einzige Münze blieb einfach hängen. Was jetzt? Losrennen und irgendwo ein Eis kaufen, damit wieder etwas Kleingeld da wäre? Jemanden bitten, mir zu helfen? Ich sah weder einen Kiosk in der Nähe, noch jemanden, den ich mit meiner Bitte belästigen wollte. Nein, ich wollte meine Münze wiederhaben.
Aber auch nach wiederholtem Drücken auf die Rückgabe-Taste kam nichts. In meinem Kopf flogen die Gedanken durcheinander. Einfach riskieren? – Was wenn die hier gleich abschleppen? Den Parkplatz aufgeben, irgendwo eine Münze besorgen und dann wiederkommen?
Ach Herr hilf! Was soll ich tun?
Ich drückte den Rückgabeknopf noch ein allerletztes Mal mit aller Kraft und es klimperte plötzlich im Kasten. Freudig griff ich hinein und fand gleich drei Münzen vor!
Sofort lief ich zum nächsten Ticketautomaten und der gab mir dann auch ein Zettelchen, mit dem ich sogar fast eine Stunde bleiben konnte, spazieren und Fotos machen. Danke Herr, danke, danke, danke und mein Grinsen ging von einem Ohr zum andern.
Betet! Rogate, so heisst heute der Sonntag. Für mich hat Beten viele Aspekte.
Beten, das ist für mich einfach das Gespräch mit Gott, wie mit einem Vater, der mich kennt, zu dem ich mit allem kommen kann.
Und er antwortet. Keines der Gebete verhallt einfach so. Oft ist ein Gebet nur ein Wort, ein Gedanke. Als Jesus einmal über das Beten spricht, sagt er: Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. (Matth. 6, 7-8).
Meine Erfahrung ist auch: So wie wir „essentiell“ beten sollen, ohne Wortschwall, ohne Umweg über verschwurbelte Formulierungen, direkt aus dem Herzen – genauso antwortet auch Gott: Ohne plappern. Und Gott ist halt auch nicht wie Whatsapp, wo es einen blauen Haken gibt, sozusagen als Lesebestätigung.
Gott, und da spreche ich aus meiner ganz persönlichen Erfahrung, ist anders: Seine Antwort ist manchmal schnell, direkt sichtbar in dem, was er tut, wie er wirkt. Manchmal so, wie ich es mir auch vorgestellt habe.
Gott bleibt manchmal aber auch eine Weile stumm. Schweigen ist aber auch eine Form der Antwort. Schweigen heißt, mich hineinfallen lassen in das Vertrauen auf Gott, den Vater, der es wohl recht macht. Auch wenn ich es nicht oder nicht gleich verstehe.
Manchmal aber kommt aber auch eine Antwort, die überrascht, die mich als einen Kleingläubigen outet, der nur im Bereich seiner eigenen Möglichkeiten denkt und meint, Gott müsste sich an das halten, das mir möglich ist.
Komplizierter Satz, aber ich hoffe, Ihr habt ihn verstanden.
Gott überrascht mich immer wieder mit dieser väterlichen, fürsorglichen Liebe, ob es sich um Parkmünzen in Melbourne handelt oder um die „Parkmünzen“ meines Lebens, meiner Seele.
Gott segne Euch!