Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfrin Bettina Sperl zum Sonntag Rogate (der Artikel stammt aus „Kirche im Rundfunk“ vom 13.05.2007)
Die Wolken hängen tief, der Tag ist grau und die Autobahn frei. Petronella und ich brausen vergnügt auf der italienischen Autobahn nach München. Petronella ist eine junge Bäuerin aus einem kleinen Dorf in Umbrien. Sie will zu ihrer Freundin Maria nach München und ist total aufgeregt voller Vorfreude. „Mein Gott wird das schön! Eine Woche ohne Ziegen, eine Woche ohne Hühner, eine Woche ohne Olivenbäume und Äcker!“ Eine wunderbare Woche würde sie verleben in der Großstadt mit Maria. Sie singt und redet und lacht und ich drücke aufs Gas, damit wir unser Ziel schneller erreichen.
Dann ist sie plötzlich still. Als ich nach einer Weile zu ihr hinüber sehe, bemerke ich, dass sie ihre Augen geschlossen hat. Ganz ruhig ist sie und hat ihre Hände gefaltet und ihre Lippen bewegen sich lautlos. Ob sie Angst hat, weil ich so schnell fahre? Ich fahre langsamer. Petronella betet weiter. Ich drosselte das Gas noch mehr. Jetzt fahren wir nur noch 60 km/h und das auf der Autobahn. Noch langsamer kann ich fast nicht fahren. Endlich, nach einer Ewigkeit öffnet sie die Augen wieder ,entspannt sich sichtlich und lächelt mich fröhlich an. „Wie lange dauerte es noch bis wir ankommen?“ fragt sie. „Also, wenn wir weiter so langsam fahren, brauchen wir noch ziemlich lange„, antwortete ich ihr. „Warum fährst du nicht schneller?“ fragt sich mich. „Ich dachte, Du hast Angst, wenn ich so schnell fahre?“ „Wieso soll ich Angst haben?“ „Na, weil Du die ganze Zeit betest„, antwortet ich ihr. Verblüfft schweigt sie einen Moment und kichert dann leise vor sich hin. „Weißt Du„, meint sie „ich werde jetzt eine schöne Woche haben bei Maria. Eine Woche Ferien. Ich will frei haben. Darum habe ich einfach alle Rosenkränze und Ave Maria und Vaterunser, die ich eigentlich jeden Tag beten muss, schon im voraus gebetet – für die ganze Woche. Ist das nicht gut? Jetzt habe ich keine Arbeit mehr – die ganze Woche nicht„.
Die Idee ist so unglaublich, das wir beide anfangen zu lachen. Ob man das kann? Geballt im voraus zu beten? Petronella jedenfalls kann es. Und der liebe Gott wird geschmunzelt und ihr die schönste unbeschwerte Woche in München gegönnt haben.