Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 131 vom 24.07.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Immer dieser Holzzettel

Heute erhalten die Schülerinnen und Schüler ihre diesjährigen Jahreszeugnisse. Mancher hat dabei ein klopfendes Herz. Wird er oder sie mit den Noten zufrieden sein? Wie werden die Eltern und die Verwandten reagieren? Es gibt den Brauch, dass es für bestimmte Noten Geld gibt. Bei mir als Kind war das noch nicht der Fall. Die Zeugnisse wurden relativ gelassen hingenommen. Es wurde kein „Trara“ darum gemacht. In der Regel waren meine Noten durchschnittlich. Ich war kein sehr guter Schüler, auch wenn ich relativ gute Noten hatte und die Übergänge in die Realschule und später in das Gymnasium geschafft habe. Ich erinnere mich an den Rektor der Realschule in Rothenburg. Er hat einmal gemeint: „Ihr müsst nicht nur Einser haben. Schafft immer die Noten, die Ihr zum Weiterkommen benötigt“. Diesen Ernst und gleichzeitig diese Gelassenheit habe ich mir dann zugelegt.

Aber eine Geschichte aus der zweiten Grundschulklasse hat mich dann doch besonders geprägt. Mein hochgeschätzter Grundschullehrer Dieter Weth verteilt die Zeugnisse. Danach meint er: „Ist jemand mit einer Note nicht einverstanden?“. Damals waren in Habelsee die 1. – 4. Klasse zusammen gemeinsam mit den Schüler/-innen aus dem Nachbardorf Steinach. Tatsächlich habe ich mich gemeldet und gesagt: „Ich bin mit dem Zweier in Religion nicht einverstanden. Ich hätte gedacht, dass der Pfarrer mir eine Eins geben würde“. Im Nachhinein bin ich über meinen Mut verwundert. Ich war und bin bis heute eher in solchen Sachen zurückhaltend und kein „Rebell“. Dieter Weth meinte darauf: „Auf diese Rückmeldung von Dir hat der Pfarrer gewartet und zu mir im Vorfeld gesagt: Der Gerhard Metzger ist mit dem Zweier vermutlich nicht einverstanden. Dann sagen sie ihm, dass ich grundsätzlich in den ersten beiden Klassen keine Eins im Religionsunterricht gebe, obwohl er sich das verdient hätte“.

Hier erkenne ich die Klugheit meines Lehrers. Er hat vor der Klasse – und nur dieses eine Mal – diese Frage gestellt. Und gleichzeitig hat die Klasse damit die Vorgehensweise des Pfarrers im Fach Religion erfahren. Beim Austausch der Noten untereinander wussten dann die anderen, warum ich gerade im Religionsunterricht keine Eins bekommen habe. Und so war alles „transparent“ geworden wie dieses Prinzip heute benannt worden wäre.

Ich habe daraus viel gelernt, wie z.B. „transparenten Unterricht“ zu halten bis in die Noten hinein. Ich habe auch gelernt, wie wichtig vielen Schülern/-innen die Note im Religionsunterricht ist. Ich will da fair sein und die Note Eins wird keinem/r Schüler/-in „nachgeworfen“. Aber ich selbst strahle natürlich innerlich und äußerlich, wenn ich dann höre: „Herr Metzger, ich gehe sehr gerne in das Fach Religion. Und da bekomme ich doch eine Eins, wenn ich mir meine eigenen Noten betrachte“. Und mit dieser Einschätzung liegen die Schüler/-innen fast immer richtig.

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