Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Jom Kippur
Heute feiern die Juden ein besonderes Fest: Jom Kippur. Es ist der große Versöhnungstag. Es ist der höchste jüdische Feiertag und findet immer 10 Tage nach dem jüdischen Neujahrsfest statt. Es ist Abschluss und Höhepunkt der zehn Tage der Reue und Umkehr. Im dritten Buch Mose im 16. Kapitel ist es genau beschrieben: „Am zehnten Tag des siebten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun, weder ein Einheimischer noch ein Fremdling unter euch. Den an diesem Tag geschieht eure Entsühnung, dass ihr gereinigt werdet; von allen euren Sünden werdet ihr gereinigt vor dem Herrn“ (3. Mosebuch 16, 29 – 30).
Nur an diesem Tag durfte der Hohepriester in das Allerheiligste im Tempel gehen, um stellvertretend für das Volk die Vergebung der Sünden zu empfangen. Er besprengte die Bundeslade mit dem Blut von zwei Opfertieren. Auch zwei Böcke wurden geopfert. Der eine zur Reinigung des Tempels. Beim anderen Ziegenbock hat der Hohepriester die Hände aufgelegt um damit symbolisch die Sünden des ganzen Volkes auf das Tier zu übertragen. Dann wurde der Bock über den Rand der Bergklippen in der judäischen Wüste geschickt, wo er starb. Von dieser Handlung kommt bis heute der Ausdruck des „Sündenbockes“.
Für mich ist dieser jüdische Feiertag vor allem 1973 in das Bewusstsein getreten. Damals hatten die Staaten um Israel herum einen Krieg angefangen und wollten das Land aus der Karte auslöschen. Die Menschen im Staat Israel waren in Schockstarre und völlig unvorbereitet. Wie durch ein Wunder konnten die jüdischen Soldaten aber zurückschlagen und gingen zum Gegenangriff über. Der UN-Sicherheitsrat hat mit der Resolution 338 zum Waffenstillstand aufgerufen und dieser Krieg wurde beendet. Die nachfolgende sog. Ölkrise hat auch die Staaten der westlichen Welt getroffen.
Der Krieg hatte aber dann doch noch etwas Gutes. Der ägyptische Präsident Anwar al-Sadat hatte erkannt, dass es einen Friedensvertag mit Israel geben muss. Dieser ging schließlich am 26. März 1979 als Camp-David-Abkommen in die Geschichte ein und kostete dem ägyptischen Präsident durch ein Attentat am 6. Oktober 1981 das Leben. Dennoch ist Jom Kippur ein Symbol dafür, wie aus einer Krise heraus etwas Gutes entstehen kann. Und das ist meine Hoffnung auch für diese Coronapandemie.