Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Worte des Friedens finden
Es war für mich schon als Kind eine ganz ungewöhnliche Atmosphäre an diesem „Vorletzten Sonntag im Kirchenjahr“. Bei uns in Habelsee-Mörlbach versammelte sich nach dem Gottesdienst eine beachtliche Zahl von Menschen am sog. Kriegerdenkmal, das direkt vor dem Kircheneingang gebaut wurde. Diese beachtliche Zuhörerschaft hatte vor allem zwei Gründe. Einmal sind damals eben auch mehr Leute in den Gottesdienst gegangen und damit auch zur Ansprache dageblieben. Zum anderen waren fast alle von den Wirren des zweiten Weltkrieges noch betroffen. Das galt auch für meine eigene Familie. Mein Opa ist mit 44 Jahren im März 1945 im Volkssturm in Frankfurt/Oder umgekommen.
So standen viele am Kriegerdenkmal und lauschten den Worten des Bürgermeisters. An die Worte in Mörlbach kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber alle zwei Jahre fand der Gottesdienst in meiner Heimatgemeinde Habelsee statt. Die Rede des damaligen Bürgermeisters hatte einen militärischen Ton. Er war selbst Soldat gewesen und hat eine „Heldengedenkrede“ gehalten. Er hat den Einsatz der Soldaten im zweiten Weltkrieg für das angeblich freiheitliche Hitlerdeutschland gelobt. Es fiel kein Wort davon, dass immerhin dieses Heimatland Hitler aufkommen hat lassen und der Auslöser des Krieges der Überfall auf Polen am 1. September 1939 war. Es gab kein Wort der Demut oder der Entschuldigung. Es gab auch kein Wort für Versöhnung und Frieden. Er sprach davon, dass auch in Zukunft dieses Deutschland geschützt werden müsse von ausländischen Mächten usw.
So richtig habe ich das als Kind nicht begriffen. Vielleicht war das auch an anderen Orten so. Und das ist vermutlich der Grund, warum Menschen bis heute so ein komisches Gefühl in der „Bauchgegend“ haben, wenn sie an diesen Tag denken. In Altensittenbach kommt hinzu, dass die Erinnerung und die Ansprache nicht direkt an der Kirche gehalten werden, sondern ein Weg von ca. 500 m gegangen werden muss. Manchen ist das auch zu weit. Leider!! Sie wären über die Worte unserer beiden Bürgermeister (sie sprechen im jährlichen Wechsel) positiv überrascht. Inhaltlich wird die Sehnsucht nach Frieden betont. Ich spüre aus den Worten der beiden heraus, wie sie darum ringen, diese Botschaft anzubringen, im Wissen, dass Weltfriede wohl niemals sein wird. Mein Zitat lautet dazu: „Einen Schurken gibt es immer irgendwo auf der Welt“. In mir ist die Hoffnung, dass alle Mühen zum Frieden wenigstens schon im eigenen Herzen beginnen. Und dazu ist der Volkstrauertag eine sehr gute Gelegenheit. Der Wochenspruch lautet: „Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“ (2. Korinther 5, 10a)