Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Der Glasi
Sehr viel wird jetzt von Sterbenden geschrieben. Das liegt daran, dass die Zahl der Toten durch den Coronavirus auch in Deutschland ziemlich in die Höhe geschnellt ist. Daneben gibt es aber auch Nachrichten über Verstorbene, die sehr alt geworden sind und deren Zeit einfach zu Ende gegangen ist.
Dazu gehört für mich die Meldung vom letzten Dienstag. „Oberkirchenrat i. R. Theodor Glaser ist gestorben„. Diese Mail habe ich vom Pressesprecher der bayrischen Landeskirche erhalten. Dieser Mann spielte in meinem Leben eine besondere Rolle. Während meiner Zeit nach dem ersten Examen (Vikariatszeit) und danach war er der Personalreferent des Landeskirche. Das Besondere daran war, dass er einen Menschen einmal gesehen hat und dann Gesicht und Namen immer zuordnen konnte. So merkte er sich weit über tausend Pfarrer/-innen persönlich. Ein Dekan hat einmal zu mir gesagt (und das hat er humorvoll und wertschätzend gemeint): „Was für die DDR die Stasi, ist für die bayrische Landeskirche der Glasi„.
„Glasi“ war der Spitzname diese Mannes für uns Pfarrer/-innen. Wenn er auf mich zugegangen ist, hat er mich sofort mit „Herr Metzger“ angesprochen. Das war eine unglaubliche Leistung. Dabei habe ich ihn keine 10-mal im Leben gesehen. Er war bei all seiner Funktion als Personalreferent und Vertreter des Landesbischofs ein bescheidener Mensch geblieben. Ich erinnere mich noch an eine bestimmte Szene beim zweiten Examen. In der mündlichen Prüfung im Fach „Liturgik“ wurde ich vom Prüfer (ein Dekan aus Nürnberg) nach alternativen Gottesdienstmodellen gefragt. Ich nannte einige und am Schluss sagte ich: „Ich weiß nicht, ob sie das auch gut kennen. Aber ich habe Erfahrungen mit charismatischen Gottesdiensten gemacht„. Dabei muss man wissen, dass diese Gottesdienste damals in den 70-er und 80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehr häufig in Nürnberg gefeiert wurden. Theodor Glaser saß bei der Prüfung hinten auf einen Stuhl und hörte zu. Danach war ich kaum aus der Tür als er auf mich zu kam und meinte: „Herr Metzger, kann ich sie heute Nachmittag sprechen? Ich will mit Ihnen über die Geistliche Gemeindeerneuerung (GGE) reden. Sie kennen sich anscheinend ganz gut aus„.
Ich staunte und hatte durchaus ein „mulmiges“ Gefühl. Das war aber ohne Grund. Er fragte mich nach einzelnen Personen und wollte wissen, was ich von der GGE grundsätzlich halte. Das gipfelte in den Satz: „Meinen Sie, die Landeskirche muss davor Angst haben oder denken Sie, das ist eine gute Sache?“ Ich war verblüfft! Der Personalreferent und Prüfungsvorsitzende fragt einen Vikar danach, wie die Landeskirche mit der GGE umgehen soll!! Ich habe die GGE gelobt und ihre Stärken herausgestellt. Ich habe ihm klar gemacht, dass jegliche Angst völlig unbegründet ist. Es ist eine wichtige geistliche Erneuerungsbewegung. Die Landeskirche könne froh sein, dass dadurch auch innerhalb der Landeskirche Menschen eine Heimat finden, die diese Spiritualität suchen würden. Und wenn diese Gruppe Raum in der Landeskirche erhält, werden vermutlich auch weniger charismatische Christen in Freikirchen wechseln.
Es war für mich ein angenehmes Gespräch auf Augenhöhe. Er hat mich ernst genommen. Heute freue ich mich, dass Lobpreis, hörendes Gebet, Prophetisches Reden und andere Geistesgaben einen Platz in unserer Landeskirche haben. Und vielleicht hat der unscheinbare Vikar im Gespräch mit dem Personalreferenten im Sommer 1984 einen kleinen Teil dazu beigetragen. Gestern ist dieser aufrechte Mann im Alter von 88 Jahren beerdigt worden.
Danke, dass ich das lesen durfte. Es war damals eine hoch-kämpferische, angefochtene Zeit,
Gerade in Fürth/Nürnberg und darüber hinaus (Altdorf z.B.) , überall gab es nicht nur Fteunde
sondern ausgesprochene Feinde. Wir redeten von Jesus und waren schon verdächtig.
Danke, „Herr Metzger“ für Dein Eintreten, anere Vikare traten uns in den Hintern.