Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Darf Melchior schwarz sein?
Diese Schlagzeile hat es immerhin auf die zweite Seite der Nürnberger Nachrichten vom 12.10.2020 gebracht. „Melchior aus Kirche verbannt. Streit um Heilige Drei Könige. Wie rassistisch ist die Gestaltung des Melchior in der Krippe des Ulmer Münster?“. Die Autoren von dpa stellen die Frage, ob die Darstellung der Heiligen Drei Könige mit dem schwarzen Melchior rassistisch sein kann.
Darüber ist in der Kirchengemeinde in Ulm eine heftige Debatte entbrannt. Der dortige Dekan Ernst-Wilhelm Gohl begründet seine Sicht mit folgender Aussage: „Die Holzfigur des Melchior ist etwa mit seinen dicken Lippen und der unförmigen Statur aus heutiger Sich eindeutig als rassistisch anzusehen“. Also soll der Melchior aus der dortigen Krippe verschwinden. Das schlägt Wellen. Selbst der Sprecher des Bistums Regensburg ist da anderer Meinung. Er bewertet diese Darstellung keineswegs als rassistische Meinungsäußerung.
Das hat man also davon, dass man nachträglich den drei Weisen Namen gegeben und sie auch noch mit persönlichen Merkmalen gekennzeichnet hat. Dabei war das alles so gut gemeint. Die drei Männer sollten die damals bekannten Erdteile darstellen: Europa, Asien und Afrika. Deshalb ist der Melchior auch als schwarzer Afrikaner gekennzeichnet. Freunde haben mich persönlich aufgeklärt, dass so nicht mehr gesagt werden darf. Das heißt jetzt „dunkel pigmentiert“. Die Farbe Schwarz gilt als rassistisch. Kann ich durchaus nachvollziehen.
Aber viel wichtiger ist für mich, dass die Hautfarbe keine Wertigkeiten nach sich zieht. Deshalb begrüße ich den Debattenbeitrag von Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der EKD und bayr. Landesbischof. Ich zitiere: „Für mich ist entscheidend, ob mit der Darstellung unterschiedlicher Hautfarben implizit oder explizit unterschiedliche Wertigkeiten zugeschrieben werden. Bei den Heiligen Drei Königen geht es um hochstehende Persönlichkeiten, die zusammen mit den armen Hirten zur Krippe kommen. Unterschiedliche Wertigkeiten werden hier gerade nicht zugeschrieben. Im Gegenteil“.
Ich weiß nicht genau!! Aber irgendwie habe ich den Verdacht, dass bei dieser Debatte um den „Melchior“ wieder einmal grundsätzlich gegen kirchliche Traditionen vorgegangen wird. Denn bei mir gibt es nur Menschen, die mir nahe stehen und die mir ferne sind. Und das hat mit der Hautfarbe überhaupt nichts zu tun. Der Kommentator der Zeitung zu diesem Artikel, Alexander Jungkunz, weist darauf hin, dass z.B. der Begriff „Mohr“ früher nicht abwertend war. Im Gegenteil: Er erinnert daran, dass Mauren das pharmazeutische Wissen nach Europa gebracht haben und es deswegen viele „Mohren-Apotheken“ gibt.
Und dieses Stück Geschichte sollte ebenso wenig gelöscht werden wie die Geschichte vom Besuch der Weisen aus dem Morgenland in Bethlehem, auch wenn es keine Heilige, keine Drei und erst recht keine Könige waren. Der Tagesspruch zum heutigen Epiphaniasfest lautet: „Die Finsternis vergeht und das wahre Licht scheint jetzt“ (1. Johannesbrief 2, 8b).