Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 376 vom 26.03.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Kalk rieselt

Freitag, der 4. September 2020. Ich bin in Erwartung einer Trauung für den kommenden Samstag. Mein Neffe wollte schon am 3. Mai heiraten. Durch die Coronakrise musste er den Termin verschieben. Schließlich wollte er Anfang September heiraten. Ich hatte ihm mitgeteilt, dass ich dabei bin, wenn die Studienfahrt nach Polen mit dem Hauptziel Masuren abgesagt werden würde. Das war der Fall.

An diesem Freitag kümmere ich mich um den Rasen und um den Garten vor dem Haus. Ich wollte noch in den Urlaubstagen diese Arbeit zu Ende bringen. Es ist kurz nach 15.00 Uhr und meine Frau und ich sitzen beim Kaffee. Wir lassen uns Zeit und reden über den morgigen Tag. Gegen 16.30 Uhr öffne ich mein Smartphone und sehe eine WhatsApp-Nachricht. „Wo seid ihr? Heute ist Hochzeit“? Meine Schwester hat mir diese Nachricht um 16.00 Uhr geschickt. Ich erschrecke und lese die Einladung nach. Tatsächlich. Die Hochzeit war an diesem Freitag!! Ich schaue auf den Kalender. Es ist dick eingeschrieben, dass sie am Freitag und nicht am Samstag ist. Die Macht der Gewohnheit hat über mich gesiegt.

Früher waren Trauungen sehr oft an einem Freitag. Daher kommt der Ausdruck „sich freien lassen“. Dieser Wochentag ist nach der nordischen Göttin „Freya“ benannt. Am Samstag wurde nicht geheiratet, damit dieser Festtag keine Ausrede für den Nicht-Kirchgang am darauffolgenden Sonntag war (das waren noch Zeiten!!!!).

Ich denke zurück an dieses Jahr 2020 und den vielen Überlegungen zu kirchlichen Trauungen. Wie viele Paare haben diese kirchliche Feier abgesagt und wollen es 2021 nachholen und hoffentlich dann wieder normaleren Zuständen (Mittlerweile haben etliche diese Feier auch schon für dieses Jahr 2021 abgesagt). Ich setze mich hin und schnaufe durch. Jetzt hat es mich selbst erwischt. Dieses Jahr 2020 wird für mich auch als ein Jahr in Erinnerung bleiben, in dem ich eine Hochzeit in der eigenen Familie vergessen habe. „Sorry. Der Kalk rieselt offenbar bei mir“. Mit diesen Worten habe ich meiner Schwester als Bräutigammutter um 16.43 Uhr zurückgeschrieben. Für einen Besuch war es jetzt schon zu spät, weil der Ort der Feier zu weit weg lag.

Daran denke ich heute, am 26.03.2021, einem Freitag. Ich denke an die erste kirchliche Trauung im Juli 2020. Das Paar hatte gehofft und gebetet. Und tatsächlich: Drei Tage vor ihrer Hochzeit kam die Nachricht, dass bei geschlossenen Gesellschaften auch ohne Abstandsregel gefeiert werden darf. Aber irgendwie merke ich: Dieses Hin und Her bei Trauungen hat mich irgendwie geschafft!! Umso mehr habe ich die Hochzeit im Juli 2020 in sehr guter Erinnerung. Nicht nur, weil ich eingeladen war und es ein wirklich sehr gutes Essen gegeben hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert