Kein Sofagate im Himmel!
Das war zu Recht ein Aufschrei in der Presse vor allem von demokratischen Staaten. Am 06.04.2021 besuchte eine hochrangige Delegation der Europäischen Union die Türkei. Es sollte u. a. über das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei geredet werden. Beim Pressetermin kam es beim offiziellen Foto zum Eklat. Der türkische Präsident Recep Erdogan und der Ratspräsident der EU, Charles Michel sollten darauf zu sehen sein. Deshalb standen nur zwei Stühle bereit. Von der Leyen war überrascht und musste schließlich ebenso wie der türkische Außenminister auf einem weiter entfernt stehenden Sofa Platz nehmen. Das Problem dabei ist, dass ein Außenminister unter dem Präsidenten steht, wohingegen Ratspräsident (Michel) und Kommissionspräsidentin (von der Leyen) gleichrangig sind. So kam es im Nachhinein zu großen politischen Reibereien. Wer den türkischen Ministerpräsidenten kennt, vermutet natürlich sofort eine Tat im Sinne seiner Haltung zu den Frauen. Er versucht die Türkei in einen islamistischen Nationalstaat umzuwandeln, obwohl dieses Land seit dem Staatsgründer Kemal Atatürk eine moderne religiös neutrale Republik sein soll. Erdogan will das anscheinend ändern und seine Gesetze zielen eindeutig darauf ab, dass die anderen Religionen weniger Rechte erhalten als sie schon bisher haben. Das Pressebild vom 06.04.2021 war dazu eine sehr gute Gelegenheit, das zu zeigen.
Manche Journalisten wittern hinter diesem Geschehen aber auch einen Machtkampf innerhalb der Führungsriege der EU. Charles Michel hätte ja das Angebot vom türkischen Präsidenten ablehnen können. Hat er aber nicht. Vielleicht wollte er also nur dadurch zeigen, dass er als Ratspräsident (und Mann??) über der Kommissionspräsidentin stehen will. Was auch immer geschehen ist: Fest steht, dass es tatsächlich nicht nebensächlich ist, wer wo sitzt. Der Sitzplatz drückt auch eine gewisse Wertschätzung aus. Und wer war nicht bei seiner eigenen Hochzeit froh, wenn die Platzkärtchen endlich alle verteilt waren und kein Streit unter dem Brautpaar das Ergebnis verlangsamt hat.
Warum ich das heute erzähle? Heute feiern Christen das Fest Christi Himmelfahrt. Genau 40 Tage nach Ostern hat Jesus seine Jünger auf dem Ölberg versammelt und sie haben ihn zum letzten Mal gesehen. Jesus ist in die unsichtbare Welt gerückt. Die Platzfrage für Jesus ist da schon längst entschieden. Im Glaubensbekenntnis wird das fast bei jedem Gottesdienst ausgedrückt: „Er sitzt zur Rechten des Vaters. Von dort wird er kommen zu richten die Lebendigen und die Toten“. In der Bibel finden sich dazu mehrere Stellen wie z.B. im Epheserbrief: „Durch sie (seine große Kraft) hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel“ (Kap 1, 20). Kein Wunder, dass dieser Text ein Predigttext zum Fest Christi Himmelfahrt ist.