Luther und die Juden

War Luther ein Antisemit? Diese Frage stellt Herinrich Hebeler ganz am Anfang seines Vortrages im Rahmen von 500 Jahre Reformation bei einem Abend in unserer Kirchengemeinde in den Raum. Er gab gleich eine Antwort: Nein, das war er nicht. Denn diesen Ausdruck gab es vor 500 Jahren noch nicht und Luther konnte nicht ahnen, welche unheilsvolle Wirkungsgeschichte seine Vorträge und Zitate zu den Juden noch bewirken sollten. Es gab allerdings seit der Zeit der Kirchenväter schlimme Polemik gegenüber den Juden. Und Luther war als Kind seiner Zeit davon nicht frei. Dabei gab es auch für ihn in unterschiedlichen Lebensphasen ganz unterschiedliche Beurteilungen. Heinrich Hebeler bezog sich vor allem auf ein Gutachten Luthers zum Talmud aus dem Jahre 1513, auf dessen Schrift „Dass Jesus ein geborener Jude sei“ aus dem Jahr 1523 und aus dem stark judenfeindlichen Traktat „Von den Juden und ihren Lügen“ aus dem Jahr 1543. 1523 hat Luther gefordert, die Juden brüderlich zu behandeln und er hat Gewaltmission und Unterdrückung an ihnen kategorisch abgelehnt. Juden sollten allerdings die Messianität von Jesus erkennen und sich zum Christentum bekehren. Luther lehnte auch den Talmud als eine gültige schriftliche Autorität ab und blieb damit bei seiner auch gegenüber der katholischen Tradition vertretenen Aussage, dass die Heilige Schrift alleinige Autorität besitzt: sola scriptura. Ganz anders hört sich das dann in seinem Traktat von 1543, drei Jahre vor seinem Tod an. Er stellt ein 7-Punkte-Programm auf und fordert u.a.: Verbrennt ihre Synagogen! Nehmt die Talmude fort! Gottes Zorn ist groß über sie. Bis heute streiten sich die Gelehrten darüber, warum Luther solch scharfe Worte fand. Noch 3 Tage vor seinem Tod, am 15.2.1546 fordert Luther in einer Vermahnung gegen die Juden, dass sie sich taufen lassen oder vertrieben werden sollen. Später haben sich Theologen und Politiker auf Luther berufen und der Holocaust unter Hitler war die schlimmste Folge aus dieser Haltung. Luther hätte solch eine schlimme Handlungsweise aber sicherlich abgelehnt.


In der intensiven Fragerunde nach dem Vortrag wurde darüber nachgedacht, warum Luther solche Gedanken überhaupt ausgesprochen hat? War er hier ein Kind seiner Zeit? Haben persönliche Verletzungen dazu geführt? War es eine Retourkutsche Luthers auf von Rabbinern nachgewiesene Übersetzungsfehler bei der Übertragung des Alten Testamentes in die deutsche Sprache? Wir wissen es nicht. Aber eines war allen klar: Hier begegnet uns ein Mensch, dem wir viel zu verdanken haben. Der aber auch mit seinen Schwächen und Fehlern sich als jemand erweist, wie wir alle sind: Menschen mit Gaben und Fehlern, mit unseren dunklen Seiten. Menschen, die auf die Vergebung Gottes jeden Tag angewiesen sind und allein von der Gnade Gottes leben können.

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