Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 116 vom 09.07.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wie die Träumenden

Urlaub wird beschrieben, wie wenn Menschen dann „wie die Träumenden“ sind. Ob das immer so ist, kann natürlich bezweifelt werden. Aber es ist zumindest eine sehr gute Werbung der Urlaubsindustrie. Reisebüros wissen genau, wie sie mit Texten und Bildern Menschen so stimulieren können, dass Reisen gebucht werden. Mediziner sagen, dass es nicht auf die zwei Wochen im Urlaub ankommt, wie gut sich Menschen fühlen, sondern dass die anderen 50 Wochen darüber entscheiden, wie gut ich durch das Jahr komme. Psychologen sagen, dass es nirgends so viel Streit in den Familien gibt als im Urlaub. Aber dieses Paradox ist wohl nicht aufzulösen. Und jeder muss das für sich selbst entscheiden, welchen Urlaub er wählen kann und will.

Für mich ist es sehr interessant, dass diese Metapher „Wie die Träumenden“ in der Bibel einen realen Hintergrund hat. Das gilt vor allem für die Menschen, die im Psalm 126 beschrieben werden. „Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unsere Zunge voll Rühmens sein. Dann wird man sagen unter den Heiden: Der HERR hat Großes an ihnen getan! Der HERR hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich“. Diese ersten drei Verse aus diesem Psalm beschreiben die Situation der Sänger/-innen. Es sind die gefangenen Juden in der babylonischen Gefangenschaft (siehe Update 71 vom 25.05.2020). Sie machten eine sehr schwere Zeit durch. Sie konnten keine Gottesdienste im Tempel von Jerusalem feiern, der vollkommen zerstört war. Sie mussten sich mit den Babyloniern arrangieren und einen Alltag zum Überleben aufbauen. Der Prophet Jeremia hatte ihnen geraten, so möglich wie es nur geht, diesen Alltag zu bewältigen. Sie waren jetzt alleine auf die Hilfe ihres Gottes angewiesen. Nur er konnte die Situation ändern. Aber was sie auch konnten und taten: Sie konnten ihre Gefühle und Hoffnungen im Gebet und in ihren Liedern ausdrücken.

Und davon ist der Psalm 126 ein Zeugnis. Und das ist sicherlich auch eine gute Art und Weise für uns, wenn diese Coronakrise immer noch nicht überwunden ist und keiner weiß, ob und wie wir damit in den nächsten Jahren leben müssen. Die gefangenen Juden singen im Psalm 126 weiter: „Die mit Tränen sehen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Gaben“.

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