Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 146 vom 08.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Was macht ein Landpfarrer denn so?

Es ist irgendwann im März 1995. Das Telefon im Pfarramt Alerheim klingelt. Ich gehe ran und melde mich. Am anderen Ende meldet sich der bayrische Rundfunk. Eine ruhige Frauenstimme erzählt mir, dass sie Rundfunkjournalistin ist. Sie möchte mit mir gerne eine Reportage zum „Augsburger Friedensfest“ machen. Jedes Jahr wird an diesem Tag eine einstündige Reportage über eine Person gesendet. Diesmal soll es über mich gehen. Ich bin überrascht und stolz zugleich. Ich frage nach, wie der bayr. Rundfunk denn zu mir gekommen ist. Die Reporterin erzählt, dass sie aus dem nahegelegenen Marktflecken Harburg stammt. Es sollte eine Reportage über einen „Landpfarrer“ geben und sie hat den dortigen Bürgermeister gefragt. Dieser meinte: „Gehen sie nach Alerheim und befragen sie Pfr. Metzger“. Hintergrund war, dass ich einmal etwa sieben Monate lang als Vakanzvertreter in dieser evangelischen Gemeinde ausgeholfen habe. Die Beziehungen, die ich geknüpft hatte, waren sehr gut und die Zusammenarbeit mit der Kommune war ausgezeichnet. „Was erwartet mich denn?“ Bei dieser Rückfrage war die Reporterin eher ein wenig zugeknöpft. „Warten sie mal ab. Ich melde mich wieder und dann bleibe ich einen ganzen Tag in Alerheim“.

Dann legte sie auf. Es hat lange gedauert bis der nächste Anruf von ihr kam. Ich hatte diese Einladung schon fast vergessen. „Ich will schon nächste Woche kommen. Geht das?“ Plötzlich erinnerte sie mich wieder an den Anruf. Ich stimmte zu und so stand sie an einem Donnerstag morgen vor meiner Tür. Ich nahm sie den ganzen Tag zu verschiedenen Tätigkeiten eines Pfarrers mit. Besuche im Krankenhaus, Geburtstagsbesuche, Schulunterricht, Krankenbesuch und am Abend war ich bei einem Landwirt. Dieser erzählte dann auch ausführlich von seinen Sorgen und Mühen. Am Nachmittag spielte ich mit meinem dreijährigen Sohn im Pfarrhausgarten ein wenig Fußball und sie machte in dieser Zeit das Interview mit mir. Für mich eine besondere Erinnerung, weil mein unheilbar kranker Sohn damals noch sehr gut laufen konnte und begeisterter Fußballer war. Von seiner Krankheit wussten meine Frau und ich damals noch nichts.

Was ich aber nicht wusste war, dass die Reporterin nach jedem Gespräch mich aus dem Raum geschickt hat und mit den Gesprächspartner alleine über mich geredet hat. Sie wollte ehrliche Meinungen von Menschen über ihren Pfarrer senden und kein „zur Schau stellen“. Die Antworten wurden mir nicht mitgeteilt. So war ich am 08.08.1995 selbst auf die Antworten der Gemeindemitglieder gespannt. Wie fallen diese aus? Was sagen sie von mir, wenn ich nicht dabei bin? Ich war zufrieden!! Meine Familie saß an diesem Friedensfest 1995 gerade im Auto auf dem Weg in die Fränkische Schweiz nach Plech. Wenige Tage später sind wir zum ersten Mal durch Altensittenbach gefahren und ich hätte damals nie gedacht, nur ein Jahr später in diesem Ortsteil von Hersbruck mittlerweile seit 24 Jahren Pfarrer zu sein.

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