Wenn Corona will, steht (noch) manches still, update 149 vom 11.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bratwurst macht den konfessionellen Unterschied

Es war eine meiner interessantesten Erfahrungen beim Dorffest Altensittenbach. Der Unterschied zwischen Katholisch und Evangelisch liegt in der Bratwurst. Wer hätte das gedacht? Ich zitiere dazu aus meiner Predigt zum Dorffest am 07.08.2004: „In den Nürnberger Nachrichten vom 05.07.2004 erschien ein Artikel unter der Überschrift. „Die besten Bratwürste sind evangelisch“. Der Buchautor Heinrich Höller fand beim wohligen Nachsinnen über die kulinarischen Freuden heraus, dass er sich alle Bratwürste, die ihm geschmeckt hatten, in evangelischen Regionen Frankens einverleibt hatte. Er forschte weiter und entdeckte den Grund. In katholischen Gegenden ist der Brätanteil sehr hoch. Hoch dosiertes Brät enthalten z.B. jene Bratlinge, die unter dem Namen „Schweinswürstl“ südlich der Donau serviert werden. Die ideale Protestantenwurst enthält überhaupt kein Brät, sondern kommt aus dem Fleischwolf und ist freigiebig mit Majoran gewürzt. Es soll sogar einen Metzgerladen geben, in dem könne man heute noch evangelische oder katholische Bratwürste verlangen, ohne dass die Verkäuferin mit der Wimper zuckt. Die Größte im Lande ist die Kleinste: die Nürnberger Rostbratwurst. Natürlich ist sie zu finden in der ehemaligen freien Reichsstadt, die als einer der ersten zu Beginn der Reformation evangelisch wurde (1525).

Ach, endlich wissen wir es! Der Unterschied in den Konfessionen liegt an der Bratwurst. Wenn wir sonst keine Sorgen haben!! Wir hätten uns fast 500 Jahre Trennung in Katholisch und Evangelisch ersparen könne, wenn wir gegenseitig die andere Bratwurst ohne Vorurteile gegessen hätten. Der ganze Streit um theologische Unterschiedlichkeiten löst sich in der Bratwurst auf: mit oder ohne Brät – wie hätten Sie es gerne? Wie viel Streit könnten wir uns ersparen, wie viele lieblose Worte müssten nicht fallen, wie viel sinnloses Aufbegehren könnte entfallen. Wir essen miteinander Bratwurst – egal ob es ein evangelisches oder ein katholisches Exemplar ist – und vertragen uns…so gesehen gilt: Sie sind als Besucher hier am Dorffest am richtigen Platz. Alt und Jung, Katholisch und Evangelische und Menschen, die sonst noch in irgendeine Schublade gesteckt werden, kommen zusammen. Sie feiern und reden miteinander. Sie lassen sich Kuchen und Bratwürste schmecken. Wohl dem, der das genießen kann und keine anderen Sorgen hat als die, dass der konfessionelle Unterschied zwischen Katholisch und Evangelisch in den Bratwürsten liegt.

Ich jedenfalls verspeise jetzt gleich eine Bratwurst. Eine Evangelische? Natürlich, nicht weil ich evangelischer Pfarrer bin, sondern weil ich hier in Franken lebe. Aber wenn diese Bratwurst katholisch wäre, würde ich sie auch mit dem gleichen Appetit essen. Sogar als evangelischer Pfarrer, oder vielleicht gerade deshalb.

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