Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 380 vom 30.03.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wolle mer ihn reinlasse?

Wolle mer se reinlasse“. Ich bin kein „Mänzer“ und kenne die rheinische Frohnatur auch nicht so genau. Ich höre davon bei Erzählungen und vor allem: Ich erinnere mich an meine Kinderzeit und der Gewohnheit, zwei Fernsehsendungen in der Faschingszeit im Familienkreis geschaut zu haben. „Mainz bleibt Mainz“ und eine Woche später „Mainz, wie es singt und lacht“. Oder wurden die beiden Sendungen umgekehrt gesendet? Egal! Irgendwann wurden sie eh zusammengelegt!! Ich habe sie mir bis heute gemerkt. Und von den beiden Hauptprotagonisten Margit Sponheimer und Ernst Neger sind mir die Bilder und Lieder noch ganz stark in Erinnerung. „Am Rosenmontag bin ich geboren“ hat ja noch einen guten Text. Aber bei den beiden Hauptliedern von Ernst Neger „Humba Tätärä“ und „Rucki Zucki“ kann ich nur sagen. Die sind so einfach, dass sie wirklich schon wieder sehr gut sind und immer noch gesungen werden. Und dann stimme ich froh mit ein. Vor allem „Rucki Zucki“ wurde bei fast jedem Tanzabend beim „Zufallswalzer“ irgendwann gesungen. Ja, ja – die Jugenderinnerungen!!

An diesen wunderbaren Spruch von den Karnevalssitzungen habe ich in letzter Zeit mitten in dieser Coronapandemie öfters gedacht. Denn auch in unserer Kirchengemeinde haben wir bei vielen Treffen auf Zoom umgestellt und damit virtuelle Sitzungen veranstaltet. Am Anfang war ich ganz skeptisch. Die allererste Sitzung war für mich grauenvoll. Ich irrlichterte herum zwischen den einzelnen Funktionen. Mal war der Bildschirm groß, dann wieder klein, dann der Ton weg und manchmal auch das Video. Irgendwann saß ich wie ein Kaninchen vor der Schlange und habe gar nichts gemacht. Aber noch bin ich nicht zu alt um nicht noch dazuzulernen. Dann gab es den ersten Versuch, einen Link zu versenden. Das endete im Chaos! Aber auch da habe ich nicht aufgegeben. Und jetzt macht es mir manchmal richtig Spaß, mittels Zoom mit anderen zu kommunizieren.

Manchmal bin ich auch der sog. Host. „Der Wirt“ (warum muss alles auf Englisch ausgedrückt werden?) leitet die Sitzung. Am Anfang hat er eine interessante Funktion. Es wird der Name eines Teilnehmers genannt, der im virtuellen „Warteraum“ ist. Der Host hat die Möglichkeit, ihn reinzulassen oder ihn abzuweisen. Welch eine Möglichkeit, unliebsame Teilnehmer einfach im Warteraum „sitzen zu lassen“. Ich frage nicht die anderen Teilnehmer mit der Frage bei der Mainzer Faschingsgesellschaft. Aber im Innern ist der Gedanke dann doch bei mir: „Will ich diesen Teilnehmer auch wirklich reinlassen?“. Zwangsläufig muss ich das bei Sitzungen tun. Aber ob das ein Host immer auch mit dem Herzen will??

„Wolle mer ihn reinlasse“. Interessant ist für mich, dass diese Frage auch schon in der Bibel an entscheidender Stelle genannt wird, auch wenn es sich nicht um eine Faschingsveranstaltung handelt. Im Gegenteil. „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir“ (Offenbarung 3, 20). Da steht doch Jesus tatsächlich im Warteraum des Lebens eines Menschen und will hineingelassen werden. Werde ich ihn reinlassen? Ich könnte das auch so ausdrücken: „Siehe, ich bin in deinem Warteraum. Wenn du merkst, wer ich bin und du auf diese Meldung klickst, dann komme ich hinein, um deinem Meeting beizutreten und mit dir zu kommunizieren. Ich werde mit dir dein Leben feiern. Dieses Meeting soll nicht beendet werden“. Ich bin immer wieder überrascht, welche moderne Sprache des Glaubens in dieser Coronapandemie gefunden wird.

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