Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 405 vom 24.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Dieser Beitrag erscheint heute in der Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) als Geistliches Wort zum Wochenende

Wie schnell darf es denn sein?

Ich hätte es im Mai des vergangenen Jahres nicht für möglich gehalten. Aber auch in diesem Jahr fällt der Landkreislauf wieder aus. Dieser Event ist seit dem Jahr 2000 die größte Sportveranstaltung für Laien im Landkreis Nürnberger Land. Im Laufe der Zeit hat er sich zu einem Ereignis entwickelt, den nicht nur Sportlerinnen und Sportler sich dick im Terminkalender angestrichen haben. Auf verschlungene Art und Weise und durch Impulse einiger Gemeindemitglieder aus Altensittenbach spielt er bei uns in der Thomaskirche eine relativ große Rolle. Ich selbst habe dadurch viele Kontakte in der ganzen Region knüpfen können und hatte mich auf den 1. Mai 2021 sehr gefreut. Es sollte nicht sein!

Ich denke zurück an manche Begegnung während meines Nordic-Walkens im vergangenen Jahr. Eine besondere Begebenheit bleibt in meiner Erinnerung. Auf dem Weg von Altensittenbach in Richtung Hans-Görgl sehe ich etwa einen Kilometer vor Kühnhofen ein älteres Ehepaar auf einer Bank sitzen. Die Sonne scheint und sie freuen sich an den wärmenden Strahlen. Ich muss dazu erklären, dass ich sehr gerne das Power-Walking praktiziere. Etwas laienhaft ausgedrückt bedeutet dies, dass ich gerne schnell und kräftig mit den Walking-Stecken unterwegs bin. Beim Vorüberwalken höre ich noch mit einem Ohr wie die Frau zum Mann sagt: „Der walkt aber schnell! Muss das denn sein! Hat er keine Zeit?

Ich schmunzle ein wenig. Der Satz geht mir in den nächsten 90 Minuten aber nicht aus den Kopf. Nicht, weil ich langsamer walken will oder weil ich mich persönlich ertappt fühle, etwas ruhiger den Tag beenden zu wollen. Nein! Ich denke mir: Es gibt eben eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich fortzubewegen. Ich kann langsam spazieren gehen, Joggen, Laufen und eben langsam oder schnell walken.

Und irgendwie hänge ich während der ganzen Zeit an einen bestimmten Gedanken. Es geht darum, mit welcher Geschwindigkeit Menschen im Glauben unterwegs sind. Manche Christen haben mir schon gesagt, dass Gott ganz schnell und ganz viel erwartet. Er will Aktivitäten sehen. Die Gebete müssen viel und eindringlich sein – nicht unter einer Stunde – das ist Pflichtpensum. Bibellesen muss mindestens 30 Minuten dauern und das täglich. Ich muss im Glauben immer größer, weiter und tiefer denken. Stillstand ist Rückschritt. Dieser Slogan gilt nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Glauben an Jesus.

Dieser Glaube und die Gemeinschaft in einer bestimmten Gemeinde wird somit mit einer Firma verglichen. Oft merke ich das, wenn Christen vom „geistlichen Wachstum“ sprechen und dabei die Zahlen meinen. Ist es wirklich so? Vielleicht schaut Gott weder auf Tempo noch auf Zahlen!! Vielleicht weiß er auch im Glauben um ein bestimmtes Tempo für jeden Einzelnen. Der Eine geht schneller voran, sucht ständig die Herausforderung und kommt kaum zur Ruhe. Jemand anderes geht im Glauben „langsam spazieren“. Er sucht die Stille, das persönliche Gebet und will nur ganz wenige Aktivitäten.

Vielleicht kennt Gott mehr als wir denken, die persönliche Schnelligkeit im Glauben und gönnt das jedem nach seiner Weise. Für mich eine Herausforderung, das zu erkennen und dem anderen zuzugestehen. Nur beim persönlichen Walken will ich möglichst schnell sein, weil mir das einfach mehr Spaß macht. Ich freue mich aber über jeden, der sich im Walken und im Glauben schön langsam und gemütlich fortbewegt. Und gespannt bin ich schon, ob ich im kommenden Jahr wieder eine Andacht zum Landkreislauf schreiben kann, der dann auch wirklich stattfinden wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert