Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Luther wird überfallen
Heute ist der 04.05.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 04.05.1521 sitzt Martin Luther mit zwei weiteren Freunden in einer Kutsche auf der Fahrt durch den Thüringer Wald. Die Umstände habe ich gestern schon beschrieben. Sie wollen eine Steigung überwinden. Plötzlich sprengen fünf Reiter aus dem Unterholz und bringen den Wagen zum Stehen. Einer legt die gespannte Armbrust auf den Wagenlenker an und fragt ihn ob sich ein Doktor Martin Luther unter seinen Fahrgästen befindet. Dieser bejaht zitternd, was zwei der Reiter veranlasst, abzuspringen und Luther mit Gewalt aus dem Wagen zu zerren. Der Freund von Luther, Nikolaus von Amsdorf protestiert schreiend und stößt wilde Drohungen aus. Die Reiter scheren sich nicht um ihn, zerren Luther mit Riemen in das Unterholz und setzen ihn dort auf ein Pferd. Der dritte Mitreisende ist auf der anderen Seite aus dem Wagen gesprungen und rennt davon. Dem Wagenlenker entfährt ein Stoßseufzer der Erleichterung, als die finsteren Gesellen unerkannt im Wald verschwinden.
Der Weg der Reiter mit Luther geht Kreuz und quer durch den Thüringer Wald. Es ist schon dämmrig als sie eine Burg erreichen. Ein Mann kommt entgegen und sagt: „Ihr seid Doktor Martin Luther. Ich darf Euch willkommen heißen“. Luther fragt zurück: „Wo bin ich? „Auf der Wartburg bei Eisenach. Ihr befindet euch in ritterlicher Haft. Ich bin der Berghauptmann und man nennt mich Hans von Berlepsch und bin für Eure Sicherheit verantwortlich. Es ist zu Eurem Schutz und Eurer Sicherheit so angeordnet. Und ich hafte dafür, dass niemand eindringt und Ihr keinen Versuch macht, zu fliehen. Jetzt darf ich Euch bitten, mir zu folgen, damit ich Euch in Eure ritterliche Wohnung einweisen kann“.
Hat Luther vom „Überfall“ gewusst? Vermutlich ja. Aber es blieb ein Geheimnis – bis heute! Sein Landesherr Friedrich der Weiße hatte es angeordnet um Luther zu schützen. Von nun an war er der Junker Jörg und es hat Monate gedauert, bis dieses Versteck herauskam. Albrecht Dürer schreibt zu dieser Nachricht in sein Tagebuch: „Und so wir diesen Mann verlieren, der doch klarer geschrieben hat als keiner seit 140 Jahren, dem Du einen solchen evangelischen Geist gegeben, bitten wir Dich, o himmlischer Vater, daß Du deinen heiligen Geist wiederum gibst einem anderen…“. Nur der päpstliche Nuntius Aleander verstand die Diplomatensprache und fiel nicht auf den angeblichen Tod von Luther herein. Am 11.05.1521 schreibt er: „Ich glaube, daß Luther in Wittenberg oder wenigstens mit Wissen des Kurfürsten auf der Burg eines seiner adligen Anhänger bleiben wird“. Der Kurfürst Friedrich der Weiße aber ist „bereit, es zu beschwören“, daß er nicht weiß, wo sich Luther aufhält.
„Durchbohrt mit einem Stoßdegen ist Luther tot in einer Silbermine aufgefunden worden“. So lautet die Kunde. Überall gibt es Aufstände und Plakate gegen die „Papisten“. Und so gelingt der Plan, Luther vor der Reichsacht zu retten. Eine Notlüge hilft dabei.