Wenn Corona will, steht (in Bayern) fast alles still, Update 272 vom 12.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Das Kind in der Grippe liegend

Heute ist der Samstag vor dem dritten Advent. In meinem Terminkalender steht: 10.00 Uhr, Präparandengruppe. Aber die bayrische Regierung hat verfügt, dass sich solche Präsenzgruppen nicht mehr treffen dürfen. Deshalb fällt dieses Treffen aus. Wer meine Updates genau liest und dabei die Überschrift nicht übersieht, der hat gemerkt, dass seit dem 09.12.2020 steht: „Wenn Corona will, steht (in Bayern) fast alles still“.

Und damit nähere ich mich der Überschrift von ganz am Anfang. Heute gehen aber meine Gedanken an den geplanten Inhalt bei der Präparandengruppe. In diesem Jahr haben wir zwei besonders gute Gruppen bei den Konfirmanden und Präparanden. Die meisten Jugendlichen sind sehr aufmerksam und ich wünsche mir, dass alle recht viel für ihr Leben mitbekommen. Vor allem auch: Sie sollen etwas spüren davon, warum Jesus als der Sohn Gottes in die Welt gekommen ist. Am heutigen Samstag hätten wir über die biblischen Geschichten zur Geburt von Jesus geredet. Mit den Konfirmanden ist uns das noch gelungen.

Dabei werden dann u.a. die ersten beiden Kapitel bei Matthäus gelesen und das zweite Kapitel bei Lukas. Vorher wird überlegt, was zum Weihnachtsfest unbedingt dazu gehören sollte. Fast jedes Jahr wird dabei die „Krippe“ erwähnt. Ein/e Jugendliche/r schreibt die einzelnen Antworten auf und immer wieder habe ich dann „Grippe“ gelesen. In diesem Jahr haben wir vor dem Niederschreiben darüber geredet, dass an Weihnachten 2020 „Krippe“ und „Grippe“ keinen Gegensatz darstellen. Denn vom „Grippenvirus“ ist diesmal auch die „Krippe“ von Weihnachten geprägt.

Umso erstaunlicher war die Diskussion darüber, was „wirklich“ zu Weihnachten gehört und was Beiwerk ist, aber dennoch uns in der Advents- und Weihnachtszeit prägt. Es ist erstaunlich, wie ernst und focusiert junge Menschen darüber sprechen können. Ich habe mich darüber gefreut, dass die „Protokollantin“ dann tatsächlich ganz bewusst „Grippe“ auf den Zettel geschrieben hat. Denn das gehört in diesem Jahr wirklich dazu, auch wenn ich darauf sonst verzichten kann und Weihnachten auch ohne Corona hoffentlich im kommenden Jahr gefeiert werden kann. „Und sie (Hirten) kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen“ (Lukas 2, 16).

Wenn Corona will, steht (in Bayern) fast alles still, Update 271 vom 11.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Nacht ist vorgedrungen

Als ich die Geschichte von Jochen Klepper das erste Mal in meinem Leben gehört habe, war ich tief betroffen und innerlich gespalten. Wie sollte ich diesen Menschen einordnen? Viele seiner nur 39 Lebensjahre (und damit wurde er genauso alt wie Dietrich Bonhoeffer) waren eine einzige Krise!! Als Pfarrerssohn besuchte er das Evangelisch-Humanistische Gymnasium in der Kreisstadt Glogau. Später studierte er ab 1922 Evangelische Theologie in Erlangen und ein Jahr später in Breslau. Er hatte einen sehr labilen Gesundheitszustand mit Kopfscherzen und Schlafstörungen. Deshalb verzichtete er darauf, Pfarrer zu werden. Er arbeitete ab 1927 als Journalist, Hörfunkautor und Schriftsteller. Mit seiner Familie zog er 1931 nach Berlin und begann im selben Jahr ein Tagebuch zu schreiben.

Es ist die Quelle seines Lebens bis zu seinem Tod. Aus ihm erfahren wir seine inneren Gedankengänge, seine Freuden und seine Ängste. Mit der Machtübernahme der Nazis spitzte sich seine Lebenskrise zu. Er war Mitglied der SPD gewesen und seine Frau Johanna war Jüdin. Er geriet unter Druck durch die Nürnberger Rassegesetze und musste sein persönliches Familienleben mit der Mehrheitsmeinung der Gesellschaft irgendwie in Einklang bringen. Er wendete sich noch mehr seinem Glauben an Gott zu und begann das Tagebuch mit dem Bibelwort der Herrnhuter Losungen.

Er schrieb wohl seine bedeutendste Schrift: der Roman „Der Vater“. Darin beschreibt er den Konflikt zwischen dem preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und dessen Sohn Friedrich II., dem späteren „Alten Fritz“, der bis heute als Friedrich der Große in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Offenbar war seine Intention, ein Bild eines Königs zu entwerfen, der in allem nach Gott fragt und sich als „ersten Diener im Staat“ begreift.  Er sollte das Gegenbild zum Führerkult des Nationalsozialismus sein.

Sein privater Konflikt, eine 13 Jahr ältere Jüdin geheiratet zu haben, spitzte sich zu. Es nützte auch nichts, dass sich seine Frau am 18.12.1938 hat taufen lassen. Er war kurze Zeit Soldat, wurde aber wegen seiner „nichtarischen Ehe“ im Oktober 1941 aus der Wehrmacht entlassen. Ein Jahr später scheiterte die Ausreise der jüngsten Tochter. Ende des Jahres 1942 musste eine Entscheidung in seinem persönlichen Leben her. Entweder seine Ehe wurde zwangsweise geschieden oder alle kommen ins Gefängnis oder werden in ein KZ deportiert. Nach langem Ringen entschloss sich die Familie zum Freitod. In der Nach vom 10. Auf den 11. Dezember 1942 haben sie sich durch Schlaftabletten gemeinsam das Leben genommen. Der letzte Eintrag in sein Tagebuch gehört zu den berühmtesten neueren persönlichen Überlieferungen von Schriftstellern überhaupt: „Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben“.

Im neuen evangelischen Gesangbuch stehen viele Lieder von ihm. Nicht selten wird „Ja, ich will euch tragen“ (EG 380) vor allem bei Beerdigungen gewünscht. Aber nachdem sein Todestag genau heute vor 78 Jahren war, soll vor allem an sein Adventslied erinnert werden (EG 16): „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern! Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein. Noch manch Nacht wird fallen auf Menschenleid und –schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr, von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her“.

Wenn Corona will, steht (in Bayern) fast alles still, Update 270 vom 10.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bulle des Papstes brennt

Bei meinem Update 258 vom 28.11.2020 habe ich davon geschrieben, wie der römische Gesandte Aleander Bücher von Martin Luther verbrennen hat lassen. Luther hat den Kampf angenommen und schlägt zurück. Am 10. Dezember 1520 und damit genau heute vor 500 Jahren sind in Wittenberg überall Zettel angeschlagen, in denen die studentische Jugend aufgerufen wird, „sich sogleich gegen neun Uhr des Vormittags an der Kirche zum Heiligen Kreuz außerhalb der Mauern unserer Stadt“ einzufinden, „…denn vielleicht ist nun die Zeit gekommen, zu der der Antichrist offenbar gemacht werden muß“.

Überall erscheinen Trupps studentischer Jugend. Ein Scheiterhaufen wird errichtet. Es tritt eine merkwürdige Stille ein. Dann steckt Johann Agricola den Scheiterhaufen in Brand. Eine Tribüne ist errichtet worden. Es werden die sog. Dekretalen ins Feuer geworfen. Sie fassen das gesamte kanonische Recht der Römischen Kirche zusammen. In ihnen wird alles erklärt, was Gläubige in ihrem Leben beachten sollen. Es regelt die Zinsen, die Ehe, das Eigentum, die Lehnsherrschaft. Es enthält Vorschriften über die Sakramente.

Dieses Verbrennen ist ein Akt, dass dieses römische Recht außer Kraft gesetzt werden soll. Es ist ein Angriff auf die Kirche selbst und damit auf den Papst. Dann hebt Luther eigenhändig die Bannandrohungsbulle hoch und wirft diese ins Feuer. Er ruft mit weithin tragender Stimme dazu: „Weil du den Heiligen des Herrn betrübt hast, deshalb betrübe dich das ewige Feuer“. Dann eine kurze Stille. Danach lauter Jubel aus Hunderten von jungen Kehlen. Die Professoren mit Luther an der Spitze gehen durch das Tor zur Stadt zurück. Der weitere Tag geht wie bei einer Volksbelustigung weiter. Man holt sich einen riesigen Bauernwagen, besetzt ihn mit maskierten Studenten und singt Lieder. Auf dem Wagen steht ein Trompeter. Es geht zum Hof des Gymnasiums. Von überall werden Bücher des Papstes und von katholischen Theologen zusammengetragen und in ein riesiges Fass gestopft. Unter großem Geschrei geht es wieder zurück zum Richtplatz vor den Mauern der Stadt. Der Wagenlenker steigt auf die Tribüne und verliest der immer wieder auflachenden und mit Zurufen nicht kargenden Menge Teile der Bulle. Irgendwann geht dieser aufregende Tag zu Ende. Das Feuer aber brennt noch in die Nacht hinein, denn die Studenten haben Bierfässer herangerollt, um den Tag würdig zu beschließen.

Luther jedenfalls hat den Kampf mitten in der Lebenskrise aufgenommen. Er selbst schreibt darüber. „Ich habe des Papstes Bücher und die Bulle verbrannt, zuerst zitternd und betend, aber jetzt freue ich mich darüber mehr als über irgendeinen anderen Tag meines ganzen Lebens“.

Wenn Corona will, steht (in Bayern) fast alles still, Update 269 vom 09.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wie eine gute Idee missbraucht werden kann

Walle! Walle manche Strecke, dass zum Zwecke, Wasser fließe und mit reichem, vollem Schwalle zu dem Bade sich ergieße“. Wer kennt sie nicht – diese Zeilen aus dem Zauberlehrling von Johann Wolfgang v. Goethe. Ich fiebere richtiggehend mit, wenn ich den Text wieder einmal durchlese. Der alte Hexenmeister hat sich weggegeben und der Lehrling hat sich eigenständig ans Werk gemacht. So geht der Besen los und bringt das Wasser vom Ufer zum Becken. Leider hat der Lehrling das Wort zum Beenden vergessen und der Besen hört nicht auf. „Immer neue Güsse bringt er schnell herein. Ach! Und hundert Flüsse stürzen auf mich ein“. Selbst als der Besenstock geteilt wird, hört es nicht auf. Im Gegenteil! Es wird schlimmer! Jetzt laufen zwei Besenteile und bringen das Wasser herbei, das zur nicht mehr beherrschbaren Flut wird. Im letzten Augenblick kommt der Meister herbei und bringt alles zum Stoppen.

In der achten Klasse der Realschule in Rothenburg o/T habe ich das Gedicht lernen dürfen/müssen. Der Deutschlehrer war ein begeisterter Kenner der Geschichte und fragte: „Welcher Satz ist der Wichtigste in diesem Gedicht?“ Ich spürte, dass er nach geschichtsträchtigen Daten fragte und meldete mich: „Die ich rief die Geister werd ich nun nicht los“ war meine Antwort. Das gab natürlich Rückfragen und eine lange Diskussion in der ganzen Klasse.

Ich habe sofort den Namen „Alfred Nobel“ genannt. Für mich ist dieser Mann der Protagonist schlechthin für diese wichtigste Aussage vom Zauberlehrling. Und das, obwohl Alfred Nobel ein Jahr nach dem Tod des größten deutschen Dichters im Jahr 1833 erst geboren wurde. Aber manche Aussagen überdauern Zeit und Geschichte. Er hat 1866 das sog. „Dynamit“ erfunden. Ihm gelang es, das Nitroglycerin sicher zu entzünden mit der von ihm 1863 entwickelten sog. Initialzündung. Jahrelang experimentierte er damit. Neben seinem Bruder Emil kamen dabei viele Menschen um das Leben. Er wollte aber unbedingt einen handhabungssicheren Sprengstoff entwickeln, weil er davon überzeugt war, dieser würde der Menschheit vor allem in den Bergbaugebieten helfen. Er hatte zwar eine Ahnung davon, dass dieser gleichzeitig für Kriegszwecke verwendet werden könnte. Er konnte aber die große schlimme Wirkungsgeschichte seiner Entdeckung nicht vorausahnen.

Am Ende seines Lebens sah er das Unheilvolle aber kommen. In seinem Testament vom 27.11.1895 führte er fast sein gesamtes Vermögen einer Stiftung zu. Er bestimmte, dass die Zinsen aus dem Fonds jährlich als Preis an diejenigen ausgeteilt werden sollten, „die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben“. Er nannte fünf Gebiete: Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden. Die Gründung der Nobel-Stiftung erfolgte im Jahr 1900 und ein Jahr später, am 10.12.1896 und damit genau morgen vor 124 Jahren ist Alfred Nobel in Sanremo in Italien gestorben.

Mitgiftspende

In der Coronapandemie dürfen Gottesdienste gefeiert werden. Am 2. Advent war in diesem Jahr das Fest des Hl. Nikolaus. Deshalb stand dieser Heilige im Mittelpunkt des Familiengottesdienstes. Hans-Christian und Bernadette gestalteten gemeinsam die Feier. Es konnten sogar Lieder gesungen werden. „Lasst uns froh und munter sein“ konnte natürlich bei diesem Thema nicht fehlen. Hans-Christian Weiß erzählte u.a. zwei Legenden von diesem besonderen Bischof.

Darunter war auch die Geschichte, wie Nikolaus in drei aufeinanderfolgenden Nächten je einen großen Goldklumpen durch das Fenster eines Zimmers warf. So hatte der Vater seiner drei Töchter genug Mitgift zusammen und den Trauungen stand nichts mehr im Wege. Aufgrund dieser Legende wird der Heilige oft mit drei goldenen Kugeln oder Äpfeln dargestellt. In Erinnerung an diese Mitgiftspende stellen Kinder am Vorabend des Nikolaustages ihre geputzten Stiefel vor die Haustüre und hoffen, dass der Nikolaus auch ihnen ein Gabe hinterlässt. Interessant ist, dass der Nikolaustag vor allem in katholisch geprägten Gegenden zu Hause ist. In evangelisch geprägten Gegenden wird eher an den Nussmärtel oder Pelzmärtel erinnert. Dieser kommt am 11.11., weil er den St. Martin erinnert. Der gesamte Gottesdienst wurde wunderbar musikalisch begleitet durch Familie Utz, bei denen auch schon alle vier Kinder eifrig mitgewirkt haben.

Wenn Corona will, steht (noch mehr) still, Update 268 vom 08.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wie bin ich?

Samstag, der 29.08.2020. Vor mir liegt die Wochenendausgabe der Hersbrucker Zeitung. Wieder einmal gibt es gleich auf der ersten Seite ein interessantes Thema. „Ich bin fett, ich bin hässlich“ – lautet die Überschrift. Der Autor beschäftigt sich damit, dass eine Bloggerin darüber schreibt, wie sie ihren eigenen Körper wahrnimmt. Sie ist auf dem Bild auch zu sehen. Sie berichtet, wie sie von anderen Menschen belästigt und diskriminiert wird, weil sie nicht mit dem üblichen Schlankheitsideal mithalten kann. In der Coronakrise bewegen sich anscheinend die Menschen noch weniger und nehmen zu. So die Aussage eines Arztes.

In mir kommen sofort Gedanken an den Herbst 1969 hoch. Ich bin damals in die Volksschule nach Steinsfeld (bei Rothenburg) gegangen. Das lag daran, dass die einzelnen Dörfer eine Verbandsschule gegründet hatten. Immer in ein Dorf sind die Schüler eines Jahrgangs aus vielen Dörfern gegangen. Dazu ist ein Bus gefahren und hat die Schüler in die einzelnen Schulen gebracht. Gleichzeitig wurde das Fach „Englisch“ für alle Jahrgänge eingeführt. So hatte ich also mit 11 Jahren und in der sechsten Volksschulklasse meinen ersten Englischunterricht. Im Buch war von den beiden Freunden Peter Pim und Billy Ball die Rede. Und schon bald am Anfang sprachen wir die ersten englischen Wörter. Die Lehrerin meinte, jeder sollte sich kurz auf Englisch vorstellen. „My name is ….., I come from …., I am ….(und bei diesen beiden Punkten sollte „thin“ oder „fat“ eingesetzt werden).

Ich saß ganz hinten auf der Bank neben einem Schulkollegen, der nicht aus Habelsee war und deshalb kannte ich ihn nicht. Eine/r nach dem/der anderen stellte sich vor. Und jede/r endete mit dem Satz: „I am thin“. Mein Banknachbar und ich waren nicht unbedingt so zu beschreiben. Ich wurde sehr nervös je näher die Antwort auf mich zukam. „I am fat“ endete mein Gesinnungsgenosse. Dann kam ich an die Reihe als Letzter in der Klasse. „My name is Gerhard. I come from Habelsee. I am fat“. Ich hatte es geschafft dazu zu stehen.

Bis heute spüre ich diese Krise von damals in mir, auch wenn diese nicht mit der Coronakrise zu vergleichen ist. Und bis heute habe ich mit meinem Körpergewicht zu kämpfen, auch wenn ich nicht mehr „fat“ bin. Allerdings müssten viele meiner Klassenkameraden von damals heute sagen: „I am fat“. Das tröstet mich zwar nicht, aber es beruhigt. Mein Endokrinologe hat mir vor zwei Jahren bestätigt, dass etwa die Hälfte meines Gewichts Muskeln sind und „nur“ knapp ein Viertel Fett. Der Rest sind Knochen und Organe. Aber das weiß ja keiner, der mich sieht. Und wenn ich beim Sport wie z.B. beim Nordic-Walking den Berg hoch muss, ist es egal ob das Muskeln oder Fett sind.

Aber ich kann jeden beruhigen, der mit seinem Körpergewicht auch Probleme hat. Letztlich hängt alles davon ab, ob und wie ich mich damit annehmen kann. Und das hat sehr viel mit der Bibel und mit meiner Selbstannahme zu tun. Deutlich wie sonst nirgends wird das im sog. Doppelgebot der Liebe, das Jesus aus dem Alten Testament zitiert. Davon gibt es im Neuen Testament einige Textstellen wie z. B. im Lukasevangelium 10, 27: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, leiben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst“.

Wenn Corona will, steht (noch mehr) still, Update 267 vom 07.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Beharrlich auf das Kommen von Jesus warten

Ich muss Geduld haben mit den Menschen, ich muss Geduld haben mit dem Gesinde, ich muss Geduld haben mit meiner Frau. Der Geduld ist so viel, dass mein Leben nichts sein will als Geduld“. Wer hat diese nicht ganz machofreien Worte gesagt? Im Gottesdienst gestern habe ich auf diese Frage die richtige Antwort erhalten: „Das ist von Martin Luther“. Für mich wäre interessant, wie das seine Frau Katharina gesehen hat. Vermutlich musste sie mindestens so viel Geduld mit ihrem berühmten Mann aufbringen. Schließlich musste sie sich um den gesamten Haushalt kümmern. Dazu gehörten z.B. die Landwirtschaft, eine eigene Brauerei und das abendliche Verköstigen von Studenten und Professorenkollegen. Da waren immer mehr als 20 Personen im Haus.

Warum ich dies schreibe? Am zweiten Advent gibt es einen sehr interessanten Predigttext aus dem Jakobusbrief. „So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen, denn das Kommen des Herrn ist nahe“ (Jakobus 5, 7 – 8). Die wörtliche Bedeutung des griechischen Urtextes kann mit „darunter bleiben, ausharren, aushalten“ übersetzt werden. Das erzeugt in mir ärgerliche Gefühle. „Herr Pfarrer, man muss halt aushalten“. Wie oft habe ich das schon gehört. Dann geht es darum, dass Menschen mit den Mitgliedern ihrer Familie – vor allem mit dem Ehepartner/-in – nicht zufrieden sind. Oder Menschen sind krank, beten zu Gott und sehen keine Veränderung. Die wörtliche Übersetzung „darunter bleiben“ kann zu falscher Demut führen.

Besser ist wohl, Geduld mit Beharrlichkeit und Standhaftigkeit zu übertragen. Und damit spreche ich die gegenwärtige Situation an. Auf der einen Seite muss ich jetzt mehr denn je lernen, beharrlich und standhaft zu sein um nicht depressiv zu werden. Im Winter mit den dunklen Nächten sind die Coronamaßnahmen für mich schwerer zu ertragen als im Frühjahr. Gerade (06.12.2020) höre ich in den Nachrichten, dass es in Bayern ab kommenden Mittwoch, den 09.12.2020 schärfere Maßnahmen geben wird. Der lange Atem ist gefragt.

Auf der anderen Seite sehe ich beim genauen Hinschauen, dass der Text einen bestimmten Grund angibt: „… denn das Kommen des Herrn ist nahe“. Es geht hier um die Geduld, das Kommen von Jesus zu erwarten. Es geht um die sog. Naherwartung von Jesus, dass er sichtbar auf die Erde kommen wird. Und dieses Warten zieht sich schon seit fast 2 000 Jahr durch die Kirchengeschichte. Es kommt wohl darauf an, dass ich damit rechne, dass es immer auch morgen sein kann. Es geht also um dieses „Bereit sein“ für die Gegenwart von Jesus. Und keine Kirchenjahreszeit verdeutlicht das besser als die Adventszeit. Denn jeder Advent weist auf das Kommen von Jesus in diese Welt hin.

Wenn Corona will, steht (noch mehr) still, Update 266 vom 06.12.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit von Pfr. Gerhard Metzger

Lasst uns froh und munter sein

Heute ist auch wieder so ein Tag, an dem wohl jede/r Leser/-in sich denken kann, welcher Inhalt das Update ist. Heute ist der sog. Nikolaustag. Ich verweise auf mein Update Nr. 241 vom 11.11. zum Martinstag. Wer Nikolaus von Myra war, ist leicht im Internet auf Wikipedia nachzulesen. Dort finden sich auch zahlreiche Legenden von ihm. Ich erinnere mich an meinem vielleicht ersten Kinderwitz im Leben. „Welche Laus kommt im Dezember? Der Niko-laus“.

Nach meiner Meinung gibt es keinen Heiligen, von dem nicht so viel Gutes erzählt wird. Interessant für mich ist, dass er um 300 n. Chr. gelebt hat. Das war auf der einen Seite eine Zeit, in der die Christenverfolgung noch einmal groß aufgeflammt ist. Auf der anderen Seite war es auch die Zeit, in der im Jahr 313 n. Chr. durch Kaiser Konstantin die Christen im römischen Reich zuerst toleriert worden sind und dann immer stärker wurden. Ich habe in verschiedenen Artikeln darüber schon geschrieben.

Heute geht es mir mehr darum, wie ich diesen Nikolaustag erlebt habe. Im meinem evangelisch geprägten Heimatdorf Habelsee und dann auch noch in der Landwirtschaft wurde nicht viel Zeit darauf verwendet, diesen Tag besonders zu begehen. Es gab am Abend Nüsse und das war es dann auch schon. Es kam kein Nikolaus in die Schule und auch nicht in die Kirche zum Gottesdienst. Erst auf meiner ersten Pfarrstelle in Weißenbach/Röhn habe ich eine Nikolausfeier erlebt. Am Schloss versammelten sich fast alle Einwohner des Dorfes (ca. 250 Einwohner). Mit einem Schlitten fuhr ein Mann als Bischof verkleidet her und verlas, was die einzelnen Kinder im Dorf so alles „angestellt“ hatten. Es gab allerdings keine großen Worte der Ermahnung. Jedes Kind erhielt schließlich ein Geschenk. Alles war relativ friedlich und gesittet.

Und das ist auch gut so! Den Nikolaus nur als strengen Moralapostel darzustellen, finde ich sehr schwierig. Die Legenden zeigen, dass er wohl ein gutmütiger und sehr kinderliebender Bischof war. So soll er allen in Erinnerung bleiben. Und mit dem amerikanischen Weihnachtsmann hat er auch nicht viel zu tun. Das ist ein Werbegag für heutige Menschen, damit viel Geld in die Kassen fließt. Und inwiefern das in der gegenwärtigen Coronapandemie der Fall ist, steht noch auf einem anderen Blatt.

Wenn Corona will, steht (noch mehr) still, Update 265 vom 05.12.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Lektorin Christl Schäfer-Geiger

Gebote, Verbote – das eine tun, das andere lassen – da kennt sich ja keiner mehr aus!

In meinem letzten Gottesdienst hatte ich einen Predigttext aus dem 5. Buch Mose, das gleichzeitig das letzte Buch der jüdischen Tora ist.

Es beschreibt die Zeit, in der das Volk Israel an der Schwelle zum gelobten Land steht. Es hat die Unfreiheit in Ägypten hinter sich gelassen und auch eine endlose Reise durch die Wüste.
Mose steht dort mit der nächsten Generation. Die, die mit ihm Ägypten verlassen haben, sind nicht die, die in Kanaan einziehen. Es sind die Jüngeren. Und er fragt sich, wie das Leben dort gelingen kann unter den hohen Anforderungen, die er an sein Volk stellt. Mit Gehorsam und Hingabe, mit Gesetzen und guten Charaktereigenschaften sollte es ein besonders gerechtes und einzigartiges Volk sein.
Und so schwört Mose sein Volk noch einmal ein auf die 613 bestehenden Gebote. Diese liegen wie ein großer Berg vor den Menschen. Stundenlang spricht er auf sie ein und meint dann auch noch, dass sie wählen könnten zwischen Segen und Fluch, zwischen Tod und Leben.

Fluchtgedanken
Wenn der Mensch zu viele Aufgaben auf einmal bekommt, dann läuft er lieber davon. Wenn die Aufgabe zu groß ist, dann kommt ihm eher der Gedanke „Das schaffe ich nie!“
Und so ging es auch den Israeliten. Dazu kam noch, dass sie im neuen Land zwar „Milch und Honig“ fließen sahen, aber auch Riesen, vor denen sie sich fürchteten. Da wollten sie lieber zurück nach Ägypten, das sie vermeintlich besser kannten. Einfach davon laufen.

ErleichterungUnd dann sagt Mose diese wunderbar einfühlsamen Worte.
5. Mose 30, 11-14

Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun?

Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.“

Worte
Worte können mächtig und stark sein. Sie können mitreißen und beeindrucken.
1963 stand John F. Kennedy vor einer aufgeladenen Menge und sagt mitten in den Kalten Krieg hinein „Ich bin ein Berliner!“ Das war eine sehr emotionale Aussage, die viele heute noch beeindruckt.
Auch zwischenmenschliche Worte können unglaublich viel bewegen und Menschen ins Leben rufen. Auf der anderen Seite sind sie in der Lage Menschen zu vernichten. Worte, so hört man oft, kommen vom Herzen, im Guten, wie im Bösen. Warum sagt man das? Kommen Worte nicht aus unserem Geist, entspringen sie nicht unseren Gedanken?

Im Herzen
Die Bibel hat ein eigenes Verständnis vom Herzen. Dort liegt alles, was den Menschen ausmacht. Die Empfindungen, die Gefühle, die Triebe und die Leidenschaften. Im Herzen hat der Wille seinen Sitz und das Gewissen. Im Herzen fallen Entscheidungen, da werden Pläne geschmiedet, da wird nachgedacht. Mein Herz – das bin ich selbst.

Gottes Wort ist ganz nahe dem Herzen
Wie kann es also aussehen, das Wort Gottes nahe am Herzen? Das erfahren wir dann, wenn wir plötzlich vor Aufgaben stehen, die wir gerne machen. Wenn wir aus freien Stücken etwas von Herzen gerne tun. Das sind kleine und große Dinge, die wir für unsere Mitmenschen leisten. Dinge von denen wir wissen, dass sie anderen nützen. Während der Flüchtlingskrise und in der Corona Pandemie gab es unzählige Beispiel für herzliche Hilfsbereitschaft. Gottes Wort in unseren Herzen entsteht oft unmerklich und plötzlich ist es einfach da, in uns.

Ich denke die Corona Pandemie lässt uns auch an der Schwelle zu einem neuen Land stehen. Und wir neigen dazu, dass wir zurückgehen wollen, dorthin, wo wir vorher waren. Egal wie gut oder schlecht es dort gewesen ist. Aber ein Zurück ist nicht möglich. Wir können nur hineingehen in das neue Land. Ob dort „Milch und Honig fließen“werden, das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie groß die Riesen dort sind. Möglicherweise sind es nur „Scheinriesen“. Aber mit Gottes Wort im Herzen können wir es schaffen. Hören wir doch immer wieder mal hinein in unser Herz.

Wenn Corona will, steht (noch mehr) still, Update 264 vom 04.12.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Zu neuem Leben aufblühn

Herr Metzger, ich schlage vor, wir machen einen Familiengottesdienst zum Nikolaus. Schließlich ist zwei Tage vorher der Nikolaustag“. Das war eine sehr gute Idee vom Mitarbeiter für den Familiengottesdienst am 2. Advent 2019. Aber ich habe ein wenig vorausgedacht und ihm – nichtwissend um die kommende Coronakrise – vorgeschlagen: „Das machen wir dann im nächsten Jahr. Da fällt der Nikolaustag auf den Sonntag. Wie wäre es denn mit einer anderen Heiligengeschichte, z.B. dem Barbaratag“.

Ich hatte eine kleine Ahnung von den „Barbarazweigen“, die dann genau zu Weihnachten aufblühen sollen. Aber ich wusste nicht viel von dieser Heiligen. „Gut, mache ich. Aber da muss ich mir wohl überlegen, wie ich das den Kindern übermitteln soll. Die Geschichte von der Hl. Barbara ist sehr dramatisch“. „Das schaffen sie schon. Sie können doch so gut erzählen“. Meine Antwort hat ihn ermutigt, dies zu versuchen. Er hat es sehr gut hingebracht. Und ich habe mich zum ersten Mal mit dieser besonderen Heiligen auseinandergesetzt.

Es ist eine Lebensgeschichte voller Krisen ohne Happy End. Barbara lebte im 3. Jahrhundert in Nikomedien (Kleinasien). Als junge Frau hat sie alle Verehrer zurückgewiesen und besuchte eine Gruppe junger Christen, die sich trotz der Christenverfolgung durch den Kaiser heimlich trafen. Sie selbst wurde Christin. Ihr Vater Dioscuros gefiel das gar nicht. Er sperrte sie in einen eigens dafür gebauten Turm ein. Der Vater peinigte sie um sie umzustimmen. Aber weil Barbara am Glauben an Jesus festhielt, beschloss der Vater sie umzubringen. Dioscuros brachte seine Tochter zum römischen Statthalter und sie wurde zum Tod verurteilt. Die Legende erzählt, dass ihr kurz vor ihrem Tod ein Engel erschienen ist, der sie in ein schneeweißes leuchtendes Gewand hüllte. Angeblich hat der Vater selbst die eigene Tochter enthauptet und wurde kurz darauf vom Blitz erschlagen.

Egal, was historisch oder legendhaft erzählt wird, Barbara ist ein Beispiel für die grausame Christenverfolgung kurz nach 300 n. Chr. Und ich kann sehr gut verstehen, dass Christen die Toleranz von Kaiser Konstantin (313 n. Chr.) regelrecht „herbeigesehnt“ haben und dieser Kaiser so verehrt worden ist. Das Brauchtum will es, dass am heutigen Barbaratag Zweige ins Wasser gestellt werden. Wenn sie am Weihnachtsfest aufblühen, dann wird das als gutes Zeichen für die Zukunft gewertet. Sie sollen auch den Glanz verdeutlichen, den die Geburt von Jesus als Erlöser gebracht hat. Erzählt wird, dass Barbara einen verdorrten Kirschbaumzweig mit Tropfen aus ihrem Trinknapf benetzt hat. Sie fand Trost darin, dass der Zweig in der Zelle blühte und sie sagte: „Du schienst tot, aber bist aufgeblüht zu schönem Leben. So wird es auch mit meinem Tod sein. Ich werde zu neuem, ewigen Lebens aufblühn“. Solch eine Zuversicht auf Gott mitten in der Lebenskrise ermutigt auch mich in den gegenwärtigen Zeiten.