Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 129 vom 22.07.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Magdalenchen

In den gesellschaftlichen Krisen sind mir meine eigenen persönlichen Krisen besonders nahe. Ich denke daran, wann und wo sie waren und wie ich damit umgegangen bin. Das stelle ich auch bei großen Männer der Geschichte fest und lerne daraus für mein eigenes Leben.

Martin Luther hatte viele solcher Lebenskrisen. Schließlich hat er gegen den mächtigen Einfluss der Kirche aus Rom und des deutschen Kaisers Karl V. gekämpft. Bei einigen Updates habe ich schon davon geschrieben. Der heutige Tag, der 22. Juli erinnert mich an eine besondere Situation in seinem Leben. Heute ist der Namenstag von Magdalena. Er erinnert an Maria Magdalena, die in der Bibel eine herausragende Bedeutung als Frau und Jüngerin von Jesus hat. Nach ihr sind viele Mädchen benannt mit allen Ableitungen wie z.B. „Lena“, „Leni“, „Helena“, „Heleni“, „Helen“ usw.

Martin Luther und seine Frau Katharina haben ihr drittes Kind Magdalene genannt. Das erste Kind war ein Hans, das zweite Kind eine Elisabeth. Sie ist schon mit neun Monaten gestorben. Magdalena wurde als drittes Kind am 4. Mai 1529 geboren. Sie ist gerade 13 Jahre alt geworden, als ihr geliebter Bruder Hans wegen seiner Ausbildung nach Torgau zum dortigen Schulmeister Krodel geschickt worden ist. Hans und Magdalene waren ein Herz und eine Seele. Kurz nach seinem Weggang wird Magdalene krank. Fast scheint es so, dass durch diese Trennung diese Krankheit ausgelöst wird.

Martin Luther schreibt seine Sorge und seinen Kummer in einen Brief an Krodel: „Ich bitte Dich, sag meinem Sohn Hans nicht, was ich Dir schreibe! Meine Tochter Magdalene ist dem Ende nahe und wird bald heimgehen zu ihrem wahren Vater im Himmel, wenn es Gott nicht anders gefällig ist. Aber sie sehnt sich so sehr darnach, den Bruder zu sehen, daß ich den Wagen schicken muß. Sie haben einander so lieb – vielleicht daß sein Kommen ihr neue Kraft geben möchte“.

Es kommen Tage zwischen Furcht und Hoffnung. Aber die Krankheit verschlimmert sich. Luther ahnt den baldigen Tod seiner Tochter. „Lieb habe ich sie sehr. Aber wenn es dein Wille ist, du lieber Gott, daß du sie wegnehmen willst, ich will sie gerne bei dir wissen“. Er sagt zu ihr: „Magdalenchen, mein Töchterlein, du bliebest gern hier bei mir, deinem Vater, und du gehst auch gern zu jenem Vater“. Das Mädchen antwortet: „Ja, herzer Vater, wie Gott will“. Dann versucht Luther seine Frau zu trösten: „Liebe Käthe, bedenke doch, wo sie hinkommt! Sie kommt ja wohl“. In der Nacht vor Magdalenes Tod träumt Käthe „daß zwei schöne junge, wohlgeschmückte Gesellen gekommen wären und hätten ihre Tochter zur Hochzeit führen wollen“. Am 20. September 1542 nach neun Uhr stirbt Magdalene Luther. Luther schaut auf das Mädchen im Sarg und sagt: „Du liebes Lenchen, du wirst wieder aufstehen und leuchten wie ein Stern, ja wie die Sonne!“.

Es ist ergreifend, wie Luther dieses Sterben seiner Tochter miterlebt und aufgeschrieben hat. So kann ich auch noch nach so vielen Jahren selbst mit ihm mitfühlen und auch lernen, wie ich selbst mit eigener Trauer umgehen kann. Eigene Lebenskrisen so verarbeiten können, dass ich wieder neu ins Leben komme – Martin und Katharina Luther sind da für mich ein großes Vorbild.

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