Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Die Alerheimer Schlacht
„Schau Dir mal dieses Dorf an. Breite Straßen, viel Platz beim Fahren, diesen Anger. Und da oben steht die Burg“. Meine Frau und ich waren wirklich sehr überrascht und angetan als wir zum ersten Mal in unserem Leben im Frühjahr 1988 nach Alerheim fuhren. Wir kamen von Großelfingen her und fuhren eine Seitenstraße, die wir später fast nie mehr gefahren sind. Aber so hatte es die Landkarte uns damals angezeigt. Aber warum ist Alerheim so gebaut? Was hat das für Gründe? Wir haben es bald erfahren.
In Alerheim war die letzte große Schlacht des sog. 30-jährigen Krieges. Sie fand zwischen den vor allem französischen und den bayrisch-kaiserlichen Truppen statt. Sie haben richtig gelesen und sich vielleicht gewundert. Denn auch die französischen Truppen waren katholisch geprägt. Aber schon vorher wurde klar, dass dieser Krieg nicht wirklich ein sog. „Glaubenskrieg“ war. Es ging einzig und allein um die Vorherrschaft in Mitteleuropa. Die „Konfession“ wurde lediglich als Vehikel benutzt, um die Menschen zu fanatisieren und zu emotionalisieren. Das erleben wir gegenwärtig ja auch wieder besonders im Bereich des Islams. Anders wäre das Erstarken des sog. IS (Islamischer Staat) nicht zu erklären und auch nicht die Wiedereröffnung der Hagia Sophia als Moschee. Hier werden religiöse Grundbefindlichkeiten hergenommen, um eigene Machtinteressen zu stärken und auszubauen. Von daher ist an dem Ausdruck von Karl Marx, dass Religion „Opium für das Volk“ ist sehr viel Wahres dran.
Bei der Schlacht von Nördlingen im September 1634 wurden die „evangelischen“ Truppen von den bayrischen „katholischen“ Truppen geschlagen. Um die Machtbalance einigermaßen zu erhalten, trat das „katholische“ Frankreich in den Krieg gegen die „katholischen“ Truppen. Der 30-jährige Krieg wurde so um weitere 14 Jahre verlängert, aber es hat auch dazu geführt, dass evangelische Gebiete erhalten geblieben sind. Und so kam es 11 Jahre später zur „Alerheimer Schlacht“, die auch die „zweite Nördlinger Schlacht“ genannt wird. Das Dorf Alerheim liegt etwa 10 km von dieser Stadt entfernt. Auf beiden Seiten sind etwa jeweils 20.000 Soldaten angetreten. Am Anfang sah es so aus, dass das katholische Heer siegen würde. Aber durch strategische Fehlentscheidungen gab es letztlich keinen Sieger.
Zu meiner Zeit als Pfarrer von Alerheim fiel 1995 das Jubiläum dieser Schlacht (350 Jahre Alerheimer Schlacht). Es gab eine denkwürdige Veranstaltung mit vielen Reden und Appellen zu Frieden und Versöhnung. Ich habe mir damals schon gedacht, dass auch heute noch Glaubende in der Gefahr stehen, diesen Glauben als Machtmissbrauch herzunehmen. Ich hätte aber nicht gedacht, dass dies so schnell und so stark der Fall sein würde.
Heute am 03.08.2020 sind es genau 375 Jahre her, dass diese Schlacht geschlagen wurde. Immerhin: Weil es keinen wirklichen Sieger gab, war vor allem dieser Tag der Grund, dass der sog. Westfälische Frieden“ ausgearbeitet und der Krieg drei Jahre später beendet wurde. Noch heute sind die Spuren davon in Alerheim durch den Bau der Straßen und der Namen einzelner Straßen zu erkennen.