Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 69 vom 23.05.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit von Pfr. Gerhard Metzger

Der Spuk namens Geisterspiel“. Das war die große Überschrift in der HZ vom 15.05.2020. Darunter ein großes Bild mit einem Geist, der den Schal von Borussia Dortmund um seinen Hals trägt. Was war geschehen? Die DFL (Deutsche-Fußball-Liga) hat sich durchgesetzt und die Bundesliga konnte mit Spielen der ersten und zweiten Bundesliga einen Tag später starten, allerdings ohne Zuschauer und mit allen notwendigen Sicherheitsregeln. Die Spieler werden ständig getestet und müssen aus einer einwöchigen Quarantäne direkt ins Stadion einreisen.

Im Zeitungsartikel gibt es dazu einen sehr interessanten Hinweis. Am Ende wird nämlich auf die „Mutter aller Geisterspiele“ vom 26.01.2004 hingewiesen. Die Clubfans nicht nur in Hersbruck und Umgebung haben dieses Datum wohl in schlechter Erinnerung. Damals spielte der 1. FC Nürnberg in Aachen bei der Alemannia auf dem dortigen Tivoli. Der Grund war damals aber nicht eine Pandemie, sondern eine Verletzung des Nürnberger Trainers Wolfgang Wolf. Ihm war beim ersten Spiel ein Gegenstand auf den Kopf gefallen. Das zog einen Spielabbruch nach sich und das Spiel wurde ohne Zuschauer wiederholt. Es ging mit 2 : 3 für den Club verloren.

Interessant ist für mich eine kleine Nebenbemerkung des damaligen Rundfunkreporters Günther Koch. Er sprach ins Mikrofon: „Hören Sie diese Stille“. Kann ich eine Stille hören? Günther Koch war in seinem anderen Beruf Religionslehrer. Er hat also durchaus Kenntnis von verschiedenen Stellen aus der Bibel. Ich habe die Vermutung, dass er eine der wichtigsten Geschichte aus dem Alten Testament bei seiner Bemerkung im Kopf hatte. Sie steht im ersten Buch der Könige in den Kapiteln 17 – 19. In Israel hatte der damalige König Ahab Isebel geheiratet. Mit ihr wurde der Baalskult hofiert. Er stand in direkter Konfrontation zum Glauben an den Gott Jahwe, der sich Mose gezeigt, das Volk Israel aus Ägypten geführt und durch die Jahre begleitet hat.

Jahwe oder Baal? Es gab keine Kompromisse. Gott beruft Elia zum Propheten. Er stellt sich gegen das Königshaus um Ahab und Isebel. Es kommt unter anderem zum sog. Gottesurteil auf dem Karmel. Die Macht Gottes erweist sich dort eindeutig. Elia aber muss vor den Nachstellungen von Ahab flüchten. Er kommt zum Berg Horeb, an dem Jahwe seinem Volk nach der Flucht aus Ägypten die Gebote gegeben hatte. Elia ist völlig am Ende, steht in einer Lebenskrise und fragt Gott nach seiner Gegenwart. „Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN“! So lautet dessen Antwort.

Aber worin soll Gott erkannt werden? Es kommen verschiedene Zeichen. Ein starker Wind, ein Erdbeben, ein Feuer. Nirgends war die Gegenwart Jahwes zu greifen. Dann aber: „Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen“ (1. Kön 19,12b). So hat es Luther übersetzt. Wörtlich ist damit eine „hörbare Stille“ gemeint. „Sausen“ trifft es also nicht ganz genau. Wie kann das aber so übersetzt werden, dass wir dem ursprünglichen Wortlaut nahe kommen. Ich nehme Unterricht bei dem jüdischen Philosoph Martin Buber. Er übersetzt mit: „Stimme verschwebenden Schweigens“. Gemeint ist also eine Stimme, in der Gott redet und der Mensch hört. Mitten in seiner Lebenskrise, mitten im Zerbruch wird Elia fähig, das Reden Gottes zu erkennen und sich neu von Gott füllen zu lassen. Wo er nicht mehr kann, holt ihn Gott heraus und schenkt ihm neue Kraft. Das ist eine Anleitung zum neuen Leben mit Gott auch für mich mitten in dieser Coronakrise. Und deshalb hat Günther Koch tatsächlich Recht. Es gibt diese „hörende Stille“, allerdings nicht nur im Fußball bei den sog. Geisterspielen.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 68 vom 22.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Mitten in der Coronakrise ist diese Diskussion aufgeflammt und hat sich am 15.04.2020 nach der Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten verstärkt. „Warum dürfen sich Christen nicht zu Gottesdiensten treffen? Die Argumentation ist: Wenn Menschen in systemrelevante Geschäfte gehen dürfen, dann kann das doch auch für Kirche gelten! Die Ansteckungsgefahr ist bei einem Gottesdienst nicht höher als in bestimmten Geschäften. Die Kirche beugt sich mit ihrer starren Haltung staatlichen Gesetzen, aber sie ist doch nur Gott verantwortlich“.

Manche Christen haben auf die Situation im sog. dritten Reich hingewiesen oder auf die Verfolgungen in kommunistischen Staaten unter sowjetischer Führerschaft. Bis heute werden Christen verfolgt und Nordkorea liegt an erster Stelle im Verfolgungsindex. Haben sich Christen biblisch verhalten, wenn sie sich den staatlichen Vorgaben untergeordnet haben? Seit einer Woche sind jetzt wieder Gottesdienste möglich, aber nur unter strengen Sicherheitsmaßnahmen.

Ich denke an dieser Stelle an die Situation des Volkes Israel vor ungefähr 2.600 Jahren. In dieser Zeit erstarkten die Babylonier und schickten sich an, das gesamte Gebiet im vorderen asiatischen Kontinent zu erobern und zu beherrschen. Sie klopften an die Tür des Landes Juda. Nebukadnezar eroberte Jerusalem zum ersten Mal 597 v. Chr. Judäa wurde eine babylonische Provinz. Viele Menschen aus der Oberschicht wurden nach Babylon deportiert. Jetzt warteten sie auf ein baldiges Ende dieser Gefangenschaft im fremden Land. Sie wollten ein Wort Gottes durch den Propheten Jeremia hören. Vor allem wollten sie ein klares Wort mit einer Vision auf ein baldiges Ende dieser schlimmen Situation. Sie hatten Fragen: Wie sollten sich diese Oberen des Volkes dort verhalten? Sollten sie auf Opposition gehen, passiven Widerstand leisten oder dort mitarbeiten?

Fragen, die sich so manche in der Kirche jetzt auch gestellt haben und die durchaus verschieden beantwortet werden können. Aber Jeremia ist realistisch und seine Botschaft lautet, dass sich die Juden in der Diaspora in Babylon auf eine lange Zeit der Gefangenschaft einstellen sollen. Der Prophet Jeremia schreibt einen Brief, der im Alten Testament nachzulesen ist und für mich ein Impuls für unsere heutige Situation ist: „So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen, und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehret euch dort, dass ihr nicht weniger werdet. Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn es ihr wohl geht, so geht es auch euch wohl“ (Jeremia 29, 4 – 7).

Diese Zeilen zeigen mir, dass Christen mitten hineingenommen sind in die Gesellschaft. Und gerade in schwierigen Zeiten sind sie vermutlich herausgefordert, umso mehr mit den Menschen um sie herum zu leben und für sie zu beten, die Verantwortung tragen. In dieser Coronakrise wird mir deutlich, dass ich als Christ hier in Deutschland nicht verfolgt werde, sondern Teil dieser Gesellschaft in Deutschland und in der Welt bin. Deshalb gilt für mich uneingeschränkt, nicht zu meckern und für Gottesdienste einen Sonderstatus zu fordern, sondern der Stadt Bestes zu suchen. Das heißt für mich konkret: Ich will das Beste für das Umfeld, in dem ich lebe und für den Staat, der versucht, mit allen Mitteln aus dieser Coronakrise herauszukommen.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 67 vom 21.05.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit von Pfr. Gerhard Metzger

Mittwoch, der 13.05.2020. Ich lese die Hersbrucker Zeitung. Die Schlagzeile auf der ersten Seite lautet: „In den Startlöchern. Am Montag dürfen Gaststätten im Freien wieder öffnen“. Auf S. 3 dann ein ausführlicher Bericht. Der Wirt des Hallerndorfer Brauhauses am Kreuzberg im Landkreis Forchheim wird zitiert. Unter anderem sagt er: „Täglich rufen Leute bei uns an und wollen wissen, welche Band bei uns am Vatertag spielt“.

Ich schmunzle. Der Begriff „Vatertag“ für das Fest Christi Himmelfahrt hat sich eingebürgert. Selbst in diesem Jahr ist das so, in dem dieser Tag nicht so gefeiert werden kann wie gewohnt. Früher habe ich mich darüber geärgert und gedacht: Muss denn auch im Land der Reformation solch ein wichtiger Tag wirtschaftlich und gesellschaftlich so vereinnahmt und umbenannt werden?

Mittlerweile sehe ich das gelassener. Im Gegenteil: Ich finde den Namen sogar ganz gut. „Vatertag“. Ja, das ist er. Der Tag des himmlischen Vaters. Der Tag, an dem deutlich wird, dass unser Gott im Himmel seinen Sohn Jesus Christus wieder in die unsichtbare Welt hinaufgezogen hat. Manche stellen sich das ja so vor, als wäre Jesus wie eine Art Weltraumrakete in das Weltall geflogen. So war es aber eben nicht. „Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg“ (Apg 1, 9).

Merkwürdig unscheinbar wird das hier beschrieben. Zuerst wurde er offenbar kurz über die Erde aufgehoben. Und dann war Jesus in einem Augenblick weg. Er war und ist eben nicht wie eine Rakete unterwegs, sondern von einem Augenblick zum anderen ist er in der unsichtbaren Welt. Am Fest Christi Himmelfahrt geht es darum zu erkennen, dass es neben dieser sichtbaren Welt auch die unsichtbare Welt gibt. Sie ist unseren Augen verborgen. Jesu Weg in der sichtbaren Welt geht zu Ende und er regiert mit seinem himmlischen Vater in der unsichtbaren Welt.

Ich bin froh und dankbar, dass ich den Leistungskurs Physik in der Kollegstufe des Gymnasiums hatte. Wir haben uns 1976 ein ganzes Halbjahr mit der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein beschäftigt. Damals ist mir deutlich geworden, wie nahe dran die Bibel an den Thesen dieses besonderen Wissenschaftlers ist. In den letzten Jahren und damit etwa hundert Jahren nach seinen Veröffentlichungen zum Thema beweisen gegenwärtige Physiker seine Theorien. Und die Rede von „Schwarzen Löchern“ gehört fast schon zum Allgemeingut. Es ist ein Begriff aus der „Allgemeinden Relativitätstheorie“ von Einstein.

Der Begriff „Schwarze Löcher“ ist immer einmal Diskussionsgegenstand im Religionsunterricht in der 4. Klasse der Grundschule. Die Schüler/-innen sind interessiert an diesem Thema und ich kann in der Regel sehr gut über sichtbare und unsichtbare Welt mit ihnen sprechen und auch ein paar wissenschaftliche Erkenntnisse weitergeben soweit ich das als Laie von meinem Physikleistungskurs her kann.

„Das Fest Christi Himmelfahrt“. Es ist der „Vatertag“. Es zeigt uns, dass der himmlische Vater von Jesus Christus auch der Herr des Universums ist. Er ist gleichzeitig im Glauben an Jesus mein himmlischer Vater. Er regiert mit seinem Sohn Jesus Christus. Dieser verheißt bei seinem Abschied die Kraft des Heiligen Geistes für die Jünger. Und diese erfahren das genau 10 Tage später am Pfingstfest. „Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen“ (Kol 1, 17).                         

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 66 vom 20.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Sagt mir doch bitte einmal, welche Teile die Bibel hat“. Diese Frage können die Präparanden in der Regel gut beantworten. „Es sind zwei Teile. Das Alte und das Neue Testament“. Ich lasse dann immer das Ende des Alten Testamentes nach dem Buch Maleachi aufschlagen und sage dann: „Legt jetzt mal eure Hand da hinein und vergleicht die beiden Teile der Bibel“. Oft gibt es dann großes Erstaunen. Das Alte Testament macht fast 80 % der gesamten Bibel aus. Ich denke dann immer wieder an Gespräche mit Menschen zurück. „Mir ist nur das Neue Testament wichtig. Da kommt vor allem Jesus vor. Diese ganzen schlimmen Geschichten aus dem Alten Testament sind mir unwichtig und will ich gar nicht lesen“. Ich erkläre dann den Jugendlichen, dass diese beiden Teile aus verschiedenen Einzelbücher bestehen und lasse diese zählen. 39 sind es im Alten Testament und 27 im Neuen Testament. Das ergibt insgesamt 66.

Wie sollen sich Menschen das merken? Ganz einfach! Ich verweise auf den bekannten Schlage von Udo Jürgens und texte: „Mit 66 Büchern da fängt das Leben an. Mit 66 Büchern da hat man Spaß daran. Mit 66 Büchern, da kommt man erst in Schuss. Mit 66 ist noch lange nicht Schluss“. Ich bin tatsächlich verwundert, dass zumindest eine oder einer Udo Jürgens noch kennt. Er ist am 4. Advent 2014 mit 80 Jahren gestorben. Ich weiß nicht, ob dieses Lied eher eine Karikatur auf das Leben im Alter war. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Mann. Seine Aussage war klar. „Dieses Lied von Udo Jürgens ist die größte Lüge, die er jemals gesagt hat. Das Leben im Alter hat zu viele negative Seiten. Ich kann dieses Lied nicht mitsingen“.

Es gibt also durchaus unterschiedliche Meinungen zu Texten von bekannten Sängern. So wie es unterschiedliche Meinungen in dieser Zeit gibt, auch heute bei diesem 66. Update ist das immer noch so bei Kommentaren zum Coronavius. Und unterschiedliche Meinungen zur Bibel gibt es auch. Die einen halten die Bibel für das Buch des Lebens, die anderen für einen alten historischen Schinken,  der in der Reihe mit anderen Büchern des Altertums steht, vielleicht noch wichtige ethische Aussagen als Inhalt hat, aber sonst eher antiquiert in der Sprache wirkt. Vor allem diese eher negative Einstellung zum Alten Testament rührt vermutlich daher, dass die Juden grundsätzlich negativ von vielen Christen beurteilt wurden und leider auch noch werden. In vielen Gehirnen hat sich die Parole des sog. dritten Reiches festgesetzt, dass das Alte Testament ein „Judenbuch“ ist und nichts für Christen.

Aber die Bibel ist die „Urkunde des Glaubens“. Nur von ihr wissen wir mehr über das Handeln Gottes über die Zeiten hinweg. Von der Bibel wissen wir mehr über Jesus, der das Wort Gottes in Person ist. Und durch die Bibel können wir den Weg von Jesus hin zur Gemeinde miterleben. Aber natürlich spricht Gott auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu Menschen. Er spricht in ihre Lebenswirklichkeit hinein. Ich denke dabei oft an den Anfang des Lukasevangeliums. Der Evangelist beginnt sein Evangeliums mit folgenden Worten an Theophilus: „Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind, wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind. So habe auch ich es für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, damit du sicheren Grund der Lehre erfahrest, in der du unterrichtet bist“ (Lukas 1, 1 – 4).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 65 vom 19.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Das ist eine sehr gute Idee der Stadt Hersbruck. Mitten in dieser Coronakrise startet sie eine Umfrage zum Lebensgefühl der Menschen. Unter mein.hersbruck.de kann sich jeder dazu äußern, was ihm an dieser Stadt liegt und welche Vorzüge und Verbesserungen er nennen will. Dabei soll der Heimatbegriff gestärkt werden.

Ich erinnere mich an den jährlichen Landfrauentag vor einigen Jahren. Das Thema „Heimat“ sollte in einem Referat umschrieben werden. Die Verantwortlichen dieser Veranstaltung legen weniger Wert auf lange und oft langatmige Grußworte. Stattdessen bitten sie einige Personen aus den verschiedenen Bereichen gleichzeitig nach vorne und diese werden mit einer oder zwei Frage interviewt. „Was bedeutet für sie Heimat“? Ich stand damals als Vertreter der Kirchen auf dem Podium. Weil ich als letzter dran kam, surrten die Gedanken in meinem Kopf. Schon damals war ich nirgends länger an einem Ort als jetzt in Hersbruck-Altensittenbach. Denn ich bin mit 19 Jahren wegen des Studiums ausgezogen und habe danach nie mehr richtig meinen Geburtstort als Heimat empfunden. Das geht ja vielen Studenten so. Und als Pfarrer bin ich einschließlich meiner Vikarszeit in 4 Gegenden gewesen: Erlangen – Rhön – Ries – Ostmittelfranken. Für Kinder aus Pfarrfamilien ist das nicht immer einfach, immer wieder alte Freundschaften zu begraben und neue aufzubauen. Auch der Wechsel in eine neue Schule zieht oft Schwierigkeiten nach sich. Unter Pfarrer/-innen gibt es einen lustigen Spruch. Er stammt noch aus einer Zeit, in der Frauen noch nicht in ein Pfarramt gehen konnten. Er lautet: „Der Vater geht, das Kind bleibt sitzen„.

In meinem ersten Pfarramt in der Kirchengemeinde Detter hatte ich ein Beerdigungsgespräch. Eine Frau mit 86 Jahren war gestorben. Es geht bei diesen Treffen natürlich auch darum, das Leben einer Verstorbenen zu verstehen und in der Predigt aufzugreifen. Detter ist ein Dorf in der südlichen Rhön mit ca. 400 Einwohnern. Die nächste Stadt Bad Brückenau ist 10 km entfernt. Die Angehörigen sagten mir, dass Ihre Mutter ihr ganzes Leben lang nur das Dorf gekannt hat. Nur ab und zu kam sie mal in die Stadt. Aber sonst war sie nie irgendwo anders als in ihrem kleinen Dorf. Mich hat das bewegt. Eine zufriedene Frau in ihrem kleinen Wohnradius. Sie hatte ihre „Heimat“.

Die Umfrage der Stadt Hersbruck hat mich persönlich wieder stärker zum Nachdenken über dieses Thema gebracht und meine Frau und ich haben uns schon an der Umfrage beteiligt. Für uns beide ist diese Kleinstadt unsere Heimat geworden und wir sind gespannt, ob das auch für den Ruhestand gelten wird. Aber dazu benötigen wir dann natürlich auch eine bezahlbare Mietwohnung.

Trotz dieser Liebe zur Stadt Hersbruck gehen meine Gedanken noch weiter. Denn in der Bibel lese ich, dass Gott Menschen immer wieder dazu beruft, ihre Heimat zu verlassen. Das bekannteste Beispiel ist wohl Abraham. „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will“ (1. Mose 12, 2). So hat Gott zu ihm gesagt. Jesus sagt von sich selbst: „Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege“ (Matthäus 8, 20). Die Bibel spricht deshalb auch von einer Heimat, die außerhalb unserer Wirklichkeit liegt. Es ist die ewige Heimat bei Gott. „Unsere Heimat ist im Himmel, woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus“ (Phil 3, 20). Diese Verheißung gilt allen, die an Jesus glauben. Noch aber leben wir hier auf Erden. Noch aber kann jeder mit seinem Einsatz diese Heimat gestalten und z.B. Ideen, Meinungen und Vorschläge für die Stadt Hersbruck abgeben. Und in dieser Krisenzeit gilt mehr denn je, was Dr. Till Magnus Steiner im Rahmen der Caritas Jahreskampagne 2017 geschrieben hat: „Heimat ist mehr als der Ort der Geburt oder der Kindheitserinnerung. Es ist das Gefühl von Sicherheit und Verlässlichkeit auf die Gegebenheiten – ein Ort des tieferen Vertrauens, vor allem in das soziale Umfeld“.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 64 vom 18.05.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfrin Bettina Sperl zum Sonntag Rogate (der Artikel stammt aus „Kirche im Rundfunk“ vom 13.05.2007)

Die Wolken hängen tief, der Tag ist grau und die Autobahn frei. Petronella und ich brausen vergnügt auf der italienischen Autobahn nach München. Petronella ist eine junge Bäuerin aus einem kleinen Dorf in Umbrien. Sie will zu ihrer Freundin Maria nach München und ist total aufgeregt voller Vorfreude. „Mein Gott wird das schön! Eine Woche ohne Ziegen, eine Woche ohne Hühner, eine Woche ohne Olivenbäume und Äcker!“ Eine wunderbare Woche würde sie verleben in der Großstadt mit Maria. Sie singt und redet und lacht und ich drücke aufs Gas, damit wir unser Ziel schneller erreichen.

Dann ist sie plötzlich still. Als ich nach einer Weile zu ihr hinüber sehe, bemerke ich, dass sie ihre Augen geschlossen hat. Ganz ruhig ist sie und hat ihre Hände gefaltet und ihre Lippen bewegen sich lautlos. Ob sie Angst hat, weil ich so schnell fahre? Ich fahre langsamer. Petronella betet weiter. Ich drosselte das Gas noch mehr. Jetzt fahren wir nur noch 60 km/h und das auf der Autobahn. Noch langsamer kann ich fast nicht fahren. Endlich, nach einer Ewigkeit öffnet sie die Augen wieder ,entspannt sich sichtlich und lächelt mich fröhlich an. „Wie lange dauerte es noch bis wir ankommen?“ fragt sie. „Also, wenn wir weiter so langsam fahren, brauchen wir noch ziemlich lange„, antwortete ich ihr. „Warum fährst du nicht schneller?“ fragt sich mich. „Ich dachte, Du hast Angst, wenn ich so schnell fahre?“ „Wieso soll ich Angst haben?“ „Na, weil Du die ganze Zeit betest„, antwortet ich ihr. Verblüfft schweigt sie einen Moment und kichert dann leise vor sich hin. „Weißt Du„, meint sie „ich werde jetzt eine schöne Woche haben bei Maria. Eine Woche Ferien. Ich will frei haben. Darum habe ich einfach alle Rosenkränze und Ave Maria und Vaterunser, die ich eigentlich jeden Tag beten muss, schon im voraus gebetet – für die ganze Woche. Ist das nicht gut? Jetzt habe ich keine Arbeit mehr – die ganze Woche nicht„.

Die Idee ist so unglaublich, das wir beide anfangen zu lachen. Ob man das kann? Geballt im voraus zu beten? Petronella jedenfalls kann es. Und der liebe Gott wird geschmunzelt und ihr die schönste unbeschwerte Woche in München gegönnt haben.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 63 vom 17.05.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Situation, heute von Erich Söhnlein zum Sonntag Rogate („Betet“)

Es war 2013, als ich für einige Wochen zu einem Beraterjob nach Melbourne in Australien durfte. Die Stadt, von der es heißt, die beste Lebensqualität der Welt zu haben. Und es ist wirklich eine ganz tolle Stadt!

An einem freien Samstag machte ich mich auf, mit dem Mietwagen diese wunderbare Stadt und dann später auch den Strand zu erkunden. Ein bisschen am Strand flanieren und Fotos machen, dachte ich.

Nun ist der Strand dort praktisch Teil der Stadt, das Wetter war sonnig, und alle strandnahen Parkplätze waren gut gefüllt. Zum Glück fand ich eine doch recht gute Lücke. Zum perfekten Strandbummel fehlte mir nun nur noch so ein Park-Ticket, das ich gut sichtbar hinter die Scheibe legen wollte.

Recht nah beim dem Auto war auch schon einer dieser Automaten. Geld rein – Ticket raus … das dachte ich. Aber welches Geld? Scheine nahm das Ding nicht und mein Münzgeld reicht gerade mal für vielleicht zwanzig Minuten.

Gut, dann wird es wohl eher ein Strandspurt, statt Spaziergang. Aber ein paar Fotos könnte ich ja machen.

Meine einzige Münze verschwand im Automaten und es kam … Nichts! Meine einzige Münze blieb einfach hängen. Was jetzt? Losrennen und irgendwo ein Eis kaufen, damit wieder etwas Kleingeld da wäre? Jemanden bitten, mir zu helfen? Ich sah weder einen Kiosk in der Nähe, noch jemanden, den ich mit meiner Bitte belästigen wollte. Nein, ich wollte meine Münze wiederhaben.

Aber auch nach wiederholtem Drücken auf die Rückgabe-Taste kam nichts. In meinem Kopf flogen die Gedanken durcheinander. Einfach riskieren? – Was wenn die hier gleich abschleppen? Den Parkplatz aufgeben, irgendwo eine Münze besorgen und dann wiederkommen?

Ach Herr hilf! Was soll ich tun?

Ich drückte den Rückgabeknopf noch ein allerletztes Mal mit aller Kraft und es klimperte plötzlich im Kasten. Freudig griff ich hinein und fand gleich drei Münzen vor!

Sofort lief ich zum nächsten Ticketautomaten und der gab mir dann auch ein Zettelchen, mit dem ich sogar fast eine Stunde bleiben konnte, spazieren und Fotos machen. Danke Herr, danke, danke, danke und mein Grinsen ging von einem Ohr zum andern.

Betet! Rogate, so heisst heute der Sonntag. Für mich hat Beten viele Aspekte.

Beten, das ist für mich einfach das Gespräch mit Gott, wie mit einem Vater, der mich kennt, zu dem ich mit allem kommen kann.

Und er antwortet. Keines der Gebete verhallt einfach so. Oft ist ein Gebet nur ein Wort, ein Gedanke. Als Jesus einmal über das Beten spricht, sagt er: Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. (Matth. 6, 7-8).

Meine Erfahrung ist auch: So wie wir „essentiell“ beten sollen, ohne Wortschwall, ohne Umweg über verschwurbelte Formulierungen, direkt aus dem Herzen – genauso antwortet auch Gott: Ohne plappern. Und Gott ist halt auch nicht wie Whatsapp, wo es einen blauen Haken gibt, sozusagen als Lesebestätigung.

Gott, und da spreche ich aus meiner ganz persönlichen Erfahrung, ist anders: Seine Antwort ist manchmal schnell, direkt sichtbar in dem, was er tut, wie er wirkt. Manchmal so, wie ich es mir auch vorgestellt habe.

Gott bleibt manchmal aber auch eine Weile stumm. Schweigen ist aber auch eine Form der Antwort. Schweigen heißt, mich hineinfallen lassen in das Vertrauen auf Gott, den Vater, der es wohl recht macht. Auch wenn ich es nicht oder nicht gleich verstehe.

Manchmal aber kommt aber auch eine Antwort, die überrascht, die mich als einen Kleingläubigen outet, der nur im Bereich seiner eigenen Möglichkeiten denkt und meint, Gott müsste sich an das halten, das mir möglich ist.
Komplizierter Satz, aber ich hoffe, Ihr habt ihn verstanden.

Gott überrascht mich immer wieder mit dieser väterlichen, fürsorglichen Liebe, ob es sich um Parkmünzen in Melbourne handelt oder um die „Parkmünzen“ meines Lebens, meiner Seele.

Gott segne Euch!

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 62 vom 16.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Opa, fällt der Landkreislauf in diesem Jahr auch aus?“ Das waren die Worte meines Enkelsohnes im März kurz nach dem Shutdown am Anfang der Coronakrise. Diese Frage hat mich nachhaltig berührt. Die Erinnerungen an den Landkreislauf 2019 stiegen in mir hoch. 2019 war ich auf der kurzen Etappe von Neunkirchen nach Heuchling mit meinem Enkelsohn unterwegs. Mit seinen 6 Jahren war er der zweitjüngste Teilnehmer. Auf dieser Etappe sind viele Kinder aus unserer Mannschaft gelaufen und fast bei jedem war ein Erwachsener als Begleitperson dabei.

Im Vorfeld habe ich mir überlegt, wie ich meinen Enkel motivieren kann ohne ihn zu überanstrengen. Wie kann er mitlaufen, dass er das Gefühl bekommt, es hat mir Spaß gemacht und ich bin auch mit dem Ergebnis zufrieden. Seit etlichen Jahren trainieren wir (es gibt dafür ein Team) Kinder für den Landkreislauf. Wir versuchen sie langsam aufzubauen und an eine längere Strecke zu gewöhnen. Manche Kinder freuen sich darüber, andere spüren, dass es ihnen doch nicht viel Spaß macht. Wie bekommen wir das als Vorbereitungsteam heraus?

Ich denke da an eine besondere Bibelstelle aus dem Galaterbrief. Paulus verwendet den Begriff „Zuchtmeister“ im Zusammenhang von Gesetz und Evangelium. Diese Bezeichnung vom „Zuchtmeister“ und ihre Übertragung auf Lehrende hat leider eine unrühmliche Geschichte. Ich habe das selbst in meiner 1. Klasse 1964 – 1965 noch erlebt. Der Lehrer hat mit der Hand und mit dem Stecken auf die Finger geschlagen um Kindern Wissen „einzutrichtern“. Ich sehe noch heute das Bild vor mir, wie ein Klassenkamerad bei einer Schreibarbeit etwas über den Rand hinausgeschrieben hat. Der Lehrer nahm den Stecken und schlug auf seine Finger. Rückwärts ist der 6-jährige Schüler brüllend durch das Klassenzimmer gelaufen. Er war natürlich ohne Chance gegen die Schläge. Seine Schreie klingen mir noch heute ins Ohr.

In Gesprächen mit Menschen zum Thema „Erziehung“ kommt es immer wieder zu Zitaten aus der Bibel. Dabei wird mir erzählt, dass selbst in der Bibel Schläge sein dürfen. Offenbar gilt das vor allem auch bei christlichen Sekten als Erziehungsmittel. Bei näherem Hinschauen erkenne ich, dass in der Bibel im griechischen Urtext das Wort „Pädagoge“ steht. Der Zuchtmeister ist der „Pädagoge“. Er ist ein Mensch, der sich um eine kindgerechte Erziehung kümmert. Er führt Menschen zu einem Lernziel und vermittelt Bildung. Das ist etwas ganz anderes als das, was mit der Lutherübersetzung von „Zuchtmeister“ oder „züchtigen“ bei Menschen vermittelt wird. Da ist die Bibel bei der Auslegung offenbar von preußischer Disziplin überlagert. Und diese hat nichts mit biblischen Aussagen zu tun.

Am Ende des Landkreislaufes vor einem Jahr hatte ich das Gefühl, eine gute Dosis an Selbstbewusstsein und Freude an meinem Enkelkind weitergegeben zu haben. Nicht nur er war sehr stolz über seine sehr gute Leistung, sondern auch sein Opa war das. Schade, dass  heute am 16.05.2020 der geplante Landkreislauf 2020 nicht stattfinden kann.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 61 vom 15.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

„Die kalte Sophie hat ihren Namen wieder einmal alle Ehre gemacht“. Wie oft habe ich schon als Kind diesen Spruch mit allen Abwandlungen von meinem Vater gehört. Bei der Wettervorhersage waren für einen Bauern diese sog. „Bauernregeln“ wichtiger als Wettervorhersagen. Der 15. Mai spielte dabei immer eine besondere Rolle. Auch heute Nacht und der Blick heute früh am 14.05.2020 nach draußen verrät mir, dass die Bauernregel 2020 voll zugetroffen hat. Es ist nass, kalt und windig. Der Wetterbericht hat sogar Nachtfröste in bestimmten Lagen gemeldet. „Vor Nachtfrost du nicht sicher bist, bis Sophie vorüber ist“. Das ist die wichtigste Regel für den heutigen Tag der Hl. Sophie. Sie beschließt den Reigen der sogenannten Eisheiligen. Ihre Namen klingen seltsam, aber irgendwie auch wieder charmant. Mamertus – Pankratius – Servatus – Bonifatius – Sophia. Ich war fasziniert, dass mein Vater sogar die lateinischen Namen auswendig vorsagen konnte.

In der heutigen Zeit ist der Name Sophia in den letzten Jahren zum häufigsten Vornamen in Deutschland geworden. Dabei weiß man gar nicht so viel über das Leben der bekannten Eisheiligen. Immerhin soll sie 304 n. Chr. bei der letzten schweren Christenverfolgung durch den römischen Kaiser Diocletian als Märtyrerin gestorben sein. Dieser römische Kaiser war gar nicht so sehr grundsätzlich gegen Christen eingestellt. Aber er war ein ausgezeichneter Organisator und kluger Politiker. Er hat das Reich in einer Art und Weise geführt, die auch noch heute beim Führen eines Landes als Vorbild im Hintergrund steht. Vor allem legte er Wert auf eine straffe, zentrale Organisation mit klaren Strukturen. Und da passte es einfach nicht, dass Christen die Weltordnung mit ihrer eigenen Art des Glaubens durcheinander brachten. Aber schon keine 10 Jahre später änderte sich für die Christen grundsätzlich alles mit dem Sieg von Konstantin d. Großen gegen seine Widersacher. Aber davon einmal später mehr.

Sophia“, die „Weise“, die „mit Weisheit gesegnete“. Auch in der Bibel gibt es verschiedene Bücher, die dieses Thema beleuchten. Neben einigen Weisheitspsalmen sind das vor allem das Buch der Sprüche, der Prediger Salomo und das Hohelied Salomo. Viele bekannte Sprichwörter stammen aus diesen Teilen der Bibel. Haben sie etwa gewusst, dass das Sprichwort „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“ aus dem Buch der Prediger im 10. Kapitel, Vers 8 stammt und auch im Buch der Sprüche 26, 27 zu finden ist. Mir gefällt der Name Sophia und das nicht nur, weil meine Enkeltochter so heißt und die ich hoffentlich noch heute abend nach über 10 Wochen wieder einmal sehen kann. Ich finde es grundsätzlich wichtig, Entscheidungen des Lebens weise zu fassen.

Das gelingt nicht immer, weil oft die Emotionen mit mir „durchgehen“. Bei Einführung des Internets bin ich mehrmals in diese Falle getappt: Ich habe eine Information gelesen oder von einem anderen erhalten. Ich war emotional so aufgewühlt, dass ich sofort per Mail geantwortet habe. Früher habe ich den Brief erst mal in Ruhe lesen müssen, dann habe ich eine oder mehr Nächte darüber geschlafen. Dann waren die ersten Emotionen „verraucht“ und ich konnte sachlich antworten. Jetzt nach fast 20 Jahren Umgang mit Internet habe ich „meistens“ gelernt, abzuwarten und notfalls erst einmal anzurufen bevor ich etwas schreibe. Klug mit „Weisheit“ umgehen.

Kein Wunder, dass im Buch der Sprüche im 8. Kapitel die Weisheit als Gottes Liebling und als erste Tat der Schöpfung Gottes bezeichnet wird. „Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, im Anfang, ehe die Erde war…als er die Erde noch nicht gemacht hatte…da war ich als sein Liebling bei ihm, ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit“. Welch einen Sonderplatz erhält die Weisheit bei Gott, dem Schöpfer. Diese Weisheit im Angesicht Gottes wünsche ich jetzt allen Menschen, die Entscheidungen in dieser Coronakrise treffen müssen. In der HZ war gestern ein Interview mit dem Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl zu lesen mit seiner eigenen Ansicht zur gegenwärtigen Lage. Hat er Recht? Ich weiß es nicht. Da lese ich dann doch lieber als Ausgleich diesen wunderbaren Weisheitsspruch aus dem Buch der Sprüche. „Es ist besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass“ (Spr. 15, 17).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 60 vom 14.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wenn Conora will, steht (fast) alles still“. Nein, nicht schon wieder falsch geschrieben. Ein neuer Versuch. „Wenn Coroan will, steht (fast) alles still“. Schon wieder falsch. Ein letzter Versuch. „Wenn Corona will, steht (fast) alles still“. Hurra, endlich habe ich es geschafft. Jetzt schreibe ich seit dem 15.03.2020 diese Updates und fast jeden Tag benötige ich zwei oder drei Anläufe für die Überschrift.

Was hat es nur mit diesem Coronavirus an sich? Das besonders am heutigen Tag. Denn der 14.05. ist der Tag der Hl. Corona. Als evangelischer Pfarrer bin ich nicht ganz so bewandert in den Heiligengeschichten. Aber die Geschichte hinter dieser Frau will ich schon herausfinden. Ich gebe zu, dass ich bis vor wenigen Wochen nicht wusste, dass es diese Heilige überhaupt gibt.

Die Hl. Corona ist Patronin für Schatzgräber, für die Lotterie, in Geldangelegenheiten und für Metzger. Na bravo. Ich wusste gar nicht, dass diese Corona auch meine Heilige ist. Dabei ist die Heilige Corona im zweiten Jahrhundert gemeinsam mit ihrem Mann zur Märtyrerin geworden. Mit 16 Jahren wurde sie 177 n. Chr. an zwei herabgezogenen Palmen gebunden, bei deren Emporschnellen sie zerrissen wurde. Reliquien von ihr liegen im Prager Dom. Sollte die geplante Fahrt in die Masuren Ende August klappen, kommen wir auf der Rückfahrt in Prag vorbei. Dann schaue ich mir diese Reliquie an. So jedenfalls mein Plan.

Aber so wie es sich mit dem Virus verhält, so ist diese Heilige selbst. Mal wird der 14.05. als Namenstag genannt, dann wieder der 20.02., in der Ostkirche der 11.11. Dann sollen die Reliquien wieder im Aachener Dom liegen. Dann gibt es den Hinweis auf den Ort „St. Corona am Wechsel“, der in Österreich liegt. Früher lebten dort ausschließlich Holzfäller und sie haben die Heilige um Schutz und Hilfe bei ihrem gefährlichen Beruf angerufen.

Und dann die Bedeutung des Namens selbst. „Corona“ = „Die Gekrönte“. Der Virus heißt so, weil er wie eine Krone aussieht. Bei uns wird eher die griechische Form genommen: „Stephanie“ oder „Stefanie“ mit allen Ableitungen. Mich lässt das Gefühl nicht los, mit der Heiligen ist es so wie mit dem Virus: Es gibt da verschiedene Möglichkeiten des Umgangs. Welcher ist richtig? Die Virologen streiten darum und die Politiker auch. Die Verschwörungstheoretiker haben Hochkonjunktur. Und sogar eine Erdbeersorte ist nach ihr benannt. Da halte ich mich dann doch lieber an das Wort aus der Bibel mit Jesus als den Gekrönten wie es in den Kreuzesdarstellungen der Romanik gezeigt wird: „Wir sehen auf Jesus, der durch das Leiden des Todes gekrönt ist mit Herrlichkeit und Ehre, auf dass er durch Gottes Gnade für alle den Tod schmeckte“ (Hebräerbrief 2, 9b).