Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 35 vom 19.04.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Prädikant Alexander Krause:

Corona macht alles anders. Schulen haben geschlossen, Restaurants sind nicht geöffnet und auch die meisten – nicht „systemrelevanten“ – Geschäfte haben ihre Pforten dichtgemacht. Auch fast alle „unwichtigen“ Veranstaltungen wurden abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Und das hat Folgen: Zum Einen: 700.000 Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet, denn die Auftragsbücher sind leer. Zum Andern: Supermärkte sind überlaufen und Krankenhäuser, Hausärzte und Rettungsdienste bereiten sich auf den großen Crash vor. Und die Medien schließlich sind voll von Hiobs-Botschaften, nicht nur aus Italien, Spanien oder Frankreich, denn das Virus hat uns vollkommen unvorbereitet getroffen. Und das „nur,“ weil einige wenige die Gefahr nicht oder zu spät erkannt und einige wenige andere sie zunächst völlig ignoriert haben.

Aber das wissen Sie längst.

Die Menschen bekommen Angst. Schon seit Beginn dieser Pandemie erlebe ich – wie Sie sicherlich auch – eine schwankende aber doch sich steigernde Nervosität. Angefangen bei leergekauften Regalen mit Toilettenpapier und Nudeln sind wir inzwischen in einem Zustand angekommen, da Hefe – fast – ausverkauft und menschliche Nähe und Berührung fast verpönt sind.

„Bitte haltet Abstand!“ bittet eine bekannte Supermarkt-Kette ihre KundInnen. Es werden Trennlinien auf den Fußboden gemalt oder geklebt, Bierkästen zu Trennmauern aufgetürmt, Schutzscheiben aufgestellt, „bitte nur zwei Kunden gleichzeitig im Laden,“ „einer raus, einer rein.“ Und dazwischen gibt es sie dann, die nervösen, mit Mundschutz und Handschuhen bekleideten ZeitgenossInnen, die bei jedem Hüsteln sich verschreckt umdrehen, ob da nicht ein Corona-Patient hinter ihnen läuft, und um dann gleich lautstark den eh schon großen Abstand zu kritisieren, weil er ja „zu klein“ sei.

„Haben Sie noch Desinfektionsmittel?“ – lacht, „Nein, probieren Sie’s nächste Woche wieder, falls wir da noch geöffnet haben.“

Tatsächlich ist es so, dass ein riesiger Versorgungsengpass an Desinfektionsmittel besteht. Egal wo ich hingucke, es gibt keines mehr. Alles leergekauft. Auch die Mittelchen, die gegen das Virus gar nicht wirken. Sogar medizinisches Personal bekommt hierzulande Schwierigkeiten bei der Beschaffung und muss kreative Lösungen finden, um die eigene Arbeitsfähigkeit sicherzustellen.

Desinfektionsmittel ist eine unscheinbare Flüssigkeit. Mindestens 80% Ethanol oder 70% Isopropylalkohol müssen es sein, der Rest Wasser, das war’s schon. Dann wirkt es auch gegen Viren wie das aktuelle SARS-CoV-2; zumindest, wenn man es dreißig Sekunden auf den Händen verteilt einwirken lässt. Es verspricht die Befreiung von Viren und Bakterien und macht die Hände rein von der keimverseuchten Außenwelt. Wer eben noch infektiöse Einkaufswägen, verkeimte Straßenbahn-Griffe oder befallene Türklinken berührt hat, der kann sich mit ein bisschen „Desi“ die Hände reinwaschen und beruhigt seiner Wege gehen. Dabei habe ich mich selbst schon ertappt, obwohl ich weiß, dass einfaches Händewaschen genauso gut wirkt. Es fühlt sich ganz warm an, wenn ich nach einem Einkauf im Auto sitze, mir die Hände desinfiziere und ganz ganz sicher bin, dass ich kein Virus mitgenommen habe.

Die Taufe bedeutet für mich Ähnliches. In ihr bekommt man Befreiung von der Sünde, die Reinigung sozusagen. Dreimal kurzes Wassergießen auf den Kopf „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ und man ist gerettet. Die Gefahren dieser Welt, all die Möglichkeiten sich „anzustecken“ an der Sünde, sie weiterzugeben, indem man sich nicht korrekt gegenüber seinen Mitmenschen verhält, Beziehungen belastet oder selbst unter belasteten Beziehungen leidet, all die schnellen gemeinen Worte, Gedanken und Taten, all das wird in der Taufe hinweggespült.

Wer getauft ist, braucht kein „Desinfektionsmittel“ mehr. Wer getauft ist, der gehört schon zu denen, die erlöst sind sein werden. Dieses Mittel macht wirklich frei, ledig und los von allen „Viren“ in dieser Welt. Egal wie oft ich mir im Leben die „Hände schmutzig“ gemacht habe: wenn ich an meine Taufe denke, dann kann ich mir ganz ganz sicher sein, dass ich das nicht mit hinüber nehme in die jenseitige Welt. Es bleibt hier. Es wird mir nicht mehr zugerechnet, es wird mir nicht mehr gefährlich. Zumindest dann nicht, wenn ich mir bewusst bin, dass ich auf die göttliche Gnade angewiesen bin!

„Ich bin getauft auf deinen Namen,“ Text: Johann Jakob Rambach, 1735, Melodie: Johann Balthasar König 1738

4) Mein treuer Gott, auf deiner Seite 
bleibt dieser Bund wohl feste stehn; 
wenn aber ich ihn überschreite, 
so lass mich nicht verloren gehn; 
nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an, 
wenn ich hab einen Fall getan.

„Ich bin getauft auf deinen Namen,“ Text: Johann Jakob Rambach, 1735, EG 200

„confirmatio“ heißt „Bekräftigung.“ Konfirmation heißt also: „Ja, ich glaube.“ Damit bestätige ich das „Ja“ und bekenne selbst, dass ich den Bund mit Gott eingehen will, dass ich mich befreien lassen will, dass ich „an Gott den Vater, den Schöpfer aller Dinge, an Jesus Christus, Gottes Sohn, unsern Herrn und an den Heiligen Geist, der lebendig macht“ glaube. Wie damals an meiner Stelle gesagt wurde: „Ja, ich will getauft werden!“

Obwohl wir jetzt keine Konfirmation feiern können, kann jeder Einzelne, auch die, die schon konfirmiert sind, sich an seine Taufe erinnern. Ganz egal ob diese Welt und Wirtschaft von einem Virus gebeutelt werden oder wegen einer anderen Krise stillstehen, egal ob das eigene Leben ins Wanken gerät, sei es wegen Angst vor der Zukunft, enttäuschter Liebe, Traurigkeit und Depression, das „Ja“ Gottes bleibt bestehen. Er liebt uns und hat uns bereits angenommen, als wir nach „menschlichen Maßstäben“ noch unschuldig waren. Ganz egal, was passiert, ganz egal, wie hoch einem das Wasser bis zum Hals steht, seine Liebe ist größer und umfassender als all das.

Ich wünsche mir, Euch und Ihnen und all denen, die in diesen Tagen von der Angst fast wie gelähmt sind, dass wir die Taufe als unser „geistliches Desinfektionsmittel“ in unser Leben integrieren und uns im Alltag an sie erinnern, dass Sie uns mit „Ihm“ und seinem Frieden verbindet. Gott ist mächtiger alle Mächte und Gewalten, als Viren und Bakterien, Krankheiten, Wirtschaftszusammenbrüche, als Arbeitslosigkeit, als Zukunftsangst, als Traurigkeit und Depression.

Jesus lebt! Und mit ihm auch ich! Egal, was kommt.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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