Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 51 vom 05.05.2020,

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Waren Sie schon einmal in Wittenberg? Ich habe diese Stadt mit ihrer besonderen Geschichte zur Reformation insgesamt 4-mal besucht. Ich laufe durch die Hauptstraße und atme den Duft des Wirkens von Martin Luther ein. Ich sehe die Stadtkirche. Sie war die Predigerkirche des Reformators und alle seine Kinder wurden dort getauft. Ich laufe weiter und begutachte die einzelnen historischen Gebäude. Die Wohnung von Lucas Cranach, dem Bildhauer und Maler, der schon ganz PR-mäßig seine Werke über Luther an den Mann gebracht hat. Das Haus von Melanchthon und natürlich auch das sog. „Schwarze Kloster“, in dem Martin Luther mit seinem Diener „gehaust“ hat. Aber dann hat er 1525 seine Frau Katharina geheiratet. Und sie hat diesen „Männerhaushalt“ auf Vordermann gebracht. Daneben die Schlosskirche und das Schloss von Kurfürst Friedrich, den Weisen.

Heute vor genau 495 Jahren, am 05.05.1525 ist er gestorben. Er war von 1486 bis zu seinem Tod Kurfürst von Sachsen und durfte deshalb auch bei der Kaiserwahl mitwählen. Nach dem Tod von Kaiser Maximilian, dem „letzten deutschen Ritter“ wurde er selbst 1519 zum Kaiser vorgeschlagen. Aber er hat das wohl zu Recht auf Grund seines Alters abgelehnt. Durch die Einflussnahme seines Kanzlers Spalatin (gebürtig in Spalt bei Roth) hat er Luther unterstützt, wo er nur konnte. Und das, obwohl er selbst ein glühender Anhänger vom „Reliqienkult“ war. Es wird erzählt, dass er über 1000 Knochen oder Knochenteile von Heiligen als Gegenstände in seinem Schloss hatte. Nach dem Reichstag zu Worms 1521 hat er Luther in „Scheinhaft“ genommen und ihm ein Jahr lang auf der Wartburg Unterschlupf gewährt.

Manche behaupten, dass diese Treue zu Luther vor allem darin begründet ist, weil er damit einen Gegenpol zum Papst sein wollte. Persönlich glaube ich aber, dass er auch das Genie von Luther erkannt hat. Friedrich hätte sich durch sein Verhalten auch in Schwierigkeiten bringen können. Er ist mit seiner Haltung zu Luther ein hohes Risiko eingegangen. Vor allem war er integer und Luther konnte sich auf ihn unbedingt verlassen. Papst Leo X. hat ihn 1518 die Goldene Rose verliehen. Das ist die höchste Auszeichnung des Papstes für besondere Verdienste um die katholische Kirche. In Wirklichkeit wollte er wohl damit erreichen, dass er als „Staatsfürst“ Luther an das Ketzergericht ausliefern würde.

Friedrich war kein klassischer Kriegsherr. Er wollte Konflikte lieber diplomatisch lösen. Bei den Bauernkriegen (1524/1525) war er als einer der wenigen Fürsten gegen die Vernichtung der Bauern. Aus politischer Räson hat er sich vermutlich erst auf dem Sterbebett das Abendmahl in beiderlei Gestalt (Brot und Wein, wie das Luther gefordert hat) reichen lassen. Diesen Kurfürst will ich nicht verklären, zumal eine geschichtliche Einordnung nach so vielen Jahren immer subjektiv ist.

Ich stelle einfach nur fest: Friedrich der Weise ist für mich ein Vorbild, wie führende Politiker ruhig und gelassen vor allem in Krisen handeln und Entscheidungen treffen können. Denn das ist mir jetzt ganz wichtig. Von Populisten und Verschwörungstheoretikern halte ich mich fern. Natürlich wird dieses Thema der politischen Führung auch in der Bibel durchaus von verschiedenen Seiten betrachtet. So hat das auch schon das Volk Israel vernommen: „Wenn du in das Land kommst, das dir der HERR, dein Gott, geben wird, und es einnimmst und darin wohnst und dann sagst: Ich will einen König über mich setzen, wie alle Völker um mich her haben, so sollst du den zum König über dich setzen, den der HERR, dein Gott erwählen wird (5. Mose17, 14 – 15a)“. Gleichzeitig gilt aber auch immer, was Petrus vor dem Hohen Rat bei seiner Verteidigung gesagt hat: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29).

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