Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 135 vom 28.07.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Meister aller Meister

Gerhard, du spielst das Präludium und die Fuge in C, die anderen beiden sollen Präludium und Fuge in F und Präludium und Fuge in B spielen“. Die Worte meines Orgellehrers Hans Helmut Hahn  waren klar und eindeutig. Irgendwie kannte er doch seine „Pappenheimer“ und es gelang ihm sehr gut, dem jeweiligen Orgelschüler das entsprechende Stück zur kleinen D-Prüfung für Organisten zuzuschreiben. Praktisch jeder D-Prüfling sucht sich ein Werk von Johann Sebastian Bach aus den „Kleinen Präludien und Fugen“ aus. Und so ist dieses Heft zum Klassiker in der Ausbildung geworden. Dieses Verteilen der Stücke an einzelne Personen hat bis heute Bestand. Ich spiele nur noch ganz selten Orgel. Aber wenn ich mich dann auf die Orgelbank hinsetze, dann spiele ich erst einmal das Präludium und die Fuge in C. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen und teilweise kann ich es noch auswendig spielen.

Warum ich heute daran denke? Johann Sebastian Bach ist heute vor genau 270 Jahren, am 28. Juli 1750 in Leipzig gestorben. Viele Musiker sehen in ihm den bedeutendsten Musiker der Geschichte überhaupt. Es existieren viele Geschichten von ihm. Ob sie immer alle wahr sind? Zumindest drücken sie etwas von seinem Engagement und von seiner Intensität, Musik im Leben wirken zu lassen aus. Er war gleichzeitig Kantor in der Thomaskirche und in der Nikolaikirche, die zu Zeiten der friedlichen Revolution und des Mauerfalles 1989 berühmt wurde. Bach wurde mit neun Jahren Vollwaise und teilte damit das Schicksal vieler Kinder wie z.B. auch von Paul Gerhardt. Nach mehreren Stationen an verschiedenen Orten kam er 1723 nach Leipzig und war dort für die Musik in den vier Hauptkirchen der Stadt zuständig. Er arbeitete sozusagen Tag und Nacht und war auch für den Musikunterricht in der Thomasschule verantwortlich. Seine großen Oratorien (Matthäuspassion, Johannespassion, Weihnachtsoratorium, h-Moll-Messe) sind weltberühmt. Erzählt wird, dass er als Organist zwischen den naheliegenden Kirchen St. Thomas und St. Nikolai schnell hin und hergerannt ist um die Orgel beim Gottesdienst in der jeweiligen Kirche spielen zu können.

1894 wurden seine Gebeine umgebettet und in die Johanneskirche gelegt. 1950 wurde sein 200. Todestag gefeiert und das war der Anlass, dass der Sarkophag in den Chor der Thomaskirche überführt worden ist. Und dort habe ich mir 2-mal das neue Grab schon angeschaut. Und ganz ehrlich: es ist ein erhebendes Gefühl, vor dem Grab von Johann Sebastian Bach zu stehen.

Interessant finde ich, dass nur ein Lied aus dem evangelischen Gesangbuch von ihm stammt. Es ist „Ich steh an deiner Krippe hier“, das auch im Weihnachtsoratorium erscheint. Wer dieses Lied singt, merkt gleich den besonderen „Bachsound“. Und vom Text her gehört es zu den eindrucksvollsten älteren Chorälen überhaupt. Es steht im evangelischen Gesangbuch unter der Nr. 37.

„Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.

Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

und lass dir’s wohlgefallen“.

Eigentlich schade, dass Bach nicht noch bei mehr Liedern von Paul Gerhardt die Musik geschrieben hat. Und ein klassisches „Bach-Jahr“ wird es angesichts von Corona in diesem Jahr auch nicht geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert