Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 187 vom 18.09.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich zähle täglich meine Sorgen – ist das nötig?

Ich war etwa 7 Jahre alt. Deshalb muss es in den Ferien gewesen sein. Ich sitze in der Küche und schaue meiner Mutter beim Kochen zu. Sie hat in der Regel den Süddeutschen Rundfunk gehört. Da gab es diese interessante Sendung, dass Menschen Karten schreiben konnten und dann wurden sie angerufen. Manche haben damit auch Bekannte überrascht. Der Angerufene konnte sich dann ein Lied wünschen.

Eines Tages wurde das Lied „Ich zähle täglich meine Sorgen“ von Peter Alexander gespielt, das er 1960 in den gleichnamigen Film zum ersten Mal gesungen hat. Dort heißt es: „Sorge Nummer eins in meinem Leben. Das ist die Sorge, dass du von mir gehst. Und Sorge Nummer zwei ist, dass es bald nen andern gibt. Den besser du verstehst und der dich liebt. Sorge Nummer drei, das ist die Frage. Wie halt ich dich und wie gefall ich dir? Und wenn du wirklich bleibst ja, was erwartest du von mir. Ja, das ist meine Sorge Nummer vier. Ich zähle täglich meine Sorgen, denn ich sorg mich sehr. Wenn ich denk du liebst mich nicht, lieb ich dich umso mehr. Ich zähle täglich meine Sorgen, und lieb dich wie zuvor. Wenn ich nicht mehr zähle, weiß ich, dass ich dich verlor“.

Ich habe heute noch die Bemerkung meiner Mutter im Ohr: „Diese Sorgen würde ich auch gerne haben“. Über Filme, Themen, Texte und Geschmack der Lieder im deutschen Wirtschaftswunder der 60-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts lässt sich trefflich streiten. Aber der 7-jährige Gerhard hat damals eine Ahnung bekommen, dass er im Laufe des Lebens wohl noch mehr Sorgen bekommen wird, die nicht mit einem leichten Schlager zu bearbeiten sind. Tatsächlich hat er das dann erlebt.

Heute in dieser Coronakrisenzeit fällt mir diese Geschichte wieder ein. Mancher verweist auf die bekannte Bibelstelle aus dem Matthäusevangelium. Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Darum sage ich euch. Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Sehet die Vögel unter dem Himmel an; sie säen nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sich doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? (Matthäus 6, 25 – 26).

Der Text ist herausfordernd. „Der redet sich wirklich einfach. Ihr Pfarrer bekommt doch auch Lohn. Soll ich jetzt faulenzen? Der Jesus redet hier doch völlig am Alltag vorbei“. Das sind nur ein paar Aussagen, die ich schon gehört habe. Aber wie hat das Jesus gemeint? Es gilt genau hinzuschauen. Einmal stellt er das „sich sorgen“ in den Zusammenhang des ganzen Lebens. Essen und Trinken sind Grundelemente des täglichen Lebens. Es gilt, diese bereit zu stellen.

Daneben ist das Leben noch vielfältiger. Vögel, Himmel, Blumen, Gras, Feld – das nennt Jesus auch in diesem Kapitel. Und dann verweist er darauf, dass es gilt, einen besonderen Blick zu finden. „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat“ (Matthäus 6, 33 – 34). Jesus verweist darauf, dass ich bei meinen Sorgen den Blick zu Gott als meinen himmlischen Vater nicht verlieren soll. Vor allem auch: Ich lebe heute wieder mit ihm und vertraue darauf, dass er diese Heute in meinem Leben gestalten darf. Und dann darf ich auch diese Sorgen ihm geben auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Aber davon dann übermorgen mehr.

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