Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 208 vom 09.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich sterbe vor Hunger

Du sollst mir ein Haus bauen“ hatte Jesus zu Franz von Assisi gesagt. In den letzten drei Tagen habe ich davon geschrieben. Franz hat das nicht nur im übertragenen Sinn gemeint, sondern auch ganz real. Er hat Steine besorgt und drei verfallene Kapellen wieder aufgebaut. Neben San Damiano gehörte dazu auch die Portiuncula.

Das war eine kleine verfallene Kapelle etwa zwei Kilometer außerhalb von Assisi. Sie sollte das erste Haus der Franz-Genossen werden. Er selbst hatte dort in der Nähe auch einen Unterstand gebaut, eine primitive Hütte aus Ästen und Lehm, mit ein paar Steinen auf dem Dach und sicherlich ohne Fenster. Franz und Bernhard kochten dort vor allem Bohnensuppe zum Essen. Der Rauch ging durch die Tür ins Freie. Zwei weitere Männer stoßen zu ihnen. Peter und Egidio. Peter war wohl ein Diener von Bernhard. Egidio war ein Bauer. Dann kamen noch weitere acht dazu. Es waren sowohl Bauernsöhne als auch Herren vom Adel unter ihnen. Bald nach Mitternacht stand man auf, um zu beten. Tagsüber half man den Bauern bei der Feldarbeit oder man pflegte Aussätzige im nahegelegenen Leprosenheim. Am frühen Abend gab es eine gemeinsame Mahlzeit aus Brot, Rüben und Bohnen. Bald nach Sonnenuntergang ging man schlafen.

Einmal, mitten in der Nacht, wurde das allgemeine Schnarchen durch ein klägliches Stöhnen unterbrochen. Eine Stimme sagte: „Ich muss sterben“. Nach und nach wachten alle auf. Franz sagte, man solle ein Licht anzünden und fragte dann, wer so jämmerlich geklagt hätte. Als sich der Genosse meldete, erkundigte sich Franz nach der Ursache. „Ich sterbe vor Hunger!“ Franz ließ, um den Mann nicht zu blamieren, einen gemeinschaftlichen Imbiss auftragen und hielt danach eine kleine Rede. „Es kann doch vorkommen, dass der eine mit weniger Nahrung auskommt als der andere. Man muss eben die eigene Natur berücksichtigen. Wenn einer, der mehr Nahrung benötigt, sich einbildet, einem anderen nacheifern zu müssen, der weniger braucht, dann ist das ein Unsinn. Man soll dem Körper das geben, was er zum Leben braucht. Schwelgerei ist sicherlich schlecht, aber übertriebenes Fasten ist eine noch größere Dummheit. Soll doch in Zukunft ein jeder gefälligst so viel essen, wie er nötig hat“.

Hier sehe ich, dass Franz von Assisi auch in Stunden der Krise nie für eine hysterische Askese war, sondern immer den Menschen im Blick hatte. Heute ist über die Portiuncula eine riesengroße Kirche gebaut, die Santa Maria degli Angeli. Das geschah ab 1596 auf auf Anordnung von Papat Pius V. Franz würde sich wohl im Grab herumdrehen, wenn er das sehen würde.

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