Archiv für das Jahr: 2020

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 160 vom 22.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wasser des Lebens

Lange hat es in diesem Jahr gedauert. Aber dann war es doch wieder so weit. Das Schwimmen im Happurger Baggersee war und ist angesagt. Vor allem, wenn es solche Tage wie die letzten zwei Tage sind. Gestern waren es bei uns 35 Grad. Normalerweise gehe ich zum ersten Mal im Jahr um die Sonnenwende im Juni in diesen nahegelegenen Badesee. Manche sagen zu mir: „Der ist doch so dreckig. Da bleibe ich weg“.

Für mich ist dieser See aber ein Labsal. Er liegt keine  5 km von Altensittenbach weg und so bin ich schnell dort. Ich schwimme fast nur auf dem Rücken. Insgesamt komme ich so auf 700 – 1000 m, manchmal auch ein wenig mehr. Dann gehe ich wieder raus und heim. Am Liebsten mache ich das in der Früh so gegen 6.30 – 7.00 Uhr. Einige „Wasserratten“ sind dann auch schon da. Beim langsamen und geruhsamen Rückenschwimmen gehen mir viele Gedanken durch den Kopf und das ersetzt für zwei Monate mein Nordic-Walken. Das Wasser umspült mich und ich spüre, wie Gott mich mit seiner Liebe „berührt“. Ich lasse die Gedanken kreisen und in mir sind die Bilder, was Wasser im Glauben an Jesus bedeutet.

Vor allem ist es Symbol für die Taufe. Das Wasser reinigt mich von allem, was mich belastet. In der Taufe habe ich die Gewissheit, dass Jesus mich hört und ich mich auf ihn verlassen kann. Das Wasser erinnert mich auch an das „Wasser des Lebens“, von dem die Bibel oft genug spricht. Bei diesen Worten denke ich an eine überraschende Info aus dem diesjährigen Urlaub auf Usedom. Davon aber ein anderes Mal mehr. Persönlich liegt mir immer noch ein Kinderlied am Herzen, das wir früher bei unserem ALBA-Familiengottesdienst (ALtensittenBacher Abenteuerland) sehr oft gesungen haben. Es drückt in einfachen Worten aus, worauf Wasser hinweist.

„Jeder, der es will, wer es haben möchte, dem schenkt Gott das Wasser des Lebens. Ich komm jetzt zu dir, bitte dich mein Vater, schenke mir das Wasser des Lebens. Dass dein Leben in mir lebt, deine Liebe durch mich liebt, deine Treue macht mich treu, alles durch dich. Dass dein Lachen in mir lacht, deine Hoffnung durch mich hofft, deine Stärke macht mich stark, alles durch dich. Mein Vater“.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 159 vom 21.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Was das Wort Masern in mir auslöst!

Es ist der 21.08.1968. Also heute vor genau 52 Jahren. Es ist ein heißer Tag, ein Mittwoch. Ich liege seit fast einer Woche krank im Bett. Auch wenn ich gerade mal 10 Jahre alt bin, habe ich unruhige Gedanken in mir. Die Getreideernte ist im vollen Gang. Da werden auf dem Hof alle Hände gebraucht. Von früh bis spät wird gedroschen. Stroh muss eingefahren werden. Daneben die normale Stallarbeit am Morgen und am Abend. Im Hof stehen zwei große Fuhren mit Stroh. Dann auch noch zwei Anhänger voll von Getreide.

Und ich liege im Bett! Tatsächlich hatte ich damals gedacht: Der Hof bricht zusammen, weil ich nicht helfen kann. Auch meine beiden jüngeren Geschwister liegen krank im Bett. Wie soll das alles funktionieren? Ich habe Masern. Jetzt im Jahr 2020 ist das vielleicht ein Glück. Denn wenn im Herbst die Schule beginnt, muss jeder Pädagoge nachweisen können, dass er kein Masernüberträger ist. Ich gehöre zu der Generation, die diese Masern als Kinderkrankheit durchgemacht hat.

Plötzlich am Nachmittag höre ich Schritte auf der Treppe. Ich weiß sofort: Mein Vater schaut nach mir. Er macht die Tür auf, tritt herein und setzt sich ans Bett. Seine ersten Worte waren: „Gerhard, ich glaube es gibt jetzt den dritten Weltkrieg“. Dann ein paar Erklärungen und natürlich auch die Frage nach meinem Gesundheitszustand. Ich sage noch: „Schafft ihr die Arbeit alle?“ „Ja, das schaffen wir schon“. Dann ist er wieder an die Arbeit gegangen.

Was war geschehen? An diesem Tag sind die Truppen der Warschauer Paktstaaten in die damalige CSSR einmarschiert und haben vor allem Prag besetzt. Und damit wurde der sog. „Prager Frühling“ beendet. Keiner wusste an diesem Abend so wirklich, wie wohl die NATO-Staaten reagieren würden. Sie setzten die Armeen in Alarmbereitschaft, aber sie griff nicht ein. Es wurde besonnen gehandelt. Das Jahr 1968 war mit den sog. Studentenunruhen sowieso schon laut und schrill genug.

Heute weiß jeder, dass diese Besonnenheit viel Schlimmes verhindert hat. Der sog. „Eiserne Vorhang“ ist dennoch gefallen, wenn auch erst gut 20 Jahre später. Aber in mir spüre ich bis heute so ein komisches Gefühl um dieses Datum herum. Dieses Angstgefühl kommt auch heute in mir hoch. Denn einen Krieg konnte und wollte ich mir nicht vorstellen. Und dieses Gefühl, dass von mir „der Hof abhängt“ zeigt im Nachhinein, dass Kinder in der Landwirtschaft nicht nur körperlich gefordert waren, sondern dass sie wohl oft genug auch zu viel Verantwortung im Herzen mitgetragen haben.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 158 vom 20.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Hören können wie Jünger hören

Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr. Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor, dass ich mit seinem Worte begrüß das neue Licht. Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht“.

Dieses Lied steht als Nr. 452 im neuen evangelischen Gesangbuch. Es gehört zu den bekanntesten neueren geistlichen Liedern. Es stammt von Jochen Klepper, der selbst ein bewegendes Leben hatte und in gewissem Sinne Opfer des sog. dritten Reiches wurde. Dazu aber später einmal mehr. Mir geht es um den Text. Das Lied ist eine Vertonung der Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja im 50. Kapitel.

Es gehört zu den grundlegenden Wahrheiten der Bibel, dass Menschen die Stimme Gottes hören können. Unter anderem in  der 4. Klasse stellt sich diese Frage an mehreren Stellen. Ein Lerninhalt ist die Geschichte von Mose und der Befreiung des Volkes Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten. Immer wieder heißt es, dass „der HERR zu Mose spricht und dass Mose hört“. „Wie könnt Ihr Euch das vorstellen?“ – so lautet meine Frage an die Schüler/-innen. Es gibt immer lebhafte Diskussionen. Denn es ist allen klar, dass dieses Sprechen und Hören auf Gott nicht so erfolgt wie ein menschliches Reden.

Auch in der Bibel sind nur selten solche direkte Reden (sog. Auditionen) von Gott zum Menschen beschrieben. Dennoch hören Menschen die Stimme Gottes. Meistens in einer besonderen Situation. Dazu gehörte auch Samuel. In den ersten drei Kapiteln des ersten Samuelbuches wird das geschildert. Schon die Umstände von Schwangerschaft und Geburt sind besonders. Seine Mutter Hanna konnte keine Kinder bekommen. „…der HERR hatte ihren Leib verschlossen“. Zur damaligen Zeit galt Kinderlosigkeit als Strafe Gottes. Sie lebt also in einer extremen Lebenskrise, denn sie wurde für diese Kinderlosigkeit verantwortlich gemacht. Hanna geht aber nicht in Rückzug und Resignation. Sie betet unaufhörlich zu Gott und immer und immer wieder bittet sie Gott um Erhörung bei der jährlichen Wallfahrt zum Tempel. Der dortige Priester Eli verspricht ihr, dass Gott ihr Gebet erhören wird, auch wenn menschenmöglich nichts mehr zu hoffen war. Hanna bekommt den Samuel und übergibt ihn „dem HERRN“. Nach der Entwöhnung erfüllt sie ihr Versprechen und Samuel wird ein Prophetenschüler.

Eines Nachts hört er die Stimme Gottes mit einer Gerichtsbotschaft für Eli. Insgesamt dreimal spricht Gott zu ihm. Er kann es nicht glauben und geht zu Eli. Dieser erkennt, dass dieser junge Prophet eine besondere Gabe hat, auf Gott zu hören. Er rät Samuel die entscheidenden Worte zu sagen: „Rede, denn dein Knecht hört“ (1. Sam 3, 10).

Ich erkenne aus dieser Geschichte, dass dieses Hören auf Gott gelernt und eingeübt werden muss. Ich denke an manche Übung in unserem Schülerbibelkreis: „Was habe ich mit Gott erlebt? Wie hat Gott zu mir in der letzten Woche gesprochen? Wie stark bin ich mit meinen Wünschen und Hoffnungen und Ängsten darin behaftet? Gleichzeitig aber auch: Wie will Gott mich durch sein Reden stärken und auferbauen? Von Samuel kann ich viel lernen und nicht nur heute an seinem Heiligengedenktag, der auf den 20.08. fällt.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 157 vom 19.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wo sind die Koffer?

Ich hatte gleich ein so komisches Gefühl an diesem Abend. Es war ein wunderschöner Tag, dieser 19.08.1998. Heute vor genau 22 Jahren. Unsere ganze Familie steckte in den Vorbereitungen zum Urlaub an der Lübecker Bucht. Es sollte nach Grömitz gehen. Zum dritten Mal wollten wir mit unserem Ford Escort-Diesel in den Urlaub fahren. Zwei Erwachsene und drei Kinder. Da gibt es viel Gepäck. Der Gepäckträger war längst nicht so tief wie beim alten Auto. Aber er hat schon 2-mal vorher gehalten. Ich lege die Gepäckstücke in den Gepäckträger. Ich lege eine Plane darüber und zurre alles insgesamt fest. Nachher hat mir jemand gesagt, dass ich jeden einzelnen Koffer extra anschnallen hätte müssen. Irgendwann gegen 21.00 Uhr fahren wir los. Ich habe zweimal gehalten um die Gurte fester zu schnallen. Beim Tanken auf der A 7 schaue ich noch einmal nach oben und bemerke (leider) nichts.

Auf der dreispurigen Autobahn fahren die Autos dicht an dicht. Nach vielen weiteren Kilometern sagt meine Frau zu mir: „ich hab was gehört. Fahr doch bitte rechts ran“. Gleichzeitig überholt mich ein roter Bus und schaltet die Warnblinkanlage an. Er fährt direkt vor mir immer her, wird langsamer, hat die Warnblinklichter an und ich erkenne, er will mich zum Halten bringen. Das geschieht. Ich sehe noch, dass hinten am Bus ein Fisch klebt, so wie das bei Christen immer wieder der Fall ist. Beim Bus steigt ein Mann aus und geht auf unser Auto zu. Ich steige ebenfalls aus, gehe ihm entgegen und der Mann sagt zu mir: „Ich bin gerade über ihre Koffer gefahren“. Ich blicke mich um. Tatsächlich: Auf dem Auto befindet sich kein Koffer mehr. Er sagt mir, dass bei seinem Auto Schläge im Motorbereich zu hören sind. Er will nach Dänemark fahren und sich das anschauen lassen. Ich gebe ihm meine Telefonnummer, damit er mich evtl. erreichen kann. Dann fährt er weiter und ich rufe die Polizei. Im Auto fangen wir an zu beten und zu danken.

Nach etwa 15 Minuten kommen zwei Polizisten auf mich zu. Einer hat ein Handtuch in der Hand. „Das ist alles, was wir gefunden haben“. Wir kommen ins Gespräch und er sagt: „Wissen Sie, was passieren hätte können? Aber es ist ja noch einmal gutgegangen. Geben Sie mir 20,– Mark Ordnungsstrafe und fahren Sie weiter nach Grömitz. Und danken Sie Gott dafür, dass nicht mehr passiert ist“. Ich denke noch: Was glauben Sie, was wir gemacht haben? Aber schon war der Polizist weg. In Grömitz angekommen, standen wir nur mit den Kleidern auf dem Körper da. Also hieß es zuerst einmal neue Kleider kaufen! Meine Kinder meinten hinterher: „Papa, so spendabel warst du ja noch nie“. Mein schlechtes Gewissen hat also den Geldbeutel geöffnet.

Drei Wochen später, an einem Sonntag ein Anruf bei uns zu Hause. Es war der Busfahrer von der Autobahn. Er hat den Schaden an seinem Auto für 50 Mark reparieren lassen und ob er das Geld haben könnte. Natürlich. Am Schluss des Gesprächs frage ich ihn nach den Fisch auf dem Auto. „Ich bin Christ und deshalb dieser Fisch. Außerdem bin ich Pastor einer freien Gemeinde“. Mein Antwort: „Ich bin auch Christ und habe ebenfalls einen Fisch auf dem Auto. Und ich bin Pfarrer in einer Landeskirche“. Zwei Jahre später haben wir ihn in seiner Gemeinde in Lahr besucht. Im Gottesdienstraum war ein Bild von unserem kranken Sohn Simon aufgehängt. Die Christen dort haben intensiv für ihn gebetet.

Und jetzt die spannende Frage: War das alles nur Zufall? Oder geht Gott Wege, die wir uns kaum vorstellen können? Wir haben jedenfalls erlebt: Gott kann in der größten Krise Zeichen seiner Gegenwart senden. Und das wünsche ich jeden/r Leser/-in dieser Zeilen.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 156 vom 18.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Armut von Klara v. Assisi

„Da es offenbar ist, dass der Mangel am Nötigsten Euch nicht schreckt und Derjenige, der die Vögel des Himmels ernährt und die Lilien des Feldes kleidet, nicht versäumen wird, Euch Nahrung und Kleidung zu geben, willfahren Wir Eurer Bitte und genehmigen Euch durch Apostolische Gnade, in äußerster Armut zu leben. Ferner wird Euch durch vorliegendes Schreiben genehmigt, niemals gezwungen werden zu dürfen, irgendwelche Besitzungen annehmen zu müssen“. Das war der Text, den Klara v. Assisi dem Papst Gregor IX. abgerungen hat. Dieser besuchte sie und wollte mit ihr eine Ordensregel vereinbaren. Der Text ist das Ergebnis des Gesprächs.

Er ist sehr ungewöhnlich und auch für meine Ohren kaum nachzuvollziehen. „Ein Recht auf Armut“ zu haben. Ich erkenne darin das radikale Handeln dieser Frau. Der nachfolgende Papst Innozenz IV. kam ebenfalls zu ihr um eine Regel für den Orden zu erwirken. 1247 schickte er den von ihm formulierten Text nach Assisi. Klara war nicht zufrieden. Sie formuliert: „Weder Häuser, noch Ländereien, noch was sonst es sei, sollen sich die Schwester aneignen, sondern als Fremde und Pilger sollen sie hier auf Erden Gott dienen, in Demut und Armut, und mit Vertrauen ihre Zuflucht zu den Almosen nehmen. Dass sie sich wohl hüten mögen, deswegen zu erröten! Ist doch der Herr selbst für uns auf dieser Erde arm geworden“. Der Papst nimmt ihr die Beichte ab und sagt danach: „Gebe Gott, dass ich es ebenso wenig nötig hätte wie du“. Am 9. August 1253 unterschreibt der Papst die Bulle, die Klaras Regel bestätigte. Schon zwei Tage später ist sie dann gestorben. Aber sie hatte erreicht, was sie wollte. Die Zähigkeit ihres Willens lässt sich an der Tatsache erkennen, dass sie die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens häufig krank und bettlägerig war. Durch ein Loch im Boden konnte sie in ihrem Lager die Gottesdienste ihrer Mitschwester mitfeiern. Ihre letzten Worte waren: „Herr Gott, gelobt seist du, dass du mich erschaffen hast“.

An diesem Ort lebte Klara die letzten Jahre ihres Lebens direkt über der Kapelle in San Damiano

Insgesamt dreimal stand ich im meinem Leben an diesem Lager, das heute sehr gut in San Damiano zu besichtigen ist. Und jedes Mal war ich tief angerührt vom Leben dieser Frau, für die in Assisi die Klarakirche gebaut worden ist. Sie enthält ein besonderes Kreuz, aber davon mehr im Oktober.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 155 vom 17.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Das Evangelium konkret leben

Einfach das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus zu beachten“. Das war der Leitspruch von Klara v. Assisi. Sie war Zeitgenossin des Hl. Franz. Durch dessen Leben wurde sie selbst überzeugt von Armut und dienender Liebe für Christus. Weil sie selbst aus einem wohlhabenden, adligen Elternhause stammte, glich ihre Lebensveränderung einer Kriminalgeschichte. Mit 14 Jahren waren damals um 1200 n. Chr. Mädchen im heiratsfähigen Alter. Aber der Plan einer standesgemäßen Verlobung mit einem Edelmann konnte Klara um zwei Jahre hinausschieben. Schließlich entschloss sie sich für ein Leben wie Franz. Das konnte aber nur durch Flucht geschehen. Man hatte sich den Palmsonntag 1212 ausgesucht. Am Vormittag ging Klara mit ihrer Familie ins feierliche Hochamt und ließ sich den Palmzweig in die Hand drücken. In der Nacht verschwand sie mit einer treuen Freundin, die eine Vertraute der Mutter war. Diese kannte den Plan und ist später selbst aus der Familie in das Kloster von Klara geflüchtet um in Armut zu leben. Sie wurden von Franz und seinen Gesellen erwartet. Klara legte ihre Schmuckstücke ab und ließ ihr Haar abschneiden. Die ganze Gesellschaft marschierte zwei Meilen weiter zum Frauenkloster San Paolo. Vier Tage suchten Männer aus Assisi die Geflohenen um den Aufenthaltsort zu finden. Am Morgen des Karfreitages erschienen sieben berittene Herren im Kloster und verlangten Klara zu sprechen. Es kam zu heftigen Diskussionen. In Wut hat offenbar einer der Männer nach Klara gegriffen, um sie davonzuziehen. Klara riss sich los, lief in die Kapelle und hielt sich am Altar fest, um so ein „Asylrecht“ zu reklamieren. Die Männer liefen ihr nach, Klara riss die Kapuze herunter und zeigte damit, dass ihre Haare geschnitten waren. Als Geschorene war sie dem kirchlichen Recht unterstellt und die Männer zogen ab.

Klaras jüngere Schwester, Agnes, nutzte die Gunst der Stunde und lief ebenfalls von zu Hause weg um sich bei Klara zu verstecken. Es kam zu Tätlichkeiten mit den verfolgenden Männern. Die Legende erzählt: „Die weinende und schreiende Agnes wurde einfach gepackt und davongetragen. Plötzlich wurde ihr Körper so schwer, dass man sie loslassen musste. Klara befiehlt den Männern, von Agnes loszulassen“. Später ging auch noch Klaras ältere Schwester Beatrice zusammen mit der Mutter in das Kloster San Damiano.

Das ist der Innenhof von San Damiano in Assisi

Wenn ich mit anderen Menschen nach Assisi fahre, dann weise ich immer auf diesen besonderen Ort hin. Während die meisten Besucher vor allem die Hauptkirche San Francesco besuchen, gehe ich dann mit ein paar wenigen Leuten in Richtung San Damiano. Ein ruhiger Ort, der für mich etwas ausdrückt vom ursprünglichen Geist der Franziskanerinnen bzw. der Klarissen wie die Gemeinschaft von Klara genannt worden ist. Leider ein etwas steiler Weg für alle. Aber wo hat Jesus an irgendeiner Stelle gesagt, dass das Leben mit ihm nur geradeaus und eben führt? Vor zwei Tagen, am 15.08.1255 und damit genau vor 765 Jahren ist Klara v. Assisi von Papst Alexander IV. heilig gesprochen worden. Ich erkenne, wie in ihrem Leben aus der Krise heraus, neues Leben für Christus wächst. Aber davon morgen mehr.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 154 vom 16.09.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Kirchweih unplugged

Heute ist für Altensittenbach ein besonderer Tag. Sie feiern das Kirchweihfest. In diesem Jahr wird es natürlich in „abgespeckter“ Form gefeiert. Gestern Abend konnten sich nur 200 Leute aus dem Kirchweihverein nach Anmeldung in der Fuchsau treffen. Das schreiben die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften vor. Aber immerhin: so war zumindest ein kleines „Feeling“ von Kirchweih zu erspüren.

Als Pfarrer erlebe ich Kirchweihfeste ganz unterschiedlich. Hier in der Hersbrucker Region versuchen die einzelnen Dörfer so gut es geht, sich an den Sonntagen abzuwechseln. Das gelingt ganz gut, wenn auch nicht immer. Gleichzeitig mit Altensittenbach feiert z.B. auch Happurg dieses Fest. Natürlich habe ich immer wieder eine Diskussion mit Menschen, welchen Sinn solch eine Kirchweih hat. Spielt da die Kirche wirklich noch die Rolle oder ist sie nur Namensgebung für eine große Dorffeier? In Hessen z.B. wird dazu „Kirmes“ gesagt und in diesem Wort ist das Wort „Kirche“ kaum noch zu erkennen. Wer solche Fragen stellt vergisst leicht, dass diese Trennung von „Kirche“ und „Welt“ wohl nicht unbedingt biblisch zu nennen ist.

Kirche soll dort sein, wo Menschen leben, arbeiten und feiern. Und dafür ist das Kirchweihfest ein sehr gutes Beispiel. Ursprünglich sollte eine Kirchweih an den Heiligen und Namenspatron der Kirche erinnern. Der Thomastag ist am 21.12. und da lässt sich es eben schlecht feiern. Wann soll dann ein guter Termin sein? In vielen Gemeinden spielt die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Struktur eine große Rolle. Das Hersbrucker Land war weltweit um 1900 das Zentrum des Hopfenanbaus. Die Ernte begann Ende August. Vorher wurde mit dem Kirchweihfest noch einmal kräftig gefeiert. Deshalb ballen sich vorher die einzelnen Kirchweihen.

Hopfen gibt es auch in Altensittenbach keinen mehr, aber der Termin für das Kirchweihfest ist geblieben: der dritte Sonntag im August. Und das, obwohl zu dieser Zeit viele im Urlaub sind. Die „eingefleischten“ Kirchweihfans bleiben natürlich zu Hause. Bis vor wenigen Jahren wurde direkt an der Hauptstraße der mächtige Kirchweihbaum aufgestellt. Das war nicht immer ungefährlich, weil der Straßenverkehr unmittelbar betroffen war. Ich habe oft mit unserem Sohn Simon das Aufstellen des Baumes zugeschaut und bewundert, wie er hochgezogen worden ist.

Dass der Kirchweihgottesdienst eben doch eine Rolle spielt, habe ich im Zusammenhang mit der Gründung des Kirchweihvereins erfahren. Im Gespräch wurde der Vorschlag gemacht, den Festgottesdienst im Freien auf dem Gelände vor der Thomaskirche zu feiern. Das wird sehr gut angenommen. Und in diesem Jahr hatte ich im April mitten in der Coronapandemie ein Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden. Das Motto lautete: „Der Gottesdienst findet auf alle Fälle statt, egal ob und wie wir sonst feiern können. Neuhochdeutsch würde man sagen: „Kirchweifest unplugged“. Und das ist vielleicht gar nicht einmal so schlecht, ein Jahr lang ruhig und konzentriert dieses Fest einmal so zu feiern und zu überlegen, warum es überhaupt stattfindet. Und zum Thema „Kirchweihverein“ kann ich noch mehr sagen. Aber dazu dann mehr im kommenden Jahr 2021. „Wie lieb mir sind mir deine Wohnungen, HERR Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN, mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Wohl denen, die in deinem Haus wohnen; die loben dich immerdar“ (Psalm 84).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 153 vom 15.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Mit Jesus frühstücken

Herr Metzger, ich kann mir schon denken, über was sie morgen schreiben werden“. Diese Aussage eines Gemeindemitgliedes hat mich überrascht und gefreut. Sie zeigt mir, dass meine „Täglichen Gedanken in einer schwierigen Zeit“ immer noch gelesen werden. Der Satz ist noch nicht allzu lange her. Es war am 12.07. Das Gemeindemitglied hatte die Nr. 119 von Christl Schäfer-Geiger gelesen und wollte mich ein wenig auf die Probe stellen. „Und, worüber schreibe ich morgen?“ – war deshalb meine Antwort. „Vermutlich über Mose, der 120 Jahre alt wurde“. Tatsächlich – das war ein Volltreffer. Dieses Update haben grundsätzlich viele gelesen, weil es auch im Landwirtschaftlichen Wochenblatt stand.

Aber worüber schreibe ich am 15.08.? Ein paar Worte über „Maria“, schließlich feiern heute katholische Christen das „Fest Maria Himmelfahrt“? Aber das habe ich schon gestern geschrieben. Denn heute sollte beim Update 153 die Zahl 153 im Mittelpunkt sein. Preisfrage: Wo kommt diese in der Bibel vor? Vermutlich wissen es nur die Bibelkenner. Die Zahl steht im Johannesevangelium im 21. Kapitel Vers 11. „Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertunddreiundfünfzig“. Jesus kommt als der Auferstandene zu seinen Jüngern und was macht er? Er frühstückt mit ihnen!! Welch ein großartiges Bild wird da gezeichnet! Während sich bis heute die Theologen und andere Wissenschaftler die „Köpfe einhauen“, wie ich mir das mit dem Auferstandenen vorstellen soll, kommt Jesus und isst mit seinen Jüngern.

In dieser Geschichte steckt so viel. Etwa die Frage nach dem sog. Lieblingsjünger! Warum haben die Jünger ihn nicht erkannt? Warum müssen sie erst die Fische fangen? Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede ergeben sich im Vergleich zur Geschichte der Berufung von Petrus zum „Menschenfischer“? Was hat diese Geschichte mit der Frage nach dem Abendmahl zu tun, die beim Evangelisten Johannes nicht erzählt wird? Warum erkennen die Jünger ihren Herrn auch dann nicht, als sie schon essen? Menschen können sich das schon sehr schwer machen, wenn sie Jesus verstehen wollen.

Und Jesus selbst? „Lasst uns frühstücken! Lasst uns essen! Ihr müsst nicht alles verstehen!!“ So interpretiere ich die Szene. Für mich heißt das: Ich muss nicht alles bis ins Letzte verstehen. Ich muss auch die Feier des Hl. Abendmahles nicht bis ins letzte Detail durchdringen. Ich kann Fragen haben, wie ich mir das mit der Auferstehung von Jesus vorstellen kann. Es ist ganz einfach: Ich setze mich zu Jesus an den Tisch und esse. Das genügt. Es ist Zeichen seiner Gegenwart. Mehr braucht es nicht. Und genau dafür steht die Zahl 153.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 152 vom 14.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Meine Oma Maria war eine mutige Frau

Morgen am 15.08. ist also dieser für evangelische Christen etwas komische Feiertag: „Maria Himmelfahrt“. Immerhin ist dieser Tag im Saarland und in Bayern gesetzlicher Feiertag in Kommunen, in denen mehr katholische Mitglieder als evangelische Mitglieder wohnen. Deshalb wird es bei jeder Volkszählung spannend, ob es Kommunen gibt, bei denen sich das Verhältnis seit der letzten Zählung verändert hat. Hoffentlich kommt es bei knappen Ergebnissen nicht zu einer Situation wie in Gräfendorf in der Rhön im 16. Jahrhundert. Wenn eine Frau dort schwanger war und langsam der Geburtstermin nahte, dann wurde der „Wunschpfarrer‘“ vorher gerufen. Er postierte sich notfalls auch mehrere Tage vor dem Haus um das Geborene sofort nach der Geburt entsprechend zu taufen. Ob jemand katholisch oder evangelisch war, entschied sich also nach der Schnelligkeit des jeweiligen Pfarrers. Da soll noch jemand sagen, dass früher alles besser war!!!!!

Mit dem Vorname Maria hat es in Bayern noch eine besondere Bewandtnis. Es ist der einzige weibliche Vorname, der als Zweitname auch bei Jungs gegeben werden kann wie z.B. beim Modedesigner Guido Maria Kretschmer oder beim Schauspieler Günther Maria Halmer oder auch beim Dichter Rainer Maria Rilke. Immerhin ist Maria nicht nur die Mutter von Jesus, sondern auch die Schutzheilige von Bayern (Patrona Bavariae).

Ich habe persönlich noch eine andere Frau mit diesem Namen im Blick. Es ist meine Oma Maria aus Endsee. 1931 hat sie den Nachbarsohn geheiratet und insgesamt vier Kinder geboren. Sie war eine für die damalige Zeit typische Bauersfrau, die für Familie, Haushalt, Kindererziehung und Hof da war. In meiner Erinnerung war sie als Ergebnis ihrer harten Arbeit gekrümmt, zuletzt fast um 90 Grad. Sie hat aber nie geklagt. 1994 ist sie mit über 80 Jahren gestorben. Sie war eine Frau wie es viele in dieser Generation gab. Das Leben dieser Frauen kurz zusammengefasst heißt: Kurz nach der Jahrhundertwende geboren – den ersten Weltkrieg als Kind oder Jugendliche erlebt – kurz vor dem zweiten Weltkrieg geheiratet und während des Krieges die Kinder erzogen. Dann die Angst um den Mann. Viele haben ihren Mann verloren, manche erst im Volkssturm. Wenn heute jemand von Unfreiheit und von den schlimmen Einschränkungen durch Corona spricht, dem empfehle ich unbedingt ein Gespräch mit Menschen der Kriegsgeneration. Da gab es ungleich mehr Einschränkungen und Ängste!!

Erst vor wenigen Jahren hat mir mein Vater erzählt, dass seine Mutter ganz offen eine Hitlergegnerin war. „Wie könnt Ihr nur dem Hitler so viel glauben?“ So würde ich die Worte meines Vaters über seine Mutter zusammenfassen. Offenbar war das so offensichtlich, dass der Ortsgruppenleiter der NSDAP des Dorfes mit meinem Opa ein „ernstes“ Wort reden musste und meinte, er soll auf seine Frau mehr „aufpassen, was sie sagt“. Immerhin: Zu einer ernsthaften Gefahr für sie selbst wurde ihre Haltung nicht. Und darüber waren dann alle froh. Am Ende ihres Lebens musste sie noch mit einem Tumor kämpfen. Aber der Arzt hat gleich gesagt: „In solch einem Alter wächst der ganz langsam. Da können sie noch lange gut mit leben“. Und so war es dann auch. Sie starb wie ihr Mann, als „sie alt und lebenssatt“ war (siehe mein Update 120 vom 13.07.2020).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 151 vom 13.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Baut Brücken und nicht Mauern

Kennst Du das Lieblingslied von Menschen, die in einem Gefängnis sitzen“? Ein ehemaliger Gefängnispfarrer hat mich mit dieser Frage wirklich überrascht. Ich denke nach, ich denke hin und her. Er gibt mir noch einen Tipp: „Ich habe es immer wieder in einem Gottesdienst im Gefängnis singen lassen, weil die Insassen es oft singen wollten“. Ich komme immer noch nicht drauf. „Gerhard, es ist ein Lied aus Deiner Jugendzeit und steht in „Sein Ruhm – unsere Freude. Fällst es Dir jetzt ein?“ Ich schaffe es nicht. Seine Antwort hat mich wirklich verblüfft. „Mit meinen Gott kann ich Wälle zerschlagen, mit meinem Gott über Mauern springen“. Da hätte ich wirklich drauf kommen können. Wie oft habe ich dieses Lied im Kreis der anderen am Samstag abend im CVJM Leuzenbronn gesungen.

Aber nicht nur Gefängnisinsassen wünschen sich, dass Mauern abgebaut werden. Es gibt die vielen unsichtbaren Mauern zwischen Menschen, die einem das Leben so schwer machen können. „Baut Brücken und nicht Mauern“. Wer mein Update 140 vom 02.08. gelesen hat, weiß, wie schwer das ist. Immerhin war das eine der ersten bekannten sog. „Fakes“ der Geschichte, als Walter Ulbricht am 13.08.1961 und damit genau heute vor 59 Jahren begann der Mauerbau. Die DDR-Regierung hatte ihr eigenes Volk eingesperrt. Es starben bei Fluchtversuchen an der Berliner Mauer 238 Menschen und an der innerdeutschen Grenze 441.

Wenn ich im Religionsunterricht auf das Thema „unsichtbare Mauern“ komme, dann spreche ich auch diese sichtbare Mauer an. Meistens schauen mich die Schüler/-innen ungläubig an. Dann rede ich mit ihnen darüber, erzähle Geschichten davon und dass Deutschland einmal durch eine Mauer geteilt war. „Stimmt das wirklich, was Sie uns da erzählen?“ Diese Frage ist für mich ganz komisch und ich bin fast ein wenig traurig darüber. Vermutlich sind wir die Generation, die davon erzählen muss so wie die Kriegsgeneration vom Holocaust.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei den Diskussionen um das Coronavirus auch solche unsichtbare Mauern da sind. Sie verläuft zwischen denen, die Angst haben und um Vorsicht mahnen und denen, die eher leichtfertig sind und das Geschehen für eine Art „leichte“ Grippe halten. Vielleicht ist es so wie mit der innerdeutschen Mauer. Wer Coronakranke kennt, ist vorsichtig. Wer keinen Kranken kennt, geht eher leichtfertig und etwas ratlos damit um. Hoffentlich gibt es auch hier Brücken, die beide Seiten zueinander bringen.

Im Internet habe ich ein neues Lied der Christusgemeinde Bielefeld zu Psalm 18 gefunden.

Dort heißt es: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen, mit meinem Gott kann ich alles überwinden…Denn meinem Gott ist kein Ding unmöglich. Er ist stark, in meiner Schwachheit. Seine Gnade ist alles, was ich brauch. Er ist mein mächtiger Retter. Ihm allein gehöre ich