Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 440 vom 29.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

All Morgen ist ganz frisch und neu

All Morgen ist ganz frisch und neu, des Herren Gnad und große Treu; sie hat kein End den langen Tag, drauf jeder sich verlassen mag. O Gott, du schöner Morgenstern, gib uns, was wir von dir begehrn. Zünd deine Lichter in uns an, lass uns an Gnade kein Mangel han“.

Dieses Morgenlied unter der Nr. 440 (deshalb beim heutigen Update) im Evangelischen Gesangbuch weckt in mir das, was ich am Morgen oft verspüre: Morgenlust, Freude auf den vor mir liegenden Tag. Ich denke an Dietrich Bonhoeffer, der davon gesprochen hat, dass die Nacht die Tageszeit der Dämonen ist und der Morgen die Tageszeit der Engel.

„Morgenstund hat Gold im Mund“. Dieser pädagogische Lehrsatz wurde sicherlich nicht nur mir oft genug schon als Kind gesagt. Ich habe lange gebraucht, um auch die Menschen verstehen zu können, die sich am Morgen schwer tun. Das sind die „Nachteulen“. Sie leben am Abend auf und kommen am Morgen kaum aus den Federn. Mittlerweile habe ich auch Menschen kennengelernt, die leicht in Depression fallen und dann erst recht kaum vor Mittag aus dem Bett kommen.

Ich schaue auf den Liedtexter und lese Johannes Zwick um 1541. Das weckt mein Interesse. Denn damit hat er noch Martin Luther gekannt, der fünf Jahre später gestorben ist. Zu dieser Zeit wüstete die Pest. Johannes Zwick lebte als Jurist in Konstanz und predigte dort. Er gilt als „Reformator in Konstanz“. Als Seelsorger erlebte er das Elend dieser Epidemie am eigenen Leib. 1540 wäre er fast daran gestorben. Er überlebte diese und noch andere Perstwellen. Im nahegelegenen Bischofszell vertrat er einen Kollegen und setzte sich dort selbstlos für die Todkranken ein. Nach sechs Wochen erlag er der Pest am 23.10.1542 und hinterließ als Vermächtnis viele Glaubens- und Trostlieder.

Dieses Lied „All Morgen ist ganz frisch und neu“ ist offenbar nach dem bekanntesten Vers aus den Klageliedern des Jeremias gedichtet worden. „Die Güte des HERRN ist es, dass wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat doch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu und deine treue ist groß“ (Klagelieder 3, 23). Wer hätte das gedacht, dass dieses erfrischende Lied aus einer Epidemie- und Todeserfahrung kommt. Durchaus auch ein Weg für uns heute. Nicht nur auf diese Coronaepidemie zu schauen, sondern auf den, der mein Leben erhält und der meine Zeit kennt.

Treib aus, o Licht, all Finsternis, behüt uns, Herr, vor Ärgernis, vor Blindheit und vor aller Schand und reich uns Tag und Nacht dein Hand. Zu wandeln als am lichten Tag, damit, was immer sich zutrag, wir stehn im Glauben bis ans Ende und bleiben von dir ungetrennt“.

Meine Schwägerin Silvia Dörr spielt das Lied auf dem Klavier.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 439 vom 28.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Abschied naht!

Ich bin jetzt 63 Jahre alt. Unter normalen Umständen bin ich noch knapp drei Jahre Pfarrer hier in Altensittenbach. So langsam gehen die Gedanken auch an den Ruhestand. Vor allem kreisen sie auch darum, wo und wie werden meine Frau und ich diesen erleben. Bis jetzt sieht es so aus, dass wir irgendwo in Hersbruck eine Mietwohnung nehmen werden. Ich darf gar nicht dran denken, wohin wir all unsere vielen Möbel und Kleingram hinbringen bzw. wegwerfen müssen. Da hat sich im Lauf der Jahre sehr viel angesammelt. Von einem großen Haus in eine kleine Mietswohnung: Da müssen wir uns von vielen trennen.

Das gilt auch für bestimmte Beziehungen und/oder Verhaltensweisen. Manches mag dann gut sein. Ich stehe nicht mehr so viel als „Pfarrer“ im Mittelpunkt, sondern vielleicht mehr als „normaler“ Mensch. Vor zwei Wochen ist das alles bei mir besonders „aufgeploppt“. In der bayrischen Landeskirche müssen demnächst 10 % der Pfarrstellen eingespart werden. Es gibt zu wenig theologischen Nachwuchs. Auch Altensittenbach wird das irgendwie treffen. Jeder Kirchenvorstand füllt einen sog. Erkundungsbogen aus und gibt ihn weiter. Der Kirchenvorstand aus Altensittenbach hatte eine Sitzung mit diesem einen Thema. Im Laufe des Abends (der virtuell stattfand), fiel sehr häufig der Satz: „Pfarrstellenwechsel. Wie geht es dann weiter?“.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht in der Häufigkeit und so konzentriert Gemeindemitglieder über meinen Abschied diskutieren hören. Ich musste immer auch ein wenig „durchschnaufen“ und merke: Der Abschied rückt näher und damit auch liebgewordene Beziehungen und Gewohnheiten. Was selbstverständlich war, wird dann nicht mehr sein. Den Gedanken: „Was kommt danach?“ kann ich nicht mehr zurückdrängen. Er steht mir allein durch die Diskussion zum neuen Landesstellenplan stetig vor Augen. Jetzt heißt es umso mehr, was im Buch des Propheten Jesaja im 58. Kapitel steht und sich auf das Fasten bezieht: „Lass los“. Ich hoffe nur, dass dann auch das andere gilt: „Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt“ (Jes 58, 11).

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 438 vom 27.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Mensch, ärgere dich nicht

So schlimm diese ganze Coronakrise auch ist, sie schenkt mir immer wieder neue Erfahrungen. Sogar in der Gemeindearbeit haben wir Methoden über Videokonferenzen entwickelt, die auch bei präsentischen Veranstaltungen in Zukunft geplant werden können.

Auch bei persönlichen Begegnungen erlebe ich Überraschungen. Bei einem Geburtstagsbesuch komme ich zu einem Ehepaar. Vor mir liegt auf dem Tisch das Spielfeld von „Mensch, ärgere dich nicht“. Sofort kommen in mir Kindheitserinnerungen hoch. Weit über mehrere hundert Mal habe ich dieses Spiel von Kind an bis ins Erwachsenenalter gespielt. Irgendwann habe ich auch die Variante „Pachisi“ kennengelernt. Der pädagogische Effekt ist nicht zu verleugnen. So lernen auch schon Kinder, dass es im Leben nicht nur Erfolgsmeldungen geben wird. Spannend finde ich auch die unterschiedlichen Regeln. Bei uns war es so, dass mein eigener Stein wieder ins Haus musste, wenn er das Schlagen vergessen hatte. Wenn noch alle Steine im Haus sind, durften wir dreimal würfeln um eine Sechs zu erreichen. „Ich sehe, Sie spielen gerne „Mensch ärgere dich nicht“. Das habe ich zum Ehepaar gesagt und mich spontan für eine Spielrunde angeboten. Gesagt – getan. Das Ehepaar wird das vermutlich nicht vergessen, dass der Pfarrer mit ihnen beim Geburtstagsbesuch gespielt hat (und ich auch nicht).

Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht. Bei diesem Spiel gibt es eine Situation, die wirklich ärgerlich ist: Wenn der eigene Stein direkt vor dem Ziel noch geschmissen wird. Vor allem auch dann, wenn es der letzte Stein ist. Das alles ist für mich durchaus ein gutes Beispiel für die gegenwärtige Situation. Wie oft habe ich positive Meldungen gehört. Ich hatte schon eine große Hoffnung in mir. Und dann ging es doch wieder fast von vorne an. Ich schreibe diese Zeilen am 13.03.2021. Gerade habe ich gehört, dass Italien bis Ostern in den dritten Lockdown geht. Noch vor vier Wochen haben dort die Politiker „groß getönt“, dass sie die Pandemie im Griff haben und mit den drei Farben-Ampel jetzt geöffnet haben. Das ist schon wieder Schnee von gestern. Es sind jetzt doch nicht „alle Steine“ im Ziel. Es muss wieder neu gedacht und gehandelt werden. Und plötzlich steht unser geplanter Jahresurlaub ab Pfingsten wieder mal in den Sternen. Da kann ich nur eines sagen: Mensch, ärgere dich nicht“. (Und heute, am 27.05.2021 sind wir doch wieder in Italien am Cavediner See, 15 km nördlich vom Gardasee).

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 437 vom 26.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Ratzefummel und schon ist alles weg

Die Älteren unter den Leser/-innen kennen das vermutlich noch aus eigener Erfahrung. Mit der Schultasche auf den Rücken zur Schule zu gehen und einen besonderen Schatz zu tragen: die Schiefertafel. Bei mir war das noch in der ersten Klasse so im Schuljahr 1964/1965. Diese Schiefertafel war einseitig zu beschreiben. In der Schule konnte der Lehrer sehr gut nachprüfen, was darauf geschrieben worden ist. Schwierig wurde es dann bei den Hausaufgaben. Wer einen Moment nicht aufgepasst hat, der hat das Geschriebene aus Versehen verwischt. Manchmal kam auch der kleine Bruder oder die kleine Schwester und hat diese „Waffe“ gezogen: Schnell drüber zu wischen uns so den anderen zu ärgern. Konflikte waren da also vorprogrammiert. Ab 1966 wurden in unserer Grundschule im Dorf Plastiktafeln verwendet. Die waren billiger, aber der Vorgang und der Ärger blieben.

Ab der zweiten Klasse wurde es spannend. Wer es zu einer gewissen Leistung gebracht hatte, der durfte in das Heft schreiben. Ich war mächtig stolz, als mir dieser „Aufstieg“ gelang. Am Anfang geschah das mit dem Bleistift. Das hat einen besonders großen Vorteil. Bruder oder Schwester konnten nicht mit einem Handstrich das Geschriebene so einfach wie bei der Schiefertafel wegwischen. Der zweite große Vorteil gilt bis heute: Wenn etwas falsch war, dann konnte ich den „Ratzefummel“ (Radiergummi) nehmen und den falschen Buchstaben oder das verkehrt geschriebenen Wort wegradieren. Und wie durch Zauberhand war das Falsche, das Unliebsame, das Gefährlich etc. wegradiert. Irgendwann einmal später habe ich gelernt, wie das funktioniert und dass das mit dem Kautschuk zusammenhängt. Die nächste Qualitätsstufe ist dann das Schreiben mit dem Füller gewesen. Ich selbst habe das nicht als „Leistungssprung“ erlebt, weil es zu meiner Schulzeit noch keinen „Tintenkiller“ gab, das Falsche einfach durchgestrichen werden musste und oft ein etwas chaotisches Schriftbild hinterließ. Lange Zeit habe ich beim Lösen von „Kreuzworträtseln“ einen Bleistift genommen, um damit Verbesserungen vorzunehmen. Dann habe ich irgendwo gelesen, dass nur Feiglinge bei dieser Tätigkeit einen Bleistift nehmen und Selbstbewusste immer einen Füller oder einen Kugelschreiber. Ein Feigling wollte ich nicht sein und deshalb nehme ich heutzutage bei Kreuzworträtseln nur den Kugelschreiber. Manchmal sieht es danach aber oft chaotisch aus.

Der Ratzefummel wird 200 Jahre alt“ – so stand es vor ein paar Monaten in unserer Zeitung. Und dann wird berichtet, wie wunderhaft das damals bestaunt wurde, dass mit „Radieren“ das Falsche weg war und Verbesserungen vorgenommen werden konnten. Ich habe damals sofort an den Coronavirus gedacht. Das wäre auch mein Wunsch. Irgendjemand erfindet ein Werkzeug und „schnell darüber gehuscht“ wäre dieser Virus weg. Wer weiß, vielleicht gelingt ja solch oder eine ähnliche Erfindung in den nächsten Wochen oder Monaten.

Einen zweiten Gedanken hatte ich damals auch noch: Bei Gott ist es so mit meiner Schuld und mit meinen Gewissensbissen. Ich kann zu ihm kommen und das Kreuz von Jesus wirkt wie ein Radiergummi. Er vergibt mir durch den Tod von Jesus meine Sünde und Schuld. Es ist nichts mehr da, was mich noch belasten könnte. In manchen Gesprächen mit Menschen denke ich mir: „Du bräuchtest jetzt Jesus und seine Vergebung“. Dann könntest du das ans Kreuz heften. Damit sind nicht alle Lebensprobleme gelöst. Aber ich weiß, dass dieser Jesus am Kreuz meine Schuld vergibt.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 436 vom 25.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Klare Perspektive – voller Erfolg!

Wieder einmal kann ich das mir selbst gegebene Versprechen in der Coronakrise nicht einhalten. Beim Update 393 vom 12.04.2021 bin darauf eingegangen, dass Juri Gagarin genau 60 Jahre vorher als erster Mensch im Weltraum war. Einmal hat er die Erde umrundet und ist sicher auf der Erde gelandet. Die Regierung in Moskau hat gejubelt, die Regierung in Washington war tief traurig. Den Wettlauf im Kalten Krieg schien die UDSSR zu gewinnen.

Aber der Präsident der USA, John F. Kennedy hat sich nicht unterkriegen lassen und hat heute vor genau 60 Jahren, am 25.05.1961 das ehrgeizige Ziel verkündigt, dass Amerika noch in diesem Jahrzehnt eine bemannte Crew zum Mond schicken wird. Vor sechs Wochen war ich der Meinung, dieses Jubiläum nicht mehr in einem Update würdigen zu müssen. Tatsächlich sind aber meine Artikel noch nicht (ganz) zu Ende, auch wenn ich das Ziel genau vor mir sehe.

Was mich an den Worten von Kennedy fasziniert ist, dass er ein klares Ziel mit einer klaren Perspektive genannt hat. Damit gingen alle Anstrengungen in dieselbe Richtung. Das hat einen enormen Innovationsschub ausgelöst nach dem Motto: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Mir wird deutlich, welche Kräfte bei solch einer klaren Ansage ausgelöst werden. Am 20.07.1969 haben sich die Worte des Präsidenten erfüllt. Er war da schon längst nicht mehr am Leben. Er hat selbst nicht mehr erlebt, was er durch Worte vorbereitet hat. Die Impfstoffe gegen das Coronavirus sind in einem einzigartigen Tempo entstanden. Teils wurde zusammengearbeitet, teils war es eine Konkurrenzkampf. Ich hoffe, dass diese enorme Kraftanstrengung für die Menschen auf der Welt zum Guten führt und nicht Spätfolgen dieses Tempos zu merken sein werden.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 435 vom 24.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Brunnen

Endlich ist es wieder soweit. Der Brunnen in Oberkrumbach wurde erneuert. Er war im letzten Jahr so beschädigt worden, dass er kaum noch erkennbar war. Bei einem Gottesdienst ist mir aufgefallen, dass er wieder sehr schön saniert worden ist.

In Oberkrumbach markiert dieses „Bauwerk“ den Mittelpunkt des Dorfes. Am Ende des letzten Jahres habe ich das besonders erfahren und auch darüber geschrieben. Denn dort trafen sich die Menschen zu den Gottesdiensten am 3. Advent (Familiengottesdienst), am Hl. Abend und zum Jahresschlussgottesdienst. Die Verantwortlichen überlegen zurzeit, ob das nicht auch Tradition werden könnte. Ich bin gespannt, zu welchem Ergebnis die Einwohner und der Kirchenvorstand gelangen. Aber vielleicht finden in Zukunft an diesem Ort öfters mal Gottesdienste statt. Vor genau 10 Jahren zum 1000-jährigen Fest des Dorfes saßen etwa 250 Menschen auf Bänken um den Brunnen, um mit dem damaligen Regionalbischof Stefan Ark Nitsche dieses Fest gebührend mit Gott zu feiern.

In der Bibel spielt der „Brunnen“ eine sehr große Rolle. Es sprengt den Rahmen, einzelne Bibelstellen aufzuzählen. Soviel hier an dieser Stelle, denn immerhin war der zerstörte Brunnen in der Dorfmitte durchaus auch eine Krisensituation für die Oberkrumbächer mitten in der Coronakrise. Brunnen ist natürlich ein Ort für „Wasser, Quelle, lebendiges Leben“. Es ist auch ein Ort, an dem Gott in besonderer Art und Weise Menschen in Krisensituationen anspricht.

Ich denke an Hagar. Sie wurde von Sarah in die Wüste verstoßen, als diese selbst ein Kind bekam. Aber Gott hat sich ihr angenommen und seine Nähe verheißen. „Und sie nannte den Namen des HERRN, der mit ihr redete: Du bist ein Gott, der mich sieht. Denn sie sprach: Gewiss hat ich hier hinter dem hergesehen; der mich angesehen hat. Darum nannte man den Brunnen „Brunnen des Lebendigen, der mich sieht“ (1. Mose 16, 13 – 14). An einem Brunnen sieht der Knecht von Abraham zum ersten Mal Rebekka und wählt sie aus als Frau für Isaak (1. Mose 24). So ist der Brunnen auch ein Ort der Liebe. In diesem Kapitel wird auch dieses Bild erwähnt, dass Feinde einen Brunnen zuschütten wollen.

„Kein Wasser haben“ bedeutete kraftlos und hilflos zu sein. „Da zog Isaak von dannen und schlug seine Zelte auf im Grunde von Gerar und wohnte da und ließ die Wasserbrunnen wieder aufgraben, die sie zur Zeit Abrahams, seines Vaters, gegraben hatten und die die Philister verstopft hatten nach Abrahams Tod…“ (1. Mose 26, 17 – 18). So ist „Brunnen“ auch ein Synonym dafür, nicht gleich aufzugeben, wenn geistliche Prozesse immer wieder angegriffen werden.

Dafür brauche ich dann aber auch das Wissen, dass bestimmte geistliche Wege auch von Gott sind. Vielleicht am Bekanntestes ist auch die Geschichte aus Johannes 4. Jesus trifft die Samariterin am Jakobsbrunnen in Sychar. Im Gespräch mit der Frau wird deutlich, dass beide zuerst von einem verschiedenen „Wasser“ reden. Jesus meint lebendiges Wasser, die Frau meint reales Wasser zum Trinken. Schließlich weist Jesus die Frau darauf hin, dass die Kraft des Hl. Geistes mit „lebendigen Wasser“ identifiziert werden kann. Dieses 4. Kapitel aus dem Johannesevangelium gibt deshalb grundlegende Aussagen wieder, wie Jesus bei einem Menschen wirken kann und durch die Kraft des Hl. Geistes handelt. Und praktisch jedes Mal, wenn ich an dem Dorfbrunnen in Oberkrumbach vorbeifahre oder vorbeilaufe, habe ich die Worte Jesus aus dem Johannesevangelium im Kopf: „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Johannes 4, 24).

Der Brunnen in der Dorfmitte von Oberkrumbach.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 434 vom 23.05.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, diesmal von Prädikant Alexander Krause:

An einem Montagmorgen Anfang Januar kam ich schon früh ins Büro. Ich war da schon irgendwie geladen. Ich kann nicht mehr genau sagen, warum, aber Sie können sich sicher vorstellen, dass die letzten Monate nicht immer so einfach waren.
Zwei Kolleginnen haben mich dann am Gang begrüßt und sich gewundert, warum ich so früh da war.

Das hat dann das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich hatte mich angegriffen gefühlt, fühlte mich in der Not, mich zu rechtfertigen. Was fällt denen eigentlich ein? Ich hab’ schließlich Gleitzeit, kann ich doch selbst entscheiden, wann ich zu arbeiten anfange, und außerdem bin ich der Fachbereichsleiter, was mischen die sich eigentlich ein! WAS GEHT DIE DAS AN?

Und so rauschte ich an den beiden vorbei, stapfte in mein Arbeitszimmer und fing an, zu arbeiten – immernoch sauer.

Nach einiger Zeit – mir lassen solche Situationen dann meistens keine Ruhe mehr – habe ich das Gespräch mit der einen Kollegin gesucht.

Gott sei Dank! Denn, wie sich herausstellte, war das alles ein Missvertständnis. Die beiden hatten mich eigentlich nur fragen, nicht angreifen, nicht kritisieren und sich schon gar nicht einmischen wollen.

Doch bei mir hatte sich irgendwie der ganze Stress der letzten Monate entladen. Und ja, auch etwas Frustration war mit dabei.

Wenn zwei Menschen miteinander kommunizieren, dann ist es Glückssache, wenn sie einander verstehen. Denn jeder Mensch geht mit seiner eigenen Sprache in ein Gespräch.
So bringe ich meinen Charater, mein Temperament, meine Vorgeschichte, so wie ich Sprache als Kind gelernt habe, so wie ich die Sprache verwende, meine Erziehung, so wie ich gerade drauf bin, wer eben auch gerade vor mir steht, worum es geht und so weiter; all das bringe ich mit in das Gespräch.

Aber natürlich nicht nur ich! Sondern auch mein Gegenüber bringt all das mit. Im einen Fall klappt das gut, unser jeweiliges Gepäck ergänzt sich – bzw. behindert sich wenigstens nicht –, wir verstehen die Sprache des anderen und das Gespräch gelingt.

Im andern Fall passt es nicht zusammen. Man kann sich nicht riechen, das Gespräch ist zu Ende ist, bevor es angefangen hat. Wir verstehen einander nicht.

In solchen Begebenheiten zeigt sich die Zerworfenheit des menschlichen Lebens: Die Puzzlestücke im menschlichen Leben passen nicht immer zusammen.

Echte, aufrichtige und wahrhaftige Kommunikation wird schwierig,
wenn sie von Verletzungen,
Minderwertigkeitsgefühlen,
Ängsten
beeinträchtigt wird.

An Pfingsten denken wir daran, dass uns Jesus einen Tröster geschickt hat:

Der Geist von Gott weht wie der Wind
auf Flügeln voller Frieden;
Wie Atem, der uns Leben gibt,
hat er uns Ruh beschieden;
wie Luft, die im Sturme aufersteht,
dass alle Gewalt zu Ende geht,
und kühle Brise weht.

Der Geist von Gott wie Feuer brennt,
wie züngelnder Flammen Gebilde,
das Unrecht verzehrt und den Hass versengt,
wie Glut voll Treu und Milde:
ein Hoffnungsfunke in der Nacht,
ein tröstlich Licht, das über uns wacht,
das Liebe uns gebracht.

Verborgen wirket Gottes Geist
Mit sanften, zarten Händen,
wie Mutter uns die Wege weist,
wo Angst und Trauer enden:
sie gibt uns Mut hindurchzusehn
und aufeinander zuzugehn,
umhüllt uns mit Verstehn.

Susanne Kramer

Amen.


Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 433 vom 22.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit (Dieser Artikel erscheint heute in der HZ als „geistliches Wort“.

Eine Frau, die Mut macht

Ich schlage am 15. Mai, heute vor einer Woche die Nürnberger Nachrichten auf. Eine interessante Meldung war: „Eine Frau, die Mut macht“. Ein Artikel und ein Kommentar befassten sich mit der neuen Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich.

Mit gerade einmal 25 Jahren hat sie dieses Amt übernommen. Sie kam ursprünglich aus Thüringen und hatte keinerlei religiöse Erfahrungen im Elternhaus gemacht. Sie erzählt, wie sie durch die Grundschule und mit positiven Erfahrungen in der Kirchengemeinde zum Glauben an Jesus gefunden hat. Der Kommentator, Hans Böller, meint: „Es war deshalb mutig, die 25 Jahre alte Anna-Nicole Heinrich zur Präses zu wählen, eine junge Frau aus einer kirchenfernen Arbeiterfamilie, die den Weg in die Kirche über die Heilsbotschaft fand und jenseits aller strukturellen Debatten den Halt betont, den eine Gemeinschaft der Gläubigen geben kann – vielleicht gerade in einer rasant sich verändernden Welt, in der viele Menschen nach Halt, nach Orientierung suchen. Wenn ihr wollt: Die Kirche ist da für euch, für euch alle, ihr könnt dort finden, was ihr nirgendwo sonst findet…Menschen wie sie findet, wer sich auf die Kirche einlässt, in vielen Gemeinden, an der Basis, im gelebten Glauben…Es gibt gute Gründe, die Kirche zu verlassen. Aber es gibt auch gute Gründe, sie zu mögen“.

Auf derselben Seite findet sich ein Kommentar von Michael Husarek über den Antisemitismus in Deutschland. Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist er wieder stark aufgeflammt.

Rechts oben auf derselben Seite 2 findet sich eine wirklich witzige Karikatur von Thomas Plaßmann. Eine Mutter sagt zu ihrem Sohn: „Bald ist Pfingsten! Weißt du, was da gefeiert wird?“ Die Antwort des Sprösslings lautet. „Dass die Außengastronomie wieder öffnet?“.

Ich denke, alle drei Meldungen und Meinungen hängen mit der Frage dieser Woche zusammen: Was bedeutet Pfingsten im Leben der Menschen? Welche Bedeutung hat dieses Fest in unserer Gesellschaft? Es bedeutet, dass das Wirken Gottes diese Welt und meine Person verändert. Die neue Präses wurde von Gott zum Glauben geführt ohne „frommes“ Elternhaus. Andere Menschen haben ihr gezeigt, was Jesus bedeutet. Christen sind geprägt davon, dass Jesus aus dem Volk der Juden stammt und wir ein christlich-jüdisches Erbe haben, das Christen nicht verleugnen sollen.

Pfingsten zeigt mir: Gott verändert durch seinen Heiligen Geist. Das war bei den Jüngern vor fast 2000 Jahren schon so. Sie haben die Angst verloren und haben begeistert von ihren Erfahrungen mit Jesus erzählt. Das war damals wie heute in einem Umfeld, das weniger auf Jesus als eher auf sich selbst geschaut hat. Im zweiten Brief an Timotheus fasst der Apostel das so zusammen: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1, 7). Es ist schön, dass die Nürnberger Nachrichten diese Tatsache auf der ihr eigenen journalistischen Art und Weise würdigen.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 432 vom 21.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Allmachtsphantasien der Menschheit

Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 04.02.2021. Auf der Seite 23 lese ich den erstaunlichen Bericht des Virologen Hendrik Streeck. Er denkt in großen historischen Zusammenhängen und sagt: „Manchmal kommt mir die Zeit vor wie die vierte Kränkung der Menschheit. Sigmund Freud hat das formuliert: Die ersten Kränkungen waren, dass der Mensch doch nicht im Mittelpunkt des Universums steht, dass wir irgendwie vom Affen abstammen und dass wir triebgesteuert sind“.

Und dann bringt er diese Sätze von Sigmund Freud in den Zusammenhang der Coronakrise. „Gerade kränkt uns, dass wir als technologisierte Gesellschaft nicht Herr über dieses kleine Virus werden. Die notwendigen Souveränität, damit umzugehen, hätten die Menschen bislang noch nicht erlernt“. Diese Sätze beeindrucken mich und ich denke: „Da war doch was in der Bibel, das ich damit vergleichen kann. Das kommt mir doch irgendwie in einem anderen Zusammenhang bekannt vor“. Ja, natürlich. Es ist die Geschichte vom sog. „Turmbau zu Babylon“. Im 11. Kapitel des ersten Mosebuches ist sie zu finden. Sie gehört wohl zu den bekanntesten Geschichten aus dem Alten Testament.

Sie wird oft zitiert, wenn es um die Sehnsucht des Menschen nah Allmacht geht. „Lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen…“ (V. 4b). Interessant ist die Motivation zu diesem monumentalen Bauwerk. Die Menschen wollen sich damit einen Namen machen. Sie wollen damit prahlen, was ihnen alles gelingen kann. Heute würden wir sagen: Sie wollen zeigen, was die wissenschaftliche Erkenntnisse alles erreichen kann. Dann wird vom HERRN berichtet wie er dieses Vorhaben kommentiert: „…nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe! (V. 6b – 7).“

Der Mensch hat Allmachtphantasien und diese Coronakrise zeigt, dass diese oft genug gegen Gott gerichtet sind. Ich sage oft zu dieser Geschichte: Die Menschen bauten sich einen Turm, nicht um zu Gott zu kommen, sondern um an Gott heranzukommen und sich über ihn setzen zu können. Das wird aber nicht gelingen. Und ich würde mich freuen, wenn viele Menschen und besonders Wissenschaftler das auch ohne solch einer Krise erkennen würden, dass Gott immer noch größer ist als jeder menschliche Verstand.

Kein Wunder, dass der Text aus dem 11. Kapitel des ersten Mosebuches im Rahmen des Pfingstfestes als Lesung bzw. als Predigttext zugeordnet ist. Denn bei den Überlegungen zur Kraft des Hl. Geistes geht es immer auch darum, dass ich als Mensch das Handeln Gottes erkenne und anerkenne.

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 431 vom 20.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Draußen vor der Tür

Wer kennt nicht dieses Schild: „Wir müssen draußen bleiben“. Meistens ist dieser Hinweis vor einem Geschäft zu sehen und ein Hund ist abgebildet. In der Zeit der Coronapandemie bin ich mir immer mal so vorgekommen: ich muss draußen bleiben. Vor allem im Bereich der Gastronomie und bei verschiedenen Geschäften des Einzelhandels war das der Fall. Ich selbst war mit meiner Frau vor dem 1. Advent 2021 zwei Wochen in Quarantäne. Dann hieß es für uns: „Wir müssen drinnen bleiben“. Das ist aber nur ein andere Ausdruck für denselben Sachverhalt: Menschen müssen draußen bleiben. Denn wer drinnen bleiben muss in Quarantäne, der ist von der Gesellschaft ausgeschlossen. Ich habe von Menschen gehört, die mehrmals in die Quarantäne geschickt wurden. Vor allem bei Schüler/-innen ist das passiert.

„Draußen bleiben zu müssen“. Das hat etwas Hartes an sich. Es bedeutet: Ich gehöre nicht mehr dazu. Ich darf mich nicht am Leben beteiligen. Ich bin isoliert. Ich bin einsam. Das Stück „Draußen vor der Tür“ ist wohl das bekannteste Werk von Wolfgang Borchert, der genau heute vor 100 Jahren, am 20.05.1921 in Hamburg geboren ist. Einen Tag vor der Uraufführung am 21.11.1947 ist er mit gerade einmal 26 Jahren gestorben. Er beschreibt in diesem Stück die Geschichte des Kriegsheimkehrers Beckmann, dem es nach dreijähriger Gefangenschaft nicht gelingt, sich wieder ins Zivilleben einzugliedern. Er bleibt von der Gesellschaft ausgeschlossen und erhält auf seine Fragen keine Antwort.

Ich befürchte, dass es ähnliche Geschichten auch nach der Coronapandemie geben kann und wird. Manche werden neu aufleben und aktiv werden. Andere aber haben solch einen psychischen Knacks erhalten, dass sie damit vielleicht ihr Leben lang leben müssen. Ich hoffe, sie werden lernen, damit umzugehen und mit vielen Gesprächen und Therapie in den Alltag zurückfinden.

Wolfgang Borchert war selbst Opfer des Krieges. Am 23.02.1942 kehrte er von einem Postengang mit einer Schussverletzung zurück. Der linke Mittelfinger musste amputiert werden. Seine Vorgesetzten äußerten den Verdacht der Selbstverstümmelung. Er selbst wurde mit Diphterie in ein Lazarett verlegt. Nach dem Krieg kam er gesundheitlich nicht mehr auf die Beine. Seine Leber war durch andauernde Ernährungsmängel stark geschädigt.

Ich ende mit dem wohl bekanntesten Gedicht dieses Schriftstellers:

Ich möchte Leuchtturm sein in Nacht und Wind – für Dorsch und Stint – für jedes Boot – und bin doch selbst ein Schiff in Not“.