Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Ein besonderes Lied in einer besonderen Situation
Heute ist der Tag nach dem Volkstrauertag. Wie immer hatte ich mehrere Diskussionen um diesen besonderen Tag. Den einen ist es ganz wichtig, diesen Tag als Gedenktag der Gefallenen und Getöteten in Erinnerung zu rufen. Andere stören sich daran, dass Soldaten in Uniform auftreten. In einer demokratischen Gesellschaft ist es ganz wichtig, beide Meinungen anzuhören und stehen zu lassen. Ich lege ganz viel Wert darauf, dass Menschen erkennen: Der andere versucht auf seine Art und Weise, Frieden in dieser Welt zu gewährleisten.
Es ist nicht das erste Mal, dass ich diese verschiedene Meinungen und Vorstellungen in einem Update thematisiert habe. Zu meinem Update 244 vom 14.11.2020 hat mich eine Zuschrift erreicht, die ich hier unbedingt wiedergeben will. Der Schreiber wollte anonym bleiben und deshalb seine Zeilen ohne Namen, aber sie sind äußerst bedenkenswert. Und ich habe ihm in einem telefonischen Rückruf mit folgenden Worten geantwortet: „Ob dieses Lied heute auch in solch einer Situation gesungen werden würde?“ (Zur Information: Die Fahrt von Konrad Adenauer war im September 1955).
Hier die Worte des Gemeindemitgliedes
„Sehr geehrter Herr Pfarrer,
beim Lesen des Textes zum Volkstrauertag am 14.11. kam bei mir wieder eine Erinnerung:
Im Jahr 1955 oder 1956 kamen durch Adenauers Gespräche in Russland die letzten Soldaten heim. Zu dieser Zeit war ich in der Handelsschule in Nürnberg, Nähe Bahnhof. Meine Freundin und ich nutzten die Mittagspause und waren oben auf der Galerie dabei als die Heimkehrer im Bahnhof empfangen wurden. Die Bahnhofshalle war voll Menschen und mittendrin ausgemerkelte Männer, teils weinten sie ununterbrochen, teils waren sie starr. Sie hatten noch nicht realisiert, dass sie „daheim“ sind. Es gab einige Begrüßungsworte und dann wurde „Nun danket alle Gott“ gesungen. Die damals noch fast leere Halle war erfüllt mit dem Dankeslied.
Dies ging in „Direktleitung“ hinauf zum Empfänger. Wenn mir diese Momente wieder in Erinnerung kommen, dann überkommt mich immer wieder Gänsehaut“.
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Worte des Friedens finden
Es war für mich schon als Kind eine ganz ungewöhnliche Atmosphäre an diesem „Vorletzten Sonntag im Kirchenjahr“. Bei uns in Habelsee-Mörlbach versammelte sich nach dem Gottesdienst eine beachtliche Zahl von Menschen am sog. Kriegerdenkmal, das direkt vor dem Kircheneingang gebaut wurde. Diese beachtliche Zuhörerschaft hatte vor allem zwei Gründe. Einmal sind damals eben auch mehr Leute in den Gottesdienst gegangen und damit auch zur Ansprache dageblieben. Zum anderen waren fast alle von den Wirren des zweiten Weltkrieges noch betroffen. Das galt auch für meine eigene Familie. Mein Opa ist mit 44 Jahren im März 1945 im Volkssturm in Frankfurt/Oder umgekommen.
So standen viele am Kriegerdenkmal und lauschten den Worten des Bürgermeisters. An die Worte in Mörlbach kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber alle zwei Jahre fand der Gottesdienst in meiner Heimatgemeinde Habelsee statt. Die Rede des damaligen Bürgermeisters hatte einen militärischen Ton. Er war selbst Soldat gewesen und hat eine „Heldengedenkrede“ gehalten. Er hat den Einsatz der Soldaten im zweiten Weltkrieg für das angeblich freiheitliche Hitlerdeutschland gelobt. Es fiel kein Wort davon, dass immerhin dieses Heimatland Hitler aufkommen hat lassen und der Auslöser des Krieges der Überfall auf Polen am 1. September 1939 war. Es gab kein Wort der Demut oder der Entschuldigung. Es gab auch kein Wort für Versöhnung und Frieden. Er sprach davon, dass auch in Zukunft dieses Deutschland geschützt werden müsse von ausländischen Mächten usw.
So richtig habe ich das als Kind nicht begriffen. Vielleicht war das auch an anderen Orten so. Und das ist vermutlich der Grund, warum Menschen bis heute so ein komisches Gefühl in der „Bauchgegend“ haben, wenn sie an diesen Tag denken. In Altensittenbach kommt hinzu, dass die Erinnerung und die Ansprache nicht direkt an der Kirche gehalten werden, sondern ein Weg von ca. 500 m gegangen werden muss. Manchen ist das auch zu weit. Leider!! Sie wären über die Worte unserer beiden Bürgermeister (sie sprechen im jährlichen Wechsel) positiv überrascht. Inhaltlich wird die Sehnsucht nach Frieden betont. Ich spüre aus den Worten der beiden heraus, wie sie darum ringen, diese Botschaft anzubringen, im Wissen, dass Weltfriede wohl niemals sein wird. Mein Zitat lautet dazu: „Einen Schurken gibt es immer irgendwo auf der Welt“. In mir ist die Hoffnung, dass alle Mühen zum Frieden wenigstens schon im eigenen Herzen beginnen. Und dazu ist der Volkstrauertag eine sehr gute Gelegenheit. Der Wochenspruch lautet: „Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“ (2. Korinther 5, 10a)
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Vom Heldengedenktag zum Volkstrauertag
Morgen wird in ganz Deutschland der sog. Volkstrauertag begangen. Im Kirchenjahr ist das der „Vorletzte Sonntag im Kirchenjahr“. Aber bei wem ist dieser Tag mit dem kirchlichen Namen in Erinnerung? Die meisten kennen ihn vermutlich mit dem „weltlichen“ Namen. Ich kenne viele Leute, die an diesem Tag nicht in die Kirche gehen. In der Regel gibt es in Nicht-Coronazeiten Abordnungen von Soldaten- und /oder Veteranenvereinen. Dann sehe ich noch Abordnungen von der Reservistenkamerdaschaft und von der Feuerwehr. In der Regel sind Fahnen an angebrachten Haken aufgereiht.
Persönlich finde ich es schade, dass Menschen aus diesen Gründen dann nicht zum Gottesdienst kommen. Aber ich habe auf der anderen Seite dafür auch Verständnis. Dieser Volkstrauertag hat eine schlimme Vergangenheit. 1922 fand die erste Gedenkstunde im damaligen Reichstag statt. Er sollte an die Kriegsopfer und Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen erinnern. Mit den großen Kirchen wurde vereinbart, diesen Gedenktag am Sonntag Reminiscere (zweiter Sonntag in der Passionszeit) abzuhalten. Aber schon in der Weimarer Republik (1918 – 1933) gab es republikfeindliche Reden, die diesen Gedenktag fragwürdig machten. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 legten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag als staatlichen Feiertag fest. Er bekam gleichzeitig eine andere Zielsetzung durch eine Namensänderung. Er wurde in „Heldengedenktag“ umbenannt und sein Charakter veränderte sich vollständig. Jetzt ging es nicht mehr um Totengedenken, sondern um Heldenverehrung. Selbst kriegsvorbereitende Schritte wurden um diesen Tag herum gelegt wie z.B. der Einmarsch deutscher Truppen in Österreich.
Kein Wunder, dass es schon unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg heftige Diskussionen um diesen Tag gab. Allmählich bildete sich aber das Thema „Gedenken an Kriegstote und Vermisste“ heraus. Weil die Zeit im November viel durch die Themen Tod, Zeit und Ewigkeit dominiert wird, wurde der Vorschlag gemacht, diesen Gedenktag am Ende des Kirchenjahres zu setzen. Weil keine direkten inhaltlichen Vorgaben gemacht wurden, wurde dieser Tag je nach Zeitgeschehen inhaltlich angepasst. Und das finde ich gut. So ist er herausgekommen aus der „Kriegsecke“ und ich empfinde ihn mehr und mehr als einen Gedenktag für den Frieden in der Welt. Der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge gibt jedes Jahr ein Heft dazu heraus, in dem auch Vorschläge für den Gottesdienst gemacht werden. Ich selbst bin seit meiner Kindheit an diesem Tag bei mindestens einer Rede am Kriegerdenkmahl dabei. Aber davon dann morgen mehr.
Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Jugendreferent Viktor Ambrusits (diesen Text hat er Ende Juli geschrieben. Es ist sehr interessant, den Text von damals mit der gegenwärtigen Situation zu vergleichen)
Jugendarbeit in Zeiten von Corona
Gottesdienstverbot! Verbot von Gebetstreffen und Hauskreisen! Christliche Jugendgruppen dürfen sich nicht treffen! Osterwache und Osternacht dürfen nicht in Gemeinschaft gefeiert werden. Was sich wie Berichte aus Nordkorea oder China anhören, waren Schlagzeilen in Deutschland, im März 2020! Niemand hätte vor paar Wochen gedacht, dass bei uns sowas möglich wäre…. Aber nein, natürlich ist es keine Christenverfolgung oder willkürliche Beschränkung von Freiheiten von Gläubigen, wie manche Verschwörungsgläubige, sog. „Aluhüte“ es verbreiten wollen. Seit März wird unser Leben mehr oder weniger von Covid19 a.k.a. Corona bestimmt.
Als wir noch am 13. März (und da soll noch einer sagen, dass ein Freitag der 13. kein Unglückstag sei… ? ) darüber diskutiert haben, ob wir Vitamin C, oder ALBA Gottesdienste feiern können, oder absagen wollen, war mir noch nicht bewusst, dass ich mehrere Wochen lang nicht viel zu tun haben werde. Mir persönlich ging es am Anfang ziemlich mies. Eine Art Hoffnungs – und Perspektivlosigkeit machte sich breit. Nach und nach wurden geplante Freizeiten, so wie an andere Aktionen abgesagt. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich langsam an die neue Situation gewöhnt habe.
Das erste mal während der vierzehn Jahre, die ich in Altensittenbach arbeite, hat es mich wirklich gestört, nicht vor Ort, sondern in Erlangen zu wohnen. Die „zufälligen“ Begegnungen haben mir gefehlt. Ich habe versucht, online die Kontakte in den Gruppen aufrecht zu halten, mehrmals „Werwolf“ als WhatsApp Version zu organisieren. Ab und zu bin ich zum Spazieren gehen nach Hersbruck gefahren und in dem Ort rumgelaufen und um so manchmal jemand treffen zu können. Natürlich war ich dann froh, als die Regelungen ab Pfingsten langsam gelockert wurden. Ich war beim ersten Gottesdienst nach dem „lockdown“ in der Thomaskirche dabei. Es war schon befremdlich, in Abstand mit MUNS (Mund und Nasenschutz) in der Kirche zu sitzen, ohne zu singen, oder sich gegenseitig die Hand geben zu können. Ich kann jeden verstehen, der so einen Gottesdienst nicht besuchen möchte.
Mittlerweile wurde noch mehr gelockert. Man darf den Mundschutz abnehmen, es dürfen mehr Menschen in die Kirche, So haben wir auch schon einen Vitamin C durchgeführt, der auch relativ gut besucht wurde. Meine Angst, dass die Jugendlichen nicht mehr zu den Gruppen kommen würden, hat sich auch nicht bestätigt. Ich war wirklich glücklich, dass zu unseren ersten IA-Treffen fast alle wieder gekommen sind. Wir haben auch die „Biberbande“ wieder aktiviert. Unsere Jugendband hat auch angefangen zu proben und hat auch schon den ein oder anderen Gottesdienst musikalisch mitgestaltet.
Wird es jetzt alles wieder normal? Ich weiß es nicht. Kein Mensch weiß es. Ich höre und lese viel über die Pandemie. Prof. Drosten und Prof. Kekulé kenne ich (gefühlt) persönlich. Ich gebe zu, manchmal ist es mir viel zu viel Information. Ich bin mit meinen Gefühlen immer noch hin und her gerissen. Man neigt dazu die Nachrichten zur glauben, die positiv sind und Hoffnung wecken.
Impfstoff wird es schon im Oktober geben!
Der Virus ist doch nicht so schlimm und es ist bald vorbei!
Die Ansteckungen gehen mittlerweile doch zurück! Tja, leider sind die gute Nachrichten nicht immer die Wahrheiten. So bleibt es abzuwarten und zu hoffen. Wir können nicht wissen, wie es im September weitergeht. Wird es einen Weihnachtsgottesdienst mit Musical geben? Wie werden die Aktionen und Freizeiten nächstes Jahr aussehen? … Eins ist aber sicher: Gottes Gemeinde in Altensittenbach hat schon viele Krisen in den vergangenen Jahrhunderten überlebt. Und erfahrungsgemäß ging sie gestärkt raus! Meine Hoffnung ist, dass die Sehsucht nach Gemeinschaft, Gottesdienst mit dem gemeinsamen Singen so stark ist, dass nach Covid19 die Angebote der Kirche mehr gefragt werden. Tja… Ich denke, dass ich in meinem nächsten Bericht mehr über positive Entwicklungen in der Kinder und Jugendarbeit in Altensittenbach schreiben kann. Vielen Dank für die finanzielle und geistliche Unterstützung meiner Arbeit in dieser besonderen Zeit!
Anmerkung der Gemeinde: Unser Jugendreferent Viktor Ambrousits wird aus Spenden finanziert. Dazu haben wir einen Förderkreis gebildet. Wer sich darüber informieren mag oder gar selbst spenden – wir würden uns freuen. Informationen hier:
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Die Hoffnung nicht verlieren
Ich schaue aus dem Fenster. Wir haben Mitte November. Es ist trüb und relativ kalt. Ich denke zurück an bestimmte Situationen in meiner Kindheit an solchen Novembertagen. In mir ist ein Bild aus dem Jahr 1977. Es war das letzte Jahr, in denen bei uns auf dem Bauernhof Zuckerrüben angebaut wurden. Ich erinnere mich, dass es immer ein Abwägen war, wann die Zuckerrüben geerntet werden sollten. Ein Landwirt hatte ein bestimmtes Kontigent für seine Zuckerrübenlieferung in die Fabrik nach Ochsenfurt. Irgendwann kam dann der örtliche Vertreter und teilte den Termin für den nächsten Eisenbahnwaggon (die Zuckerrüben wurden damals zum Bahnhof gebracht) mit. Der Landwirt konnte den Termin akzeptieren oder einmal in der Erntesaison ablehnen. Dann wurde er aber zeitlich nach hinten „geschoben“. Die Chance war, dass dann die Zuckerrüben größer waren und der Ertrag höher. Die Gefahr war aber, dass mancher Waggon so spät terminiert war, dass es schon Frost gab oder dass bei der Ernte sehr viel Dreck an den Zuckerrüben haftete. Dieser Prozentsatz an Dreck wurde natürlich von der Gesamtmenge abgezogen. Also hieß es oft genug für uns als Familie: Auf dem Feld die Zuckerrüben mit einem Holzspan säubern und jede einzelne Zuckerrübe auf den Wagen werfen.
Das war dann oftmals im November und eine wahre „Drecksarbeit“. Dieser Zuckerrübenanbau hatte so dazu geführt, dass unser Kirchweifest vom Sonntag nach Michaelis in den November gerückt war. Und auch dann war oft genug die Zuckerrübenernte noch nicht vorbei.
Der Herbst 1977 war sehr nass. Die Zuckerrüben wurden relativ dreckig geerntet. Aber es sollte das letzte Mal sein, weil mein Vater damals einen Teil der Landwirtschaft auf Bullenmast umgestellt hat. In diesem Herbst 1977 sehe ich meine Mutter auf dem Feld wie sie eine Zuckerrübe nach der anderen mit solch einem Holzspan gesäubert hat. Auch andere halfen mit. Ich war damals gerade 19 Jahre alt und kann mich wohl deshalb an die folgende Szene sehr gut erinnern. Irgendwann im Laufe der „Säuberungsaktion“ höre ich meine Mutter mehrmals sagen: „Bin ich froh, wenn das alles vorbei ist. Bin ich froh, dass diese Zuckerrübenernte zum letzten Mal bei uns ist“.
Diese Hoffnung auf das Ende hat ihr die Kraft gegeben, auch in jenem Jahr noch einmal kräftig mitzuhelfen. Aber das Ende war in Sicht und sie hoffte auf bessere Zeiten. Ob sie das dann ein Jahr später so empfunden hat? Ich habe sie nie danach gefragt! Aber ganz ehrlich: Vielleicht hatte sie ähnliche Gefühle wie ich, wenn ich mir das Ende der Coronapandemie herbeisehne. Und seit dem letzten Wochenende gibt es dafür wieder mehr Hoffnung. Denn die deutsche Firma Biontech macht Mut, dass ein Impfstoff doch in naher Zukunft zu erwarten ist. „Hoffnung, die sich verzögert, ängstet das Herz; wenn aber kommt, was man begehrt, das ist ein Baum des Lebens“ (Sprüche 13, 12).
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Wer hat Angst vor dem Nussmärtel?
„Herr Pfarrer, sie machen doch den Nussmärtel, oder?“ Ich war über diese Frage ein wenig erstaunt. Sie wurde mir von der Leiterin des evangelischen Kindergartens in Alerheim im Herbst 1988 gestellt. Ich war erst kurz vorher dort Pfarrer geworden. Zum ersten Mal war ich „Träger“ eines Kindergartens und habe immer wieder die Verbindung zur Leitung gesucht.
„Nussmärtel“ – ich hatte diesen Ausdruck noch nie gehört. „Der kommt doch am 06.12, am Nikolaustag?“ war meine Rückfrage. „Den feiern wir hier nicht, der ist doch katholisch. Wir sind evangelisch und feiern den Nussmärtel“. Das war für mich eine sehr interessante Antwort. Der Hl. Martin v. Tours war ein Zeitgenosse von Augustin und Hieronymus und ich wusste bis dorthin nicht, dass Menschen im 4. Jahrhundert n. Chr. schon evangelisch sein konnten!!!! Aber sei es drum. In der 5. Klasse Hauptschule hat der Lehrer in einer Probe einmal gefragt, welcher Konfession Karl der Große (gest. 814 n. Chr.) angehört hat und einige Klassenkameraden hatten doch tatsächlich „evangelisch“ geschrieben.
Jedenfalls feiern die Rieser den Nussmärtel wie anderorts die Menschen den Nikolaustag. Und das mit allem drum und dran. Ich musste mich verkleiden und kam als unbekannter Nussmärtel zu den Kindern in den Kindergarten. Ja, wer steckt da nur im Kostüm drin? Übrigens war das kein solch ein schönes Kostüm wie bei einem Nikolaus! Es war eher ein wüster, brauner Umhang und hat mich an Johannes den Täufer erinnert.
Natürlich kam jährlich die pädagogische Frage auf, ob die Kinder nicht zu sehr verschreckt werden. Also habe ich in den letzten drei Jahren die Nussmärtelkleidung vor den Kindern angezogen. Dann bin ich aus dem Haus hinaus und wieder herein. Und ich war überrascht: Die Kinder haben dennoch gerätselt, wer im Gewand steckt! Offenbar lieben Kinder auch das „Unheimliche, das Unerwartete, das nicht zu Fassende“. Aber letztlich erhalten sie ja Geschenke, es werden Lieder gesungen und der pädagogische Grundsatz gilt: Keine Angst zu verbreiten, sondern Freude weitergeben.
Heutzutage bin ich froh, wenn Am 11.11.397 n. Chr. ist er im Alter von 81 Jahren in Tours beigesetzt worden und deshalb ist das heute sein Heiligengedenktag.
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Happy Birthday to you
Natürlich ist der heutige Tag für einen evangelischen Theologen ein besonderer Tag. Der 10.11. ist der Geburtstag von Martin Luther. Er selbst hat von seinem Geburtstag nichts geschrieben und um seine Eltern ranken sich einige Legenden. Der Hüttenmeister Hans Luder hat seine Frau Margarethe 1479 geheiratet. Sie sind nach Eisleben gezogen, wo der Vater eine Hütte pachtete. Seine Mutter hat später Philipp Melanchthon berichtet, dass Martin nachts geboren wurde. Wie es damals üblich war, wurde er schon am folgenden Tag getauft. Weil dieser Tag der Martinstag war, erhielt dieses erste Kind den Namen „Martin“.
Interessant ist, dass Luther selbst als Geburtsjahr 1482 angegeben hat. Aber damals nahm man es mit den Jahren nicht so genau. 1484 ist die Familie schon nach Mansfeld gezogen und die Familie wohnte in Untermiete. Aber das Erzgeschäft ging wohl so gut, dass ein schönes Wohnhaus bezogen wurde und die Familie nicht arm aufwuchs. Vor einigen Jahren hat sich das auch durch Geldfunde bestätigt. Luther selbst aber hat in seinen Erinnerungen ganz anders geschrieben. Er nennt seine Mutter, die oft mit ihm im Wald war und Holz zum Schüren gesammelt hat. Diese Zeilen legen eine relative Armut nahe. Vermutlich hat Luther da deshalb ein wenig „geflunkert“ um seiner Mutter eine Wertschätzung zu geben. Denn sein Vater hatte als „Selbständiger“ kaum Zeit für die Familie und seine Mutter wird fast nirgends erwähnt. 1491 wird sein Vater auch noch Mitglied des Stadtrates in Mansfeld. Schon mit sechs Jahren wird Martin in die Lateinschule geschickt und lernt Grammatik und etwas Logik, Rhetorik und Musik.
Ich zeige den Kindern in der vierten Klasse gerne Bilder aus dieser Zeit. Da ist sehr gut der Umgang mit den Schülern zu erkennen. Der Lehrer hatte eine Eselsmaske im Schulzimmer. Wenn jemand im Lateinunterricht aus Versehen oder bewusst ein deutsches Wort gebrauchte und entdeckt wurde, der musste die Eselsmaske anziehen bis es den nächsten Schüler traf. Außerdem musste er sich auf eine besondere Bank setzen. Von dieser Sitte her gibt es den Ausdruck der „Eselsbank“. Ich habe das in meiner Schulzeit noch kennengelernt, auch wenn ich niemals auf diesen besonderen Platz gehen musste. Auf diese Eselsbank kamen vor allem die „unruhigen“ Schüler/-innen. Ich war natürlich „immer“ brav!!!!!!!!!!! Aber die Erinnerung an solche Schulzeiten vor rund 500 Jahren werden am heutigen Tag durchaus in mir lebendig.
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Die Mauer fällt
Es ist der 10.11.1989. Ich stehe wie so oft gegen 6.00 Uhr am Morgen auf. Wir sind als Familie gerade gut ein Jahr in Alerheim/Ries. Ich gehe zum Briefkasten und hole mir die Zeitung, die ein örtlicher Ableger der Augsburger Allgemeinen ist. Ich gehe in die Küche, schalte mir das Licht an, schaue auf die Schlagzeile und staune: „Die Mauer ist gefallen“. Ich halte diese Meldung für eine Ente. Ich kann mir das nicht vorstellen. Wir hatten zu dieser Zeit keinen Fernseher und am Abend vorher war vermutlich irgendeine Veranstaltung, so dass ich nichts mitbekommen habe. Jedenfalls sind die Geschehnisse des 9.11.1989 an uns vorübergegangen. Natürlich hatten wir die Demonstrationen und politischen Diskussionen der letzten Monate genau verfolgt. Aber diese Wendung konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
Ich lese die Berichte genau. Dann gehe ich zum Radio und höre mir die Nachrichten an. Überall die Berichte, Stimmen und Freudenschreie der Bevölkerung in der DDR über diese wunderbare Grenzöffnung. Mein Gedanke war noch: Und das ausgerechnet am 9.11.1938.
Heute vor 31 Jahren ist diese Grenzöffnung passiert und ich schaue mir die Fernsehbilder von damals immer wieder mal an. Mir kommen oft die Tränen. Wo ist der Jubel geblieben? Wo ist der Dank gegenüber der friedlichen Revolution? Auch wenn immer wieder der Hinweis auf die Nikolaikirche in Leipzig kommt, viele Menschen sehen dieses Ereignis nicht als ein Wunder Gottes. Ich schon. Ich glaube fest daran, dass hier die Gebete zu Gott diesen friedlichen Wandel herbeigeführt haben. Und dass heute viele diesen Mauerfall kritisieren und sich wieder diese Trennungslinie zurückwünschen? Alles schon mal ähnlich da gewesen.
Ich erinnere da an das Geschehen um die Befreiung des Volkes Israel aus Ägypten. In 2. Mose 16, 1 – 3a lese ich: „Von Elim zogen sie aus…am fünfzehnten Tag des zweiten Monats, nachdem sie von Ägypten ausgezogen waren. Und es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste. Und sie sprachen. „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen“. Gerade mal 45 Tage hat die Euphorie der Befreiung aus Ägypten gehalten. Dann fiel das Volk wieder in das Murren hinein. Warum sollte es heutzutage anders ein. Dieses „Gott vergessen“ gehört offenbar zur menschlichen Natur, auch wenn ich persönlich darüber traurig bin. „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ (Psalm 18, 30).
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Wenn der Kirchweihtermin zur Rechenaufgabe wird
„Papa, wann feiern wir in Habelsee das Kirchweihfest?“ Diese Frage des kleinen Gerhard hat eine längere Antwort nach sich gezogen. „Ursprünglich feiern wir am Sonntag nach Michaelis das Kirchweihfest. Aber vor einigen Jahren hat ein großer Landwirt entschieden, dieses Fest nach hinten zu verschieben, weil die Zuckerrübenernte vorbei sein sollte. Und so feiern wir am zweiten Sonntag im November“. (Ob der Landwirt wirklich den Pfarrer und den Kirchenvorstand dazu gefragt hat, ist nicht überliefert. Notfalls handeln und entscheiden Menschen auch mal ohne die „geistliche“ Obrigkeit und ihr Lebensrhythmus bestimmt auch den kirchlichen Kalender). Eigentlich ist das eine klare Ansage. Aber ganz so einfach war das nicht. Denn dann ist mir aufgefallen, dass manchmal Ende Oktober gefeiert wurde und manchmal auch am ersten Novembersonntag. „Geh doch mal zum Nachbar, der wird Dir das genau erklären“.
So war es auch. Den Tipp meines Vaters habe ich angenommen und bin zum Nachbar gegangen um nach den genauen Termin des Kirchweihfestes in Habelsee zu fragen. „Gerhard, das ist so. Wenn der Oktober fünf Sonntage hat, dann ist die Kirchweih am fünften Sonntag im Oktober. Das gilt aber nicht, wenn der fünfte Sonntag der 31.10. ist. Denn da feiern wir das Reformationsfest. Dann ist die Kirchweih am 07.11. und damit am ersten Sonntag im November. Wenn der Oktober vier Sonntag hat, dann feiern wir das Kirchweihfest am zweiten Sonntag im November. Ist doch gar nicht so schwierig, oder?“
Viele Jahre später stehe ich bei einer Konfirmation in Ohrenbach (Habelsee gehört kommunalpolitisch zu diesem Ort) am Schaukasten der politischen Gemeinde. Dort war der Jahresplan aller Feste in der Gemeinde aufgeführt. Es stand da: Kirchweihfest in Habelsee am 14.11. „Aha“, dachte ich. Nicht einmal der Bürgermeister kennt das genaue Rechenspiel der Kirchweih in Habelsee. Denn wenn der 14.11. ein Sonntag ist, dann ist zwar dieser Tag der zweite Sonntag im November. Aber dann ist der 31.10. der fünfte Sonntag im Oktober, aber gleichzeitig Reformationsfest. Ich habe mich noch am selben Tag an den Computer gesetzt und dem Bürgermeister eine Mail geschrieben. Er war richtig erstaunt über die Berechnung des Kirchweihtermines für Habelsee. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob die Gemeinde und die Kirchengemeinde den Termin damals noch geändert haben. Vermutlich schon, denn meine Mail habe ich im April geschrieben. Da war noch genügend Zeit, den im Schaukasten angegebenen Termin zu ändern.
In diesem Jahr wäre es ziemlich einfach gewesen. Der Oktober hatte vier Sonntage und heute ist der zweite Sonntag im November. Also hätten die Habelseer heute am 08.11.2020 Kirchweih gefeiert, auch mit Coronapandemie!! Gottesdienste sind ja erlaubt. Aber irgendwann vor ein paar Jahren wurde wieder auf den ursprünglichen Kirchweihtermin (Michaelis oder Sonntag danach, siehe mein Update 198 vom 29.09.2020) umgestellt. Der Zuckerrübenanbau spielt keine Rolle mehr!! Das Erntedankfest kann auch am zweiten Sonntag im Oktober gefeiert werden.
Was ich gelernt habe: Selbst das Festlegen eines genauen Kirchweihtermines kann zum Krisenfall werden – wenn auch nicht lebensbedrohend!!
Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Kennen Sie die Müllerstrahlen?
Gestern habe ich davon geschrieben, dass ich am Tag der Bekanntgabe des Nobelpreises für Physik in diesem Jahr vorher mit den Schüler/-innen der dritten und vierten Klasse in der Grundschule in Altensittenbach über dieses Thema gesprochen habe.
Meine Bemerkung nach dem ersten Träger dieses Nobelpreises hat noch eine Nachgeschichte. Die Kinder wollten natürlich den Namen wissen: Carl Röntgen. Ich habe der Klasse erklärt, dass dieser Mann in Würzburg diese Strahlen entdeckt hat. Er nannte sie X-Strahlen und 1901 erhielt er diese besondere Würdigung. „Diese Strahlen werden jetzt nach seinem Entdecker „Röntgenstrahlen“ genannt„. Bei dieser Erklärung von mir gab es einen kreativen Nachsatz eines Schülers. „Das ist ja witzig. Wenn das ein Herr Müller entdeckt hätte, dann wären die „Müllerstrahlen“ genannt worden“. Ich konnte ihm nicht widersprechen. Ich glaube aber, dass bei diesem „Allerweltsnamen“ die Strahlen vermutlich anders heißen würden.
Tatsächlich hat diese Entdeckung die gesamte medizinische Diagnostik revolutioniert und den Weg bereitet für die Entdeckung und Erforschung der Radioaktivität. Morgen sind es genau 125 Jahre, dass dieser Wissenschaftler diese bahnbrechende Entdeckung am 22.12.1895 gelang ihm eine Aufnahme von der Hand seiner Frau, bei der Knochen und der Ehering klar zu erkennen sind. Schon im Januar 1896 stellte er seine Entdeckung öffentlich vor und am 23. Januar wurde bei einem Vortrag im vollbesetzten Hörsaal des Physikalischen Institutes in Würzburg vorgeschlagen, diese X-Strahlen“ in „Röntgen-Strahlen“ umzubenennen. Bis heute ist diese Technik im Einsatz und erweitert worden. Auch wenn mittlerweile bekannt ist, dass mit diesen Strahlen vorsichtig umgegangen werden muss, sind sie aus der medizinischen Diagnostik nicht wegzudenken.
Das würde ich mir auch für den Coronavirus wünschen. Eine Methode zu finden, dass der Nachweis schnell geht und vor allem, dass es bald Hilfen geben wird, dass der Körper diesen Virus schneller und leichter besiegen kann.