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Einen kurzen Atem haben (4. Mose, Pfarrer Gerhard Metzger)

Predigt zu Reminiscere
4.Mose 21, 4-9
Prediger: Gerhard Metzger, Pfarrer
Oberkrumbach/Altensittenbach, 01.03.2015

Liebe Gemeinde,

kennen Sie das auch? Sie sind über den Winter nicht sehr viel aus dem Haus gekommen. Über Weihnachten wurde etwas mehr gegessen. Das Wetter ist trüb, kalt und regnerisch. Ich habe keine Lust, viel nach außen zu kommen. Dann endlich wird es frühlingshaft. Sie machen sich zu einem schnellen Spaziergang auf oder fahren Fahrrad. Und nach wenigen Minuten denken sie: „O je. Ich bin aus der Puste. Ich muss schnaufen. Keine Kondition mehr. Das kommt davon, hätte ich den Winter über nur nicht so gefaulenzt“. Kein gutes Gefühl! Irgendwie wünscht man sich mehr Antriebskraft, mehr Kondition, wieder in ein sonniges Leben zurückkommen. Ich spüre: „Ich bin außer Atem!“

Kein Wunder, dass dieses Gefühl auch im übertragenen Sinn gebraucht wird. Wenn jemand außer Atem ist, wenn er einen kurzen Atem hat, wenn er sich schnell aufregt, wenn er ungeduldig ist, wenn einer mit nichts zufrieden ist, wenn einer seine Situation ständig bejammert, wenn er das Gute einfach so übersieht, wenn er nur seine eigene Welt im Kopf hat und ständig rummosert. Dann stehe ich daneben und denke: „Wenn du wüsstest, wie es anderen geht. Wenn du wüsstest, wie es mir gerade zumute ist. Wenn du doch mal von dir wegsehen könntest. Wenn du endlich mal nicht nur um die selber kreisen würdest.“

Einen langen Atem haben. Das fällt in unserer Zeit vielleicht noch schwerer wie früher. Einfach, weil alles schneller ist. Das Flugzeug und das Auto – kein Vergleich mit der früheren Pferdekutsche oder dem von einer Kuh gezogenen Wagen. Mal schnell ins Internet, ans Handy, auf Facebook oder „What`s App“. Faszinierend war das für mich, über Skype auf dem Note-Book mit meiner Tochter und ihrer Familie in Indonesien sprechen zu können und sie zu sehen. So einfach mal ganz schnell. Früher musste man einen Brief schreiben und vor vielen Jahren hat das Tage gedauert bis er ankam. Aus Jerusalem habe ich 1978 eine Karte an meine Eltern geschrieben. Sie kam 2 Tage nach meiner Rückankunft an!

Dieses immer schneller und am besten schon angekommen noch bevor man es geschrieben hat – das führt zu einem ungewohnten und oft krankmachenden Lebensstil. Der heißt: Mach doch schnell mal, keine Zeit zu verlieren, das dauert mir viel zu lange, wie lange soll das noch so gehen! Da werden Menschen schnell unzufrieden mit ihrer Situation und ungerecht gegenüber dem anderen. Da geht schnell der Blick auf das Wesentliche verloren und man dreht sich im Kreis. Da wird vergessen, was mich bis hierher begleitet hat und wem ich meine jetzige Lebenssituation verdanke. Da werde ich undankbar, gereizt und bin verärgert. Ich suche einen Sündenbock, der an allem Schuld ist. Da hält das Motzen fröhliche Urstände und das Familienklima oder das Betriebsklima lässt sehr zu wünschen übrig. Ganz leicht regt sich in mir eine Aggression gegen alles. Ich versprühe Gift und Galle gegen meine Mitmenschen. Ich merke nicht, dass ich es bin, der sich ändern muss.

Ich spüre in mir Unmut und ein Vorwurf nach dem anderen kommt aus meinem Mund. Das ist hier eine vergiftete Atmosphäre – solch ein Urteil ist hart. Leider aber oft genug wahr.

Und damit bin ich genau in der Situation des Volkes Israel bei der Wüstenwanderung von Ägypten in das gelobte Land Kanaan.

Das Volk wurde verdrossen auf dem Weg“. Wörtlich aus dem Hebräischen: „Sie hatten einen kurzen Atem.“ Es reichte ihnen. Sie hatten keine Lust mehr. Sie hatten die Schnauze voll. Immer nur Manna und Wachteln. Nur einige Zeit vorher. Da hatten sie wirklich Hunger. Da ernährten sie sich nur ganz mager. Aber Gott hat dann jeden Morgen das Manna geschickt und an jedem Abend Wachteln. Jeden Tag Fleisch! Ich kenne Jugendliche, die haben Wochen lang jeden Tag Salami-Pizza gegessen und sich darüber gefreut. Die hatten es nicht satt, wochenlag dasselbe zu essen, wenn nur tüchtig Wurst und Käse auf dem Teig war.

Die Israeliten waren „gnäschiger“ – wie wir im Fränkischen sagen. Die hatten das Manna und das tägliche Fleisch irgendwann über. Das wäre in Franken eine Probe auf Exempel für viele: Jeden Tag Klöße und Sauerbraten!

Was passiert denn da eigentlich – hier in der Wüste? Es kommt zur Revolte! Sie lehnen sich auf! Dieses äußere Essen stand nur sinnbildlich für die ganze Haltung der Menschen. Es ging ihnen nach der harten Zeit in Ägypten wieder gut. Sie hatten alles, was sie auf der Wanderung in das gelobte Land Kanaan brauchten. Gott hat ihnen sogar einen Weg gezeigt, dass sie nicht durch das Land der Edomiter gehen müssen. Dort hätte es einen Krieg gegeben. Und das sind ja wahrlich keine guten Aussichten. Aber dadurch wurde der Weg auch länger. Nichts mit: Jetzt mal schnell in Kanaan einwandern und dort sesshaft werden. Stattdessen: Noch einmal die lange Tortur. Noch einmal warten müssen. Noch einmal nicht den geraden Weg nehmen können. „Ihr Atem wurde kurz“. Sie hechelten, wenn sie nur an Gott dachten.

Und mit solch einer Glaubenseinstellung geschieht etwas ganz eindrucksvoll: Es kommt Gift in die Beziehung zwischen ihnen und Gott. Hier in der Geschichte in der Gestalt von giftigen Schlangen. Da hatten sie dann die Schnelligkeit, die sie sich wünschten. Ehe sie sich umgeschaut haben, waren sie gebissen und sind gestorben. Ich kann auch formulieren: Die Israeliten haben rumgegiftet und jetzt hatten sie ihr Gift!

Noch aber waren sie bereit zur Wende. Sie erkannten ihre Sünde und bitten Gott bei Mose um Heilung. Aber so leicht hat es Gott ihnen auch wieder nicht gemacht. Nicht, weil er ärgerlich über sie gewesen wäre. Nein, sie sollten etwas lernen über ihre Beziehung zu ihm. Mose stellt diese kupferne Schlange als ein Feldzeichen auf. Ein Feldzeichen ist eine Fahne wie in einer Schlacht. Es ist das Zeichen dessen, für den man kämpft. Es soll Mut geben und Kraft schenken. Die Menschen sollen lernen: Gott ist mehr als der schnelle Nothelfer. Also: Eine schwierige Situation – ist natürlich Gott schuld. Es geht mal wieder nicht so wie ich es gerne im Leben hätte – warum nur verweigert Gott immer meine Wünsche? Ich würde gerne andere Lebenswege finden – warum zeigt sie mir Gott nicht? Dieser Gott sollte schon so sein wie ich das gerne hätte. Aber das ist nicht so. In mir wächst Bitterkeit gegenüber Gott, die wie ein Gift wirkt. Ich merke das und fühle mich wie gebissen, werde krank im Glauben zu Gott.

Ach Herr, vergib mir meine Sünde“. Gott hat ein Feldzeichen gesetzt. Da schau drauf. Es steht auf dem Hügel Golgatha. Es ist das Kreuz von Jesus. Schau auf ihn als Zeichen des Vertrauens. Das hat so auch schon der Apostel Johannes in seinem Evangelium ausgedrückt: „Wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, so muss auch der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen“ (Jo 3,14).

Deshalb ist dieser atl. Text eine besonders gute Botschaft in dieser Passionszeit. Denn am Kreuz hält Jesus unseren Widerspruch, unsere Auflehnung, unsere Revolte gegen Gott selbst aus. Aber wir müssen hinschauen, weil wir anders keine Antwort auf unsere Fragen bekommen. Diese Auflehnung gegen Gott zerstört meine Beziehung zu ihm. Aber das Hinschauen auf das Kreuz von Jesus entgiftet mich und heilt den Riss zwischen ihm und mir.

„Das Kreuz ist aufgerichtet, der große Streit geschlichtet. Dass er das Heil der Welt in diesem Zeichen gründe, gibt sich für ihre Sünde der Schöpfer selber zum Entgelt“.

Amen

Über die Liebe, (Hoheslied, Pfarrer Gerhard Metzger)

Predigt zu Silvester
Hoheslied 2, 8-13
Prediger: Gerhard Metzger, Pfarrer
Oberkrumbach/Altensittenbach, 31.12.2014

Liebe Gemeinde,

ich habe die Geschichte einer frommen Familie aus der Gemeinschaftsbewegung in Baden- Württemberg gelesen. Das war vor 40 Jahren. Jeden Morgen wurden um die 20 Kapitel Bibel laut gelesen. Der Großvater Hugo las vor. Eines Tages kommt er auch zum Buch des Hohen Liedes und liest folgende Verse aus dem 3. Kapitel: „Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine beiden Brüste sind wie junge Zwillinge von Gazellen, die unter den Lilien weiden“. Da ruft die Großmutter völlig entrüstet hinein: „Hugo. Doch nicht vor dem Jungen! Ruhig und gelassen antwortet der Großvater: „Gertrud – das ist Gottes Wort“.

Es ist fast unbekannt. Dieses Buch der Bibel mitten in der Hl. Schrift. Ich habe darüber noch nie gepredigt. Es ist zunächst einmal eine Sammlung von Liebesliedern. Es ist Liebesdichtung. Es zeigt, dass die Liebe eine Atmosphäre braucht, die sie wachsen und gedeihen lässt. Es zeigt, dass Menschen von der Kraft diese Liebe leben. Es geht um Sehnsucht nach Intimität. Es geht um Leidenschaft. Es geht um die erste unvergessliche, verzehrende Liebe. Es geht um die geborgene Liebe, wenn man länger verheiratet ist. Das Hohe Lied ist ein Hoch auf die Liebe in all ihren Varianten. Eine Liebe, die Geist, Seele und Körper umfasst. Es geht darum, dem anderen ganz nahe zu kommen und erfüllt zu werden. Darin liegt ganz viel Sprengkraft. Der andere wird erkundigt mit seinem Körper, mit seinen Gedanken, mit seinen Geheimnissen und auch mit seinen Schwächen. Aber nur so wird er entdeckt als etwas ganz Besonderes.

Es geht also um Liebe und nicht um korrumpierte Körper, nicht um Frauen- und Männerkörper, die zu Werbezwecken ausgestellt werden. Vielleicht noch nach dem Tod wie in der Ausstellung „Körperwelten“ in Nürnberg. Ein Toter in Plastilin verpackt und gezeigt: Wie korrupt kann eine Gesellschaft sein, die das auch noch gut findet?

Ich habe gelesen, dass sich niemand erklären kann, woher es kommt, dass sich Menschen, die sich in Bewunderung und Hingabe als junge Menschen gefunden haben, immer noch respektieren und lieben, wenn sie älter geworden sind. Nacht für Nacht verbringen sie nebeneinander und nur noch die Bettritze ist zwischen ihnen. Wie oft habe ich aber auch schon das Gegenteil erlebt: Ein Ehepaar hat Kinder. Sie ziehen diese auf. Dann sind die Kinder weg und das Paar ist plötzlich mit 55 Jahren allein. Es kommt zur Trennung. Sie merken, dass sie sich nichts mehr zu sagen haben. Sie haben vor lauter Kinder verlernt, ihre Ehe zu gestalten und zu intensivieren. Dann höre ich: „Jetzt wo die Kinder weg sind, hätten wir es doch schön. Und jetzt trennen wir uns“! Ich gebe jedem neu verheirateten Ehepaar den Rat: „Der Ehepartner steht an erster Stelle, dann kommen die Kinder“.

Aber natürlich kommt das immer wieder vor: Dass Paare sich trennen. Und da ist es wichtig, nicht mit dem moralischen Zeigefinger zu kommen. Im Gegenteil: Jeder kann wieder eine neue Chance bekommen. Und ich kenne viele Paare, die bei der zweiten Trauung sehr glücklich geworden sind. Sie können dafür wirklich sehr dankbar sein.

Ich habe folgende mir sehr nahegegangene Gedanken gelesen: „Der Ernstfall der Liebe ist nicht ihr Scheitern. Der Ernstfall der Liebe ist ihr Gelingen. Denn eine Liebe, die bis zum Ende des Lebens währt, muss sich mit dem Tod messen. Denn sie muss den Tod des Geliebten bestehen. Die Geduld am Ende des gemeinsamen Lebens erträgt das Verwelken des Geliebten, erträgt Falten und Wülste, das Vergesslichwerden, das gemeinsame Langsamwerden. Sie erträgt die Gebrechlichkeit und den Rollator. Schließlich erträgt sie das Schlimmste, nämlich dass der andere stirbt und Untröstlichkeit zurücklässt“.

Meine Mutter wird im Februar 80, mein Vater wird 82. Wenn wir zusammen kommen, dann höre ich immer wieder den Satz: „Hoffentlich können wir noch lange zusammenbleiben, dann ist der andere nach dem Tod des einen nicht zu lange allein“.

Vor einem Jahr stand ich hier auf der Kanzel. Vielleicht erinnert sich mancher an meine Worte. Ich habe wörtlich gesagt: „Unser Simon stand mit einem Bein in der Ewigkeit“. Ein Jahr später ist dies eingetreten. Und die Predigt heute ist für mich eine sehr große Herausforderung. Denn wenn ich jetzt auf dieses Jahr zurückblicke, dann ist da ganz viel Trauer in mir. Und ich weiß nicht so recht, was ich denken soll. Da hilft mir, dass dieses Bibelbuch, das Hohelied, natürlich auf Gott übertragen werden kann und muss. Dort wo der Geliebte steht, sehe ich Gott. Da merke ich: Er ist auf dem Weg zu mir in seiner unendlichen Liebe. Die Stimme meines Freunds, das ist die Stimme Gottes, die in Jesus konkret geworden ist. Er hüpft über die Berge. Da wird deutlich, dass es mehr gibt als dieses Leben auf dieser irdischen Welt. Gott kommt zu mir und will mir neue Freude schenken, die sich in einem Reigen zeigt und mit einem jungen Hirsch und eine Gazelle verglichen wird.

Steh auf, meine Freundin, meine Schöne“. Gott nimmt mich an der Hand und hilft mir hoch. Vor allem auch: die Winterzeit vergeht, der Frühling ist im Anmarsch. Also: Trauer wird überwunden auch dann, wenn sie vielleicht nie ganz verschwinden wird. „Die Blumen sind aufgegangen im Land, der Lenz ist herbeigekommen“. Liebe und damit auch meine Beziehung zu Gott lässt sich eben vor allem in poetischer Sprache beschreiben.

Aber jetzt gilt auch für mich und für meine Frau das, was für alle Liebende gilt: die Liebe muss sich bewähren. Nach dem Tod eines geliebten Menschen kommt es am Ende eines Jahres zum Treueschwur gegenüber Gott. Was ist der Glaube wert? Darauf kommt es an: Den Glauben an Gott nicht verlassen trotz des Abschiedsschmerzes, die Liebesbeziehung zum himmlischen Vater nicht einseitig lossagen und ihm auch noch Vorwürfe machen.

Liebe bewährt sich in schwierigen Zeiten. Liebe wird stark durch harte Zeiten des Lebens. Jetzt heißt es für uns wie für jeden Menschen, der durch solche Lebensphasen geht: Fest halten an dieser Liebe, die stärker ist als der Tod. Das Lied der Liebe Gottes zu uns singen. Zu Gott kommen, der hier ruft: „Steh auf, meine Freundin, und komm, meine Schöne, komm her“.

Für die Juden ist das Buch des Hohenliedes der Lesetext an ihrem höchsten Feiertag, dem Jom Kippur. An diesem Tag wenden sich die frommen Juden an Gott in besonderer Art und Weise und bitten um Vergebung. Mit der Lesung zeigen sie: Gottes Liebe ist stärker als meine Schuld. Rabbi Akiba hat einmal gesagt: „Alle Zeiten sind nicht dem Tag ebenbürtig, an dem Israel das Hohelied verliehen wurde, denn alle Schriften sind heilig, aber das Hohelied ist das heiligste von allen“.
Amen

Berufung (Eph. 4, Pfarrer Gerhard Metzger)

Predigt zum 17. Sonntag nach Trinitatis
Eph. 4, 1 – 2
Prediger: Gerhard Metzger, Pfarrer
Altensittenbach, 12.10.2014

Liebe Gemeinde,

das war eine besondere Überraschung. Christoph Kramer wurde von Joachim Löw in die deutsche Elf für die WM berufen. Ursprünglich war er nicht einmal im vorläufigen Kader der 30 Spieler. Aber dann gab es Verletzungen und er bekam die Einladung. In der Presse stand, dass er nur zum Auffüllen dabei ist und im endgültigen Aufgebot fehlen würde. Aber dann verletzte sich Marco Reuß und Kramer fuhr mit nach Brasilien. Die sog. Experten gaben ihm keine Chance für ein Turnierspiel. Also: Er war ohne Chance, aber diese nutzte er. Und dann spielte er sogar in der Startelf beim Endspiel. Dort gab es die schwere Verletzung nach einer Tätlichkeit durch einen Ellenbogenchek eines Argentiniers. Er war benommen, fast bewusstlos. Er blutete am ganzen Gesicht. Dennoch wollte er weiterspielen und musste vom Platz heruntergeführt werden. Christoph Kramer wurde für seinen Einsatz weltberühmt und nur 8 Wochen vorher kannte ihn fast keiner.

Er hat das erlebt, was es heißt: Berufen zu sein für eine besondere Aufgabe. Berufen zu sein in ein Team. Berufen zu sein in eine Mannschaft, in der es nur wenige schaffen. Berufen zu sein und so sich einen Traum zu erfüllen. Wer berufen wird, erhält eine besondere Stellung und Würdigung. Er ist nicht kraft seiner Geburt in einem Amt. Er verdankt das nicht seinen Eltern oder einem Wahlgremium. Er kommt in eine bestimmte Position kraft einer besonderen Begabung oder seines Charakters. Früher wurden in der Kirche die Dekane und Kreisdekane berufen. Der Personalreferent dachte sich dafür die nach seiner Meinung dafür besonders begabten Pfarrer aus. Mit einer Berufung kann ein Gremium sich selbst ergänzen. Der Kirchenvorstand beruft nicht gewählte Mitglieder in seine Mitte. Er macht sich vorher Gedanken, wer noch sehr gut dafür geeignet ist. Das ist dann eine besondere Würdigung für einen Menschen, dadurch das geistliche Leben mitentscheiden zu dürfen. Weil solche Berufungen ehrenvoll sein können, werden auch Wahlentscheidungen so benannt, obwohl sie das nicht sind. Der Bundestag beruft jmd. aus seiner Mitte in das Amt des Bundeskanzlers, eine Fakultät beruft einen Wissenschaftler auf eine Professur. Aber da gehen vorher demokratische Wahlen voraus und die Mehrheit hat Recht.

Auch Gott beruft Menschen. Der Ruf ergeht durch die Predigt des Evangeliums. Berufen werden hat mit hören können zu tun. Das innere Ohr ist entscheidend. „Wer Ohren hat zu hören, der höre“ – lese ich mehrmals in der Bibel. Das Gegenteil nimmt Jesus selbst in den Mund: „Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet es nicht verstehen“ (Mt 13,14). Glaube hat damit zu tun, dass Gott ruft, beruft und den Menschen in den Stand eines Berufenen setzt. Das ist eine Würdigung von außen. Das zeigt: Gott ist der Handelnde. An Gott liegt es. Das Besondere: Er schaut nicht auf menschliche Qualität und Eigenschaften. Er macht vorher keinen Leistungstest oder eine Eignungsprüfung. Er wählt nicht Menschen vorher gegeneinander aus um welche in seine Mannschaft zu nominieren und andere draus zu lassen.

Er ruft, weil ich sein Geschöpf bin. Gleichzeitig respektiert er aber auch meine Antwort. Das haben die Jünger vor 2000 Jahren ganz konkret erfahren. Jesus ruft sie mit den Worten: „Komm, folge mir nach“. Diesen konkreten Ruf haben manche angenommen, andere haben ihn abgelehnt. Im Rufen steckt auch immer die Möglichkeit, dass der Gerufene und Berufene nicht annimmt. Der sog. „Reiche Jüngling“ dreht sich z.B. um und folgt Jesus nicht nach (Lk 18).

Gott beruft Menschen in seine Nachfolge. Was das konkret heißt, kann ich in der Bibel lesen. Sie spricht im Blick auf die Berufung der Christen vor allem vom ewigen Leben. „…ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist…(1. Tim 6,12). In Diskussionen und Fernsehsendungen wird das oft kritisiert: Dass Christen von Himmel und Hölle sprechen.

Dass sie davon reden, dass es ein ewiges Leben in Gottes Nähe und ein ewiges Leben in Gottes Ferne gibt. Das wird als antiquierte Vorstellung hingestellt. Und tatsächlich wurde über Jahrhunderte den Menschen mit Bildern aus der Hölle Angst gemacht. Aber mit Drohungen, mit Ängste schüren und der Vorstellung von teuflischen Fratzen entsteht kein lebendiger und froh machender Glaube. Das ist kein Evangelium. Nach dem biblischen Prinzip von „Saat und Ernte“ erleben wir jetzt das Gegenteil. Es gibt die Vorstellung von einem „Eia-popaia-Gott“. Der tut doch niemanden etwas. Aber der Ruf Gottes zum ewigen Leben bleibt. Wer diesen Ruf hört und glaubt, der hat die Verheißung, dass Gott ihm eine Wohnung in der unsichtbaren Welt gibt.

„Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus…“(1. Petr. 10). In der Offenbarung des Johannes wird in Bildern ausgedrückt, was Christen von der Ewigkeit erwarten können. „Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind“ (cap 19,9). Es ist nicht meine eigene Leistung und nicht meine eigene menschliche Charakterqualität, dass ich die Ewigkeit Gottes erleben darf. Es ist das Rufen Gottes an mich und es ist mein Hören auf ihn. Die Berufung des Christen ist vor allem auf einen künftigen Status ausgerichtet, auf eine Wirklichkeit, in die der Mensch eintritt, wenn er diese Welt verlässt. Sie werden dann als Kinder Gottes offenbar und werden Erben seines Reiches genannt. Diese Berufung zum ewigen Leben ist auch nicht begrenzt. Frank Kramer wird irgendwann aus der Nationalmannschaft zurücktreten und nie mehr da hinein berufen werden. Es ist eine Berufung auf Zeit. Die Berufung Gottes aber ist für immer. Niemand kann einem diese Teilhabe streitig machen. Niemand kann einen aus dieser Wirklichkeit abberufen. Gott selbst gewährleistet die Teilhabe am ewigen Leben.

Diese Berufung des Christen von Gott hat ein unsichtbares Ziel. Es hat Auswirkungen für die Ewigkeit. Gleichzeitig bestimmt es aber auch schon mein Leben hier auf das sichtbare Leben. Und da ist Paulus sehr realistisch. „Ertragt einer den andern in Liebe“ (V. 2). Nach dieser besonderen Würdigung von Gott berufen zu sein, folgt sofort die Ermahnung. Offenbar weiß der Apostel nur zu gut um die Schwäche seiner lieben Mitchristen.

Da ist oft – zu oft – Streit vorprogrammiert. Da geht es „wie in der Welt“ zu. Da steht Meinung gegen Meinung und eigene Interessen sind im Mittelpunkt. Ich lese aus dieser Mahnung vor allem heraus, dass es Paulus darum geht, den anderen zu achten und wert zu schätzen. Ich muss mich nicht immer als der Bessere positionieren. Ich bin nicht immer der, der alles besser weiß und den anderen mit seiner Meinung und seinen Gefühlen nicht ernst nimmt. Ich bin einer unter vielen mit meinen Stärken und Schwächen. Der andere ist mir an die Seite gestellt. Und jetzt kommt alles darauf an, dass wir in der Liebe Jesu miteinander auskommen. Gemeinsam steht das Ziel vor Augen: Du bist im Glauben an Jesus von Gott berufen zum ewigen Leben.
Amen

Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht (Spr 15, Pfarrer Gerhard Metzger)

Predigt zum 11. Sonntag nach Trinitatis
Spr 15, 13
Prediger: Gerhard Metzger, Pfarrer
Oberkrumbach/Altensittenbach, 31.08.2014

Liebe Gemeinde,

bei einer Feier ist ein wunderschönes Buffet aufgebaut. Am Anfang der Tafel steht eine große Schale mit Äpfeln. Da auch einige Kinder dabei sind, steht ein kleines Schild daneben: „Bitte nur einen Apfel nehmen. Gott schaut zu“. Am Ende des Tisches steht eine Schale mit leckeren Keksen. Es dauert nicht lange, dann steht auch dort ein Schild in krakeliger Kinderschrift: „Nimm so viel du willst! Gott passt gerade auf die Äpfel auf!“

Kinder und Narren sagen die Wahrheit – sagt ein gelehrter Spruch. Es sind Kinder, die uns vieles deutlich machen, was Erwachsene nicht mehr wahrnehmen können. Und diese eine Wahrheit steht fest wie in Blei gegossen: „Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht“. Das Äußere ist also ein Widerschein für meinen inneren Zustand. Eine Familie besucht einen Tierpark in sehr früher Morgenstunde. Da fragt der kleine Fritz: „Vati, warum macht denn der Geier so ein dummes Gesicht?“ Sein Vater antwortet: „Weil noch kein Aas da ist…“. Das ist die lustige Variante dieses Bibelverses.

Ich denke zurück an eine kurze Begegnung vor einigen Jahren. Ich begegne nach längerer Zeit einer Frau auf der Straße. Wir grüßen uns und ich bemerke ein ernstes Gesicht. Das war für sie ungewöhnlich. Ich kannte sie nur als eine lächelnde Person. Ich fragte: „Geht es Ihnen nicht gut? Sie schauen so betrübt aus“. Sie antwortete: „Ich hab auch mal Probleme“. An dieser Antwort merkte ich, dass allein die Nachfrage in ihr ein negatives Gefühl hervorrief. Sie fühlte sich ertappt. Dabei meinte ich es wirklich mitfühlend. Menschen zeigen am Äußeren wie es in Ihnen aussieht. Bei Babys und kleinen Kindern ist es noch relativ einfach. Babys z.B. – so habe ich gelesen – zeigen reflexartig ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Also das bloße Anschauen ihres Gesichtes erzeugt eine lächelnde Reaktion. Deshalb kenne ich fast nur Bilder mit fröhlichen Babys. Das ist eine Art und Weise, diese Welt wahrzunehmen. Denken Sie nur einmal an sich selbst. Sie schauen z.B. Kinderbilder an von Freunden oder Nachbarn. Wetten, dass Sie dann sagen: „Ach, wie hübsch das Kind aussieht. Ach wie niedlich. Schau hin, wie das kleine Kind lacht“. Stellen Sie sich mal vor, ein anderer würde über ihr Kind oder über ihr Enkelkind das Urteil fällen: „Das sieht ja furchtbar aus. Euer Kind ist ja wirklich hässlich“. Ich glaube, die Freundschaft wäre schnell beendet.

Ein kleines Kind sieht auch wirklich immer hübsch aus. Es reflektiert noch nicht die Wirklichkeit. Es kennt keine Kriegskonflikte und kleine sowie große Probleme. Es fühlt Nähe und Liebe und weiß sich in den Händen der Eltern geborgen. Es zeigt nach außen wie die Welt so unkompliziert sein kann. Wenn ich Bilder von meinem eigenen Enkelkind anschaue, dann füllt mir auf, dass er immer lächelnd in die Kamera schaut. Ich kann nicht genug von diesen Bildern haben. Ein Foto jagt das andere und ich schaue sie mir oft an. Der kleine Philip sieht dieses Ding da vorne und schaut lächelnd hinein. Alle freuen sich und sagen: Das machst du ja toll. Schaut mal her, wie gut er drauf ist. Schaut mal die Bilder an, wie er lächelt. Und dann wird er gelobt und denkt sich vermutlich: Wenn ich in dieses Ding da vorne hineinschaue, dann stehe ich immer im Mittelpunkt. Was will ich mehr?“ Ich kann allen Eltern nur raten, diese Zeit auszukosten und in sich aufzunehmen. Es werden andere Zeiten kommen! Ich garantiere ihnen: Später wird ein Mensch nie mehr so gelobt, nur weil er in eine Kamera schaut.

Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht“. Das Herz ist der Sitz meiner Gefühle. Vom Herzen her zeige ich, wie es mir geht und welche Empfindungen ich habe. Deshalb wird auch Liebe mit einem Herzen dargestellt. Da kommen zwei Herzen zueinander, wenn es zwischen zwei Menschen funkt. Deshalb ist es ja auch so wichtig, dass ich als Mensch lerne, meine Gefühle wahrzunehmen und über sie zu reden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass ich dem anderen mit Worten sage, wer er für mich ist und dass ich ihm von ganzem Herzen liebe. Die Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa hat einmal gesagt: „Ein fröhliches Herz entsteht normalerweise nur aus einem Herzen, das vor Liebe brennt“. In mir brennt dieses Feuer voll Liebe und dann kann ich auch diese Freude zeigen, die meinem Gesicht diese Fröhlichkeit verleiht.

Und wie sieht es dann aus, wenn es mir schlecht geht? Wenn ich traurig bin oder Trauer habe? Wenn ich voller Probleme stecke und nicht weiß, wie der morgige Tag aussehen kann und wird? Ich habe zwei Möglichkeiten. Ich bin ganz traurig und wie gelähmt. Ich scheue jeden Menschen. Ich will nicht mehr am Leben teilnehmen. Wird dadurch das Schwere überwunden? Wird es im Leben besser?

Oder ich versuche, mich dieser Trauer zu stellen. Ich äußere meine Gefühle. Ich will aber in das Leben wieder hineinfinden. Ich gehe unter die Leute und baue wieder Beziehungen auf. Dann sind die Probleme immer noch da und die Trauer ist nicht einfach weggeblasen. Aber diese Trauer hat keine Macht mehr über mich. Ich kann dieses Leben wieder neu leben. Vielleicht gibt es auch noch eine ganz andere Möglichkeit, dieses Schwere zu überwinden. Ich treffe die Entscheidung, mich einer neuen Freude und Fröhlichkeit zu öffnen trotz allem Schweren im Leben. Ich will dieses „Dennoch des Glaubens“ leben, von dem der Ps 73 spricht: „Dennoch bleibe ich stets bei dir“.

  1. Luther hat einmal gesagt: „Viel Reichtum tröstet nicht so sehr wie ein fröhliches Herz“. Er rückt damit die Verhältnisse im Leben wieder zurecht. Es geht darum, dass Menschen Liebe und Zuneigung weitergeben. Sie sollen erkennen, wie wichtig mein Mann/meine Frau an meiner Seite ist. Sie sollen im Heute leben können und ihre ganze Liebe den Kindern und der Familie weitergeben. Sie sollen spüren, wie diese Liebe mein Angesicht verändert und damit auch meine Umwelt. Ich will nicht mit einer Schnute herumlaufen. Ich will im Dennoch aller meiner persönlichen Probleme und aller Weltkonflikte lernen, dieses Leben als ein Geschenk anzunehmen und Fröhlichkeit leben. In Anlehnung an die Bergpredigt haben Christen das einmal so ausgedrückt: „Selig die, die lächeln können und kein böses Gesicht machen; ihre Wege werden sonnenbeschienen sein“.

Amen

Gott bringt Farbe in dein Leben (Matth. 9, 9 – 13, Pfarrer Gerhard Metzger)

Predigt zum Gemeindefest
Matth. 9, 9 – 13
Prediger: Gerhard Metzger, Pfarrer
Altensittenbach, 13.07.2014

Liebe Gemeinde,

die Älteren unter uns kennen vermutlich noch das vielleicht bekannteste Lied von Hildegard Knef: „Ich brauch Tapetenwechsel, sprach die Birke und macht sich in der Dämmrung auf den Weg. Ich brauche frischen Wind um meine Krone, ich will nicht mehr in Reih und Glied in eurem Haine stehn, die gleichen Weise sehen, die Sonne links am Morgen, abends rechts“.

Es ist Bild dafür, dass Menschen in einer Situation sind, die sie als gleichförmig und eintönig empfinden. Sie wollen etwas Neues, etwas Aufregendes – heraus aus dem täglichen Allerlei. Sie wollen eine neue Perspektive gewinnen. Sie stellen sich die Frage: Welche Blickrichtung habe ich heute? Wohin und worauf soll mein Leben in der nächsten Zeit gerichtet sein? Was ist mir wichtig und ich investiere darin Zeit?

Manchmal sind es auch äußere Gründe, die zu solch einem Perspektivenwechsel führen. Überforderung am Arbeitsplatz, Krankheit oder Verlust eines geliebten Menschen können das z.B. sein. Aber es kommt zu einer Veränderung in mir selbst und damit auch in den Beziehungen zu den Menschen, die mir nahe stehen.

Und nun schaue ich hier auf den Zöllner Matthäus. Er hatte alles, was sich Menschen im Leben wünschen. Er war reich, er hatte ein gesichertes Einkommen. Er hatte zwar auch viele Gegner, aber auch viele Freunde. Wie das bei jedem von uns auch ist. Er hatte ein geordnetes Leben. Die Tage gingen dahin ohne viel Aufsehen. Vermutlich hatte dieses Leben nicht sehr viele Höhepunkte, aber es hatte wohl auch nicht große Schwierigkeiten und war nicht mit existentiellen Nöten verbunden. Dennoch – da kommt ein Mann aus Galiläa daher und spricht diese kurze Aufforderung: „Folge mir!“ Und sofort macht sich Matthäus auf und folgt ihm nach.

Liberal eingestellte Menschen gehen jetzt in die Luft und sagen: Das ist Manipulation! Das ist Zwang! Das ist diktatorisch! Das gehört verboten! Ich habe schon einmal eine Diskussion mit jemandem darüber geführt, der meinte, solch ein Aufruf zur Nachfolge gehört in einem demokratischen Land verboten. Da ist das Denken ja ganz ausgeschaltet! Tatsächlich lese ich nichts darüber, warum Matthäus diesem Aufruf sofort gefolgt ist. Darüber könnte ich höchstens spekulieren. Will ich aber nicht. Ich stelle fest: Ihm genügt, was Jesus sagt und er folgt ihm. Er hätte ja auch anders reagieren können. „Herr, jetzt noch nicht. Lass mir noch ein wenig Zeit, ich muss mir das erst noch genau überlegen. Ich will noch meine Angehörige fragen. Ich muss noch ein paar private Dinge erledigen. Ich muss noch die notwendigsten Sachen mit meiner Frau klären und sie über meine Zukunftspläne mit dir unterrichten“.

Nein, so reagiert er nicht – dieser Mann. Irgendwie hat es ihn gepackt und er handelt – bedingungslos, ohne Nachfrage, alle Risiken ausweichend. Er folgt dem Ruf, steht auf und geht mit Jesus mit.

Bei der Begegnung mit Jesus gibt es für ihn keine Mittelwege, keine Halbheiten und auch keine Zugeständnisse. Es ist eine besondere Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Bibel nennt das „Kairos“. Plötzlich sind alle Fragen und Vorbehalte weg und es kommt zur Tat. Für Matthäus beginnt ein neues Leben, das Leben mit Christus.

Matthäus hört auf diesen Menschen, der für ihn zu dieser Zeit nicht mehr als ein jüdischer Gelehrter – ein Rabbi – ist. Aber er hört in diesem Jesus v. Nazareth einen Mann, der für ihn neues Leben geben kann. Er schaut auf diese Person und erkennt in ihm jmd., der ihm neue Lebenswege schenken wird. Er schaut auf diese Person und erkennt in ihm die Liebe Gottes.

Das ist die Spur für uns. „Gott bringt Farbe in dein Leben“ ist das Motto an diesem Gemeindefest. Diese Farbe von Gott kommt in unser Leben, weil Gott jeden einzelnen von uns in seiner Persönlichkeit geschaffen hat. Wir sind vor Gott keine Massenware wie wir das von diktatorischen Gesellschaften gewohnt sind. Alle in derselben Uniform, alle müssen dasselbe denken und entsprechend handeln. Wehe, es hat jmd. eine andere Überzeugung? Alles muss gleichgeschaltet sein! Nein, bei Gott hat jeder mit seiner Persönlichkeit einen Platz und ist wertvoll geachtet. Da werden Menschen herausgerissen aus ihren scheinbar so angestammten Positionen und Werten. Matthäus als Zöllner hatte in der damaligen Gesellschaft seine bestimmte Rolle. Darin wurde er festgenagelt. Und dann kommt Jesus und er lässt das alles zurück. Das bedeutet für mich: Wenn Gott Farbe in mein Leben bringt, dann stelle ich mich auch darauf ein, dass mein Gegenüber eine bestimmte Persönlichkeit hat, die wertvoll ist. Aber sie entspricht nicht immer meinen Wünschen.

Der Andere hat Eigenschaften, die mir nicht gefallen und die ich dennoch verstehen muss und kann. Spätestens in einer Ehe wird das offenbar, dass der andere nicht nach meinen Wünschen gebacken ist und ich ihn dennoch liebe! Diese Farbe Gottes ist das spüren, dass Gott mit mir eine Beziehung aufbaut und ich in der Beziehung zu anderen Menschen leben kann. Wenn ich mich darauf einlasse, kann das zu einer radikalen Lebensveränderung führen. Dann entscheiden nämlich nicht immer die vom Kopf und Denken geprägten Handlungen. Dann spielt das Gefühl eine große Rolle. Dann kommt mein Herz zum Tragen. Dann gelten unter Umständen nicht mehr irgendwann einmal aufgestellte Konventionen.

Vor allem auch: Die Kritiker treten auf und hinterfragen mich. „Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“ fragen die frommen Pharisäer. Das war nämlich verboten, dass ein frommer Jude mit den Zöllnern isst. Aber Jesus setzt sich darüber hinweg. Er schert sich nicht um solche „angeblich frommen“ Meinungen und Haltungen. Er ist ganz auf die Person ausgerichtet und sieht ins Herz. Und in diesem Herzen von Matthäus leuchtet es wie ein Regenbogen. Farbe ist in sein Leben gekommen, weil Jesus das Dunkle in ihm übermalt hat. Er spürt, dass durch Jesus neue Gemeinschaft mit anderen Menschen entsteht. Mit anderen Menschen Jesus nachfolgen und mit allen essen und trinken und Gemeinschaft zu haben. Mehr Farbe im Leben geht nicht. Das wünsche ich allen, die heute mit uns diesen Tag verbringen. In der Mitte steht Jesus! Und genau mit ihm werden wir feiern und Farbe in unser Leben lassen.

Amen