Archiv der Kategorie: Allgemein

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 85 vom 08.06.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Heute haben wir den 08.06.2020. Das ist mitten in den Pfingstferien. Viele haben sich schon an die neuen Lockerungsbeschlüsse der Regierungen gewöhnt. In Gesprächen höre ich die Hoffnung auf Veränderung der Situation. Das Krankensystem hat den Test bestanden und die ganz düsteren Voraussagen sind – Gott sei Dank – nicht eingetroffen.

Auch in meinen Texten spiegeln sich langsam aber sicher zwei Richtungen: Rückblick was in den letzten Wochen war mit all den Befürchtungen – Ausblick nach vorne mit allen Erwartungen. Ich merke das auch dadurch, dass ich wieder schwerer Menschen per Telefon erreiche. Vermutlich fast jede/r Pfarrer/-in hat sich am Beginn des Lockdwons überlegt, wie Präsenz erhalten werden kann. In den ersten beiden Wochen habe ich Büroarbeiten aufgearbeitet. Im Nachhinein frage ich mich, wann ich die bei „normaler“ Arbeit in der Passionszeit hätte tun können. Schließlich fallen in dieser Zeit auch die Vorbereitungen zu den Osterfeierlichkeiten.

Dann kam der 1. April und bei mir stand die Frage an, wie ich Kontakt zu Menschen halten kann. Meine Idee war: Alle Geburtstagskinder von 1 – 100 anzurufen. Gut. Hundertjährige hatte ich nicht. Aber es waren im April 109 und im Mai 124. Insgesamt also 233. Das sind genau 17 % aller Gemeindemitglieder aus Altensittenbach und Oberkrumbach. Ich bin froh und dankbar, dass kein einziger sich überrumpelt gefühlt hat. Die meisten Angerufenen haben sich sehr gefreut. Etwa 10 Personen habe ich mit einer Karte oder per Mail kontaktiert, weil ich keine Telefonnummer hatte.

Zum 31.05.2020 habe ich diese Aktion beendet. Ich selbst stehe wieder in  Vorbereitung vor allem von Gottesdiensten und in den Pfingstferien vertrete ich insgesamt vier Kollegen. Fast bin ich ein wenig traurig, dass die Zeit für die Telefonanrufe nicht mehr da ist. Es war eine schöne Erfahrung für mich, auch mit Leuten zu reden, mit denen ich vorher oft kein einziges Wort gesprochen hatte.

Natürlich hat Jesus nicht ein Telefon im Blick gehabt, als er die Jünger aussandte. Aber ein Wort war mir bei jedem Anruf ganz wichtig: Den Segen Gottes ins Haus zu bringen. Jeder Angerufene sollte hören und merken, wie wichtig er für Gott ist. Jesus hat zu seinen Jüngern gesagt: „Wenn ihr in ein Haus kommt, sprecht zuerst: „Friede sei diesem Haus“. (Lukas 10, 5). Und diesen Segenswunsch an so viele Menschen weiterzugeben, war mir ganz wichtig.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 84 vom 07.06.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Prädikant Alexander Krause:

Trinitatis

Jerónimo Cosida

Dies ist aber der katholische Glaube: Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne Vermengung der Personen und ohne Trennung der Wesenheit. Eine andere nämlich ist die Person des Vaters, eine andere die des Sohnes, eine andere die des Heiligen Geistes. Aber Vater und Sohn und Heiliger Geist haben nur eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Majestät. […] Wer daher selig werden will, muss dies von der heiligsten Dreifaltigkeit glauben.

Athanasisches Glaubensbekenntnis
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Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 83 vom 06.06.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit (dieser Artikel ist auch erschienen im Landwirtschaftlichen Wochenblatt vom 20.05.20216

Das Einmaleins Gottes

Das war für mich als Schüler der 6. Klasse Hauptschule immer eine besondere Stunde. Die Lehrerin spielt mit uns die sog. Rechenleiter. Immer ein Mädchen kämpfte gegen einen Jungen. Die Pädagogin nannte eine Rechenaufgabe. Wer diese zuerst im Kopf lösen konnte, dessen Mannschaft erhielt einen Punkt. Kopfrechnen war meine Lieblingsbeschäftigung und so blieb ich am Schluss immer übrig und auf der anderen Seite war ein besonders schlaues Mädchen. Mit 11 Jahren hat mich am anderen Geschlecht auch nur das interessiert, dass wir Jungs den Wettkampf gewinnen.

Rechnen und Mathematik ist logisch und dennoch auch irgendwie kompliziert. Vor allem auch dann, wenn es um das Einmaleins Gottes geht. Morgen feiern Christen das Fest Trinitatis. Es wird auch Dreieinigkeitsfest genannt. 1 + 1 + 1 = 1. Wie viele schlaue Vorlesungen hörte ich darüber in meiner Studienzeit, wie viele Diskussionen gab es zu diesem Thema in meiner Tätigkeit als Pfarrer, wie viel Kopfschütteln sah ich bei anderen Menschen, wenn ich versucht habe, das zu erklären?

Es ist auch nicht leicht zu verstehen und ich denke an ein biblisches Wort von Paulus aus dem Römerbrief: „O welch eine Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes“ (cap 11,33). Aber diese Lehre von der Dreieinigkeit Gottes ist auch eine philosophische und theologische Aussage. Dabei ist das vielleicht sogar einfacher zu nehmen als auf dem ersten Blick zu sehen.

Gott ist immer der einzige Gott. Von Anbeginn der Schöpfung – auf seinem Weg mit dem Volk Israel – mit seinem Sohn Jesus Christus – mit Kreuz und Auferstehung! Gott ist und bleibt der Eine. Aber auf verschiedene Art und Weise wird er für uns Menschen sichtbar und greifbar. Gott, der Schöpfer: Er hat diese Welt ins Leben gerufen und schenkt dir Leben auf dieser Erde. Gott, in seinem Sohn Jesus Christus: Wir müssen unsere Sorgen und Probleme, unsere Schuld und inneren Verletzungen nicht alleine und ständig mit uns herumtragen. Er – Jesus – hat sie für uns ans Kreuz geheftet. Gott, mit seinem Heiligen Geist: Er lässt uns nicht allein auf dem Weg des Glaubens. Er schenkt uns seine Kraft, die uns Freude schenkt und uns trägt in schweren Stunden. Er wohnt in uns. „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1. Kor 3, 16).

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 82 vom 05.06.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfr. Dr. Christian Weitnauer

Rallentando“ soll man manche Passagen auf dem Klavier spielen. „Langsamer werdend“. „Rallentare“ soll man sein Auto in Italien, „verzögern“, wohl meistens: bremsen. Nicht, weil Bremsen so schön ist, nicht, um die Bremsen zu testen, nein, sondern weil eine scharfe Kurve kommt oder ein Stau. Und zur Zeit gilt für vieles im Leben: „Rallentando“: Langsamer! Corona around!

Rallentare“: Nicht gleich zehn Pfund Nudeln und drei mal acht Rollen Klopapier einkaufen, sondern morgen, übermorgen ein Pfund, und Klopapier erst, wenn nur noch drei Rollen daheim sind. Man kann sogar dazulernen und seine Toilettenhygiene nach islamischem Muster weitgehend mit Wasser und mit wenig Papier durchführen. Langsamer kommunizieren und reagieren. Nicht gleich die neuesten Schuldzuweisungen weitererzählen, sondern morgen, vielleicht übermorgen, oder gar nicht. In meiner Schulzeit galt: Wenn ein Schüler dem Chef eine Beschwerde vortragen wollte, sollte er das möglichst nicht am Tag des auslösenden Ereignisses, sondern erst am nächsten Tag tun. Über Nacht waren die ersten Emotionen verraucht und eine sachlichere Darstellung des Problems möglich.

Rallentare“: Weniger, nein, gar nicht treffen sollen wir uns dieser Tage, jedenfalls uns nahekommen. Termine verschieben wir, Feiern, Konfirmationen, Trauungen, Taufen. Schmerzlich, aber offenbar unumgänglich. Vieles muss liegenbleiben, einiges wird gar nicht mehr stattfinden. Gottesdienste, so hat unsere Regierung festgestellt, sind keine zwingend notwendigen Veranstaltungen. Vorbei die Zeiten, als Buß‐ und Bettage von der Regierung angeordnet wurden. Unser Leben ist durcheinander, jedenfalls was unsere Planungen angeht. Unsere Kinder und Enkel*innen brauchen uns deutlich mehr als sonst. Und unsere Eltern, Großeltern und alle, die sich noch mehr in Acht nehmen sollen als wir selbst. Ur‐menschlich, dass wir nun von Gott ein „Accelerando“ erwarten. Schnell machen soll Gott, schneller! Wir sind nicht die Ersten mit solchen Erwartungen. „Eile, Herr, mir zu helfen“, so lesen wir mehrmals in den Psalmen. Urmenschlich dürfen wir sein vor Gott. „Hilfe! Mach schnell, Gott! Sonst geht hier so viel den Bach runter! Pläne zerrinnen und wir sind alle ein bisschen wie im Gefängnis. Und bei nicht ganz wenigen Mitmenschen droht das Geld knapp zu werden.“

Ich wünsche uns, dass wir den cantus firmus unseres Lebens in diesen Tagen nicht überhören, zwischen Rallentando und Accelerando: „Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl“. Geschrieben von Paul Gerhardt in der Nachkriegszeit 1653 (EG 361 Befiehl du deine Wege, Vers 7).

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 81 vom 04.06.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Gott hat den Mose im hohen Alter in eine neue Berufung gestellt. Mose hatte die Fähigkeit, das zu erkennen, weil er das Zeichen Gottes in Form eines brennenden Dornbusches, der nicht verbrannt ist, bemerkt hat. Diese Geschichte wird den Kindern im Religionsunterricht in der vierten Klasse erzählt. In der Regel sind sie davon fasziniert. Schon das äußere Drumherum ist merkwürdig. Auch dass ein brennender Dornbusch nicht verbrennt, ist mit dem Verstand nicht zu begreifen. Bei Rückfragen dazu sage ich: „Was meinen die anderen dazu?“ Die Antwort lautet fast immer: „Gott kann das schon. Er ist ja Gott. Der Mose sollte dadurch doch aufmerksam werden“.

Ich finde, das ist eine gute Antwort. Spannend wird es, wenn die Antwort von Mose auf seine Berufung von Gott überdacht wird. Mose fragt nach den Namen von Gott? Der Name zeigt etwas vom Charakter des anderen. „Nomen est omen“ sagt dazu der Lateiner. Luther übersetzt die Antwort Gottes mit „Ich werde sein, der ich sein werde“ (2. Mose 3, 15. Im hebräischen Urtext steht nur ein einziges Wort: „JHWH“. Im Hebräischen werden keine Vokale geschrieben. Wir umschreiben diese vier Buchstaben mit „Jahwe“. Die hebräische Schreibweise wird deshalb auch „Tetragramm“ genannt. Luther übersetzt konsequent mit „HERR“, also mit vier Großbuchstaben um der hebräischen Form nahe zu kommen. Bei der Übersetzung mit „Ich werde sein, der ich sein werde“ stehe ich in der Gefahr, das Sein Gottes zu beschreiben. Das ist aber nicht gemeint. Es geht nicht um eine Beschreibung des Seins von Gott. Das Gebot, „sich kein Bildnis von Gott zu machen“ (2. Mo 20,) ist ganz wichtig. Ich soll mir Gott nicht vorstellen.

Gemeint ist mit Jahwe eine Beschreibung der Beziehung. Ich frage die Kinder danach, wie sie den Gottesnamen übersetzen können, damit eine Beziehung ausgedrückt werden kann. Ich bin immer wieder überrascht, wie das gelingt. Sie formulieren als deutsche Übersetzung den Namen „Jahwe“ dann so: „Ich bin für Dich da“, „Du kannst mir vertrauen“, „Ich lasse Dich nicht allein“, „Ich bin an jedem Ort, wo Du auch bist“, „Du brauchst keine Angst mit mir haben“, „Ich bin dein himmlischer Vater und du bist mein Kind“. Ich finde, dass die Schüler/-innen der vierten Klasse gut den Gottesnamen beschreiben. Zuletzt schlage ich eine Brücke zum Neuen Testament und verweise auf die letzten Worte von Jesus an seine Jünger im Matthäusevangelium. An dieser bekannten Stelle hat Jesus den Gottesnamen Jahwe sehr gut mit folgenden Worten übersetzt: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matth. 28, 20b).

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 80 vom 03.06.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Da steht er nun. Auf einem Hirtenstock gebeugt schaut er in die Gruppe der Schafe. Er ist 80 Jahre alt (deshalb beim Update 80) und sein Leben hat er scheinbar hinter sich gebracht. Was hat er noch zu erwarten? Weil alles ruhig ist, kreisen seine Gedanken zu vielen Lebensstationen zurück. Hat er alles richtig gemacht? Hätte er in bestimmten Situationen anders handeln sollen? Hätte er eine Karriere haben können? Hat er seine Berufung verfehlt? Gut, er konnte eine Familie gründen und Menschen hat er Lebenssicherheit gegeben. War es das schon? In diesem Alter – was sollte noch kommen?

Er schaut auf und stutzt. Irgendetwas ist heute anders. Ja, da vorne blitzt etwas auf. „Habe ich noch nie hier gesehen. Muss ich mir mal näher anschauen“ – so denkt er sich. Weil die Schafe ruhig sind, traut er sich einige Schritte in Richtung dieser Helligkeit zu machen. Er erkennt, dass es sich um ein Feuer handelt. Aber es brennen immer wieder in der Wüste solche Sträuche bei starker Sonneneinstrahlung. Er versinkt wieder in seinen Gedanken und schaut erst nach einer Weile wieder auf. „Das gibt es doch nicht. Das Feuer ist immer noch da“. Sein Interesse wächst.

Er macht etwas, was für einen Hirten nicht sein darf. Er verlässt die Herde und geht auf das Feuer zu. Diese besondere Erscheinung gilt seine ganze Aufmerksamkeit. „Es wird mit der Herde schon nichts sein“ – denkt er noch. Das Feuer brennt und brennt. Als er schon ziemlich nahe getreten ist, hört er eine Stimme und sieht im Feuer einen Engel. Es ist die Stunde zu seiner Berufung. „Mose! Mose! Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! Ich bin der Gott, deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“.

Der Mann ist Mose. Er erkennt sofort, dass jetzt in diesem Augenblick die Stimme Gottes direkt zu ihm spricht. Deshalb verhüllt er sein Angesicht vor der besonderen Gegenwart Gottes. „Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen…Ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Land in ein gutes und weites Land, in eine Land, darin Milch und Honig fließt…so gehe du nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst“.

Mit 80 Jahren bekommt Mose diesen Auftrag. Er hatte mit seinen Lebenszielen vielleicht schon abgeschlossen. Er hatte sich damit abgefunden, dass er statt einer Laufbahn als Prinz beim ägyptischen König „nur“ ein Hirte geworden war. Aber er hat im entscheidenden Moment die Stimme Gottes gehört und ein Ja gefunden. Und darauf kommt es an, egal wie alt ich bin und welchen Beruf ich gelernt oder ob ich mit Lebenszielen schon abgeschlossen habe. Vielleicht hat Gott immer noch eine neue Berufung für Dich. Und dabei gilt es durchaus eigene Widerstände zu überwinden. Das war auch bei Mose der Fall. Und diese besondere Geschichte ist im 2. Buch Mose im 3. Kapitel sehr schön nachzulesen. Aber dazu mehr beim morgigen Update.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 79 vom 02.06.2020

Tägliche Gedanken von Pf.r Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, im dunkeln Laub die Goldorangen glühn, ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? Kennst du es wohl? Dahin! Dahin möchte ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn“.

Das ist kein biblischer Text und auch kein Gesangbuchlied. Es ist eine besondere Dichtung von Johann Wolfgang von Goethe. Er beschreibt darin in einzigartiger Weise seine Eindrücke, die er während seiner 19-monatigen Reise in Italien hatte und die er am 03.09.1786 begann. Tagebuchartig beschreibt er die Gefühle und Erlebnisse seiner Route.

Auch am Gardasee gibt es überall die Spuren dieses Dichters zu sehen. Heute am 02. Juni 2020 wollten meine Frau und ich in dieser Region den diesjährigen Urlaub antreten und 14 Tage dort verbringen. Er fällt aus. Und so können wir beide in diesem Jahr diese besondere Atmosphäre am Gardasee nicht einatmen. Im vergangenen Jahr haben wir beim Gottesdienst in Arco ein Ehepaar aus Hersbruck getroffen. Vor zwei Wochen treffe ich zufällig den Mann am Hersbrucker Bahnhof rechts der Pegnitz. Er hält an und sagt: „Herr Metzger. In diesem Jahr treffen wir uns ja leider nicht in Arco im Gottesdienst“. Da klang schon ein wenig Wehmut heraus. Er hat mir erzählt, dass er seit 25 Jahren dort hinfährt.

Am westlichen Uferrand gibt es die Ortschaft Limone. Es hat kaum über 1000 Einwohner und ist in normalen Zeiten überfüllt. Dort wird die Aussage gepflegt, dass es die Gegend mit dem nördlichsten Anbaugebiet der Zitrone ist. Und dass von dieser Frucht auch der Name “Limone“ kommt. Am Hang haben die Einheimischen die „Limoneia“ gebaut. Dort kann auf Terrassen die Geschichte dieser besonderen Frucht erkundet werden. Diese Herleitung des Namens „Limone“ aus der Zitronenfrucht ist zwar vermutlich ein „Fake“, aber Touristen stören sich daran nicht. Der Name rührt wahrscheinlich von der Bezeichnung „Limes“ und steht für Grenze, weil Limone einst die Grenze der Republik Venedig und Österreich war.

Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus“ – so sagt ein Sprichwort. Ich soll mich also nicht von meinen schwierigen Tagen zu sehr beeinflussen lassen, sondern das Gute und Schöne auch in schwierigen Zeiten entdecken. Ein Wort wie geschaffen zur Coronakrise. Ich war natürlich neugierig, ob es das Wort „Zitrone“ auch in der Bibel gibt. Hat das Sprichwort vielleicht sogar auch einen biblischen Ursprung im Wortlaut?

Da frage ich doch mal Herrn Google. Das Wort „Zitrone“ gibt es im Alten Testament nicht. Aber ich finde tatsächlich einen mir bisher anderen unbekannten Hinweis. Beim jüdischen Laubhüttenfest spielt sie eine wichtige Rolle. Sie gehört zum vorgeschriebenen Feststrauß neben Palmzweig, Myrtenzweig und der Bachweide. Als religiöses Symbol steht sie für die religiöse und nationale Einheit der Juden. Sie ist im Heiligen Land auf zahlreichen Fresken, Mosaiken, Grabmälern und rituellen Gegenständen ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. zu sehen. Beim Gebet wird sie in der linken Hand gehalten, die anderen drei Pflanzen zusammengebunden in der rechten Hand.

Wer hätte das gedacht, dass die Zitrone solch eine besondere Bedeutung im Judentum hat! Daran werde ich heute an diesem Tag ganz besonders denken. Immerhin ist der 2. Juni für die Italiener der Nationalfeiertag. Es wird an die Gründung des gegenwärtigen Nationalstaates gedacht. Und vielleicht klappt es ja wieder in einen der nächsten Jahren. Dann werde ich in Limone sul Garda mir eine Zitrone in die linke Hand nehmen und an die alttestamentliche, jüdische Bedeutung dieser Frucht denken.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 78 vom 01.06.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Heute ist der Pfingstmontag. Bei diesem Tag gehen mir hier in Altensittenbach immer zwei Gedanken durch den Kopf. Einmal denke ich daran, dass an diesem Sonntag seit vielen Jahren ein ökumenischer Gottesdienst aller Kirchengemeinden von Hersbruck gefeiert wird. Abwechselnd in der Stadtkirche und in der katholischen Kirche feiern Christen unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam den Gottesdienst. Es ist jedes Mal eine bewegende Feier und ich freue mich, dass dies in unseren Zeiten möglich ist.

Der andere Gedanke ist für einen Altensittenbacher wohl noch wichtiger. Am Pfingstmontag feiern mehr als tausend Leute die sog. „Hansgörglkirchweih“. Warum und seit wann es dieses Treffen gibt, weiß offenbar keiner mehr so richtig. Aber es ist so wichtig für die Einheimischen, dass selbst im Einheitsvertrag von 1976 fest geschrieben worden ist, dass nur Altensittenbacher Betriebe dort verkaufen dürfen. 1976 kam Altensittenbach zu Stadt Hersbruck und ist seitdem der größte Ortsteil. Allerdings gab es damals vor 44 Jahren noch mehrere Dorfgastwirtschaften.

In den 90-er Jahren gab es eine Initiative, diese „Kirchweih“ mit einem Gottesdienst zu beginnen. 1997 wurde ich zum ersten Mal gefragt, ob ich das weiterführen würde. Ich war natürlich sofort dabei. „Kirche soll zu den Menschen kommen“. Das ist eine Leitlinie von mir (siehe Update 49 vom 03.05.2020). „Der Gottesdienst soll aber sehr früh sein, Herr Pfarrer“ wurde mir gesagt. „Wir wollen nicht stören, wenn die Leute in Scharen kommen“. Ich habe bei diesen Worten eines Altensittenbachers ein wenig gestutzt. Aber versuchen kann ich es ja einmal. Der Gottesdienst fand praktisch vor leeren Rängen statt. Posaunenchor und Sängerbund gaben sich große Mühe, den Gottesdienst musikalisch auszugestalten. Ich bin ihm da heute noch dankbar.

Irgendwie hatte ich dennoch ein ungutes Gefühl. Gut. Noch einmal einen Versuch und noch einmal. Aber nach vier Jahren haben wir das beendet. Irgendwie hatten ich und die anderen Mitarbeiter/-innen den Eindruck, das passt nicht. Aus dem „wir bieten uns an“ war wohl ein „wir biedern uns an“ geworden. Gottesdienst auf Abstand bevor die Leute kommen um nicht zu stören. Das ging einfach nicht. In Coronazeiten ist das vielleicht ein „humorvoller“ Gedanke. Nicht aber grundsätzlich. Manchmal ist es anscheinend wichtig, als Mensch da zu sein und mit Menschen zu reden ohne gleich einen Gottesdienst anbiet(d)e(r)n zu müssen. Das ist nicht immer leicht zu erkennen. Aber auch Jesus zieht sich immer wieder zurück. Auch er geht nicht immer hinein in die Masse. „Distanz“ und „Nähe“ zu erkennen, das ist vermutlich wichtig, wenn auch nicht immer einfach.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 77 vom 31.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich schreibe euch jetzt den griechischen Namen für 50 an die Tafel. Schaut einmal genau hin und versucht zu erkennen, welches für euch auch schon bekanntes Wort im Namen steht. Ich schreibe euch die Zahl in lateinischen Buchstaben hin“. Diese Ankündigung erweckt bei den Schüler/-innen der vierten Grundschulklasse in der Regel erhöhtes Interesse. Ich schreibe in Druckbuchstaben folgendes Wort: „PENTEKOSTE“. Zuerst sehe ich erstaunte Gesichter. „Schaut einmal auf den Anfangsbuchstaben. Dann schaut auf die letzten drei Buchstaben. Jetzt noch ein wenig mit Phantasie hinschauen und dann entdeckt jemand von euch das gesuchte Wort und soll es nennen“. Tatsächlich. Noch nicht ein einziges Mal wurde die Lösung nicht genannt. In diesem Wort „PENTEKOSTE“ steckt das Wort „Pfingsten“.

Für mich ist es immer wieder faszinierend, dass eine Zahl solch eine Wirkung hatte. Was da in Jerusalem genau 50 Tage nach Ostern  geschehen ist, hat nicht nur die Christenheit, sondern die ganze Welt verändert. Die Juden feierten an diesem Tag das Wochenfest, ein Erntedankfest. Schon so bald, weil es in der Klimazone von Vorderasien in der Regel zwei Ernten gibt. „Eine Zahl verändert die Welt“ – so könnte die Schlagzeile lauten.

Denn an diesem Tag haben sich die Jünger verändert. Vorher waren sie ängstlich und hielten sich vermutlich versteckt und zurückgezogen auf im „Obergemach des Hauses, wo sie sich aufzuhalten pflegten“ (Apostelgeschichte 1, 13). Aber sie waren „alle stets beieinander einmütig im Gebet samt den Frauen und Maria, die Mutter Jesu, und seinen Brüdern“ (Apg 1, 14). Sie hatten die Verheißung von Jesus selbst. „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1, 8). Aber noch war es nicht so weit. Noch mussten sie auf die Erfüllung des Wortes von Jesus warten, das er ihnen 10 Tage vorher auf dem Ölberg gegeben hatte.

Es ist ein Gleichnis für mich. Verheißungen Gottes werden nicht sofort erfüllt. Oft genug habe ich in meinem Leben auch warten müssen. Oft ist es auch anders gekommen. Aber immer galt es, im Gebet dem Wort Gottes zu vertrauen. Und fast immer hat es in mir eine Veränderung gegeben.

In der Pfingstgeschichte wird das überdeutlich. Der Heilige Geist fällt auf die Jünger, erfüllt das ganze Haus und die Jünger verändern sich. Aus den ängstlichen Männern werden bekennende Christen. Petrus tritt auf und redet mutig zu den Menschen auf der Straße. Die Jünger wurden „vom heiligen Geist erfüllt und fingen an, zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen“ (Apg 2, 4). In diesem Augenblickhat der Heilige Geist ganz von ihnen Besitz ergriffen. Es war ein besonderer Moment. Es ist wichtig, dass Christen solche ganz besondere Momente im Glauben mit Gott erleben. Das stärkt ihr Vertrauen in Gott und gibt ihnen Mut wie Petrus zu bekennen: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes“. Und vielleicht spüren das auch und nicht nur die Schüler/-innen einer vierten Grundschulklasse im Religionsunterricht.

Wenn Corona will, steht (noch) vieles still, Update 76 vom 30.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Papa. Warum stehen denn Birken vor der Eingangstür der Kirche?“ Das war die Frage des siebenjährigen Gerhard an seinem Vater am Pfingstsonntag 1965. Rechts und links standen kleine Bäume mit dieser markanten weißen Rinde. Mein Vater hat mir dann erklärt: „Die Birken heißen auch noch Maien. Denke an den Maibaum, der auch eine Birke ist. Und die Buben stellen ihren Freundinnen am Abend vor dem 1. Mai eine Birke vor das Haus als Ausdruck ihrer Liebe. Und dann pass heute besonders auf die Lieder im Gottesdienst auf. Vielleicht wird das Lied „Schmückt das Fest mit Maien“ gesungen. Es ist eine Anspielung auf diesen Brauch“.

Natürlich habe ich besonders aufgepasst. Tatsächlich: Auf der Liedertafel war 107 angesteckt. Im alten Gesangbuch, das bis 1994 im Gebrauch war, stand dieses Lied bei dieser Nummer. Seitdem liebe ich besonders dieses Pfingstlied und es steht – Gott sei Dank – auch im neuen Gesangbuch unter der Nummer 135. Ich will es unbedingt morgen am Pfingstsonntag wieder singen lassen. Halt! Geht ja nicht! Dann soll es gespielt und vorgesungen werden.

Den Brauch, zu Pfingsten zwei kleine Birken an die Eingangstür der Kirche hinzustellen, habe ich auch in Altensittenbach vorgefunden. Richard Sperber hat von diesem Brauch gewusst und ihn gepflegt. Er war Stadtgärtner und hatte eine besondere Liebe zu Blumen und zur Natur. Auch sonst hat er sich rührend um solche Sachen gekümmert. Vor seiner Goldenen Konfirmation kam er zu mir und meinte: „Ich kümmere mich bei unserem Festgottesdienst um den Blumenschmuck in der Kirche“. Für die Weihnachtszeit hat er eine Krippe in besonderer Weise zusammengestellt und aufgebaut. Am 23.12.2017 und damit einen Tag vor dem Hl. Abend wurde er bei einer übergroßen Trauergemeinde kurz vor seinem 70. Geburtstag beerdigt.

Das Symbol der „Birke“ ist also ein Zeichen der Liebe nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Gott und dem Menschen. Und weil diese Liebe eine Frucht des Hl. Geistes (Galaterbrief 5, 22) ist, finde ich diesen Brauch des Aufstellens von einer Birke am Pfingstfest sehr schön und wichtig.

Beim Lied selbst steht unten der Hinweis Ps 118,27. Es ist der Wochenpsalm vom Pfingstfest. Ich kann es aber nicht glauben, dass das Wort „Maien“ so in der Bibel steht. Also schaue ich mal in einem Bibelkommentar nach um den hebräischen Urtext zu ergründen. Ich lese: „Bindet den Festreigen mit Seilen bis an die Hörner des Altars“. Wahrscheinlich gab es im alten Israel einen heiligen Tanz und der Altar wurde umkreist. Bei diesem feierlichen Umgang wurden die Enden von Seilen um die Hörner des Altares geschlungen. Solch ein „Festreigen“ soll an Pfingsten veranstaltet werden. Wer hätte das gedacht? Ein Tanz im Gottesdienst! Ein Festreigen um den Altar!

Das trifft doch genau auf die Vorstellung, dass der Hl. Geist einen Menschen in Bewegung bringt. Schließlich wird der Geist Gottes im griechischen Urtext „Dynamis“ genannt. Von dort kommt auch unser Fremdwort „Dynamik“. Und das soll und kann der Geist Gottes in mir bewirken.

„Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an. Denn der Geist der Gnaden hat sich eingeladen, machet ihm die Bahn! Nehmt ihn ein, so wird sein Schein euch mit Licht und heil erfüllen und den Kummer stillen.

Tröster der Betrübten, Siegel der Geleibten, Geist voll Rat und Tat. Starker Gottesfinger, Friedensüberbringen, Licht auf unserm Pfad. Gib uns Kraft und Lebenssaft, lass uns deine teuren Gaben zur Genüge laben“.