Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 209 vom 10.10.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit von Pfr. Gerhard Metzger

Der Wolf von Gubbio

Weil der 3.10. (evangelisch) und der 4.10. (katholisch) die Heiligengedenktage für Franz v. Assisi sind, habe ich schon die letzten vier Tage von ihm geschrieben. Ich bin von seinem Leben und von seinem Wirken beeindruckt. Dass er viel mit Tieren zu tun hatte, ist bekannt. Er predigte den Vögeln und einige Geschichten im Umgang mit Tieren sind humorvoll und zeigen sein Wesen.

Eines Tages kam Franz nach Gubbio. Dort waren die Bürger sehr erschreckt. Denn es trieb sich ein grimmig wilder Wolf umher. Franz suchte diesen um ihn zur Umkehr zu bewegen. Er fand ihn und dieser rannte mit offenen Rachen auf Franz zu. Plötzlich hielt er inne. Franz machte das Kreuzeszeichen über das Tier, rief es zu sich und sprach: „Komm zu mir, Bruder Wolf! Im Namen Christi befehle ich dir, weder mir noch sonst jemand ein Leid anzutun!“ Der Wolf schloss seinen Rachen, trottete mit gesenkten Kopf heran und legte sich wie ein Lamm zu den Füßen von Franz. Dieser predigte ihn an: „Viel Schaden richtest du an in dieser Gegend, Bruder Wolf! Gar schlimme Taten hast du verübt und Gottes Geschöpfe erbarmungslos umgebracht. Du wagst es sogar, Menschen zu töten, die doch nach Gottes Bild geschaffen sind. Sicherlich hast du verdient, als Räuber und Mörder mit einem schlimmen Tod bestraft zu werden. Ich aber will zwischen dir Bruder Wolf und den Menschen einen Frieden herbeiführen. Du wirst niemandem mehr ein Leid antun. Dafür wird man dir alle Missetaten erlassen, und weder Menschen noch Hunde sollen dich hinfort verfolgen“. Da wedelte der Wolf mit dem Schwanz und nickte mit seinem Kopf, auf diese Weise sein Einverständnis bekundend. Franz sagte zu ihm: „So will ich dir auch versprechen, dass du künftig keinen Hunger mehr leiden wirst. Deine tägliche Kost wirst du von den Menschen erhalten. Weiß ich doch, dass du alles Schlimme nur vom Hunger getrieben verübt hast. Nun gib mir ein Zeichen, dass du alles richtig begriffen hast und damit einverstanden bist“! Der Wolf hob gehorsam seine rechte Tatze und legte sie in die ausgestreckte Hand Franzens, ging dann artig mit Franz in die Stadt hinein, zum Marktplatz, wo alle Bewohner zusammenlieben. Als Franz den Menschen alles erklärt hatte und sie fragte, ob sie den Wolf ernähren und den Friedensvertrag so gewiss einhalten wollten wie auch der Wolf es versprochen hatte, reifen sie alle ihr Ja.

Zwei Jahre lebte der Wolf dann in der Stadt und ließ sich von Tür zu Tür seine Nahrung geben, ohne jemand eines Leides zu tun. Niemals bellte auch nur ein einziger Hund gegen ihn. Als der Wolf schließlich an Altersschwäche gestorben war, empfanden die Menschen darüber große Trauer. Denn seine friedliche Anwesenheit und sanfte Geduld hatte sie an die Tugend desjenigen gemahnt, der seine Wildheit gezähmt hatte.

Psalmen – uralte Texte oder lebensnaher denn je?!

Back to Basics… – lautete die Devise beim September Vitamin C Gottesdienst!

Denn ab jetzt neu, finden die Jugendgottesdienste erstmal wieder in unserer schönen Thomaskirche statt. Das Thema passte auch zu dieser Neuerung: Psalmen!

Obwohl sie zu Zeiten König David geschrieben wurden – David selbst hat gut die Hälfte davon geschrieben – konnten sich die Jugendlichen selbst ein Bild davon machen, dass die Psalmen noch voll aktuell sind.
Die „Herzens“-Psalmen haben die Fähigkeit in unser Leben zu sprechen und zeigen die komplette Gefühlspalette wieder. Freude und Sorgen, Erfüllung und Trauer. Nicht selten stellen Menschen fest, wie nah diese Gefühle stets beieinander liegen.

Gott gibt Kraft und Halt. Er bietet an, gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen des Lebens zu gehen. In allen Gefühlsstürmen, die uns in der Welt erfassen, verspricht er seine Nähe. Im Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“ wird dies bezeugt.

Mit viel Musik und sogar noch einer kleinen „Erste Hilfe Box“ mit einen Mini-Auszug der Psalmen als Geschenk für die Besucher, erlebten und feierten wir einen echt schönen und tiefgründigen Gottesdienst.


Biblische Notruf-Suchbegriffe

Wenn du einsam und ängstlich bist, google Psalm 23
Wenn du keinen zur Seite hast, google Psalm 121
Wenn du dich im Stich gelassen fühlst, google Psalm 27
Wenn du in Gefahr bist, google Psalm 91
Wenn du unruhig und dich klein fühlst, google Psalm 62
Wenn du deprimiert bist, google Psalm 46
Wenn du vor Menschen Angst hast, google Psalm 56
Wenn du die Welt nicht mehr check‘st , google Psalm 33
Wenn Du voll happy bist, google Psalm 150
Wenn du einfach nur noch glücklich staunen kannst, google Psalm 104

Bitte beachten: Diese Notruf-Suchbegriffe können direkt verlinkt. Alle Notruf-Suchbegriffe sind kostenlos, ohne Altersbegrenzung und rund um die Uhr erreichbar– sie sind der direkte Draht zu Gott – er ist ständig online und wartet auf deinen Klick.


Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 208 vom 09.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich sterbe vor Hunger

Du sollst mir ein Haus bauen“ hatte Jesus zu Franz von Assisi gesagt. In den letzten drei Tagen habe ich davon geschrieben. Franz hat das nicht nur im übertragenen Sinn gemeint, sondern auch ganz real. Er hat Steine besorgt und drei verfallene Kapellen wieder aufgebaut. Neben San Damiano gehörte dazu auch die Portiuncula.

Das war eine kleine verfallene Kapelle etwa zwei Kilometer außerhalb von Assisi. Sie sollte das erste Haus der Franz-Genossen werden. Er selbst hatte dort in der Nähe auch einen Unterstand gebaut, eine primitive Hütte aus Ästen und Lehm, mit ein paar Steinen auf dem Dach und sicherlich ohne Fenster. Franz und Bernhard kochten dort vor allem Bohnensuppe zum Essen. Der Rauch ging durch die Tür ins Freie. Zwei weitere Männer stoßen zu ihnen. Peter und Egidio. Peter war wohl ein Diener von Bernhard. Egidio war ein Bauer. Dann kamen noch weitere acht dazu. Es waren sowohl Bauernsöhne als auch Herren vom Adel unter ihnen. Bald nach Mitternacht stand man auf, um zu beten. Tagsüber half man den Bauern bei der Feldarbeit oder man pflegte Aussätzige im nahegelegenen Leprosenheim. Am frühen Abend gab es eine gemeinsame Mahlzeit aus Brot, Rüben und Bohnen. Bald nach Sonnenuntergang ging man schlafen.

Einmal, mitten in der Nacht, wurde das allgemeine Schnarchen durch ein klägliches Stöhnen unterbrochen. Eine Stimme sagte: „Ich muss sterben“. Nach und nach wachten alle auf. Franz sagte, man solle ein Licht anzünden und fragte dann, wer so jämmerlich geklagt hätte. Als sich der Genosse meldete, erkundigte sich Franz nach der Ursache. „Ich sterbe vor Hunger!“ Franz ließ, um den Mann nicht zu blamieren, einen gemeinschaftlichen Imbiss auftragen und hielt danach eine kleine Rede. „Es kann doch vorkommen, dass der eine mit weniger Nahrung auskommt als der andere. Man muss eben die eigene Natur berücksichtigen. Wenn einer, der mehr Nahrung benötigt, sich einbildet, einem anderen nacheifern zu müssen, der weniger braucht, dann ist das ein Unsinn. Man soll dem Körper das geben, was er zum Leben braucht. Schwelgerei ist sicherlich schlecht, aber übertriebenes Fasten ist eine noch größere Dummheit. Soll doch in Zukunft ein jeder gefälligst so viel essen, wie er nötig hat“.

Hier sehe ich, dass Franz von Assisi auch in Stunden der Krise nie für eine hysterische Askese war, sondern immer den Menschen im Blick hatte. Heute ist über die Portiuncula eine riesengroße Kirche gebaut, die Santa Maria degli Angeli. Das geschah ab 1596 auf auf Anordnung von Papat Pius V. Franz würde sich wohl im Grab herumdrehen, wenn er das sehen würde.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 207 vom 08.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bibel zeigt den Weg

In den beiden letzten Tagen habe ich erzählt, wie Franz von Assisi vom bürgerlichen Kaufmannssohn zum Nachfolger Jesu wurde. Er hatte die Fähigkeit, die Stimme Gottes zu hören und das war der Grund für seine Umkehr zu einem Leben mit Gott. Selbst aber musste er für dieses Leben viel Spott ertragen.

Das ist dem Bernhard von Quintavalle aufgefallen. Er war einer der vornehmsten und reichsten Bürger von Assisi. Er nahm sich vor, den Charakter von Franz zu überprüfen und lud ihn zum Abendessen ein. Es kommt zu einem Gespräch über Reichtum und Armut.  Bernhard unterrichtet Franz, dass er gewillt sei, seinen gesamten Reichtum zurückzugeben und deshalb seinen Rat suche. Franz macht einen Vorschlag, der auch heute immer noch bei Christen aktuell ist. Sie werden morgen früh in die Messe gehen und die Bibel aufschlagen. Dann wird Bernhard sehen, was Gott von ihm will. Sie gehen beide gemeinsam zur Ruhe. Franz stellt sich schlafend und auch Bernhard begann zum Schein laut zu schnarchen. Als Franz sich sicher fühlte, stand er auf, um zu beten. Er hob seine Augen und Hände zum Himmel und wiederholte, unter Tränen, ohne Pause bis zum Morgengrauen: „Iddio mio“ („Mein Gott“). Im Schlafzimmer brannte eine Lampe.

Am nächsten Morgen gehen beide in die Kirche und baten den Priester, ihnen die Messe zu lesen und anschließend das heilige Buch zu befragen. Der Priester nahm nach der Messe das Evangelium, machte das Zeichen des Kreuzes darüber und schlug es dreimal auf. Die gefundenen Stellen waren: „Wenn du vollkommen sein willst, dann gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen!“. Die zweite Stelle lautete: „Nehmet nichts mit auf den Weg, weder Stab noch Tasche, noch Brot, noch Geld!“. Die dritte Stelle war: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“. Da sagte Franz zu Bernhard. „Da hast du den Rat, den Christus uns gibt“.

Und so wurde Bernhard der erste Genosse des Franz. Und die drei Bibelstellen stehen am Anfang der „Regel“ der Minderbrüder. Denn Franz wollte keine Klosterbruderschaft im eigentlichen Sinn. Er nannte seine Gemeinschaft die „Minderbrüder“. Damit wollte er zeigen, dass sie nur Christus nachfolgen wollen und keinerlei Besitz haben sollen.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 206 vom 07.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Narr um Christi willen

Gestern habe ich davon geschrieben, wie Franz v. Assisi durch die Stimme Gottes in eine andere Lebensrichtung gekommen ist. Er hat die Stimme von Jesus gehört wie gut 1000 Jahre vorher die Jünger. Es ist schön zu sehen, wie Jesus immer und immer wieder Anstöße im Leben von Franz gegeben hat, damit dieser in der Nachfolge von Jesus gekommen ist.

Eines Tages kommt Franz an der Kirche San Damiano vorüber. Er fühlte das Bedürfnis einzutreten und zu beten. Als er nun vor dem Bild des Gekreuzigten stand, kam vom Kreuz her eine milde, gütige Stimme: „Franz, siehst du denn nicht, wie mein Haus verfällt? Geh und stelle es wiederum her!“ Vor Erregung zitternd antwortete Franz: „Gern will ich es tun, lieber Herr!“ Er verließ die Kirche, trat auf den Priester zu, der sich in der Nähe aufhielt, und gab ihm Geld, damit vor dem Kreuzbild die Lampe angezündet werde. Dann nahm Franz, voll ‚Freude über den Auftrag Christi, einen Ballen bunten Tuches aus dem Geschäft des Vaters, ließ ein Pferd satteln und ritt zum Markt in Foligno. Er verkaufte den Stoff und auch das Pferd und kehrte unverzüglich nach San Damiano zurück. Er küsste dem Priester die Hand und wollte ihm das Geld geben zum Zweck der Renovierung der Kirche. Der Priester wollte aber das Geld nicht nehmen, weil er einen üblen Scherz witterte, und auch aus Furcht vor den Eltern des Franz. Franz warf den Beutel mit den Münzen auf das Fenstersims und bat den Priester inständig, bei ihm bleiben zu dürfen. Dies wurde ihm gewährt.

Diese Geschichte zeigt den Ablösungsprozess vom Elternhaus. Das geschah wohl im Spätherbst 1206. Einen Monat lang blieb Franz unauffindbar. San Damiano liegt etwa einen Kilometer außerhalb von Assisi. Dann verließ er sein Versteck und ging nach Assisi hinauf. Kinder rannten hinter ihm her und riefen “Pazzo! Pazzo!“ Das Wort kann gut mit „Einfaltspinsel“ übersetzt werden. Franz ist also zum „Narren“ geworden. Er geht in Richtung seines Elternhauses in die Stadt. Vermutlich hat er dort von seinem Vater wütende Vorwürfe und Hausarrest erhalten. Als der Vater auf einer Geschäftsreise war, lässt ihn die Mutter frei. Ein Biograph schreibt: „Als sie erkannte, dass sie ihn nicht von seinem Entschluss abbringen konnte, fühlte ihr mütterliches Herz Erbarmen mit ihm. Sie löste ihm die Fesseln und ließ ihn frei“. Der Vater kommt nach Hause und läuft tobend und schreiende nach San Damiano hinunter. Weil der Sohn aber nicht mitkommt, verklagt der Vater ihm im Magistrat. Franz kommt zum festgesetzten Gerichtstermin. Er wird aufgefordert, das Geld zurückzugeben, mit dem er Armen geholfen hat. Franz antwortet: „Herr, nicht nur das Geld, das ihm gehört, will ich ihm wiedergeben, sondern auch die Kleider“. Er geht in eine Kammer des bischöflichen Hauses, entledigt sich seiner Kleider, kehrt nackt zurück und wirft die Kleider und das Geld dem Vater vor die Füße. Er spricht dazu: „Hört ihr alle, und versteht es wohl. Bis jetzt habe ich den Pietro Bernardone meinen Vater genannt. Jetzt gebe ich ihm das Geld zurück, um das er sich aufgeregt hat, nebst Kleidung, die ich von ihm habe. Und von nun an will ich sagen: „Vater unser im Himmel, und nicht mehr: Vater Pietro Bernardone“. Der Vater nahm wütend Geld und Kleidung an sich, während der Bischof dem Franz seinen Mantel umhing.

Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich, wir aber verachtet“ (1. Korinther 4, 10).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 205 vom 06.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wie Franz von Assisi zu Jesus gefunden hat?

Ich weiß, dass er sich vor seinem Vater und vor anderen Leuten ganz nackt ausgezogen hat. Ich weiß auch, dass er mit Tieren gesprochen hat. Er ist der Verfasser des sog. Sonnengesangs. Er ist der Gründer der Franziskaner“. Diese Antworten höre ich, wenn ich mit anderen Menschen ins Gespräch über Franz v. Assisi komme. Alle diese Antworten stimmen irgendwie. Mancher antwortet noch dazu: „Hat er nicht dieses Gebet „O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens“ gedichtet. Es steht im Evangelischen Gesangbuch sogar zweimal unter den Nummern 416 und 656. Aber der Zusatz „früher Franz von Assisi zugeschrieben“ ist nicht zu überlesen.

Tatsächlich gehört dieser Heilige zu den bekanntesten Christen überhaupt und seine Lebensgeschichte ist legendär. Man kennt nicht einmal sein genaues Geburtsjahr: 1181 oder 1182. Er war der Sohn eines wohlhabenden Tuchhändlers und sollte das Geschäft einmal übernehmen. Schon die Namensgebung ist spektakulär. Bei der Geburt war sein Vater auf Geschäftsreise in Frankreich. Seine Mutter taufte ihn auf den Namen Giovanni (Johannes). Als der Vater nach Hause kam, entrüstete er sich über diesen Vornamen und nannte ihn Francesco („kleiner Franzose“). Vermutlich ist das ein Hinweis darauf, dass der Vater Kontakt hatte zu außerkirchlichen frommen Kreisen in Frankreich, die gegen die römische Staatskirche agierten.

Die ersten 20 Jahre seines Lebens liefen geordnet und alles deutete darauf hin, dass er ein normales „bürgerliches“ Leben führen würde. Dann nimmt er an einen Waffengang gegen die Nachbarstadt Perugia teil und wir gefangengenommen. Ein Jahr bleibt er dort in Haft. Erst danach hat ihn der Vater freigekauft. Manche meinen, dass ihn dieses Erlebnis zur Umkehr gebracht hat. Dem ist aber nicht so. Denn nach seiner Freilassung lebt er weiter sein Leben in Saus und Braus. Im Sommer 1204 ist Franz so munter, dass er sich als Soldat den Truppen eines Mannes anschließt um im Kampf für die päpstliche Sache Ehre und Ruhm zu erlangen und vielleicht sogar den Adelstitel zu erstreiten. Gefängnis und eine daraus resultierende Krankheit haben sein Leben und bürgerliches Ich also nicht verändert. Der Vater gibt Geld und staffiert seinen Sohn prächtig aus.

Franz zieht mit dienendem Gefolge los und kommt ein paar Tage später überraschend zurück. Die Menschen in Assisi wundern sich, dem Vater ärgert das. Sein Sohn sollte nämlich auch ihn als Neureichen vertreten. Was war geschehen? Franz hatte einen Traum. Sein Name wurde gerufen und er wurde in einem weitläufigen Palast geführt. Der war voll von kostbaren Waffen, prächtigen Schildern und schimmernden Rüstungen aller Art. Plötzlich hörte er eine Stimme, die ihn fragte, wohin er zu ziehen gedenke. Franz gab die Auskunft. Dann wurde er gefragt: „Wer kann dir Besseres gegen, der Herr oder der Knecht?“ Franz antwortete: Der Herr!“ Da kam es zurück: „Warum verlässt du dann um eines Knechtes willen den Herrn, und wegen eines Armen den Reichen?“ Das Rätselwort verwirrte Franz. Er wollte wissen, wie er sich verhalten soll. Dann hörte er noch einmal die Stimme: „Kehr um!“ Franz gehorchte dieser Stimme zum ersten Mal in seinem Leben und tat etwas Ungewöhnliches. Er will kein Ritter mehr sein und kehrt nach Assisi zurück.

Es war der erste Anstoß zu einem neuen Leben. Weitere folgten. In dieser ersten Oktoberwoche ist sein Gedenktag (3.10. im evangelischen Kalender, 4.10. im katholischen Kalender). Trotz der Feiern zu 30 Jahre Wiedervereinigung von Deutschland und dem diesjährigen Erntedankfest, will ich bei den folgenden Updates auf ihn hinweisen, denn er und seine Familie haben viele Krisenzeiten durchmachen müssen. Ich freue mich, wenn sie als Leser/-in die Updates lesen und auf das Leben und Sterben von Franz v. Assisi sich einlassen.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 204 vom 05.10.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Monika Dorn

…Du stellst meine Füße auf weiten Raum…(Ps 31)

Heute ist der 05. Oktober 2020! Ich schließe meine Augen und schaue zurück auf mein bereits vergangenes Leben. Ich kann die Wege sehen, auf denen ich bis zu diesem Moment, hier und heute, gekommen bin.

Ich sehe mich, als kleines Mädchen. Den Bauernhof, auf dem ich aufgewachsen bin. Die Eltern, die Großeltern, die Verwandten. Das vorherrschende Gefühl ist Angst. Und es ist kalt in diesem alten Bauernhaus. Es wird nur in der Küche geheizt. Die Kälte ist nicht nur äußerlich. Das Leben dreht sich um die Arbeit auf dem Hof, die getan werden muss. Es ist Samstag: Das Haus duftet nach Oma´s Hefeknödel. Ich liebe es, gleich nach dem Backen hineinzubeißen. Es ist frisch und heiß. Es schmeckt himmlisch. > Und Gott? Gott ist in der Kirche. Jeden Sonntag früh – stundenlanges still sitzen. Der Pfarrer redet. Ich verstehe nichts und träume mich weg. Gott will, dass wir auch zu Hause beten, sagt Oma. Sonntag Mittag! Im Stehen! Ein seehr langes Tischgebet und das „Gegrüßet seist du Maria“ auch noch danach. Ich hab Hunger und will nicht mehr stehen.

Ich sehe mich als Teenager. Immer in Bewegung. Gebeutelt von inneren und äußeren Kämpfen. Frustriert, ohne Chance mit jemanden darüber reden zu können. Die Enge wird bewußter. Pflicht – ohne Freude. Ich trete meine Ausbildung an. Nürnberg – Großstadt! Andere Welt! Neue Themen! Neue Freunde! Lernen! Spaß! Neuer Raum! Neue Weite! Jeder Tag ein Abenteuer! Das Leben hier macht Spaß! > Und Gott? Ich tue meine Pflicht! Jeden Sonntag morgen. Die Liturgie kenne ich auswendig. Die Predigten betreffen mich nicht. Ich registriere die Diskrepanz zwischen dem, was im Gottesdienst gesprochen wird und dem Tun und Reden im Alltag. Das, was im Alltag passiert, passt nicht zu den Worten in der Kirche.

Ich sehe meine Wege zwischen 20 und 30. Der Vater und die Großeltern sterben. Die Mutter arbeitet eisern auf dem Bauernhof weiter. Willensstark und diszipliniert. Halten, was da ist. Ich arbeite mit, abends und später am Wochenende. Ich heirate. Wir ziehen nach Hersbruck. Ich lebe mein erträumtes Stadtleben. Wir feiern ausgelassen. Unsere Wohnung, unsere Freiheit, unser Leben. Ich liebe meinen Beruf. Die Arbeit bringt mir Anerkennung und Selbstbewusstsein. > Und Gott? Jahrelang sehe ich keine katholische Kirche mehr von innen. Wüßte nicht, warum ich eine betreten sollte. Ich lerne Posaune im evangelischen Posaunenchor. Fühle mich wohl in dieser Gruppe! Eingebunden. Es herrscht keinerlei Zwang und macht Spaß. An den Festtagen, sitze ich in evangelischen Gottesdiensten und höre Predigten, die auch mein Leben betreffen. Ich bin fasziniert und neugierig. Zu hören, dass Gott ein „Beziehungs-Gott“ sein soll, ist mir neu. Da scheint es eine Rolle zu spielen, was ich denke und fühle und wie es mir geht? Gott interessiert das?

Ich sehe meine Wege zwischen 30 und 40. Ich lebe mein eigenes Leben! Bekomme drei Kinder! Wir ziehen zweimal um! ich kümmere mich hauptsächlich um Kinder und Haushalt. Ich lege einen Gemüsegarten an, wie meine Mutter. Die Kinder sind unser Mittelpunkt. Viele Jahre trösten wir nächtlich schreiende Babys, kleben Pflaster auf Wunden, sorgen uns, wenn sie krank sind, spielen mit ihnen, leiten sie an, bringen sie in den Kindergarten und in die Schule. Das Leben wird gelenkt von den Belangen der Kinder. Freunde haben eine zentrale Rolle. Ich gehe wieder arbeiten. Eine willkommene Abwechslung. > Und Gott? Nach dem ersten Umzug, klingelte es eines Tages mitten am Tag. Es war ein Mitarbeiter der evangelischen Gemeinde, in deren Einzugsgebiet wir gezogen waren. Er hieß uns im Namen der Gemeinde willkommen. Ich war total perplex, dass da registriert wurde, dass es uns jetzt hier gibt. Gesehen zu werden, ohne, dass ich etwas dazu tun musste. Das war mir noch nie passiert, bis dahin.
Vielleicht hat mich das dazu bewegt mit den Kindern in den Kindergottesdienst zu gehen. Ich blieb einfach mit dabei in diesen Gottesdiensten. Ich wollte selber sehen, was hier gemacht wurde. Die Kindergottesdienste unterschieden sich grundlegend von dem, was ich in meiner Kindheit erlebt hatte. Die Kinder sangen geistliche Kinderlieder, hörten biblische Geschichten, spielten, malten, bastelten und vor allem durften sie sich bewegen. Ich sah, hörte und sang einfach mit. Ich komme ins Gespräch mit den Kindergottesdienst-Mitarbeitern. Ich staune über deren Lebens- und Sichtweise auf Gott und Jesus, deren lebendigen Glauben an den dreieinigen Gott, der ihre Lebens-Grundlage ist. Mein Herz geht auf und ich spüre vielleicht zum erstem Mal in meinem Leben, so etwas wie Gottes Nähe. Ich will mehr davon erfahren und schließe mich einem Gebetskreis und dann einem Hauskreis an.

Ich sehe meinen Weg zwischen 40 und 50. Mein Leben ist getaktet zwischen Familie und Arbeit. Zunehmend spüre ich die Auswirkungen von körperlicher und seelischer Überbelastung. Die Zeiten im Gebets- und Hauskreis tun mir gut. Hier erlebe ich Annahme und Respekt, egal wie ich grade da sein kann. Ganz real erfahre ich Zugewandtheit und Liebe.Ich spüre meinen Hunger, mehr von diesem liebenden, gnadenvollen Gott erfahren zu wollen. Ich spüre aber auch deutlich meine emotionalen Begrenzungen. Wer ist dieser Gott? Und wie passt der liebende, gnadenvolle Gott, von dem hier gesprochen wird, mit dem Gott meiner Kindheit zusammen? Was „erwartet“ Gott von mir? Bin ich hier wieder in der „Pflicht“? Welches Gottesbild hat sich in mir manifestiert? Im Laufe der Jahre „sortiere“ ich mein Innen- und Außenleben. In unendlich vielen Gesprächen mit meinem Mann, Freunden, Seelsorgern, Therapeuten, „arbeite“ ich mich durch viele sehr schmerzhafte Themen. Ich beginne zu schreiben, um all das, was da in mir „losgetreten“ wird, besser sortieren zu können. Gott findet Wege und einen Zugang in meine Seele. Ich erlebe viele „Überraschungen“. ER weiß, was ich am Allerdringendsten brauche und gibt es mir. In den schwersten und schmerzhaftesten Zeiten, dann wenn ich selber keinen Weg mehr sehe, begegnet mir Gott intensiv. Ich überlasse mich ganz SEINEM Wirken und lege mein Leben in SEINE Hände.

Heute ist der 5. Oktober 2020, mein Geburtstag! Und ich erkenne: Gott handelt! Aber ER handelt nicht ohne unser Einverständnis und nicht immer so, wie wir es uns vorstellen. Wir sind es an vielen Punkten in unserem Leben so sehr gewohnt selbst die Führung zu übernehmen, dass wir oft nicht auf die Idee kommen Gott überhaupt mit einzubeziehen in unser Leben. Gott führt! An den Weggabelungen des Lebens. Da, wo wir uns ganz oft überfordert fühlen. Da wo wir selbst nicht mehr weiter wissen, da wo wir uns verlassen fühlen, nimmt ER uns an die Hand und überwindet mit uns, unsere eigenen Hürden. Gott verändert! Wenn wir es wollen, zulassen und vertrauen. Gott tut Wunder! Manchmal können wir sie sehen. Aber zu den meisten Zeiten, nehmen wir sie nicht wahr. Sie geschehen unmerklich und ob es uns bewusst ist oder nicht. Wenn wir uns dann die Zeit nehmen und zurückschauen, sehen wir manchmal Gottes wunderbares Wirken in unserem Leben.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 203 vom 04.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Gerhard. Du lernst jetzt die Orgel spielen“ – gesagt, getan

Heute feiern Christen das Erntedankfest. Sie danken Gott dafür, dass er ihnen genug zum Leben schenkt und Menschen satt werden können. Kaum ein anderes biblisches Wort bringt das besser zum Ausdruck als Worte aus dem Psalm 145. „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen“. Manche beten diese Worte als Tischgebet.

Als Pfarrer könnte ich viele Geschichten vom Erntedankfest schreiben, die ich selbst persönlich erlebt habe. Ich will mich aber auf ein Erntedankfest konzentrieren, das mein eigenes Leben nachhaltig bis zum heutigen Tag beeinflusst hat. Es war das Erntedankfest 1969, der 05.10. Wie immer war ich mit Mitgliedern meiner Familie im Gottesdienst. In der Pfarrei Mörlbach-Habelsee wurde der sonntägliche Gottesdienst abgewechselt. In jenem Jahr war der Erntedankfestgottesdienst in Mörlbach. Der Pfarrer ging in seiner Predigt auf verschiedene Situationen ein, bei dem Menschen sich gegenüber Gott dankbar zeigen können. Dabei spielte inhaltlich die Ernte eine große Rolle. Kein Wunder! Beide Dörfer waren landwirtschaftlich geprägt und es gab nur wenige Arbeiter, die nach Rothenburg o/T oder nach Uffenheim pendelten. Dazu noch ein paar Handwerker, die oft selbst noch eine kleine Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieben. Aber die Landwirte im Haupterwerb waren in der Überzahl.

In der Predigt ging der Pfarrer darauf ein, dass die Menschen in den beiden Kirchengemeinden auch für die Kirchenmusik dankbar sein sollten. In Mörlbach gab es einen Posaunenchor und in beiden Gemeinden Organisten vom Dorf. Jeder wusste aber, dass der Organist aus Habelsee das Dorf aus Studiengründen bald verlassen würde. Der Pfarrer meinte, es „müsste unbedingt ein neuer Organist gefunden werden“. Dabei betonte er, dass auch dies mit „Dankbarkeit gegenüber Gott“ zu tun hat, wenn wieder ein Gemeindemitglied sich für die Ausbildung bereit erklären würde. Die Predigt war zu Ende, noch ein paar Liedverse, Gebet und schließlich der Segen. Nicht ahnend auf die Dinge, die da kurz darauf kommen sollten, verließ ich mit meinen 11 Jahren die Kirche. Draußen am Auto wartete meine Familie und mein Vater meinte: „Gerhard, Du lernst jetzt das Orgel spielen“. Das war eine klare Ansage, ein Widerspruch wurde nicht geduldet. Ich war gerade drei Wochen nach Rothenburg in die Realschule gegangen.

Und so begann ich im Herbst die Ausbildung zum Organisten beim Dekanatskantor Hans-Helmut Hahn. Ein Jahr lang habe ich Klavier gelernt. Dann der Umstieg auf die Orgel. 1972 saß ich bei einem Predigtgottesdienst (die sog. Christenlehre) zum ersten Mal bei einem Gemeindegesang an der Orgel. Es dauerte noch einmal zwei Jahre bis ich 1974 mit 16 Jahren bei einem sonntäglichen Hauptgottesdienst an der Orgel die Choräle begleitet habe.

Heute spiele ich nur noch selten an der Orgel. Das ist der Fall, wenn ein Organist bei einem Gottesdienst fehlt. Ausgerechnet heute, genau 51 Jahre nach diesem denkwürdigem Ereignis ist das der Fall. Manchmal nehme ich auch „nur“ das E-Piano. Aber natürlich nicht heute an diesem Festtag. Da gehe ich die zwei Emporen zur Orgel hoch und zur Predigt und zur Abendmahlsliturgie wieder hinunter. Wie gut, dass ich „gut zu Fuß bin“. In der Regel war und bin ich ziemlich aufgeregt vor den ersten Noten.

Aber grundsätzlich bin ich dankbar, dieses Instrument gelernt zu haben und insgesamt sieben Jahre von 1974 – 1981 in verschiedenen Kirchen des Dekanates Rothenburg gespielt zu haben. Außerdem hatte ich dadurch besondere Erlebnisse. Aber davon mehr vor allem am 01.01.2021. Und der allererste von mir gespielte Choral drückt für mich eine wichtige Glaubenshaltung aus. „Singt, singt dem Herren neue Lieder, er ist`s allein, der Wunder tut. Seht, seine Rechte sieget wieder, sein heilger Arm gibt Kraft und Mut. Wo sind nun alle unsre Leiden? Der Herr schafft Ruh und Sicherheit; er selber offenbart den Heiden sein Recht und seine Herrlichkeit“ (Evang. Gesangbuch, Nr. 286, V. 1).

Wenn Corona will, steht (noch9 manches still, Update 202 vom 03.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Kirchturm symbolisiert das Licht der Welt

Wir müssen die Lampen noch ein wenig nach rechts drehen. Dann passt es“. Es ist ein Mittwoch und es ist herrliches Wetter Anfang Oktober. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Es erwartet uns ein sehr schöner Tag. Das Wetter an diesem 03.10.1990 war also völlig anders als heute 30 Jahre später. Zwei Gemeindemitglieder aus Alerheim sind am frühen Morgen dieses Tages mit dem Kirchturm beschäftigt. Genauer gesagt: Mit den Lichtern für die Turmbeleuchtung.

In diesem Jahr hatte jemand die Idee aufgebracht, der Kirchturm könnte doch auch in Alerheim wie in vielen anderen Kirchen im Ries nachts für eine gewisse Zeit angestrahlt werden. Der Kirchenvorstand hat sich deshalb damit beschäftigt. Es wurde beschlossen, dass dieses Beleuchten an Samstagen und Sonntagen sowie an besonderen Festtagen und am Tag vorher geschehen soll. Dann allerdings immer nur bis 24.00 Uhr. Mit dieser Entscheidung hatten wir einen guten Kompromiss gefunden zwischen Ökologie und Schönheit. In Alerheim gibt es noch einen örtlichen Stromlieferer. Er hat uns sehr unterstützt und ich bin ihm dafür heute noch dankbar. Wie es der Zufall will, sollten die Vorarbeiten für diese Maßnahme zum 3. Oktober fertig werden. Das war auch mein Ziel.

Das hatte zusätzlich den Vorteil, dass zum kommenden Kirchweihfest alles installiert war. Die Kirchweih wurde immer am ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Also fiel sie oft mit dem Erntedankfest zusammen. Damals wurde dieses Erntefest immer am ersten Sonntag nach Michaelis (29.09.) gefeiert. Nur wenn der 30.09. ein Sonntag war, fiel das Erntedankfest nicht mit der Alerheimer Kirchweih zusammen. Ich hatte als Pfarrer in Alerheim eine Gottesdienststelle. Mein Nachbarkollege hatte drei Gottesdienststellen. Also machte ich immer eine Gottesdienststelle von ihm mit. Diese wechselten je nach Bedarf. Und so war ich Anfang Oktober immer mit zwei verschiedenen Predigten unterwegs. In der Nachbargemeinde mit einer Predigt zum Erntedankfest, in Alerheim mit einer Kirchweihpredigt. Eine Woche später dann in Alerheim der Erntedankfestgottesdienst und in einer Nachbarkirchengemeinde eine „normale“ Sonntagspredigt. Da galt es für mich, genau aufzupassen.

1990 war es ein wenig anders. Am 30.09. konnte ich in aller Ruhe zwei Gottesdienste zum Erntedankfest halten und eine Woche später das Kirchweihfest in Alerheim und in der Nachbarkirchengemeinde eine „normale“ Predigt. Aber an diesem 03.10.1990 und damit genau heute vor 30 Jahren stand etwas anderes im Mittelpunkt: das Fest der Wiedervereinigung von Deutschland. Und tatsächlich: Im Gottesdienst am Abend leuchtete die Turmbeleuchtung zum ersten Mal auf. Und weil die Stephanuskirche in Alerheim leicht erhöht steht, war sie ganz weit zu sehen. Und ich denke in Erinnerung immer an diese besondere Wort von Jesus: „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen sein“ (Matthäuas 5, 13).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 201 vom 02.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Gnade für die Welt

Ein paar Tage vor dem 03.10.1990 habe ich in Alerheim ein Treffen mit der Vikarin. Wir wollen noch einmal den geplanten Gottesdienst zum Tag der deutschen Einheit durchgehen. Die Landeskirche hatte einen Entwurf an alle Pfarrämter geschickt. Er ist Grundlage des Gottesdienstes. Die Lieder stehen fest. Organist und Posaunenchor haben sie geübt. Die Predigt ist geschrieben. Andere Elemente werden noch besprochen. Schließlich sind wir mit allem zufrieden. Da fällt mir ein Lied von Jan Vering ein. Ich habe ihn zum ersten Mal auf dem Christival 1988 in Nürnberg gehört. Er hat eine tiefe Stimme und die Texte regen sehr zum Nachdenken an. Ein Text von ihm ist mir besonders aufgefallen. Bei der Vorbereitung zu diesem Update habe ich es aus der Schublade geholt und jetzt erst gemerkt, dass der Text von Siegfried Fietz stammt. Aber die beiden haben sehr gut zusammengearbeitet und das Lied habe ich damals am 3.10.1990 im Gottesdienst zum „Tag der deutschen Einheit“ am ersten Tag der Wiedervereinigung spielen lassen. Es hat nichts von seiner Aktualität verloren. Und wer den Text gut findet, kann das Lied gerne im Internet nachhören: „Gnade für die Welt“.

  1. Gnade für den Starken, der Macht in Händen hält, und Gnade für den Schwachen, der ihm zum Opfer hält.

Gnade für den Dummen, der nichts mehr liebt als Geld, Gnade für die Welt.

  1. Gnade für den Spötter, der über alles lacht,

und für den Resignierten, dem nichts mehr lächeln macht.

Gnade für den Sterbenden, dem kein Glaube hält. Gnade für die Welt.

  1. Gnade für den Armen, dem sein Ghetto Kassen leert

Und den reichen Mann, der ihm den Rücken kehrt.

Gnade für die Kinder, wenn die Bombe fällt. Gnade für die Welt.

  1. Gnade dem Politiker, der Waffen exportiert

Und für den Staatsmann hoch oben, dem sein Gewissen friert.

Und für die sog. kleinen Leute, die das nicht interessiert. Gnade für die Welt

  1. Gnade für den Jungen, der in Uniform versteckt

Und für den, der dieses Kind in die Uniform gesteckt.

Gnade dem Ayatollah, der Krieg für heilig hält. Gnade für die Welt.

  1. Und Gnade für mich selber, der ich das alles weiß,

O Her mach meine Hände handeln und mach das Herz mir frei.

Gnade für die Gnadenliebe, die mich bei dir hält. Gnade für die Welt.