Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 53 vom 07.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Am 24.04.2020 war es so weit. Ein für viele bayrische Bürger und darüber hinaus entscheidende Meldung wurde in allen Kanälen direkt übertragen. Ministerpräsident Markus Söder und der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter gaben bekannt, dass das Oktoberfest in diesem Jahr ausfallen wird. Es ist immerhin das größte Volksfest der Welt mit mehreren Millionen Besuchern. Auch das Deutsche Landwirtschaftsfest hängt daran und fällt aus. Für mich waren die Worte des Bedauerns interessant. „Das Oktoberfest ist für viele Menschen in Bayern ein Anker in ihrem Leben“. So das Urteil von Dieter Reiter. Tatsächlich habe ich dieses Bild jetzt öfters gehört. Zum Beispiel hat der deutsche Radfahrer Maximilian Schachmann die Tour de France so bezeichnet.

Das zeigt mir, dass diese Bild eines Ankers offenbar trägt, um Punkte des Festhaltens zu beschreiben. Ich habe erst bei meiner Reise in das Baltikum und bei der Rückreise über Finnland und Schweden im Jahr 2017 zum ersten Mal diese riesigen Kreuzfahrtschiffe persönlich gesehen. Das sind wirklich mächtige Schiffe. Direkt davor stehend, können sie mir Angst einjagen. Mehrere Tausend Reisende können die größten unter ihnen beherbergen. Am Ufer angekommen, müssen große Anker diese Schiffe befestigen, sonst treiben sie ab.

Ich frage mich: Was lässt mich an meinem Leben abtreiben? Wo benötige ich in meinem Leben solch einen festen Halt, damit ich nicht ziellos im Meer des Lebens herumtreibe? Welcher Anker hält mich fest? Ich denke, dass es wichtig ist, wenn Menschen solche feste Anker für ihr Leben finden. Das eigene Leben wird oft genug als Sturm empfunden. Jeder kann froh sein, wenn Menschen oder bestimmte Dinge Sicherheit geben.

Es ist interessant, dass es in der Bibel (nur) zwei Stellen gibt, bei denen dieses Wort „Anker“ genannt ist. Die eine Belegstelle meint einen realen Anker. In der Apostelgeschichte im 27. Kapitel wird die Schifffahrt von Paulus nach Rom beschrieben. Er erleidet nach einem Sturm mit den anderen Mitreisenden einen Schiffbruch. Als sie sich alle retten wollten, wird das auch mit dem Umgang vom Anker auf dem Schiff beschrieben. Im Hebräerbrief wird im 6. Kapitel, Vers 19 dieser Anker im übertragenen Sinn gebraucht. Jesus wird als ein sicherer Anker unserer Seele beschrieben: „So sollten wir durch zwei Zusagen nicht wanken – denn es ist unmöglich, dass Gott lügt – einen starken Trost haben, die wir unsre Zuflucht dazu genommen haben, festzuhalten an der angebotenen Hoffnung. Diese haben wir als einen sicheren und festen Anker unsrer Seele, der auch hineinreicht bis in das Innere hinter dem Vorhang“. Für mich persönlich drückt das Lied von Albert Frey „Anker in der Zeit“ sehr stark aus, woran ich mich selbst auch mitten in dieser Krise halten kann:

„Es gibt bedingungslose Liebe, die alles trägt und nie vergeht, und unerschütterliche Hoffnung, die jeden Text der Zeit besteht. Es gibt ein Licht, das uns den Weg weist, auch wenn wir jetzt nicht alles sehn. Es gibt Gewissheit unsres Glaubens, auch wenn wir manches nicht verstehn.

Es gibt Versöhnung selbst für Feinde, und echten Frieden nach dem Streit. Vergebung für die schlimmsten Sünden, ein neuer Anfang jederzeit. Es gibt ein ewges Reich des Friedens in unsrer Mitte lebt es schon: Ein Stück vom Himmel hier auf Erden in Jesus Christus, Gottes Sohn.

Er ist das Zentrum der Geschichte, er ist der Anker in der Zeit. Er ist der Ursprung alles Lebens und unser Ziel in Ewigkeit, und unser Ziel in Ewigkeit.

Es gibt die wunderbare Heilung, die letzte Rettung in der Not. Und es gibt Trost in Schmerz und Leiden, ewiges Leben nach dem Tod. Es gibt Gerechtigkeit für alle, für unsre Treue ewgen Lohn. Es gibt ein Hochzeitsmahl für immer, mit Jesus Christus, Gottes Sohn.

Er ist das Zentrum der Geschichte, er ist der Anker in der Zeit. Er ist der Ursprung alles Lebens und unser Ziel in Ewigkeit, und unser Ziel in Ewigkeit“.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 52 vom 06.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Es ist Freitag, der 1. Mai. Ich schaue um 9.00 Uhr zum ersten Mal auf mein Smartphone. Ich sehe keine Meldung. Ich schaue um 10.30 Uhr auf mein Smartphone. Keine Meldung. Ich schaue um 12.00 Uhr drauf. Immer noch nichts los. Um 16.03 dann die erste WhatsApp. Na also. Ein wirklich lustiges Stück zum Thema „Corona“.

Wenn ich an Mitte März denke!! Die angeblichen und wirklich lustigen Videos und Bilder habe ich in Serie den ganzen Tag erhalten. Das hat alles nachgelassen. Und mancher fragt mich schon: Wie lange hältst Du das mit den Updates durch? Es ist wirklich erstaunlich ruhig in dieser Zeit. Fast keine Flugzeuge sehe ich am Himmel. Nur wenige Autos fahren auf den Straßen. Die Parkplätze am Stausee waren bis vor wenigen Tagen gesperrt. Beim Spazierengehen an diesem Ort um Ostern gab es kaum Zeitgenossen, denen meine Frau und ich begegnet sind. Es herrschte angenehme Ruhe.

Irgendwann aber wird diese friedliche Ruhe wohl zu einer trügerischen Ruhe. Irgendwann wollen Menschen wieder „in das Leben zurückkehren“. Ich schreibe diese Zeilen heute am Montag, den 04.05.2020. Gerade habe ich die Meldung gelesen, dass in Niedersachsen ab dem 11.05.2020 die Biergärten geöffnet werden sollen – natürlich mit notwendigem Sicherheitsabstand. Ich überlege: Wie lange können Menschen solch eine Ruhe vertragen?

Es gibt etliche Bibelstellen zu diesem Thema. Die bekannteste aus dem Alten Testament ist wohl die aus der Schöpfungsgeschichte. „Und so vollendete Gott am siebten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebten Tag vor allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn…“ (1. Mose 2, 2 – 3a). Es war völlig außergewöhnlich und ohne Beispiel in der Völkerwelt, dass Israel einen Tag nichts gearbeitet hat. Sie wurden damals dafür verspottet. Tatsache ist, dass diese jüdische Kultur als einzige der Antike überlebt hat, obwohl gegen alle wirtschaftliche Vernunft das Volk sich diesen Ruhetag geleistet hat.

Im Neuen Testament gibt es diese sehr schöne Stelle aus dem Hebräerbrief: „Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes. Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ruht auch von seinen Werken so wie Gott von den seinen“ (Hebr. 4, 9 – 10). Es liegt eine Verheißung in der Tatsache, dass Menschen sich in der Woche einen Ruhetag gönnen. Die Formel lautet 6 : 1. Ärzte haben mir bestätigt, dass dieses Verhältnis als gesund bezeichnet werden kann.

Vor der Coronakrise haben viele Menschen im Freizeitstress gelebt. Am Wochenende war das Leben oft noch mehr vollgestopft als während der Arbeitstage. Vielleicht war das auch so ein Art Ventil für den Arbeitsstress. Ich bin gespannt, ob sich das nach dieser Krise ändern wird. Vor allem bin ich auch gespannt, ob das nach dieser Zeit auch mit der Blickrichtung der Bibel gedeutet wird: am Ruhetag sich Zeit nehmen für Gott und ihm die Ehre geben.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 51 vom 05.05.2020,

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Waren Sie schon einmal in Wittenberg? Ich habe diese Stadt mit ihrer besonderen Geschichte zur Reformation insgesamt 4-mal besucht. Ich laufe durch die Hauptstraße und atme den Duft des Wirkens von Martin Luther ein. Ich sehe die Stadtkirche. Sie war die Predigerkirche des Reformators und alle seine Kinder wurden dort getauft. Ich laufe weiter und begutachte die einzelnen historischen Gebäude. Die Wohnung von Lucas Cranach, dem Bildhauer und Maler, der schon ganz PR-mäßig seine Werke über Luther an den Mann gebracht hat. Das Haus von Melanchthon und natürlich auch das sog. „Schwarze Kloster“, in dem Martin Luther mit seinem Diener „gehaust“ hat. Aber dann hat er 1525 seine Frau Katharina geheiratet. Und sie hat diesen „Männerhaushalt“ auf Vordermann gebracht. Daneben die Schlosskirche und das Schloss von Kurfürst Friedrich, den Weisen.

Heute vor genau 495 Jahren, am 05.05.1525 ist er gestorben. Er war von 1486 bis zu seinem Tod Kurfürst von Sachsen und durfte deshalb auch bei der Kaiserwahl mitwählen. Nach dem Tod von Kaiser Maximilian, dem „letzten deutschen Ritter“ wurde er selbst 1519 zum Kaiser vorgeschlagen. Aber er hat das wohl zu Recht auf Grund seines Alters abgelehnt. Durch die Einflussnahme seines Kanzlers Spalatin (gebürtig in Spalt bei Roth) hat er Luther unterstützt, wo er nur konnte. Und das, obwohl er selbst ein glühender Anhänger vom „Reliqienkult“ war. Es wird erzählt, dass er über 1000 Knochen oder Knochenteile von Heiligen als Gegenstände in seinem Schloss hatte. Nach dem Reichstag zu Worms 1521 hat er Luther in „Scheinhaft“ genommen und ihm ein Jahr lang auf der Wartburg Unterschlupf gewährt.

Manche behaupten, dass diese Treue zu Luther vor allem darin begründet ist, weil er damit einen Gegenpol zum Papst sein wollte. Persönlich glaube ich aber, dass er auch das Genie von Luther erkannt hat. Friedrich hätte sich durch sein Verhalten auch in Schwierigkeiten bringen können. Er ist mit seiner Haltung zu Luther ein hohes Risiko eingegangen. Vor allem war er integer und Luther konnte sich auf ihn unbedingt verlassen. Papst Leo X. hat ihn 1518 die Goldene Rose verliehen. Das ist die höchste Auszeichnung des Papstes für besondere Verdienste um die katholische Kirche. In Wirklichkeit wollte er wohl damit erreichen, dass er als „Staatsfürst“ Luther an das Ketzergericht ausliefern würde.

Friedrich war kein klassischer Kriegsherr. Er wollte Konflikte lieber diplomatisch lösen. Bei den Bauernkriegen (1524/1525) war er als einer der wenigen Fürsten gegen die Vernichtung der Bauern. Aus politischer Räson hat er sich vermutlich erst auf dem Sterbebett das Abendmahl in beiderlei Gestalt (Brot und Wein, wie das Luther gefordert hat) reichen lassen. Diesen Kurfürst will ich nicht verklären, zumal eine geschichtliche Einordnung nach so vielen Jahren immer subjektiv ist.

Ich stelle einfach nur fest: Friedrich der Weise ist für mich ein Vorbild, wie führende Politiker ruhig und gelassen vor allem in Krisen handeln und Entscheidungen treffen können. Denn das ist mir jetzt ganz wichtig. Von Populisten und Verschwörungstheoretikern halte ich mich fern. Natürlich wird dieses Thema der politischen Führung auch in der Bibel durchaus von verschiedenen Seiten betrachtet. So hat das auch schon das Volk Israel vernommen: „Wenn du in das Land kommst, das dir der HERR, dein Gott, geben wird, und es einnimmst und darin wohnst und dann sagst: Ich will einen König über mich setzen, wie alle Völker um mich her haben, so sollst du den zum König über dich setzen, den der HERR, dein Gott erwählen wird (5. Mose17, 14 – 15a)“. Gleichzeitig gilt aber auch immer, was Petrus vor dem Hohen Rat bei seiner Verteidigung gesagt hat: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 50 vom 04.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Heute ist ein Grund zum Jubel!! Jedenfalls wenn es nach der Bibel geht. Denn heute wird das 50. Update geschrieben. Wer hätte das am 15.03.2020 gedacht, dass diese täglichen Impulse so lange dauern werden? Aber warum ein Grund zum Jubel? Die Zahl 50 hat in der Bibel eine besondere Bedeutung.

Alle 50 Jahre soll es ein „Erlassjahr“ geben, ein „Jubeljahr“. Die noch ausstehenden Schulden sollen erlassen werden und ein Besitzausgleich gilt für alle Israeliten. Dieses Jubeljahr ist genau geregelt im 3. Buch Mose im 25 Kapitel. Die Bezeichnung „Jubeljahr“ oder „Jobeljahr“ geht auf ein hebräisches Wort zurück, das ursprünglich „Widder“ bedeutet. Es weist darauf hin, dass aus Widderhörnern das Blasinstrument Schofar gebaut wurde, das zur Eröffnung des Jubeljahres geblasen wurde und in der Lutherbibel durchgängig mit „Posaunen“ übersetzt wird. Ich selbst habe einmal kurz solch ein Schofar geblasen und konnte mich gut hineinversetzen, wie diese Instrumente die Mauern von Jericho mit Hilfe Gottes zum Einsturz gebracht haben.

Solch ein Schofar sieht doch ganz anders aus als eine Posaune wie wir sie kennen.

Von diesem Gedanken kommt übrigens auch die Bezeichnung „Jubiläumsjahr“ oder das „Heilige Jahr“ in der römisch-katholischen Kirche. Viel wichtiger ist aber der Hintergrund dieser Anordnung aus dem Mosebuch. Schon früher wurde erkannt, dass manche Schulden nicht zurückgezahlt werden können aus welchen Gründen auch immer. Manchmal hat jemand einfach falsch gerechnet und kommt kaum nach, seine Schulden abzubezahlen. Manchmal kommen Umstände dazu, die eine Schuldentilgung nicht mehr zulassen. Wenn Schulden nach 50 Jahren immer noch nicht bezahlt sind, dann kommen Schuldner über Generationen hinweg nicht mehr aus einer Abhängigkeit heraus. Das ist nicht im Willen Gottes. Deshalb soll dieses Jubeljahr wieder die Möglichkeit eröffnen, dass Menschen einen Neubeginn starten können.

Und das kann in der Coronakrise ganz aktuell sein. Wer weiß heute, wie er nach dieser schwierigen Zeit finanziell dastehen wird? Vielleicht hat der eine oder andere gerade ein Haus gebaut und der Finanzierungsplan wackelt jetzt! Das Jubeljahr aus der Bibel erinnert mich daran, dass jetzt vielleicht ganz neue Denkmodelle überlegt werden müssen. Persönlich habe ich mit Interesse gelesen, dass offenbar auch die ärmsten Staaten einen Schuldenerlass durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten haben. Ich bin jedenfalls gespannt, wie die Politiker auf der ganzen Welt auch in finanzieller Hinsicht helfen werden, dass durch diese Krise nicht Menschen in ausweglose Situation kommen werden.

Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und sollt eine Freilassung ausrufen im Lande für alle, die darin wohnen; es soll ein Erlassjahr für euch sein. Da soll ein jeder bei euch wieder zu seiner Habe und zu seiner Sippe kommen. Als Erlassjahr soll das fünfzigste Jahr euch gelten…So übervorteilt nun keiner seinen Nächsten, sondern fürchte dich vor deinem Gott; denn ich bin der HERR, eure Gott“ (Verse aus 3. Mose 25).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 49 vom 03.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Heute ist der 03.05.2020. Ich schaue auf meinen Terminkalender. „Tag der Vereine“ ist eingetragen. Die Stadt Hersbruck hatte im letzten Jahr die Idee, beginnend mit 2020 alle zwei Jahre diesen Tag zu feiern. Dazu sollten die Vereine aus der Stadt die Möglichkeit haben, sich im öffentlichen Raum zu präsentieren. Auch die Kirchen wurden zu einer Teilnahme eingeladen. Das Besondere daran war, dass zu Beginn ein öffentlicher ökumenischer Gottesdienst im Freien am oberen Markt stattfinden sollte. Ich war von Anfang begeistert und der Kirchenvorstand als Altensittenbach war gleich dabei. Der Altensittenbacher Posaunenchor hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, diese Feier musikalisch zu begleiten.

Innerhalb der Leiter der Kirchen, Freikirchen und der Landeskirchlichen Gemeinschaft gab es dann aber doch eine Diskussion darüber, ob wir als Kirchen so etwas wie ein Verein sind und mitmachen sollen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein Anhänger der sog. Geh-Struktur bin. Kirche sollte also dorthin gehen, wo Menschen sich treffen um mit ihnen Kontakt zu pflegen und Beziehungen zu festigen. Dem gegenüber steht die sog. Komm-Struktur. Sie sagt aus, dass Menschen vor allem kommen sollen zu Gottesdiensten und Veranstaltungen.

Beide Dimensionen sind mir wichtig. Aber die Geh-Struktur hat für mich eine höhere Priorität. Kirche sollte deshalb jede Möglichkeit nutzen, zu den Menschen zu gehen und Kontakte aufzubauen. Sind wir als Kirche ein Verein? Was ist Gemeinde? Diese Frage treibt mich nicht nur heute an diesem Tag um. Als evangelisch-luth. Pfarrer schaue ich natürlich in unserem grundlegenden Bekenntnis nach, dem Augsburger Bekenntnis, das Philip Melanchthon auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 vorgelegt hat und das in unserem Gesangbuch unter der Nr. 906 steht. „Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der christlichen Kirche nötig, dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe (Eph 4, 4 – 5).

Wenn ich das recht verstehe, kommt es nicht auf den Ort an, sondern auf den Inhalt der Feier. Ich bin persönlich froh, dass wir hier in der Region Hersbruck den sog. „Runden Tisch“ haben, bei dem sich evangelische und katholische Landeskirchen, Freikirchen, die Landeskirchliche Gemeinschaft und die beiden Kommunitäten Johanniskonvent und Selbitzer Schwesternkonvent auf dem Hof Birkensee um einen Tisch setzen, sich gemeinsam austauschen und auch zusammen Gottesdienste feiern wie z.B. das „Feiert Jesus – Fest“. Und ich erinnere daran, dass Kirche vom biblischen Urtext mit „ecclesia“ bezeichnet wird. Das heißt auf deutsch: „die Herausgerufenen“. Kirche bildet sich, weil Jesus seine Jünger ge- und berufen hat. Und sie haben offenbar den Auftrag, mitten in der Welt zu den Menschen zu gehen um das Evangelium zu verkündigen.

Und da sind wir ein Teil der Gesellschaft mit anderen Menschen zusammen mit diesem besonderen Auftrag. „Und er (Jesus) rief seine zwölf Jünger zu sich…Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: …Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Verse aus Markus 10).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 48 vom 02.05.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Christl Schäfer-Geiger

Verhältnismäßigkeit

Wenn ich in diesen Tagen einkaufen gehe, dann erlebe ich immer wieder die „Meckerer“, die sich darüber aufregen, dass einer in der Schlange nicht die geforderten 1,50 m einhält. Oder es gibt Menschen, die sich empören, dass da jetzt ein paar Senioren am Nachmittag im Supermarkt sind. Wo die doch am Vormittag Zeit hätten. Andere rufen die Polizei, weil sie drei Jugendliche zusammen gesehen haben, die doch „bestimmt nicht in einem Haushalt leben“. „Da ist einer zu viel“, wird geschimpft.
In Rostock ging es soweit, dass die Reifen von Autos mit „auswärtigem“ Kennzeichen zerstochen wurden.

Mit kommt es so vor, als ob so mancher nicht mehr rational handelt. Vorsicht ist bei Menschen, die zu Risikogruppen gehören, durchaus verständlich. Aber muss es sein, dass ich argwöhnisch über meinen Nachbarn wache und überprüfe, ob er sich an die vom Staat ausgegebenen Regeln hält? Oder spitzeln und denunzieren da einige im Dienst der guten Sache?

Ich frage da immer nach der Verhältnismäßigkeit. Das habe ich in meiner Berufsausbildung gelernt. Alles, was der Staat tut, unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Teil unseres Rechtsstaatsprinzips ist. Er darf nicht härter durchgreifen, als unbedingt erforderlich ist.

Wenn diesem Grundsatz unser Staat unterliegt, warum sollte ich als einzelne dann anders handeln. Warum sollte ich unverhältnismäßig sein. Ich möchte doch eher mit einem liebenden Auge auf meinen Nächsten schauen. Fühlt es sich nicht befreiender an, ein paar Jugendlichen ein Treffen zu dritt zu gönnen und ein Auge zuzudrücken, als ihnen die Polizei auf den Hals zu schicken.

In ihrer Fassungslosigkeit über das Vorgehen ihrer Bürger hat selbst die Greifswalder Polizei den Appell ausgegeben: „Bitte habt euch lieb!“

Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! So steht es im 1. Korintherbrief 16,14. Darauf möchte ich schauen und mich immer wieder fragen, ob ich in Liebe auf meine Mitbürger schaue und ob ich mich „verhältnismäßig“ verhalte.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 47 vom 01.05.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Kennen Sie das Kinderlied „Ui,ui, hörst Du den Wind?“ Es ist ein Lied, das sehr viel Vertrauen erwecken soll. Im ersten Vers heißt es: „Ui, ui, hörst Du den Wind? Ui, ui, hörst du den Wind? Jesus ist da, drum habe keine Angst. Ui, ui, ui, ui, ui, ui“. Und dann gibt es verschiedene Lebenssituationen, die sich Kinder selbst ausdenken können. Jeder Vers endet aber immer mit den Zeilen: Jesus ist da, drum hab keine Angst. Ui, ui, ui, ui, ui, ui. Und dann kam der Tag, seit dem dieses Lied für mich nur noch schwer zu singen war. In einem vorgegebenen Vers heißt es nämlich: „Ui, ui, siehst du den Blitz? Ui, ui, siehst du den Blitz? Jesus ist da, drum hab keine Angst. Ui, ui, ui, ui, ui, ui.“

Es war ein Tag im Juni 1993. Ich war gerade mit einer Konfirmandengruppe und mit Mitarbeitern auf der Burg Altenstein zur Rüstzeit. Damals noch ohne Handy geschweige denn mit Smartphone ausgestattet, kam eine Mitarbeiterin des dortigen CVJM-Hauses zu mir und bat mich meine Frau zurückzurufen. Es sei etwas Schlimmes passiert. Der Anruf bestätigte die Information. Im Dorf stand der Maibaum (siehe gestriges Update) und ein Gemeindemitglied wurde unter dem Baum vom Blitz erschlagen und ist tot. Er war Zimmermannmeister und wohnte nur rund 400 m vom Maibaum entfernt. Er hatte einen Auftrag direkt am Haus, das dem Maibaum am nächsten lag. Weil es so heiß war, stellt er das Betriebsauto unter den schattigen Maibaum. Im Laufe des Nachmittages braute sich ein Gewitter zusammen. Es regnete nicht, aber es gab einen einzigen furchtbaren Schlag. Er war so laut, dass meiner Frau gleich klar war, dass ein Blitz irgendwo eingeschlagen hatte. So war es auch. Und genau in der wenigen Sekunde des Einschlages war der Zimmermann beim Auto gestanden um ein Handwerkgerät zu holen. Er hatte keine Überlebenschance. Mit 35 Jahren ist er verstorben und seine Frau stand mit Firma und dem dreijährigen Kind da. Mein Vertreter hat mir später erzählt, dass er nicht fähig war, mit der Familie den bei einer Aussegnung üblichen Ps 23 zu beten.

Er war genauso alt wie ich. Mir kam sofort der Gedanke: Wenn ich jetzt gestorben wäre! Wenn mein Leben so kurz gewesen wäre!  Nach meinem Heimkommen aus der Konfirmandenrüstzeit standen Gespräche und Beerdigung an. Mir war es selbst ziemlich mulmig. Neben der persönlichen Trauer gab es ja noch das Überlegen zur wirtschaftlichen Situation des Familienbetriebes. Fragen über Fragen. Aber ich traf eine Frau, die selbst sehr ruhig und gefasst war. Sie hat nicht geklagt und nicht auf Gott geschimpft. Sie hat das Geschehen auch nicht dem Schicksal zugesprochen. „Ich will das aus Gottes Hand nehmen“ – war ihr Leitsatz. Und dann kam es zu den Gedanken über den Ablauf der Beerdigung. Sie wählte als Bibeltext für die Ansprache den gemeinsamen Trauspruch aus Jesaja 54, 10: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer“. Für mich ist diese Haltung der Frau bis heute wichtig geworden. Mitten in ihrer Lebenskrise hat sie gelernt, nicht zu verzweifeln, sondern auf Gott zu schauen. Ja, noch mehr. Sie wollte etwas von dieser Gnade mitten in der Krisensituation an andere weitergeben. Ein paar Wochen später hat sie mich angerufen. „Herr Metzger, ich will gerne im Kindergottesdienst als Mitarbeiterin dabei sein“. Bei jedem Maibaum, an dem ich vorbeifahre. Bei jedem Kirchweihbaum, den ich hier in Ostmittelfranken sehe, gehen mir die Gedanken vom Juni 1993 durch den Kopf. Das schöne Kinderlied habe ich seither nicht mehr gesungen.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 46 vom 30.04.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Heute ist der 30.04.2020. Genau vor 23 Jahren, am 01.05., war ich dabei, als der Walburgismarkt gefeiert wurde und unsere Familie dort den Nachmittag verbracht hat. Im Ries dagegen wurden diese beiden Tage fast ins Unerträgliche gesteigert. Ein Wettbewerb für den höchsten Maibaum wurde ausgerufen. Getrennt in Fichtenbaüme und Birkenbäume. Aber als diese Bäume immer höher wurden und es einen Unfall beim Aufstellen gab, wurden immerhin die Kriterien geändert. Es ging nicht mehr um den höchsten Baum, sondern um den am schönsten gestalteten Baum am Vorplatz. So fuhren der Landrat und einige weitere wichtige Personen zwei Tage lang von Dorf zu Dorf und bewerteten diese Kunst.

„Herr Pfarrer, passen Sie heute Nacht gut auf“ wurde mir kurz vor meiner ersten Freinacht 1989 von Gemeindemitgliedern gesagt. Diese Worte nahm ich leicht, denn wir hatten schon im ersten Jahr sehr gute Kontakte zu den jungen und älteren Menschen im Dorf gewonnen. Ich sollte mich täuschen! Ein relativ großer Haufen Mist lag am 1. Mai früh vor meiner Haustür und die Tore zum Grundstück waren weg. Ich habe es als Schabernack genommen wie die anderen Hausbesitzer auch. Aber in manchen Jahren wurden bei Bewohnern Fenster eingeschlagen, Geräte gestohlen und alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war.

Irgendwann habe ich mich dann doch einmal mit der Hl. Walburga beschäftigt. Viele hier im Raum Nürnberg-Erlangen kennen sie vor allem als Patronin auf dem „Walberla“, auf der Ehrenbürg bei Kirchehrenbach im Landkreis Forchheim. Geschichtlich ist sie die Heilige gegen Pest, Husten und Tollwut. In der Volksfrömmigkeit spielt sie aber auch eine Rolle bei Aberglauben und Hexenverehrung. Für den sog. Satanismus ist die Nacht vom 30.04. auf den 01.054. der höchste Feiertag im Jahr.

Walburga war die Nichte von Bonifatius, der 732 n. Chr. die Wodanseiche gefällt und damit die Tür öffnete für die Christianisierung der Germanen. Wir leben hier in Ostmittelfranken ganz in der Nähe von Eichstätt und von daher kennen vermutlich viele Leser/-innen den Zusammenhang von Walburga und dem Bistum Eichstätt, zu dem bis zur Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1006 n. Chr. auch das Hersbrucker Gebiet ganz gehörte. Der Bruder von Walburga, Willibald, war der erste Bischof des altehrwürdigen Bistums Eichstätt.

Was mir heute viel wichtiger ist? Aus einer guten Frömmigkeit heraus wurde aus dem Walburgistag ein Tag von Götzentum, Hexerei, Satanismus und Glauben ohne Gott. Deshalb ist es wichtig, allein auf Gott zu vertrauen und keiner anderen Macht Raum zu geben im eigenen Leben. Das gilt gerade in solch einer Krisensituation wie wir sie jetzt haben. „Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken, denn er ist treu, der sie verheißen hat…Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat“ (Hebräerbrief 10, 23.35). Im Zusammenhang vom Maibaum in Alerheim habe ich eine meiner größten Krisen als Pfarrer erlebt. Aber davon morgen mehr.

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 45 vom 29.04.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Es ist der 29.04.1986, ein Dienstag. Heute vor genau 34 Jahren bin ich mit dem Auto unterwegs auf der A 7 von Bad Brückenau zum Hesselberg. Ich hatte eine besondere Stimmung. Mit meinen damals gerade 28 Jahren hatte ich einen Gemeindepraktikanten für vier Wochen gehabt. Er hat im Pfarrhaus gewohnt und so die Arbeit eines Pfarrers hautnah kennengelernt. Im Landgemeindepraktikum kommt hinzu, dass der Theologiestudent im Pfarrhaus wohnen muss um auch den Alltag der Pfarrfamilie kennenzulernen. Solch ein Gemeindepraktikum ist vorgeschrieben. Am Ende steht ein Mentorentreffen. Mentoren und Studenten sollen schließlich richtige Schlüsse aus dem Erlebten ziehen. Damals gab es noch nicht den Ereigniskanal „B 5 aktuell“, den ich heutzutage im Autoradio fast immer höre. Ich schalte ein wenig hin und her und lande schließlich bei Bayern 3. Die beiden damals noch nicht ganz so bekannten Entertainer Thomas Gottschalk und Günther Jauch moderieren die Sendung „B 3 – Radioshow“. Aber an diesem Nachmittag verläuft die Sendung anders als sonst. Statt viel Musik und Blödeleien gibt es ernste Nachrichten. An diesem Tag wurde in den Nachrichten gemeldet, dass die seit einem Tag gemeldeten erhöhten Strahlenwerte von einem Kernkraftwerk in der Ukraine kommen. Der Name Tschernobyl fällt. Einen Tag vorher wurde erstmals aus dem Kernkraftwerk Forsmark in Schweden solche Werte gemeldet. Jetzt aber wird es mehr und mehr amtlich. Die Nachrichtentransparenz hielt sich von seiten der UDSSR in Grenzen, so wie das in der Coronakrise auch bei den chinesischen Behörden war. Offenbar wollen diktatorische Staaten mit allen Mitteln verhindern, eigene Fehler zuzugeben. Die beiden Moderatoren schwanken von Lustig auf Ernst hin und her. Zum ersten Mal habe ich von einem GAU oder SUPERGAU gehört. Ich erinnere mich noch, dass Thomas Gottschalk gesagt hat, dass solche Unfälle statistisch gesehen etwa alle 1000 Jahre geschehen. Günther Jauch antwortete trocken: Das schon. Ich weiß aber nicht, ob das in einem Jahr passiert und dann 1000 Jahre keine. Oder ob das eben erst in 1000 Jahre passieren wird. „Die haben auch noch Humor inmitten dieser komischen Berichtslage“ habe ich still für mich gedacht.

Auf dem Hesselberg angekommen, habe ich die Infos gleich an dem Leiter des Treffens weitergegeben. Es war der von mir sehr geschätzte Professor im Fachbereich Praktische Theologie der Uni Erlangen, Manfred Seitz. „Herr Metzger. Ist der Name GAU oder SUPERGAU gefallen?“ Seine Antwort konnte ich bestätigen. Und heute fällt mir diese Geschichte auch wieder ein. GAU = Größter Anzunehmender Unfall. Im Gespräch mit anderen Menschen wurde diese Situation von vor 34 Jahren immer wieder mit der Coronakrise verglichen. Ich sehe nichts – ich höre nichts – ich schmecke nichts – ich rieche nichts – ich merke (noch) nichts. Wer sich an damals erinnert, zieht Vergleiche mit heute.

Für mich ist noch ein anderer Impuls interessant. Es soll ja Menschen geben, die immer noch behaupten: Gott gibt es nicht, weil ich ihn nicht sehe, nicht höre, nicht rieche, nicht bemerke. Die Coronakrise verdeutlicht mir wieder einmal, wie wenig ich mit meinen Sinnen wahrnehmen kann. Das dreidimensionale Denken ist wirklich sehr klein, um diese Welt zu erfassen. Erst recht, wenn es um den Glauben an Gott geht. Der Verstand kann mir dazu helfen, mich mit Dingen des Glaubens zu beschäftigen. Aber letztlich kann ich Gott nicht beweisen. Letztlich sagt auch schon die Bibel, dass Glaube viel mit Vertrauen und Beziehung zu tun hat. Und in dieser sichtbaren Welt kann ich Gott in seinem tiefen Wirken wohl nicht erkennen. Um so wichtiger ist es, den Glauben an Gott zu bekennen und zu leben. „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. Durch diesen Glauben haben die Vorfahren Gottes Zeugnis empfangen“ (Hebräerbrief 11, 1 – 2).

Wenn Corona will, steht (fast) alles still, Update 44 vom 28.04.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Ilka Kolb

Es ist gerade eine schwierige Zeit für uns alle. Wir können unser Leben nicht so leben, wie wir es gewohnt sind.  Die Kinder sind zu hause, ich muss sie nicht zu so vielen Terminen fahren und auch ich selbst habe keine Termine außerhalb der Arbeit. Die Ferien der Kinder tragen sicher dazu bei, dass es bei uns gerade etwas entspannter zu geht. Vor den Ferien war das etwas anders, bei drei Kindern auf drei verschiedenen Schulen war es nicht immer einfach meine Arbeit, die vielen mails etc. der Lehrer, meinen Haushalt und mein Seelenleben in Einklang zu bringen und zu koordinieren.

Je länger die Zeit des Shut downs ist, umso mehr verschieben sich die Prioritäten. War es am Anfang meine Sorge, dass die Kinder in der Schule mit dem Stoff durchkommen. Die Sorge, wie das alles werden wird im Gesundheitswesen. Die Angst, dass der Medienkonsum meiner Kinder bis ins unermessliche steigt und sie Schaden nehmen, etc. die meinen, unseren Alltag bestimmt haben, so hat sich dies jetzt verschoben. Eine gewisse Gelassenheit in der Arbeit und auch in der Handhabung der Schuldinge der Kinder ist gekommen. Was sich jedoch ändert ist mein Blick auf die sozialen Belange und auf die Ängste.

Meine Kinder können diese nicht immer formulieren, doch merke ich an ihrem Verhalten ganz deutlich, dass es ihnen sehr zu schaffen macht, dass sie sich mit ihren Freunden nicht treffen können. Und ich spreche nicht vom virtuellen Treffen, sondern vom richtigen körperlichen Treffen.

So merke ich auch, dass sie sich immer häufiger einfach nur mal ein paar Streicheleinheiten holen, die ich gerne verteile, weil sie auch mir gut tun. Ich gehe zwar zur Arbeit, aber auch ich darf momentan nur am Telefon oder per email beraten. Ein Face-to face Kontakt ist gerade nicht möglich. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne mal jemanden in den Arm nehme zur Begrüßung oder über den Arm streiche, wenn ich mich mit jemanden unterhalte, um meine Aufmerksamkeit zu unterstreichen.

Ich habe an Ostern sehr die gemeinsamen Gottesdienste und Begegnungen vermisst. Auch meinen Kindern hat die Osterwache gefehlt, die Gemeinschaft, die damit verbunden ist. Dass sie in diesem Jahr nicht stattgefunden haben ändert natürlich nichts an der Botschaft von Ostern, aber durch persönliche Begegnungen bekommt der Tod Jesu Christi und seine Auferstehung für mich noch einmal eine andere Präsenz, eine andere Aufmerksamkeit.

Mit der Ostergeschichte wurde mir auch klar, dass es immer ein Licht am Ende des Tunnels gibt und dass es auch manchmal positiv stimmt, wenn man seine Blickwinkel verändert.

Eine Freundin von mir hat gestern auf whats app folgendes gepostet:

Das große Osterfest

Tote Seelen werden lebendig.
Hilflose helfen, Stumme reden,
Blinde sehen die Möglichkeiten.
Unbewegliche kommen in Bewegung.
Ängstliche stürzen sich in Vorhaben.
Anonyme machen sich einen Namen.
Die Passiven packen mit an.
Die mit den Ausreden reden sich Mut ein.
Unsichtbare lassen sich sehen.
Fernstehende treten näher.
Die sonst nie kommen, sind alle da…
Und alle feiern wir Auferstehung

Lothar Zenetti

Ich finde das spiegelt auch viel die positiven Veränderungen vom Ich zum Wir in letzter Zeit in unserer Gesellschaft wider. Lassen wir uns nicht entmutigen, denn Gott hat seinen Sohn für uns gegeben und er begleitet uns und nimmt uns in seine Arme. In diesen können wir uns geborgen fühlen. Und ein Lächeln, ein Winken und ein freundliches Zunicken kann man auch über 1,5 m Abstand zu seinem Nächsten bringen und dieser kann dann Gottes Wirken spüren.