Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 353 vom 03.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Rapunzel – lass dein Haar herunter

Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 03.02.2021. Auf der ersten Seite lese ich in der Rubrik „GANZ NEBENBEI…“ die Überschrift: „Rapunzel ohne Friseur“. Der Autor Alexander Jungkunz beschreibt den Zusammenhang vom Märchen Rapunzel mit der Situation der Friseure in der Coronakrise.

18 Jahre wird Rapunzel in Quarantäne geschickt und muss in einem Turm aushalten – ohne Friseur. Als sie freikommt, drängt ihr Vater, der König, sie zu sozialer Distanz: Keine Kontakte zu den Untertanen, keine Reisen zur Grenze. Dort wuchern nämlich wilde Stacheln! 2010 wurde dieses anschauliche Märchen von Disney verfilmt. Und jetzt das Interessante: Das Königreich heißt im Film – Corona!!!!  Das ist wirklich Stoff für Verschwörungstheorien. Also alles geplant? Alexander Jungkunz schließt mit den Worten: „Die Regie führte damals aber nicht Bill Gates, der Film wurde nicht von der WHO gefördert. Und er ist das, was manche angesichts der Krise gern auftischen an Gerüchten: ein Märchen. Ein „echtes“.

Soweit die Nürnberger Nachrichten. Als ich das gelesen habe, gingen meine Gedanken sofort an einen Mann in der Bibel, der wegen seiner langen Haaren auch eine Lebenskrise meistern musst: Simson. Im zweiten Teil des Richterbuches ist seine Geschichte zu lesen. In den Geschichten über ihn zeigt sich sehr schnell, dass seine gewaltige Kraft ein Geheimnis hat: seine langen Haare!! Im 16. Kapitel des Buches benutzen die Feinde, die Philister, seine Frau Delila, um Simson niederzuringen. Diese „Mata Hari“ des Alten Testamentes entlockt ihm schließlich, dass seine Kraft an seinen langen Haaren hängt, die noch nie geschnitten wurden. Delila lässt ihn deshalb in der Nacht seine Haare abschneiden und als die Philister kommen, hat er seine vorher wunderbare Kraft nicht mehr. Die Philister nehmen in gefangen und stechen ihm die Augen aus. Er wird in Ketten gelegt und muss die Mühlsteine drehen.

Aber die Feinde wissen nicht, warum ihm die Kraft verlassen hatte und seine Haare wachsen nach. Eines Tages soll er vor den Fürsten der Philister seine „Späße“ machen, also vorgeführt werden. Simson aber nimmt seine ganze Kraft zusammen (die er durch die nachwachsenden langen Haare wieder hatte) und reißt die zwei Mittelsäulen des Hauses nieder. Das Haus fällt auf die Fürsten der Philister und begräbt sie unter sich. Simson stirbt natürlich dadurch selbst, aber rettet mit dieser Handlung sein Volk.

Wer weiß, wenn das mit den geschlossenen Friseurläden so weitergegangen wäre, dann wären vielleicht viele Männer und Frauen gestärkt durch die langen Haare aus der Coronakrise heraus gekommen. Aber abgesehen davon: Wenn mehr Menschen wie Simson nach der Coronapandemie reden würden, soll es mir recht sein. „HERR HERR, denke an mich und gib mir Kraft, Gott…“ (Richter 16, 28a). Wie gut, dass die Friseurladen vorgestern wieder aufmachen konnten. Die Rapunzels unter uns verschwinden und die Angst vor Simson muss jetzt auch keiner mehr haben.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 352 vom 02.03.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Als Prediger „unterwegs sein“

Das war für mich etwas Besonderes. Ich kam 1996 nach Altensittenbach und hörte, dass es in Hersbruck mehrere Freikirchen geben würde. Darunter die sog. „Evang. Methodistische Christuskirche Hersbruck“. Ich hatte zwar von den Methodisten schon im Studium kurz etwas gehört, aber Genaueres kannte ich nicht. Da war es gut, dass diese Freikirche kurz vorher mit den Lutheraner eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft vereinbart hatten.

So konnte ich Kontakt zu dieser Freikirche aufnehmen und wir hatten mehrmals Kanzeltausch. Einmal wurde mir sogar die Leitung des Hl. Abendmahles gestattet. Bis heute habe ich sehr gute Kontakte zu den Menschen in dieser Freikirche und ich freue mich darüber. Dann habe ich mich auch mit der Geschichte dieser Bewegung auseinandergesetzt und habe den Namen John Wesley gefunden. Er wurde 1703 als 15. Kind von 19 Kindern in Lincolnshire/England geboren. Sein Vater kam aus einer anglikanischen Pfarrersdynastie mit streng puritanischen Neigungen. Bei einem Brand des Elternhauses wurde der fünfjährige John erst im letzten Moment gerettet. Mit seinem Bruder und anderen Studenten gründeten sie in auf der Universität in Oxford den „Holy Club“, in dem sie sich zum Bibelstudium und geistlichen Leben zusammenfanden. Wegen ihres methodisch geführten Glaubens wurden sie bald spöttisch „Methodisten“ genannt.

John wurde anglikanischer Priester, wirkte als Dozent und ging 1735 für zwei Jahre mit seinem Bruder als Missionar nach Georgia. Er vertat ein Christentum der vollen Heilsgewissheit, das durch ein Bekehrungserlebnis geprägt sein soll. Er beginnt eine evangelistische Tätigkeit und hält viele Predigten im Freien. Er reist von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und soll bis zu seinem Tod über 40 000 Predigten gehalten haben.

Dieses „Unterwegs sein“ gilt offenbar bis heute als ein großes Anliegen in dieser Freikirche. So sollen ihre Prediger auf Gemeindestellen höchsten 8 – 10 Jahre bleiben, dann geht es weiter. So hat mir das ein Freund erzählt, der selbst Prediger bei den Methodisten ist. Heute vor genau 230 Jahren, am 2. März 1791 ist Wesley in London gestorben und der 2. März ist deshalb sein Gedenktag im evangelischen Namenskalender.

Was auch noch interessant ist: Wesley hat das Lied „Ich habe nun den Grund gefunden“ (Evang. Gesangbuch, Nr. 354) von Johann Andreas Rothe im Jahre 1740 in die englische Sprache übersetzt. „Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält; wo anders als in Jesu Wunden? Da lag er vor der Zeit der Welt, der Grund, der unbeweglich steht, wenn Erd und Himmel untergeht“.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 351 vom 01.03.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Mögen Engel dich begleiten – Simon

Es ist der 01.03.2014. Es ist ein Samstag, heute vor genau sieben Jahren. Einen Tag später sind es genau drei Wochen her, dass Simon gestorben ist. Der Beerdigungsgottesdienst soll in der Stadtkirche in Hersbruck stattfinden. Wir rechnen mit sehr vielen Menschen und haben uns dazu entschlossen, in dieser großen Kirche diese Feier abzuhalten. Es war eine gute Entscheidung. Es kamen über 400 Gottesdienstbesucher. Teilweise waren sie von weit her angereist.

Der Gottesdienst selbst wurde von vielen Menschen musikalisch ausgestaltet. Die Posaunenchöre aus Altensittenbach und Oberkrumbach waren vertreten, Freunde haben mit E-Piano, Gitarre und Gesang Lieder gesungen, der Kinderchor der Grundschule Altensittenbach hat das Lied „Mögen Engel uns begleiten“ vorgetragen, eine gute Freundin von uns hat eine Power-Point-Präsentation mit Bildern aus dem Leben von Simon vorbereitet und Dekan Dr. Werner Thiessen hat die Predigt gehalten. Ein Sohn eines Freundes hat die gesamte Feier als DVD aufgezeichnet. Freunde und Mitglieder aus dem Kirchenvorstand haben das Kaffeetrinken hinterher vorbereitet.

Für mich war besonders nachdenkenswert, dass der Taufspruch von Simon gleichzeitig auch die Jahreslosung von 2014 war. Zufall?? „Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott den HERRN, dass ich verkündige all dein Tun“. Diesen Vers aus dem Psalm 73, 28 haben wir ihn als Eltern im Juli 1992 zur Taufe ausgesucht. Wir haben uns viele schriftliche Glückwünsche zum damaligen Fest aufgehoben. Auf mehreren Karte standen ungefähr folgende Worte: „Wir wünschen Dir viel Glück und Gesundheit im Leben“. Ich will ganz ehrlich sein. Wenn ich diese Karten jetzt lese, stehen mir viele Tränen in den Augen.

Der Text aus dem Psalm 73 für die Jahreslosung von 2014 wurde aus der ökumenischen Einheitsübersetzung ausgewählt. „Gott nahe zu sein ist mein Glück“. Ich habe bei den Predigten dazu viele Worte gelesen, bei denen es vor allem um das „Glück“ ging. Irgendwie hatte mich das nie zufrieden gestellt. „Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte“ von Luther zu „Gott nahe zu sein ist mein Glück“. Passt das zusammen? Ich habe im hebräischen Urtext nachgesehen und war erstaunt. Die wörtliche Übersetzung lautet: „Gott nahe zu sein ist mir kostbar“. Ich bin über diese wörtliche Übersetzung des Textes begeistert. Darüber hat Dekan Dr. Thiessen dann auch gepredigt und die Kachel an der Wand bei der Baumbestattung trägt diese Formulierung. Und das zog sich auch gefühlsmäßig für mich durch den ganzen Abschiedsgottesdienst. Das ist eine starke Verheißung für jeden, der im Glauben an Jesus um einen lieben Menschen trauert.

Meine Schwägerin Silvia Dörr spielt das Lied auf dem Klavier

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 350 vom 28.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Taufe und Konfirmation

Ich weiß nicht genau, ob und wie die Konfirmanden zu einem Mann stehen, welcher der Grund ist, warum es die Konfirmation überhaupt gibt: Martin Bucer. Eigentlich hieß er Martin Butzer oder auch Martin Butscher. Das weiß keiner so ganz genau.

Er war ein Zeitgenosse von Martin Luther und hat eine ähnliche Lebensgeschichte wie der große Reformator aus Wittenberg. Sein Vater war Büttner (Küfer) und stellte Fässer her. Er wurde wie Luther Mönch. Allerdings nicht bei den Augustinern, sondern bei den Dominikanern. Am 26.04.1518 kam es zur sog. Heidelberger Disputation. Bucer hatte einen positiven Eindruck von Martin Luther und wandte sich der protestantischen Theologie zu. Drei Jahre später wird er auf eigenen Wunsch aus dem Orden entlassen und findet Zuflucht bei dem protestantischen Ritter Franz von Sickingen. Auch Bucer heiratet wie Luther eine ehemalige Nonne: Elisabeth von Silbereisen. Wie Luther trifft ihn der Kirchenbann des Papstes und wird durch Kaiser Karl V. für vogelfrei erklärt. Er wird in Straßburg ordiniert und 1524 zum Pfarrer gewählt. Er nimmt eine führende Stellung im Aufbau des Kirchenwesens im gesamten südwestdeutschen Raum ein. Er versucht zwischen den verschiedenen protestantischen Parteien zu vermitteln und schaltet sich vor allem beim Abendmahlsstreit zwischen Luther und Zwingli ein. Er suchte ständig das Gespräch mit Luther und beteiligte sich auch an Vermittlungsgesprächen zwischen Katholiken und Lutheranern. Die Einführung der Reformation in Württemberg stand unter seiner Leitung und so ist er dort bis heute eher ein Begriff als für uns bayrische Lutheraner.

Um dem Einfluss der sog. Täuferbewegung zu begegnen, führte er die Konfirmation ein, die aber erst sehr viel später im Pietismus wichtig wurde. Wie Luther und seine Familie kämpfte er mit den Auswirkungen der Pest. Seine Frau Elisabeth und mehrere Kinder fielen dieser Seuche zum Opfer und er heiratete noch einmal. Er ging nach Straßburg zurück, musste aber 1549 die Stadt verlassen. Im Zuge der schmalkaldischen Kriege nach dem Tod Luthers (1546) kam es auch dort zur „Rekatholisierung“ durch Kaiser Karl V., die Bucer nicht mitgegangen ist. Er emigrierte nach England, lehrte an der Oxford-Universität und starb dort nach kurzer Krankheit am 1. März 1551 und damit morgen vor genau 470 Jahren. Der Tag vorher, der 28. Februar ist sein Namenstag im evangelischen Kalender.

Bucer hat zum ersten Mal den Gedanken entwickelt, dass getaufte Kinder später als Jugendliche nachträglich ihr eigenes „Ja“ zu ihrer Taufe sagen können. Damit wollte er einen Kompromiss zu den Vertretern der Täufer finden, welche gegen die Säuglingstaufe stehen und nur die sog. „Glaubenstaufe“ anerkennen. Und diese verschiedenen theologischen Lehren werden bis heute kontrovers diskutiert. „Seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“ (Epheser 4, 3 – 6).

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 349 vom 27.02.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Alles hat seine Zeit

Es ist der 27.02.2014. Es ist ein Donnerstag, heute vor genau sieben Jahren. Ich gehe zu einer Beerdigung. Sie findet im Neuen Friedhof in der Südstadt von Hersbruck statt. Ich habe nur die Information, dass es eine Baumbestattung sein wird.

Ich gehe zum Baum 6 und sehe das Grab, in das die Urne kommen wird. Ich erschrecke zuerst. Es ist genau direkt neben dem Grab, in dem Simon einen Tag später beerdigt werden wird. Während der gesamten Bestattung stehe ich genau auf dem leeren Feld, das einen Tag später die Urne meines Sohnes aufnehmen wird. Ich spüre in mir auf der einen Seite ein aufgewühltes Herz. Auf der anderen Seite bin ich auch gefasst. Die Beerdigung läuft seinen normalen Gang. Ich merke, wie Rituale und Liturgie Halt geben können. Ich kann mich orientieren und der festgelegte Ablauf hilft mir, die gesamte Situation gut zu überstehen. Erst nach der Beerdigung gehe ich noch einmal zu dem Ort.

In mir sind die Gedanken aus dem Buch des Predigers im dritten Kapitel: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit…Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll. Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist“.

Gott baut seine Gemeinde

Es ist das größte Werk im Neuen Testament. Das Doppelwerk von Lukas: Evangelium und Apostelgeschichte. In insgesamt 45 Kapitel beschreibt der Evangelist den Weg von Jesus bis zu seiner Himmelfahrt und wie danach die Kirche sich gebildet hat über die engen Grenzen von Juda hinaus. Bei dem Seminar „Neugierig auf mehr. Geheimnis Bibel“ soll in der nächsten Zeit die Apostelgeschichte näher und intensiver betrachtet werden. Dank Zoom ist das auch mitten in der Coronapandemie möglich.

Ihr werdet meine Zeugen sein in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1, 8b) so hat es Jesus seinen Jüngern auf dem Ölberg gesagt. Diese Beschreibung gibt auch den Aufbau der Apostelgeschichte an.

Dieses Doppelwerk ist von Anfang an bis zum Ende eine klar strukturierte Beschreibung der Verheißungsgeschichte Gottes mit seiner Gemeinde. „…wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes Gottes gewesen sind, habe auch ich es für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist“ (Lukas 1, 2 – 4). Das schreibt Lukas an Theophilus, der vermutlich ein Gönner von ihm war und die nötigen finanziellen Mittel gab, damit das Evangelium verbreitet wird.

Nur in diesem Doppelwerk wird von der Himmelfahrt Jesu in der Bibel geschrieben. Damit nimmt Lukas wahrscheinlich die Lebenswelt von Theophilus ernst und versucht ihm klar zu machen, dass und wie Jesus von der sichtbaren in die unsichtbare Welt gegangen ist. Jesus verheißt den Aposteln die „Kraft des Heiligen Geistes, der auf euch kommen wird“ (Apg 1, 8a).

Interessant ist, dass der Evangelist Johannes beschreibt, wie Jesus seine Jünger nach seiner Auferstehung anblies und ihnen damit den Hl. Geist verleiht: „Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist“ (Jo 20, 22). Aber die Kraft, die Dynamis des Hl. Geistes – das sollten die Jünger dann erst an Pfingsten erleben. Vorher aber kamen sie im Obergemach eines Hauses in Jerusalem in einer Art „Schicksalsgemeinschaft“ zusammen und warteten auf die Erfüllung der Verheißung von Jesus. Dabei wurde Matthias zum Kreis der 12 Aposteln dazu gelost, weil Judas nach seinem Verrat ausgeschieden war.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 348 vom 26.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Purim – das Freudenfest

Das war für mich sehr überraschend. Damals im März 1978. Ich war mit anderen Studenten in Israel und habe dort insgesamt vier Wochen gelebt. Ich habe davon vor allem am Anfang meiner Updates im März und April 2020 geschrieben. Eines Tages laufe ich mit anderen Mitstudenten in Jerusalem umher und entdecke Kinder in Faschingsgewand. Aber in Deutschland war die Faschingswoche schon längst vorbei.

Wir sind dieser Beobachtung auf die Spur gegangen und wollten wissen, warum Kinder an diesem Tag kostümiert sind. „Heute feiern wir Juden das Purimfest“ erhielten wir zur Antwort. Ich hatte mich damit auch als Theologiestudent noch nicht befasst und musste selbst erst nachlesen. „Purim“ heißt auf deutsch „Los, Schicksal“ und erinnert an die Rettung der Juden in der Perserzeit. Die ganze Geschichte steht im Buch Ester, das im Kanon des Alten Testamentes steht, aber kaum bekannt ist.

Der höchste Regierungsbeamte des Perserkönigs, Haman, versucht an einem einzigen Tag die Juden zu ermorden. Königin Ester führt aber durch Fasten und Gebet die Rettung herbei. Danach wurde ein großes Freudenfest gefeiert. Aus diesem Anlass laufen bis heute vor allem Kinder kostümiert herum so wie bei uns am Faschingsfest. Für die Juden steht im Hintergrund immer auch, dass Gott seine Hand mit im Spiel hat um das Volk zu retten.

Ehrlich gesagt: Das würde ich mir auch bei uns hier in Deutschland wünschen, dass viele Menschen am Ende der Coronapandemie Gott danken für Bewahrung und Hilfe vor diesem Virus. Dann würde selbst ich mich als Faschingsmuffel gerne verkleiden. Heute am 26.02.2021 feiern die Juden in diesem Jahr dieses Freudenfest Purim.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 347 vom 25.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

We beneiden you

Ich habe schon mehrmals davon geschrieben, dass ich fast jeden Morgen zu einer nahegelegenen Bäckerei gehe. Das hat mit einer Umstellung der Ernährung von vor acht Jahren zu tun. Seitdem esse ich nach einem bestimmten Plan. Es hat mir geholfen, ganz neu meinen Körper „zu formen“. In diesem Geschäft sehe ich dann täglich die große deutsche Tageszeitung mit den vier großen Buchstaben und ich erfahre, was fast 5 Millionen Menschen in unserem Land zuerst lesen.

Gestern gab es wieder einmal eine Schlagzeile, die mir sofort ins Auge fiel: „England, we beneiden you“. Was war geschehen, dass diese Mischung aus Englisch und Deutsch keiner übersehen kann? Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, dass in Großbritannien ab dem 21.06.2021 wieder ein normales Leben sein wird. Hintergrund ist die Tatsache, dass dort schneller geimpft werden kann als in den EU-Staaten, zu denen bekanntlich Deutschland auch gehört. Natürlich höre ich sofort den süffisanten Unterton heraus, dass es eben ohne der EU einfacher und leichter zu leben ist als mit der EU.

Die EU schlingert ja mittlerweile wie ein schwerer Ozeandampfer durch die Weltpolitik. Einstimmige Beschlüsse bei 27 Mitgliedern hindern oftmals schnelle Entscheidungen. Nach meiner Meinung hätten diese einstimmigen Entscheidungen spätestens bei der Aufnahme von zehn Ländern zum 1. Mai 2004 abgeschafft werden müssen. Das ist – warum auch immer – nicht erfolgt und jetzt „haben wir den Salat“ wie es so schön sprichwörtlich heißt. Boris Johnson hat augenscheinlich mit seiner Politik der Trennung und Loslösung Erfolg. Ob das langfristig auch gilt – das weiß keiner!! Es wäre nicht der erste Politiker, der eher kurzfristig Erfolge sucht um gut dazustehen und langfristige Lösungen scheut.

Jedenfalls ist das in dieser Coronapandemie überhaupt die Frage: Wo schaue ich auf mich und wo sehe ich den Menschen, das Land um mich herum? Das Miteinander planen und handeln spielt auch in der Bibel eine sehr große Rolle. Und ob Boris Johnson am Ende wirklich Recht behält, wird erst die Geschichte zeigen. Und ob in Großbritannien tatsächlich zum Sommeranfang alles auf „normal“ gestellt ist, das ist auch noch nicht ausgemacht.

Da fällt mir ein biblisches Wort aus dem ersten Brief an die Thessalonicher ein, der vielleicht nicht nur für Christen gilt, sondern den sich auch „weltliche“ Führungskräfte zu Herzen nehmen können. „Wir bitten euch aber, Brüder und Schwestern: Achtet, die sich unter euch mühen und euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen; ehrt sie in Liebe umso höher um ihre Werkes willen. Haltet Frieden untereinander…tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. Seht zu, dass keiner dem anderen Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann“ (1. Thessalonicherbrief 5, 12 – 15).

Wen Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 346 vom 24.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Auch ein Stammbaum kann viel verraten

Haben Sie schon einmal eine Predigt über den Stammbaum von Jesus ganz am Anfang des Matthäusevangeliums oder im dritten Kapitel des Lukasevangeliums gehört? Vielleicht denken Sie: Warum sollte ich das? Da wird ein Name nach dem anderen genannt. Das wird mir zu langweilig.

Ich kann solche Gedanken sehr gut nachvollziehen. Aber wer z.B. im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums die ersten 17 Verse genau liest, wird aus dem Staunen nicht herauskommen!! Er wird sich wundern, welche Namen in diesem Stammbaum stehen. Vor allem auch, welche Geschichten hinter ihnen stehen! Bei der Frage, wie Gott seine Geschichte mit Menschen auf dieser Erde hat, können sehr leicht „moralische“ Beurteilungen kommen. Wer so denkt, wird sich über den Stammbaum von Jesus regelrecht entrüsten. Er könnte aber auch staunen, mit welchen Menschen Gott konsequent seine Geschichte so schreibt, dass wir in Jesus den Erlöser erkennen können. Wie gesagt: Das ist Stoff für eine ganze Predigt.

Nur ein paar Stichpunkte: „Juda zeugte Perez“. Dieser Satz weist hin auf die Geschichte aus 1. Mose 38. Perez ist unrechtmäßig gezeugt worden von Juda mit seiner Schwiegertochter Tamar. „Salmon zeugte Boas mit der Rahab“. Das spielt darauf an, dass es der Hure Rahab zu verdanken ist, dass Josua in das verheißene Land Kanaan kam. Denn Rahab hat die israelitischen „Spione“ vor den Fängen der Polizei von Jericho gerettet (Josua 2). „David zeugte Salomo mit der Frau des Uria“. Das ist eine sehr bekannte Geschichte von König David. Er ließ den Uria an die vorderste Front schicken, damit er im Krieg fällt. So konnte der König dessen Frau heiraten, in die er sich verliebt hatte und mit der er in einem One-Night-Stand ein Kind gezeugt hat. Aber Gott blieb das nicht verborgen und der Prophet Nathanael hat ihm die Augen geöffnet.

Am Schluss heißt es: „Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria, von der geboren ist Jesus, der da heißt Christus“. Direkt nach dieser Stelle folgt die Geschichte der Schwangerschaft und der Geburt von Jesus. Auch diese war „anrüchig“. Denn Josef war mit Maria nicht verheiratet. In der damaligen Zeit ging das gar nicht, dass die Verlobte schwanger wurde. Und für Josef stand fest: Von mir kann das Kind nicht sein. Also war sein Gedanke: Wer ist der Vater dieses Kindes? Die Auflösung führt direkt zur Weihnachtsgeschichte und beschäftigt bis heute nicht nur Theologen, sondern auch Menschen, die mit einem klaren Verstand diese Geschichte lesen. Es zeigt: An Gott zu glauben und sein Wirken mitten in dieser Welt zu erkennen, das erfordert mehr als nur mit dem Verstand diese Welt zu begreifen. Dazu benötige ich Erfahrungen mit Gott und Beziehung zu Jesus, der für mich der Erlöser ist so wie das in V. 21 im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums ausgedrückt ist: „…dem sollst du den Namen Jesu geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden“.

Und erst recht nicht darf ich mit scheinbar „doppelmoralischen“ Kriterien die Geschichte Gottes beurteilen. Denn Gott sucht sich selbst aus, mit wem und mit welchen Mitteln er sein Reich hier auf Erden baut. Und das hat keiner so klar und deutlich ausgedrückt wie der Evangelist Matthäus in seinem Stammbaum von Jesus. Und heute, am 24.02. feiern wir den Gedenktag des Matthäus.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 345 vom 23.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Reise rieselt der Schnee – auf dem Tempelberg

Herr Pfarrer, was sollen wir da anziehen? Wie warm oder kalt ist es da um diese Zeit?“ Das war einer der Hauptfragen Ende 1991 beim Vorbereitungstreffen für die geplante Israelreise in Verantwortung der Kirchengemeinde Alerheim im Dekanat Donauwörth, bei der ich zu dieser Zeit Pfarrer war. Etwas naiv antwortete ich: „Da ist es zu dieser Zeit schon warm. Ich war 1978 Anfang März dort und wir hatten tagsüber schon Temperaturen über 30 Grad“. Ich muss hinzufügen, dass es abends damals dennoch ziemlich kalt war mit Temperaturen von ungefähr 5 Grad. Wir übernachteten in der Jugendherberge. Dort gab es keine Heizung. Aber wir Studenten hatten Decken und die wärmten uns genügend.

Bei den Mitfahrer/-innen im Ries 1992 handelte es sich fast nur um erwachsene Personen und wir sollten in erstklassigen Hotels untergebracht werden. Was sollte also bei meiner Bemerkung falsch sein?!! Ich selbst hatte nur einen Pullover dabei und eine dünne Jacke, sonst nur T-Shirts und Hemden. Kurz vor dem Start Ende Februar meldete der Wetterbericht für Israel Winterwetter an. Es könnte sogar ein wenig schneien. Auch das hat mich nicht beunruhigt. Ein wenig Schnee auf den Golan-Höhen und vielleicht noch ein wenig im gebirgigen Teil von Israel. Kein Problem. Wir bleiben unten am See Genezareth und fahren dann nach Jerusalem. Gut, Jerusalem liegt ungefähr 800 m über den Meeresspiegel. Aber ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Bild von Jerusalem mit Schnee gesehen.

Ich flog also völlig entspannt mit fast 50 weiteren Personen von München nach Tel Aviv. Wir steigen aus und es ist relativ kühl. Immer noch war ich voller Optimismus. Wir fahren in unser Hotel am See Genezareth. Abends hören wir die Nachrichten und sehen Bilder von den Golan-Höhen, von der libanesischen Grenze und von Jerusalem. Wir sehen Schnee über Schnee!! Wir lachen noch ein wenig darüber. „Ach, der ist morgen weg“ – habe ich noch gesagt um die Mitfahrer/-innen zu beruhigen. Es hat alles nichts geholfen. Das Wetter hat sich nicht nach meinen Wünschen gerichtet. Wir fahren an die libanesische Grenze. Israel hatte eine Sperrzone eingerichtet um Angriffe aus Libanon abzufangen. Wir stehen am Zaun und es hat einen Meter Schnee. Einige Frauen hatten Röcke an und Stöckelschuhe getragen. Sie haben gefroren. „Herr Pfarrer, warum haben sie uns nichts gesagt, dass so viel Schnee hier liegen kann?“ „Weil ich das selbst nicht wusste“ – war meine Antwort.

In diesem Frühjahr 1992 hatte es nach 80 Jahren zum ersten Mal wieder richtig in Palästina geschneit. Da kam ich – Gott sei Dank – auf eine gute Idee und meinte: „In Israel auf Pilgertour zu sein bei Sonne und Trockenheit. Das kann jeder. Aber eine Pilgertour in Israel bei Schnee – das erleben nur ganz wenige Leute. Sie können ihr Leben lang davon erzählen, dass ausgerechnet sie in dem Jahr in Israel waren, wo es dort geschneit hat“. Tatsächlich: Die Mitfahrer/-innen waren zufrieden und hocherfreut über diese Sichtweise. Irgendwie musste ich ja eine Erklärung (Ausrede!!) finden!!

Später bei verschiedenen Vorträgen wurde dieser Satz von mir sehr oft betont. Ich war dennoch in diesen Tagen in Israel angespannt, ob meine Aussage die Stimmung hoch halten würde. Sie konnte es. Warum ich das heute erzähle? Am 19.02.2021 kam die Information in den Nachrichten: „Es schneit in Jerusalem“. Auf dem Tempelberg gibt es freudige Schneeballschlachten.  Das ist mir doch viel lieber als dass mit Gewehren aufeinander geschossen wird. Und das muss ich beim Betrachten des Bildes schon mal feststellen: Der Schnee im Februar 1992 auf dem Tempelberg war sehr viel mehr als in diesem Jahr 2021. So ist unsere Fahrt auf den Tag genau vor 29 Jahren schon einmalig geblieben.