Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 402 vom 21.04.2021

So wenig!!

Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 05.10.2020. Im Sportteil der Nürnberger Nachrichten steht ein sehr interessanter Kommentar mit der Überschrift: „Die Gläubigen laufen davon“. Das hat sofort mein Interesse geweckt. Mitten im Sportteil ein Kommentar zur Situation der Kirchen? Ich bin ja grundsätzlich der Meinung, dass es große Zusammenhänge von Sport und Glauben gibt. Ich habe das auch bei diesen Updates schon geschrieben und verweise immer mal auf den Apostel Paulus und seinen Ausführungen.

Der Kommentar bezog sich tatsächlich nicht auf die Situation der Kirchen, sondern ausschließlich auf den Profisport und den Diskussionen um Zuschauer ja oder nein. Er berichtet von der Ostseehalle in Kiel und der Meinung, dass diese Halle oft als „Kathedrale“ des Handballs in Deutschland bezeichnet wird. Anlass für diese Stellungnahme war das Handballspiel zwischen THW Kiel und HC Erlangen am ersten Spieltag der neuen Saison. Es waren damals Zuschauer erlaubt. Normalerweise kommen zu solch einem Spiel über 10 000 Menschen. Wegen Corona waren nur 2 000 zugelassen. Die Überraschung war: Es kamen nur 1480 Zahlende.

Zurzeit gibt es die Diskussion um Zuschauer während der geplanten Fußball-Europameisterschaft. Es sollen kurzfristig in Städten keine Spiele stattfinden, in denen Politiker keine Zusagen für Zuschauer abgeben. Als Pfarrer habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt, dass die Besucherzahl bei Gottesdiensten weniger als die Höchstzahl beträgt. Bei Nachfrage höre ich immer wieder, dass viele einfach Angst vor einer Ansteckung haben trotz aller Hygienemaßnahmen. Gespannt bin ich, wie und ob die Fußballspiele bei der EM besucht werden. In eher autokratisch geführten Ländern ist das vielleicht leichter möglich. Es kann aber auch sein, dass sich unsere Gesellschaft grundsätzlich umstellt und künftig weniger Zuschauer zu Events kommen werden. Ich weiß es nicht!

Schmunzeln musste ich dann doch am Ende des Kommentares. Denn da wurde doch noch ein Zusammenhang mit der Situation von Kirche hergestellt. Der letzte Satz des Kommentators lautete nämlich wörtlich: „Den Kirchen laufen die Gläubigen davon. Das war in den vergangenen Jahren immer wieder zu lesen. Dem Sport geht es derzeit ähnlich. Leider echt jetzt“.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 401 vom 20.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Coronagefahr verschlafen?

Das war für mich wirklich eine Überraschung. Ich kam von einem Besuch heim und meine Frau meinte: „Bei uns überwintert ein Igel. Hoffentlich ist er nicht tot“. Tatsächlich war im Garten unter der Magnolie ein Hügel zu sehen. Dieser ist meiner Frau erst aufgefallen als der Schnee weg war. Ich habe ihn überhaupt nicht bemerkt. Sie hat ihn näher angeschaut und einen schlafenden Igel entdeckt. Er war noch regungslos, obwohl es schon Anfang April war. Sein Winterquartier war nicht sehr tief gegraben und wir hatten vor einigen Jahren leider schon einmal den Fall, dass ein Igel den Winter nicht überlebt hatte. Gespannt warteten wir noch einige Tage ab. Am 14.04. kam dann die freudige Nachricht meiner Frau: „Der Igel hat überlebt. Sein Quartier ist leer“. Wir freuten uns beide und hoffen, dass er im Sommer vielleicht auch noch einige Nacktschnecken als Futter im Gemüsegarten findet.

Auf dem Bild ist sein Quartier gut zu sehen. Es war immerhin unter dem Baum geschützt und er hatte sich auch ein wenig in den Boden hineingegraben. Ich hatte sofort den Gedanken in mir: Wie wird dieser Igel die neuen Inzidenzzahlen von rund 170 beurteilen? Als er sich im Spätherbst schlafen gelegt hat, war diese Zahl viel niedriger und er hatte sich vielleicht gedacht: „Wenn ich im Frühjahr 2021 wieder aufwache, dann ist Corona vorbei“!

Aber nicht nur er hat sich dabei geirrt. Immerhin hat für ihn wenigstens im Winter über das schöne Wort aus dem Psalm 127 gegolten: „…denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf“ (V. 2b). Dieser Vers ist immerhin zum geflügelten Sprichwort geworden: „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“. Und das würde ich mir selbst gerne wünschen: Ich schlafe ein und wenn ich wieder aufwache, ist die ganze Coronapandemie vorbei!

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 400 vom 19.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich will dich lieben meine Stärke

Seit etwa 50 Jahre werden auch in den evangelischen Kirchen immer mehr sog. Lobpreislieder gesungen. Viele Pfarrer haben versucht, diese neuen Lieder in den Gemeindegesang zu integrieren. Es war und ist nicht ganz einfach. Mittlerweile werden sie aber fast überall gesungen. Ich erinnere mich an meine Anfangszeit hier in Altensittenbach m. Oberkrumbach. Mit leichten und einfachen Lobpreislieder habe ich angefangen. Irgendwann sagte meine Frau zu mir: „Wir könnten doch gezielt auch Lobpreislieder aus dem evangelischen Gesangbuch dazu nutzen, diese Art von Liedern den Menschen näher zu bringen“. Gesagt – getan. Ich habe verschiedene Lieder ausgesucht und war erstaunt, wie viele dort zu finden sind. „Du meine Seele singe“ gehört z.B. dazu.

Und dann bin ich auf ein Lied gestoßen, dass mir besonders ins Herz gefallen ist. „Ich will dich lieben meine Stärke“ von Johann Scheffler. Er veröffentlichte es in seinem Gedichtband „Heilige Seelen-Lust“ im Jahr 1657. Das Lied ist eine Auslegung des Hohenliedes aus dem Alten Testament. Die ersten beiden Strophen wirken wie eine Liebeserklärung zu Christus, der als Gottes Lamm bezeichnet wird. Der Vers 4 klingt wie eine bejahende Antwort auf eine Liebesfrage. „Ich lief verirrt und war verblendet, ich suchte dich und fand dich nicht; ich hatte mich von dir gewendet und liebte das geschaffne Licht. Nun aber ist´s durch die geschehn, dass ich dich hab ersehn“.

Dieses Lied steht unter der Nr. 400 und deshalb heute mein Update dazu. Die Melodie von Johann Balthasar König aus dem Jahr 1738 passt zum Text. Auch wenn Scheffler 1653 zum katholischen Glauben konvertiert ist, so hindert mich das nicht daran, es immer wieder singen zu lassen. „Ich will dich lieben, meine Stärke. Ich will dich lieben, meine Zier. Ich will dich lieben mit dem Werke und immerwährender Begier. Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht“. Scheffler hatte offenbar diese Fähigkeit, in Aufnahme der Bilder aus dem Hohenlied Salomos die Beziehung zu Gott als Liebesbeziehung zu beschreiben. Denn gleich das nächste Lied im evangelischen Gesangbuch „Liebe, die du mich zum Bilde“ stammt ebenfalls von ihm und wurde im selben Jahr 1657 geschrieben.

Das Lied „Ich will dich lieben meine Stärke“ wird von meiner Schwägerin Silvia Dörr auf dem Klavier gespielt.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 399 vom 18.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir

Heute ist der 18.04.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 18.04.1521 hat man in Worms eine größere Halle gewählt, weil man einen Ansturm der Menschen bei der Verteidigung von Martin Luther erwartet hat. Aber auch diese ist viel zu klein. Der siebenunddreißigjährige Martin Luther steht mit seiner schäbigen Kutte dem einundzwanzigjährigen Kaiser gegenüber, der mit allen Insignien ausgestattet ist.

Zwei Stunden später als angesetzt, um 18.00 Uhr beginnt die Verhandlung. Martin Luther hat sich in der Nacht gut vorbereitet und beginnt seine Sicht darzulegen, auf die ich hier nicht eingehen will. Das überlasse ich den Theologen und ihren Studenten. Aber es steht ein ganz anderer Luther vor den weltlichen und kirchlichen Machthabern als am Tag zuvor. Luther spricht klar und mit starken Worten. Sein Grundsatz lautet: „Stark in der Sache, milde in der Form“. Er wiederholt, dass er alle die aufgestapelten Bücher geschrieben hat. Er geht auf die verschiedenen Art und Weise seiner Bücher ein. Er bleibt hart im Ton und wirft vor allem der Kirche vor, dass päpstliche Gesetze die Gewissen der Gläubigen „verstrickt, geplagt und gemartert werden, auch der Besitz und das Vermögen, zumal in dieser berühmten deutschen Nation durch unglaubliche Tyrannei verschlugen wurde und verschlungen wird“.

Das sind starke Worte. Der Kaiser ist unruhig. Dann fordert Luther Beweise, dass seine Bücher Irrtümer enthalten. Im Saal tritt Stille und Betroffenheit ein. Luther hat mit vielen Beispielen aus der Bibel nachzuweisen versucht, dass seine Auslegung richtig sei. Der Orator des Kaisers, Eck, kommt nach vorne und will eine eindeutige Entscheidung von ihm. „Deshalb verlangt man von dir, Martinus, eine einfache ungehörnte Antwort, ob du widerrufen willst oder nicht!“. Jetzt gibt es kein Ausweichen mehr. Luther widersteht einem Widerruf und endet mit den bekannten Worten: „Ich kann nicht anders, hier stehe ich, Gott helfe mir. Amen“.

Luther drängt zum Ausgang während ein großes Getümmel herrscht. Luther hat sich vor Kaiser und den Abgesandten des Papstes und vor den Fürsten nicht niederringen lassen. Im Hofe des Bischofspalastes ist der Herzog Erich von Braunschweig an ihn herangetreten. Er hat ihm die Rechte gereicht und mit der Linken einen großen Humpen Einbecker Bier. Luther nimmt seine anerkennende Worte entgegen und stürmt aus dem Palast. Er ruft der dichtgedrängten Menge zu: „Ich bin hindurch!“ Er reckt die Hand in die Höhe „wie die deutschen Landsknechte zu tun pflegen, wenn sie im Kampfspiel über einen wohlgelungen Hieb frohlocken“.

In den nächsten Tagen wird versucht, den Reformator doch noch umzustimmen. Aber Luther bleibt bei seiner Aussage und fährt am 26. April 1521 kurz vor zehn Uhr vormittags aus Worms ab. Seine Freunde begleiten ihn. Frohen Mutes reist er nach Wittenberg zurück. Aber es sollte anders kommen als gedacht. Das Urteil des päpstlichen Nuntius Aleander zeigt die Haltung der katholischen Kirche über das Geschehene. „So ist denn der ehrwürdige Schurke gestern, drei Stunden vor Mittag, mit zwei Wagen abgereist, nachdem er sich eigenbändig in Gegenwart vieler Personen viele Brotschnitten geröstet und manches Glas Malvasier, den er außerordentlich liebt, getrunken hatte“.

Bis heute ist nicht ganz geklärt, ob Luther diese Worte „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir“ wirklich gesagt hat. Aber sie geben sicherlich die Haltung von Martin Luther wieder. Oft werden diese Worte bis heute bei Äußerungen auch abgeändert wie z.B. zu „Hier stehe ich, ich kann auch anders, Gott helfe mir. Eine andere Variante lautet: „Hier stehe ich, Gott helfe mir, es war ganz anders“. Jedenfalls hat dieser vermeintliche Satz von Martin Luther eine große Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart hinein. Die weitere Geschichte hat gezeigt, dass Luther nur scheinbar „hindurch“ war. Die Bewährung sollte erst noch folgen. Aber davon mehr vermutlich am 3. und 4. Mai.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 398 vom 17.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Knickt Martin Luther ein?

Heute ist der 17.04.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 17.04.1521 ist Martin Luther am zweiten Tag auf dem Reichstag zu Worms. Für 16.00 Uhr ist Luther in den Sitzungssaal bestellt worden. Auf verstohlener Art und Weise durch Hinterzimmern wird das getan. Als Grund wird angegeben, dass das Volk ihn nicht belästigen soll. In Wahrheit will man keine Ovationen für Luther aufkommen lassen. Aber die Menge bemerkt seine Ankunft, schiebt sich in den Saal und muss mit Gewalt hinausgedrängt werden. Viele erklettern die umliegenden Dächer, um einen Blick in den Saal des Bischofshofes zu erhaschen. „Mönchlein, Mönchlein. Du gehst jetzt einen Gang, den mancher unserer Obersten auch in unserer ernstesten Schlachtordnung nicht gegangen ist. Bist du rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so geh in Gottes Namen und sei nur getrost, Gott wird dich nicht verlassen“. Diese berühmten Worte sprach Georg von Frundsberg, ein Landsknechtoberst.

Der Sitzungssaal war bis zum letzten Platz gefüllt. Dann beginnt das Verhör jeweils in lateinischer und deutscher Sprache. Kaiser Karl V. versteht kaum, was gesprochen wird, weil er nur französisch fließend sprechen kann. Der Orator des Kaisers beginnt mit der Anklage: „Die Kaiserliche Majestät hat dich, Martin Luther, aus zwei Gründen befohlen. Erstens damit du die Bücher, die unter deinem Namen bekannt sind, hier an dieser Stelle als von Dir geschrieben anerkennst; zum weiteren, ob du etwas aus ihnen widerrufen willst“. Die Titel der Bücher werden vorgelesen. Jetzt kommt es zur Überraschung! Luther antwortet zaghaft und so, als habe ihn plötzlich alle Sicherheit verlassen. Er gibt zu, dass er alle Bücher, die genannt wurden und aufgestapelt sind, als die seinen anerkenne. Mit Zitaten aus der Schrift, die er aber unsicher vorträgt, bittet er wegen der Beantwortung der zweiten Frage, ob er zu dem Inhalt der Bücher stehe, um Bedenkzeit.


Seine Gegner wundern sich und seine Anhänger sind bitter enttäuscht. Sie hatten gedacht, er würde sofort mit eindringlichen Worten entgegnen. Luther wird eine Bedenkzeit von einem Tag bewilligt und soll am nächsten Tag zur gleichen Zeit wieder erscheinen. Im Saal bricht eine gewaltige Unruhe aus. Beim Verlassen ruft man ihm ermunternde Worte nach: „Habe ein mutiges Herz, Martin! Selig ist der Leib, der dich getragen hat!“ In seiner Klosterstube angekommen, drängen sich die Freunde und versuchen ihn aufzumuntern. Martin schreibt einen Brief an seinen Freund Cuspian in Wien u.a. mit folgenden Worten: „Ich komme mitten aus dem Trubel der Sitzung. Sie fragen mich, ob ich meine Bücher widerrufen wolle. Aber ich werde in Ewigkeit auch keine Silbe widerrufen, wenn Christus mir beisteht“. Danach zeigt er sich gutgelaunt, macht Späße und trinkt seinen Wein dazu.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 397 vom 16.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Einzug Luthers als Fanal

Es ist am 16.04.2020 gewesen. Genau heute vor einem Jahr, ein Donnerstag. Es war die Osterwoche. Am Tag vorher sitze ich am Computer und überlege, was ich beim Update 32 schreiben soll. Weil es die Osterwoche ist, habe ich den Plan meine eigene Konfirmation 1972 zu verarbeiten. Aber halt, da war doch noch etwas anderes! Ja, klar. Ab dem 16.04. beginnen besondere Reformationstage. Denn ab diesem Tag 1521 steht Martin Luther vor den bedeutendsten politischen und kirchlichen Würdeträger auf dem Reichstag zu Worms. Ich muss mich also entscheiden, was ich weitergeben soll. Ich entscheide mich für meine persönlichen Erlebnisse an meiner Konfirmation. Mein Hintergedanke war: Da kommen noch mehr Beiträge zur Reformation, die als Jubiläum eingeordnet werden können. Denn schließlich war das Jahr 1520 bahnbrechend. Ich habe mich an meinem eigenen Ratschlag gehalten und vor allem im Mai und Juni 2020 viele Beiträge zur Reformationsgeschichte geschrieben. Meine Gedanken waren noch: Ich will bei meinen Lesern ja nicht der große Lehrer sein. Und zu viel Geschichte langweilt vielleicht den einen oder anderen. In einem Jahr haben wir ganz andere Gedanken und hoffentlich wieder volle Kirchen.

Jetzt ist dieses Jahr vergangen und es ist kaum leichter als vor einem Jahr geworden. Immerhin dürfen wir wieder Gottesdienst feiern – aber unter welchen Umständen? Das hat zur Folge, dass sich diese bedeutenden Jahre im Leben von Martin Luther und in der deutschen Geschichte als Jubiläumsjahr „gefeiert“ werden können. Gespannt bin ich, ob diese in der Öffentlichkeit mitten um die Geschehnisse von Prinz Philip und der Lösung der K-Frage der Union und der Grünen überhaupt wahrgenommen werden! Jedenfalls werden die Geschehnisse um den Wormser Reichstag und damit die Frage nach der persönlichen Situation von Martin Luther genau 500 Jahre alt.

Denn heute vor genau 500 Jahren, am 16.04.1521 zieht Martin Luther in Worms ein. Er will den Kampf aufnehmen im vollen Bewusstsein, wie gefährlich er für ihn sein wird. Er hat zwar vom Kaiser freies Geleit bekommen. Aber das war 100 Jahre vorher auch Jan Hus gegeben worden. Dennoch wurde dieser in Konstanz am Scheiterhaufen als Ketzer verbrannt und seine Asche kam in den Bodensee. Ich habe darüber ausführlich in meinem Update 113 vom 06.07.2020 geschrieben.

Gegen den Rat seiner Freunde tritt Martin Luther den Weg nach Worms an. Es ist eine einzigartige Jubelfahrt. Leute aus den Orten auf dem Weg jubeln ihm zu und stärken ihn damit. Auch der Einzug in die zum Bersten vollgestopfte Stadt Worms wird zum Fanal. Der katholische Abgesandte Nuntius (ein Nuntius ist mit einem Botschafter zu vergleichen) Aleander berichtet: „Die Stadt ist wie aufgestört. Alle rennen vom Essen weg auf die Straße, um zu sehen, wie der „große Ketzeroberst“ in die Stadt Worms gelangt. Mit drei Genossen in einem Wagen sitzend, zieht er ein. Er ist von etwa acht Berittenen umgeben. Der Jubel des Volkes kennt keine Grenzen. Er nimmt seine Herberge in der Nähe seines sächsischen Fürsten. Beim Verlassen des Wagens schließt ihn ein Priester in seine Arme, faßt dreimal an sein Gewand und tut im Weggehen so, als habe er eine Reliquie berührt. Dieser Luther, als er vom Wagen stieg, blickte mit seinen dämonischen Augen im Kreise umher und sagte: „Gott wird mit mir sein!“

Diesen Worten des römischen Abgesandten ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Danach geht Luther zum nahegelegenen Gasthaus „Schwan“ und lässt sich an einer festlich geschmückten Tafel das Mahl bereiten. So wurde Luther geistlich und körperlich gestärkt für die folgenden Tage.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 396 vom 15.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der große Bruderstreit

Der große Bruderstreit“. Das war die große Überschrift Anfang März in der größten deutschen Tageszeitung mit den vier großen Buchstaben. Wieder einmal war dies nicht zu übersehen bei meinem morgendlichen Bäckergang. Thematisiert wurde das, was nicht nur in Großbritannien offenbar die Leute trotz Corona elektrisiert. Wieder kann ich nur feststellen, dass es auch ein Leben, vor allem Krisen abseits von Corona gibt.

Die Zeitung geht ausführlich auf den Bruderstreit von Prinz William und Prinz Harry ein. Das Interview von Harry und seiner Frau Meghan hat dazu geführt, dass offenbar ein großer Bruch zwischen den beiden Söhnen von Lady Diana hineingekommen ist. Harry hat unter anderem auch berichtet, dass sein Vater, Kronprinz Charles, schon seit einem Jahr jeglichen Kontakt mit ihm abgebrochen hat. Selbst bei Telefonanrufen hebt der eigene Vater nicht mehr ab. Das alles ist Stoff für einen Film und ich warte nur darauf, dass diese Krisengeschichte im britischen Königshaus demnächst verfilmt wird.

Aber bevor jemand auf andere zeigt, weise ich darauf hin, dass drei Finger immer auf einen selbst zeigen, wenn einer auf andere weist. Außerdem: Alles von Anfang an schon einmal dagewesen. Der erste in der Bibel berichtete Mord beging Kain an seinen Bruder Abel aus Neidgründen. Kein Wunder, dass Neid zu den sieben Todsünden in der katholischen Kirche gerechnet wird. Oder denken Sie nur an Josef, der von seinen Brüdern ermordet werden soll, weil er angeblich vom Vater bevorzugt worden ist. Immerhin wurde er am Leben gelassen und „nur“ als Sklave nach Ägypten verkauft. Nicht ganz so bekannt sind vielleicht die Dramen um die Kinder von David. Absalom lässt seinen Bruder Amnon umbringen, weil dieser seine Schwester Tamar vergewaltigt hat. Später will Absalom seinen Vater David mit einer Revolte vom Thron stoßen. Das gelingt ihm nicht und der Heerführer von David, Joab, bringt Absalom um. Das sind alle Geschichten nicht nur für die Boulevardpresse. Sie stehen so offen in der Bibel!!!!

Solche unangenehme Brüdergeschichten gibt es noch mehr in der Hl. Schrift. Aber es gibt auch das andere. Neulich hat mich jemand gefragt, ob Jesus auch Geschwister hatte. Hatte er!! „Ist er nicht der Zimmermann, Marias Sohn, und der Bruder des Jakobus und Joses und Judas und Simon? Sind nicht auch seine Schwestern hier bei uns? Und sie ärgerten sich an ihm“ (Markus 6, 3). Manche meinen, dass der Jünger Thomas ein Zwillingsbruder von Jesus war, weil Thomas „Zwilling“ bedeutet! Aber das ist eine reine Vermutung ohne Hintergrund!!

Viel interessanter ist eine Bemerkung von Paulus im Galaterbrief 1, 19: „Von den anderen Aposteln aber sah ich keinen außer Jakobus, des Herrn Bruder“. Paulus schreibt im 1. Korintherbrief im 15. Kapitel: „Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln“ (V. 7). Hier wird der Bruder von Jesus vor den Aposteln genannt. Das bestätigt die Tatsache, dass Jakobus vermutlich eine Zeit lang der Leiter der Urgemeinde war. Ich bin wirklich sehr davon angetan, dass die Geschwister von Jesus offenbar selbst Jünger von ihm wurden und mit Jakobus einer sogar in herausragender Position. So zeigt die Bibel Bruderkonflikte nach beiden Seiten auf: Brüder können sich eben sehr gut verstehen, aber auch eine schlechte Beziehung haben. Und gespannt bin ich, wie der aktuelle Geschwisterkonflikt der beiden Unionsparteien CDU und CSU (friedlich??) gelöst wird.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 395 vom 14.04.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Silvia Dörr

Wie die Sonne

Es ist der 9. April 2021.
Ich schaue durchs Fenster.
Schneebedeckte Felder, Dächer, Straßen.
Osterferien- Zeit draußen verbringen?!
Ich habe ganz selten schlechte Laune. In dieser Woche ist es so.
Der Blick nach draußen verdirbt mir die Stimmung.
Ich mag gerne Schnee (im Wittgensteiner Land nicht so selten).
Im April?
Nicht selten aber nicht diese Mengen.
Mir fällt das Lied „Wie die Sonne“ von Eberhard Rink in die Hände.
Ich setzte mich ans Keybord (meine rechte Hand ist zur Zeit beweglich eingeschränkt.
Klavier spielen ist erschwert).

Ich beginne zu singen und denke, welch ein schöner diakonischer Text.

Gerade jetzt im zweiten Jahr der Coronapandemie, sind diese Gesten meinem Gegenüber schwieriger geworden. War das aber nicht vielleicht auch vor Corona schon so?
Der Wunsch nach mehr sonnigen Tagen macht mir bewusst, wie es sich anfühlt die Sonnenstrahlen und die Wärme auf der Haut zu spüren und wie mein Körper neue Energie und Kraft bekommt.
Wir können solch eine Sonne sein unseren Mitmenschen gegenüber.
Es müssen keine großen Taten sein. Kleine Gesten, wie in diesem Lied beschrieben, bewirken oft sehr viel. Ich habe mir angewöhnt wieder mehr Briefe zu schreiben.
Ich nutze auch WhatsApp, finde es aber persönlicher Briefe zu schreiben. Wenn ich einen Brief schreibe, fühle ich mich dem Empfänger näher. Der Text des Liedes hat in mir aber auch wieder eine kleine Sehnsucht ausgelöst. Die modernen Lieder der Lob- Anbetungsebene sind sehr auf die Beziehung zwischen Gott und mir bezogen.

Ich vermisse sie, diese Lieder „Wie die Sonne“ .
Nachdem ich das Lied gesungen habe, ging es mir sehr viel besser.
Sogar heute noch. Vielleicht schafft es die Sonne aber auch heute noch durch ein paar Wolken hindurch und es wird etwas wärmer. Und lasst uns die Sonne sein.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 394 vom 13.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Vorbildliche Konfliktlösung in der Urgemeinde in Jerusalem

Prince Philip, Duke of Edingburgh, der Prinzgemahl von Königin Elisabeth II. ist heute mit 99 Jahren gestorben“.  Ich habe diese Meldung zuerst auf tagesschau.de kurz vor 15.00 Uhr am vergangenen Freitag gelesen. Zwei Tage vorher hatte ich einen ausführlichen Bericht über die Queen Victoria im Fernsehen geschaut. Aus dem Geschichtsunterricht wusste ich, dass das englische Königshaus eine starke Verwandtschaftslinie mit Deutschland hat. In Erinnerung ist mir auch, dass das englische Königshaus früher Haus Sachsen-Coburg und Gotha hieß. Im Zuge des ersten Weltkrieges hat sich die Familie am 17. Juli 1917 umbenannt und sich seitdem den Namen „Haus Windsor“ zugelegt. Schmunzeln muss ich, dass Königin Elisabeth II. im Februar 1960 bekannt gab, dass ihre Nachkommen den Familiennamen Mountbatten-Windsor tragen werden. Mountbatten ist eine Anglisierung des deutschen Namens „Battenberg“. So wurde deutsche Verwandtschaft des englischen Königshauses nicht ganz abgelegt.

Im Laufe meines Lebens hat es mich schon stark interessiert, wie diese Nähe zu Deutschland zustande kam. Es hat vor allem mit dem Mann von Queen Victoria zu tun: Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha hat die Regentin 1840 geheiratet und sie haben insgesamt neun Kinder bekommen. Außergewöhnlich war offenbar, dass es eine in solchen adligen Kreisen durchaus nicht übliche Liebesheirat war, die aber leider nur 21 Jahre währte. Dann ist Prinz Alber schon 1861 mit gerade einmal 42 Jahren gestorben. Aber der europäische Adel ist irgendwie stark miteinander verwandt.

Und so war Prinz Philip sowohl väterlicherseits als auch mütterlicherseits mit seiner Frau Königin Elisabeth II. als Cousin dritten Grades verwandt. Das bedeutet: Königin Victoria war sowohl die Ururgroßmutter von Prinz Philip als auch für Königin Elisabeth. Philip selbst hat viele Krisen in seinem Leben durchgemacht bis er die damalige Prinzessin Elisabeth geheiratet hat. Zusammen war es für beide sicherlich nicht leicht, die vielen Ehebrüche und Krisen ihrer Kinder miterleben zu müssen. Aber das haben sie vermutlich in den letzten Tagen irgendwo schon gelesen.

Ich bleibe am Namen „Philip“ haften. Natürlich denke ich zuerst einmal an meinen Enkelsohn, der denselben Namen trägt. Dann gehen meine Gedanken an den biblischen Philip. Er wird in der Bibel in einer starken Krisensituation der Urgemeinde zum ersten Mal erwähnt. Nachzulesen ist das im sechsten Kapitel der Apostelgeschichte. Das starke Miteinander im Glauben an Jesus als den Messias konnte nicht verhindern, dass innerhalb der Urgemeinde ein Konflikt entstanden ist. Die hebräisch sprechenden und die griechisch sprechenden Juden hatten unterschiedliche Kulturen und wohl auch Sichtweisen. Da kommt es leicht vor, dass auch im Alltag eine Gruppe zu kurz kommen kann. Im sechsten Kapitel der Apostelgeschichte wird das genau erzählt. Nach außen sichtbar wurde das dadurch, dass die Witwen der griechisch sprechenden Juden übersehen wurden. Vorbildlich wurde der Konflikt gelöst und sieben Männer gewählt. Sie sollten sich diesem Problem annehmen. Sie gelten bis heute als die ersten Diakone in der Gemeinde Jesu.

Zwei von ihnen sind später bedeutend geworden: Stephanus als der erste Märtyrer und eben Philippus. Er begegnet später den Kämmerer (Finanzminister) von Äthiopien. Er legt diesem das Wort aus Jesaja 53 aus und erklärt, dass diese Textstelle in Jesus erfüllt worden ist. Ich habe das mehrmals schon in meinen Updates erwähnt. Interessant ist, dass es in Äthiopien eine der ersten christlichen Gemeinden gegeben hat. „Wie könnt ihr euch das erklären?“ so frage ich in der vierten Klasse. Die Antwort kommt dann postwendend: „Dieser Kämmerer wird an anderen Menschen in Äthiopien seinen Glauben an Jesus weitergegeben haben“. Richtig! Und deshalb erinnert mich der Name „Philip“ immer daran, den eigenen Glauben im Alltag nicht zu verstecken. Und heute vier Tage vor der Beerdigung von Prinz Philip erst recht nicht.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 393 vom 12.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ist Gott da oben?

Diese Geschichte ist nicht ganz neu. Aber vielleicht kennen sie ja nicht alle. Sie geht so: Der russische Kosmonaut Juri Gagarin ist der erste Mann im Weltraum. Einmal umkreist er die Erde und landet wieder mit seinem Raumschiff Wostok 1 nach 108 Minuten im All auf der Erde. Er steigt aus und trifft u.a. den Metropolit der russisch-orthodoxen Kirche. Dieser fragt ihn: „Bruder Gagarin. Hast Du da oben Gott gesehen?“ Gagarin antwortet wahrheitsgemäß: „Nein“. Darauf flüstert ihm der Kirchenmann zu: „Danke. Aber bitte sage es niemanden weiter“.

Gagarin trifft natürlich auch den damaligen Chef der KPDSU und Regierungschef der Sowjetunion, Nikita Chrustschow. Dieser fragt ihn: „Genosse Gagarin. Hast Du da oben Gott gesehen?“. Gagarin antwortet: „Ja“. Darauf flüstert ihm der mächtigste Mann der Sowjetunion zu: „Danke. Aber bitte sage es niemanden weiter“.

So kann es gehen, wenn man Gott beweisen bzw. wenn man seine Existenz verleugnen will. Es ist die Frage aller Fragen, die mir oft genug gestellt worden ist: „Wo und wie kann ich Gott sehen?“ Wenn Menschen von Gott reden, geht der Blick in der Regel nach oben. Dabei weiß doch jedes Kind, dass die Welt „rund“ ist und ich genauso gut auch nach unten schauen könnte, wenn ich den Himmel meine. Diese humorvolle Geschichte zeigt auch die Widersprüchlichkeit auf, in der Christen leben. Ich verweise sehr gerne auf eine besondere Bibelstelle aus der Weihnachtsgeschichte nach Johannes. „Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt“ (Johannes 1, 17). Sollte also jemand Gott wirklich je gesehen haben, ich würde an Gott verzweifeln.

Die Unsichtbarkeit Gottes ist schwer auszuhalten, aber sie ist durch die ganze Bibel bezeugt. Hier in dieser Welt schmunzle ich über die Geschichte vom Anfang. Und heute ganz besonders, denn heute vor genau 60 Jahren, am 12.04.1961 fand der erste bemannte Raumflug eines Menschen statt. Immerhin hat er dazu geführt, dass die USA ihr ambitioniertes Mondprogramm inszeniert haben. J.F. Kennedy selbst hat es am 25.05.1961 verkündigt. Ich hoffe aber, dass ich dieses Jubiläum nicht noch als Update in etwa sechs Wochen würdigen muss. Denn ich hoffe darauf, dass sich im Mai vieles bessern wird. Aber solch eine Hoffnung hatte ich schon mehrmals.